Für die Jüdinnen und Juden in Europa war es ein zweiter Schock nach dem mörderischen Externer Link: Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023: Von London über Paris bis Berlin und Malmö kam es zu Externer Link: pro-palästinensischen Demonstrationen, auf denen nicht nur Solidarität mit der im Gaza-Streifen blockierten und unter Beschuss stehenden Bevölkerung bekundet, sondern auch Israel-Flaggen angezündet und judenfeindliche Parolen gerufen wurden. In Berlin-Neukölln, aber auch in schwedischen Städten und in einem Flüchtlingscamp auf der griechischen Insel Samos, kam es sogar zu öffentlichen Freudenausbrüchen nach den Terrorangriffen. Berliner Juden berichteten, ihre Wohnhäuser seien mit Davidsternen markiert worden. In Wien gab es einen Brandanschlag auf jüdische Gräber, in der russischen Teilrepublik Dagestan Externer Link: stürmte eine aufgebrachte Menge ein aus Tel Aviv kommendes Flugzeug.
Dieser Schock spiegelte sich auch in der europäischen Presse: Der aus einer jüdischen Familie stammende Philosoph Jan Hartman fragte in der polnischen Tageszeitung Polityka (Externer Link: 24.10.2023) entsetzt: "Was geht in den Köpfen der Menschen vor, die es für einen guten Zeitpunkt halten, gegen Israel zu protestieren, wenn an einem einzigen Tag jeder zehntausendste Jude auf grausame Weise von Mördern abgeschlachtet wurde?" Auch Dagens Nyheter (Schweden, Externer Link: 10.10.2023) ist fassungslos: "Wer feiert einen Massenmord? Dass Frauen mit Gewalt aus ihren Häusern vertrieben werden, dass Kinder gekidnappt und ermordet werden? ... Es ist bizarr, jubelnde Menschen mit palästinensischen Flaggen zu hören, die fröhliche Parolen über die Freiheit Palästinas singen. ... Denn was die
Die Frage, Externer Link: ob der Antisemitismus in Europa wieder salonfähig geworden sei, sollte Europas Presse noch länger beschäftigen. Die Tonlage wurde nun aber analytischer: Der Standard (Externer Link: 01.11.2023) konstatierte: "Der Anschlag [auf den jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs] und viele andere Vorkommnisse der letzten Zeit beweisen, dass für
Gerade die Jubelbilder aus Berlin beschäftigten die Kommentatoren im Ausland, so zum Beispiel Corriere della Sera (Italien, Externer Link: 23.10.2023): "Mit Schrecken und Entsetzen hat Deutschland zur Kenntnis nehmen müssen, dass es in seinem Inneren eine bedeutende antisemitische Minderheit gibt. Wir sprechen hier nicht von der extremen Rechten. … Es musste erkennen, dass auch viele Flüchtlinge eine anti-israelische Ideologie mit sich bringen." Für die Zeitung ist klar, dass dies einen Wendepunkt für das Land markiert: "Deutschland steht vor einer tiefgreifenden Veränderung. Das Externer Link: Merkelsche Gutmenschentum ist vorbei." Der tschechische Rundfunk Český rozhlas (28.10.2023) formuliert einen ähnlichen Gedanken so: "Angesichts des unverhohlenen Jubels arabischer Demonstranten über die brutale Ermordung israelischer Zivilisten durch Hamas-Terroristen muss Deutschland zugeben, dass es bei der Integration muslimischer Flüchtlinge nicht nur darum geht, Deutsch zu lernen und einen Job zu finden." Auch für die Neue Zürcher Zeitung (Externer Link: 17.10.2023) markiert es ein Staatsversagen, dass es zu solchen Demonstrationen kommen konnte: "Der Staat stellt sich nicht in hinreichendem Mass 'schützend vor unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger', wie es Olaf Scholz ankündigte. … Die Bundesrepublik lässt es aus Naivität, Inkompetenz oder Desinteresse zu, dass Israel öffentlich der Untergang und Juden der Tod gewünscht wird." Für die Berliner Zeitung (Externer Link: 23.10.2023) dagegen verbietet es sich, allen Muslimen pauschal Antisemitismus zu unterstellen: "[B]ei allem Kopfschütteln über die propalästinensischen und antisemitischen … Demonstrationen in Neukölln und anderswo hilft auch hier die Differenzierung: Es sind wenige, die demonstrieren. Sie sind laut, aber es sind wenige.“
Ist der Antisemitismus tatsächlich angestiegen?
