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Wie blickt Europa auf den Gaza-Krieg?

Stephan Bader Nicholas Bukovec Brigitte Kramer Hans-Jörg Schmidt

/ 9 Minuten zu lesen

Die Perspektiven auf den Gaza-Krieg gehen in der europäischen Presselandschaft weit auseinander. Einblicke aus Irland, Tschechien, Spanien und Deutschland.

Gaza-Krieg: Perspektiven aus Irland, Tschechien, Spanien und Deutschland. (© picture-alliance, Keystone | Peter Klaunzer)

Israels Krieg gegen die radikal-islamische Hamas lässt kaum ein europäisches Land kalt. Doch die Perspektiven, aus denen die einzelnen Staaten und ihre Presse das Geschehen bewerten, gehen weit auseinander. Meist lässt sich das mit der Geschichte der betroffenen Länder und ihrem historischen Verhältnis zu Israel und den palästinensischen Gebieten erklären. Die Externer Link: euro|topics-Korrespondentinnen und -Korrespondenten in Irland, Tschechien, Spanien und Deutschland schildern, wie sich Politik und Medien in diesen vier Ländern seit dem 7. Oktober positioniert haben und woher die Besonderheiten rühren.

Tschechien: Israels "bester Freund" in Europa

Als die UN-Vollversammlung im Oktober 2023 auf Antrag Jordaniens zu einer "sofortigen, dauerhaften und nachhaltigen humanitären Waffenruhe" aufrief, stimmte Tschechien als eines von nur 14 Ländern dagegen. Dass ein von Kanada vorgeschlagener Änderungsantrag, der eine ausdrückliche Verurteilung der Hamas vorsah, nicht angenommen wurde, verärgerte Verteidigungsministerin Jana Černochová derart, dass sie gar den Austritt Tschechiens aus den Vereinten Nationen ins Gespräch brachte. Tschechien habe "keinen Platz in einer Organisation, die Terroristen bejubelt und das Grundrecht auf Selbstverteidigung nicht respektiert", Externer Link: schrieb sie auf X.

In Israel weiß man die besonderen Beziehungen zu würdigen. "Wir haben Freunde überall auf der Welt, aber ich denke, dass wir in Europa keinen besseren Freund haben als Tschechien", sagte Benjamin Netanjahu bereits 2012.

Das enge Verhältnis reicht weit zurück. Der Hochschulprofessor Tomáš Garrigue Masaryk (1850-1937) galt als Unterstützer des Interner Link: Zionismus, reiste wiederholt in den Nahen Osten und Externer Link: engagierte sich schon um die Jahrhundertwende im Kampf gegen Antisemitismus. Nach der Gründung der Tschechoslowakei 1918 wurde er deren erster Staatspräsident – und mit ihm wurde auch der Grundstein für die später so tiefe Freundschaft zum Staat Israel gelegt. So besuchte er 1927 als erster ausländischer Regierungschef das Interner Link: britische Mandatsgebiet Palästina. Bei den Israelis unvergessen ist die Aufbauhilfe der Nachkriegs-Tschechoslowakei für den jungen jüdischen Staat. Ungeachtet aller Embargos lieferte das Land Waffen nach Tel Aviv und schulte israelische Kampfpiloten auf tschechoslowakischen Flugplätzen.

Prags Solidarität kommt auch in den Medien zum Ausdruck. Die TV- und Radio-Korrespondenten in Tel Aviv vergessen nie zu betonen, was der Ausgangspunkt für das militärische Vorgehen Israels gegen die Hamas war: Interner Link: der mörderische Anschlag auf Israel am 7. Oktober 2023 mit über 1.200 Todesopfern und fast 250 Geiseln. Deutlichkeit auch in den meisten Print-Kommentaren, so etwa in Externer Link: Reflex (9.10.2023): "Gegenüber der Hamas darf man nicht nachgeben. Mit bis an die Zähne bewaffneten Fanatikern, die unschuldige zivile Opfer ermorden, kann kein Dialog geführt werden." Und Externer Link: Novinky.cz (2.1.2024) kann sich auch einen anderen Dialogpartner nicht vorstellen: "Die Vorstellung, dass die Palästinensische Autonomiebehörde, die sich über das Pogrom freute, zum Garanten des Friedens in Gaza werden würde, ist geradezu absurd."

