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Pogrom | Antisemitismus | bpb.de

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Pogrom

Der Begriff Pogrom beschreibt gewaltsame Übergriffe von Mitgliedern der Mehrheitsbevölkerung gegen nationale, religiöse oder ethnische Minderheiten, die vom Staat oder den Herrschenden gebilligt oder zumindest geduldet werden. Der Begriff stammt aus dem Russischen und bedeutet "Verwüstung" oder "Zerstörung". Ursprünglich wurde er für antijüdische Ausschreitungen in mehreren russischen Städten ab 1881 verwendet. Das Phänomen ist jedoch wesentlich älter. Schon im Mittelalter kam es immer wieder zu Pogromen gegen Jüdinnen*Juden. Die ersten organisierten gewaltsamen Ausschreitungen gegen Jüdinnen*Juden fanden zur Zeit des ersten Kreuzzugs 1096 statt, als jüdische Gemeinden entlang der Route der Kreuzfahrer angegriffen wurden. Im Mittelalter kam es Mitte des 14. Jahrhunderts darüber hinaus auch zu den sogenannten Pestpogromen, während derer ein Großteil der jüdischen Gemeinden ausgelöscht wurde.

Neben der Nichterklärbarkeit von Naturereignissen und Krankheiten, die ein wesentlicher Faktor für die gewalttätigen Angriffe gegen Jüdinnen*Juden war, spielten auch ökonomische Aspekte eine Rolle. Viele Menschen hatten Schulden bei jüdischen Geldverleiher*innen. Für manche Schuldner*innen bot sich durch die Pogrome die Gelegenheit, sich ihrer Gläubiger*innen auf brutale Weise zu entledigen und somit ihre finanziellen Verpflichtungen loszuwerden.

Ein besonders verheerendes Beispiel aus der Neuzeit stellt die Interner Link: Reichspogromnacht im November 1938 dar. In der Nacht vom 9. auf den 10. November kam es im nationalsozialistischen Deutschland zu Ausschreitungen gegen Jüdinnen*Juden, bei denen nach aktuellem Forschungsstand mindestens 1.400 Synagogen in Deutschland und Österreich zerstört sowie mehr als 7.500 jüdische Geschäfte in Brand gesetzt und geplündert wurden. Nach NS-Angaben wurden 91 Menschen getötet, neuere Untersuchungen gehen jedoch von einer deutlich höheren Opferzahl aus. Schätzungen reichen von über 400 bis zu mehr als 1.500 Todesopfern. Über 30.000 Jüdinnen*Juden wurden im Anschluss an den Novemberpogrom in Konzentrationslager verschleppt – die meisten von ihnen wurden innerhalb der darauffolgenden sechs Monate freigelassen, unter der Auflage das Land schnellstmöglich zu verlassen. Diese Ereignisse, die von den Nationalsozialist*innen euphemistisch als "Reichskristallnacht" bezeichnet wurden, markieren einen Wendepunkt in der nationalsozialistischen Judenverfolgung von der Politik der Ausgrenzung und Diskriminierung von Jüdinnen*Juden hin zu einer Politik der gewaltsamen Vertreibung, Ermordung und schließlich industriellen Vernichtung.

Quelle: Jessica Hoyer, Sozialwissenschaftlerin und Sozialarbeiterin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der OTH Regensburg im Rahmen des bayerischen Forschungsverbunds „ForGeRex“.

Fussnoten