Das Externer Link: Ausmaß des Antisemitismus in Europa und seine Veränderung nach dem 7. Oktober exakt zu erfassen, ist mit Schwierigkeiten verbunden. Insbesondere polizeiliche Erhebungen sind durch mehrere Faktoren verzerrt. Es gibt aber deutliche Hinweise für einen Anstieg: In der 2023 zum dritten Mal durchgeführten Externer Link: Umfrage der EU-Grundrechtsagentur FRA zu Diskriminierung und Hasskriminalität gegenüber Jüdinnen und Juden in der EU berichteten 80 Prozent der fast 8.000 jüdischen Befragten in 13 EU-Staaten, der Antisemitismus in ihrem Land sei in den fünf Jahren vor der Erhebung nach ihrer Wahrnehmung gestiegen. Die Umfrage fand vor den Hamas-Angriffen vom 7. Oktober statt, die FRA ergänzte die Ergebnisse jedoch durch Erhebungen bei zwölf jüdischen Organisationen nach den Anschlägen, von denen einige von einem Anstieg antisemitischer Vorfälle um 400 Prozent oder mehr berichteten. Für Deutschland Externer Link: dokumentierte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) für 2023 4.782 antisemitische Vorfälle – eine Steigerung von rund 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mehr als die Hälfte davon (2.787) ereignete sich nach dem 7. Oktober. Zwischen Januar und Anfang Oktober 2024 Externer Link: erfasste die Polizei über 3.200 antisemitische Straftaten, doppelt so viel als im Vorjahreszeitraum. Und von den fast 8.500 im Kontext des
Eine der Schwierigkeiten: 52 Prozent der im RIAS-Bericht erfassten Vorfälle – für den Zeitraum nach dem 7. Oktober sogar 71 Prozent – wurden der Kategorie "israelbezogener Antisemitismus" zugeordnet. Die eindeutigen und unzweifelhaften Fälle mal ausgenommen, zeigt sich gerade am Beispiel dieser Kategorie, dass die Herausforderung bei der Bekämpfung von Antisemitismus bereits bei der Frage beginnt, was Antisemitismus überhaupt ist. Bei den zwei einflussreichsten Definitionen – die sogenannte
Solche Unschärfen erschweren es, ein realistisches Bild davon zu zeichnen, wie groß das Problem des israelbezogenen Antisemitismus in Deutschland tatsächlich ist. Klaus Holz bilanziert ernüchtert: "Wissenschaftlich ist es üblich, auf die Definition von Schlüsselbegriffen große Sorgfalt zu verwenden. … Bei 'Antisemitismus' ist dies nicht gelungen."
Wie umgehen mit Pro-Palästina-Demos?
Klar ist: Antisemitische Parolen verstoßen gegen das Anti-Diskriminierungsverbot nach Artikel 21 der
In
Europas Presse diskutiert kontrovers, welches Vorgehen angemessen sei: Alarmiert zeigt sich ob der Demo-Verbote das linke Onlineportal eldiario.es (22.10.2023): "Die Zerstörung unserer Freiheit, deren Aufbau in Europa so viel Blut gekostet hat, ist inakzeptabel. ... Weil die Hamas eine Terrororganisation ist, sollen nun alle Palästinenser kontaminiert sein: Palästinensische Flaggen sind demnach Anstiftung zum Terrorismus." Für den Nordschleswiger (Dänemark, Externer Link: 07.11.2023) hingegen sind Demonstrationsverbote hinnehmbar, denn man dürfe "nie vergessen, was uns der Populismus von rechts und links vergessen lassen will: Auch und gerade in einer freien Gesellschaft muss es Tabus geben! Wenn wir Meinungs- und Redefreiheit schützen, müssen wir aufpassen, dass dies nicht dazu ausgenutzt wird, um unseren Grundsatz der unantastbaren Würde und Freiheit aller zu untergraben." Und an die Protestierenden gewandt: "Nur weil du glaubst, im Recht zu sein, gibt dir das kein Recht, deine Wut über Unrecht an unschuldigen Menschen auszulassen. ... Wer Angehörige von Minderheiten einschüchtert, greift uns alle an." Zeit Online (Externer Link: 17.10.2023) plädiert für Augenmaß: "Nicht jeder, der sich um das Schicksal der Palästinenser sorgt, nicht jede, die mit dem Palästinensertuch demonstriert, sympathisiert mit der Hamas. Und es ist nicht nur demokratisch, sondern auch in unser aller Interesse, dass Menschen Ventile für ihren Frust, für ihre Trauer und ihre Ängste bekommen. Kundgebungen, auf denen an das Leid der Menschen im Gazastreifen erinnert und gefordert wird, sie bestmöglich zu schützen, müssen auf deutschen Straßen erlaubt bleiben. Natürlich aber nur unter der Bedingung, dass ihre Organisatoren und Teilnehmer zu jeder Zeit den barbarischen Terror der Hamas klar verurteilen, das Existenzrecht Israels und das Recht auf Selbstverteidigung anerkennen."