Sehr viel seltener sind Kommentare wie dieser: "Die Mehrheit der Tschechen wie auch der politischen Klasse des Landes steht zu unkritisch an der Seite Israels. Natürlich hat Israel das Recht, sich zu verteidigen, aber wie hoch ist das angemessene Maß der Vergeltung?" (Externer Link: Český rozhlas, 6.5.2024). Wirklich scharfe Kritik an Israel wird man aber so gut wie gar nicht finden.

Irland: Ein Land erkennt sich selbst in den Palästinensern

Ganz anders die irische Öffentlichkeit: Ende Mai 2024 entschlossen sich Irland, Spanien und Norwegen, Externer Link: Palästina als Staat anzuerkennen. Und als bei einem israelischen Luftangriff auf ein Schulgebäude in Gaza Anfang August nach Angaben Hamas-kontrollierter Behörden mindestens 93 Menschen ums Leben kamen, war es Irlands Premier Simon Harris, der das Handelsabkommen der EU mit Israel Externer Link: infrage stellte.

Von der Landespresse gibt es für diese Haltung überwiegend Applaus: "Weder Irland noch die anderen Regierungen versuchen zu leugnen, dass die Hamas brutale Terroristen sind – aber sie können nicht schweigen, wenn Israel das Völkerrecht missachtet", erklärt etwa Externer Link: Irish Independent (19.04.2024). Dafür lohne es sich auch, einen Preis zu bezahlen: "Das Festhalten an der Universalität der Menschenrechte führt zu schwierigen Momenten mit Verbündeten, aber es ist auf lange Sicht einfacher, als ein Fähnchen im Wind zu sein", so Externer Link: The Irish Times (07.11.2023).

Warum zeigt Irland so viel Sympathie für die palästinensische Sache? Der damalige Regierungschef Leo Varadkar Externer Link: erklärte es im März 2024 wie folgt: "Wir sehen unsere eigene Geschichte in den Augen der Palästinenser. Eine Geschichte der Vertreibung, der Enteignung, einer infrage gestellten und verwehrten staatlichen Identität, erzwungener Auswanderung, Diskriminierung und nun auch des Hungers." Vor etwas mehr als hundert Jahren war Irland wie Interner Link: Palästina britisch besetzt und fremdbestimmt. Viele Iren sehen zudem Parallelen zwischen dem Interner Link: Nahost-Konflikt und dem jahrzehntelangen Interner Link: Bürgerkrieg in Nordirland: "Die Okkupation, die den Alltag im besetzten Palästina prägt – bewaffnete militärische Patrouillen auf den Straßen, Kontrollpunkte, segregierte Städte und trennende Mauern – entspricht fast genau dem, was die Briten einst in Nordirland praktizierten", analysierte die irische Soziologin Aisling Walsh in Externer Link: Al-Jazeera (08.03.2024). Die paramilitärische Terrororganisation Interner Link: IRA, welche die Vereinigung Irlands mit Bombenanschlägen und Attentaten erzwingen wollte, unterhielt einst enge Verbindungen zur Interner Link: Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Noch heute zeigen Wandmalereien in Belfast Sujets irisch-palästinensischer Solidarität. Irland erkannte den Staat Israel relativ spät an, im Jahr 1963, eine israelische Botschaft in Dublin gibt es erst seit 1994.