Le Monde (Externer Link: 6.11.2023) begrüßt das harte polizeiliche Durchgreifen in Frankreich, betont aber auch, dass dieses nicht ausreiche: "Es ist unzulässig, dass ein Teil der französischen Nation, egal welcher Herkunft oder Religion in Angst leben muss. … Mit ungefähr 500 Festnahmen seit dem 7. Oktober haben die Behörden gezeigt, dass sie stark gegen die neue Welle antisemitischer Handlungen vorgehen. Nun sollte sich auch die gesamte französische Gesellschaft wieder auf ihre Grundwerte besinnen und insbesondere über das Mittel der Bildung immer wieder daran erinnern, dass Antisemitismus ebenso wie Rassismus inakzeptabel sind." Corriere della Sera (Externer Link: 2.11.2023) fordert mehr Sensibilität dabei, mit wem man gemeinsam demonstriert: "Es ist wahr, dass nicht alle Pro-Palästina-Demonstranten Antisemiten sind. Es ist aber auch wahr, dass heute alle Antisemiten für Palästina sind. … Diejenigen, die die Straßen europäischer Städte mit einem aufrichtigen Wunsch nach Gerechtigkeit und Frieden bevölkert haben, sollten dies berücksichtigen. … Vor allem, um darüber im Klaren zu sein, in welche Richtung die Nähe zu denen führt, die diesen Wunsch dazu missbrauchen wollen, die Welt in die dunkelsten Jahre des 20. Jahrhunderts zurückzuziehen." Dagens Nyheter (Externer Link: 31.10.2023) nennt ein Beispiel dafür: "Als am vergangenen Wochenende eine Menschenmenge auf dem Sergels Torg [in Stockholm] glaubte, sie zeige ihre Solidarität mit den Palästinensern, indem sie antisemitische Parolen skandierte, beteiligte sich auch die [neonazistische] Nordische Widerstandsbewegung. … Selbst in Schweden sind die Behörden heute gezwungen, sehr konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Juden vor Gewalt zu schützen. Das ist eine schreckliche Schande." Die ungarische Zeitung Magyar Nemzet (Externer Link: 10.10.2023) ist hin- und hergerissen: "Man könnte argumentieren, dass alles seine Grenzen haben sollte, auch die Freude an der Tötung oder Entführung unschuldiger Zivilisten. ... Man kann jedoch auch nicht behaupten, dass es der normale Lauf der Dinge ist, wenn die Behörden – wie im französischen Lyon – zur Wahrung der öffentlichen Ordnung eine pro-palästinensische Demonstration verbieten. In einer demokratischen Gesellschaft haben die Bürger das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Jedoch sind die Zeiten, die wir gerade erleben, vielleicht nicht normal."
Svenska Dagbladet (Externer Link: 10.10.2023) plädiert schon unmittelbar nach dem Hamas-Anschlag dafür, das Richtige zu schützen, statt das Falsche zu beschränken: "Gerade in diesem Sommer war die Vorstellung, dass die Bedrohung durch den islamistischen Externer Link: Terror durch einige Veränderungen bei der schwedischen Meinungsfreiheit verringert werden könnte, in der schwedischen Debatte weit verbreitet. Der rücksichtslose Terror an diesem Wochenende ist eine Erinnerung an die Sinnlosigkeit dieser Hoffnung. Die Bedrohung unserer Gesellschaften liegt nicht in unseren Freiheiten. Im Gegenteil: Durch den Schutz gut funktionierender Institutionen bewahren Demokratien ihre überlegene Fähigkeit zur Entwicklung und Zusammenarbeit. Nur so können aggressive Staaten und Terrorismus in Schach gehalten werden: Indem wir Israel genauso beharrlich unterstützen wie die Ukraine."
Weitere Verbote und Absagen
Auch bei weiteren Maßnahmen zur Unterbindung antisemitischer Äußerungen und Handlungen stellen sich Abgrenzungsprobleme. Das deutsche Innenministerium Externer Link: verbot im November 2023 im Rahmen des Verbots der Hamas auch den Ausspruch "Vom Fluss bis zum Meer",
Als die Berliner Polizei im April 2024 Externer Link: eine als "Palästina-Kongress" angemeldete Veranstaltung auflöste, begründeten die Behörden das Vorgehen damit, dass gegen einen der online zugeschalteten Redner in Deutschland wegen Hasstiraden gegen Israel und Juden ein politisches Betätigungsverbot gilt. Auch wurde im Vorfeld Ghassan Abu Sittah, einem britisch-palästinensischen Arzt, der auf dem Kongress hätte auftreten sollen, die Einreise am Berliner Flughafen verweigert – Mitte Mai entschied das Verwaltungsgericht Potsdam allerdings, dass das Einreiseverbot "unrechtmäßig" erfolgt sein dürfte.
Israel am ESC: Von einigen nicht erwünscht
Aus der umgekehrten Richtung unter Druck kamen die Organisatoren des Externer Link: Eurovision Song Contest 2024 im schwedischen Malmö, das zu den Städten mit den höchsten muslimischen Bevölkerungsanteilen in Westeuropa gehört. Auf Demos mit bis zu 12.000 Teilnehmern wurde von den ESC-Organisatoren gefordert, die israelische Sängerin Eden Golan nicht auf der Veranstaltung auftreten zu lassen. Die Forderungen wurden jedoch nicht erhört, Eden Golan konnte beim Finale antreten – unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen, vernehmbaren Buhrufen aus dem Publikum und im Wettstreit mit Konkurrenten, von denen einige trotz des Verbots politischer Inhalte mit pro-palästinensischen Symbolen auf die Bühne gingen.
Europas Presse fand die Haltung der Organisatoren mehrheitlich richtig. Zwar gab es vereinzelt Stimmen, die befanden, die European Broadcasting Union (EBU) habe damit ihre Unterstützung für Israel und sein Vorgehen in Gaza "auf die übelste Art und Weise zum Ausdruck gebracht" (Primorske Novice, Slowenien, Externer Link: 12.05.2024). Und auch für die belgische Zeitung De Morgen (Externer Link: 13.05.2024) wäre ein Ausschluss konsequent gewesen: "Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zögerte der Organisator des größten Musikwettbewerbs der Welt nicht, den Aggressor fernzuhalten, vor der israelischen Gewalt drückt er unter dem Deckmantel der politischen Neutralität ein Auge zu. Wenn die EBU weiterhin die Balance sucht in Zeiten, in denen jeden Tag Bomben auf unschuldige Bürger fallen, verliert sie den letzten Rest ihrer moralischen Glaubwürdigkeit." Ein Vergleich, der für die finnische Tageszeitung Iltalehti (12.05.2024) hinkt: "Russland ist vom Eurovision Song Contest ausgeschlossen worden, weil es die Ukraine angegriffen hat. Israel seinerseits versucht, die Hamas auszurotten, von der sie angegriffen wurde. Das ist ein großer Unterschied." Für die britische Wochenzeitschrift The Spectator (Externer Link: 12.05.2024) zielten die Demonstranten mit ihren Forderungen daneben: "Eden Golan, die kaum älter als ein Teenager ist, wurde quasi persönlich für die Kriegsführung Israels verantwortlich und haftbar gemacht. ... Sie ist eine Künstlerin, die im Namen des öffentlich-rechtlichen Senders ihres Landes in Malmö auftrat, nicht im Namen der israelischen Regierung. Solche Unterscheidungen scheint der protestierende Mob, der von seiner eigenen Art fanatischer Gewissheit durchdrungen ist, nicht zu begreifen." Und die französische Libération (Externer Link: 13.05.2024) fügte abwägend hinzu: "Dass die Völker der ganzen Welt wütend auf den Zynismus der führenden Politiker Israels und der Hamas-Anführer sowie auf die Untätigkeit der westlichen und arabischen Regierungschefs sind, ist verständlich. Und sogar gesund. … Dass sich diese Wut jedoch gegen Individuen richtet, weil sie ein Land, eine Religion oder eine Identität repräsentieren, ist nicht akzeptabel. Und furchtbar gefährlich."
Eden Golan erreichte beim ESC-Finale schließlich den fünften Platz, in der Publikumswertung sogar den zweiten. Das veranlasste den israelischen Unternehmer Arkadi Mayofis in der exilrussischen Online-Zeitung Echo (Externer Link: 12.05.2024) zum Fazit, Jüdinnen und Juden könnten gestärkt aus der ganzen Angelegenheit hervorgehen: "Der Wettbewerb hat gezeigt, dass der europäische Mainstream nicht gegen uns ist. Ganz im Gegenteil. Dies kontrastiert mit den Nachrichten aus europäischen Städten, in denen fast ununterbrochen antiisraelische und nun auch explizit antisemitische Kundgebungen stattfinden. Das zeigt, dass es sich bei diesen Aktionen nicht um spontane Reaktionen besorgter Bürger handelt, sondern um speziell organisierte Veranstaltungen."
Die Lage bleibt angespannt
Zuweilen konnte im Verlauf des Jahres 2024 der Eindruck entstehen, als seien der Antisemitismus in Europa und die Frage nach dem richtigen Umgang damit aus dem Fokus der öffentlichen Debatte geraten. Die tätlichen Angriffe gegen jüdische Menschen nach dem Externer Link: Europa-League-Fußballspiel Ajax Amsterdam gegen Maccabi Tel Aviv im November zeigten jedoch, wie virulent das Problem auch ein Jahr nach dem 7. Oktober bleibt. Borys Loschkin, Präsident der Jüdischen Konföderation der Ukraine, schrieb in Obosrewatel (Externer Link: 8.11.2024) entsetzt: "Juden wurden von Autos angefahren, geschlagen, mit Messern angegriffen und in den Fluss getrieben, weil sie Juden sind. … Vor 86 Jahren hatte auf diese Weise der Holocaust begonnen. Es ist die Zeit, dass die Welt aufwacht." Zum vollständigen Bild gehören aber auch Angriffe der Gäste aus Israel, schreibt das griechische Webportal TVXS (11.11.2024): "Die Ereignisse haben am Tag vor dem Spiel, am Mittwochabend, begonnen. Als Maccabi-Fans ohne Provokation durch irgendjemanden Palästinenser und Taxifahrer angriffen und ein Taxi verbrannten." Die taz (Externer Link: 10.11.2024) lässt dies jedoch nur beschränkt gelten: "Sie randalierten selber vor dem Spiel, rissen Palästina-Flaggen von Fenstern und sangen rassistische und kriegsverherrlichende Lieder auf ihrem Weg ins Stadion. Rechtfertigt dies jedoch die zügellose Gewalt, die sich nach dem Spiel deutlich zeitversetzt abspielte? Ist es legitim gewesen, dass man die Stadt nach Israelis durchsuchte, völlig irrelevant, ob sie zu Maccabi gehören? … Das waren Hetzjagden."
Göteborgs-Posten (Externer Link: 9.11.2024) verweist auf eine aktuelle Studie, wonach die Verbreitung israelkritischer Haltungen und die Größe der muslimischen Community mit dem Ausmaß des Antisemitismus in einem Land korrelieren. Dies stärke "die Hypothese von einem 'neuen' Antisemitismus, der aus Hass auf Israel erwächst. Diese Einsicht muss man verinnerlichen, um zu verstehen, dass es sich bei den derzeitigen Ereignissen nicht um isolierte Phänomene handelt – sie sind Teil eines größeren Problems im gesamten Westeuropa." Große Herausforderungen sieht auch De Volkskrant (Externer Link: 9.11.2024), warnt jedoch mit Bezug auf einen Tweet des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders davor, Hass mit Hass zu bekämpfen: "Um den Trend umzukehren und Menschen wieder miteinander ins Gespräch zu bringen, sind langfristige Anstrengungen nötig. Wenn die Debatte von Politikern dominiert wird, die ihrerseits darauf drängen, Menschen zu deportieren, kommt das Land keinen Schritt weiter."