Das Vorgehen Israels in Gaza hat die kritische Haltung vieler irischer Medien noch verstärkt. So schreibt Externer Link: The Irish Times (04.12.2023): "Es gibt auch im Krieg Regeln, wie Verhältnismäßigkeit im Kampf, den Schutz der Zivilbevölkerung gegen Zwangsvertreibung und für den Zugang zu grundlegender humanitärer Hilfe. … Zum Leidwesen der Menschen in Gaza werden sie jedoch weitgehend ignoriert." Und Externer Link: Irish Examiner (31.10.2023) fasst zusammen: "Israel hat zwar das Recht, sich gegen die Hamas zu verteidigen. Aber es hat nicht das Recht, Kriegsverbrechen zu begehen". Auch die Interner Link: Ende 2023 beim Internationalen Gerichtshof eingereichte Externer Link: Klage Südafrikas, Israel verstoße in Gaza gegen die UN-Völkermordkonvention, Externer Link: finden viele irische Kommentatoren berechtigt. Für Externer Link: The Irish Times (17.10.2023) lässt sich hingegen aus der irischen Vergangenheit keine Parteinahme ableiten: "Wenn Irlands Geschichte eine zentrale Botschaft bereithält, dann die, dass wir versuchen sollten, beide Seiten zu verstehen. … Als Inselstaat, der die Grausamkeit des modernen Terrorismus erlebt hat, können wir in Irland die Stärke der israelischen Emotionen gegenüber der Hamas nachfühlen."

Spanien: Politisch aktiv, gesellschaftlich gespalten

Spaniens offizielle Haltung deckt sich in vielerlei Hinsicht mit derjenigen Irlands. Wie Dublin erkannte Madrid im Mai 2024 Palästina als eigenständigen Staat an und nahm mit dieser Positionierung diplomatische Krisen mit Israel in Kauf. Schon im Oktober hatte Premierminister Pedro Sánchez Zweifel an der Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch Israel im Interner Link: Gazastreifen geäußert. Die Regierung verdreifachte bereits 2023 ihre humanitäre Unterstützung für Palästina auf mehr als 50 Millionen Euro und steigert sie 2024 weiter.

Auch in Spaniens Fall hat diese Haltung eine Vorgeschichte: Die Interner Link: Vertreibung der spanischen Juden im Jahr 1492 und deren massive Auswanderung während der Inquisition im 16. bis 18. Jahrhundert sind eine historische Belastung für das Verhältnis zu Israel. Erst 1992 schlossen König Juan Carlos und der damalige israelische Präsident Haim Herzog bei einem Treffen in der Madrider Synagoge symbolisch die Wunde. Heute sind die beiden Länder durch ein stabiles diplomatisches und wirtschaftliches Netz verbunden. Nach dem Ende der Franco-Diktatur 1975 hatte Spanien begonnen, wirtschaftliche Beziehungen mit Israel aufzubauen. Als es dann Israel 1986 anerkannte und damit auch diplomatische Beziehungen aufgenommen wurden, erhob es gleichzeitig das Madrider Büro der PLO in den diplomatischen Status und unterhält seitdem enge Beziehungen zu den Palästinensern. Dieser "Politik des Gleichgewichts" folgend setzt sich Spanien seit der Madrider Friedenskonferenz von 1991 – die als Auftakt zum Interner Link: Osloer Friedensprozess gilt – aktiv für eine global abgesicherte Lösung des Nahost-Konflikts ein.

Auch in den Medien solidarisierten sich schon unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023 viele Kommentatoren mit der Sache der Palästinenser und warfen Netanjahu vor, er habe bewusst "die palästinensische Frage unsichtbar" und "die internationale Gemeinschaft mit seiner Politik der vollendeten Tatsachen zum Schweigen gebracht" (Externer Link: El Periódico de Catalunya, 09.10.2023). Eine andere Gewichtung würde sich Externer Link: La Vanguardia (21.10.2023) auch von weiteren EU-Staaten wünschen: „Frankreich oder Deutschland haben sich Israel gegenüber deutlich wohlwollender gezeigt. ... Aber die spanische Regierung hat nicht unrecht: … Europa und Spanien lägen falsch, wenn sie die notwendige Unterstützung Israels mit der Missachtung der Palästinenser verwechseln würden.“

Die spanische Öffentlichkeit ist sich in ihrer Haltung aber keineswegs einig. Für konservative Medien wie Externer Link: ABC (10.10.2023) ist die Palästina-Solidarität zahlreicher politisch linksstehender Gruppierungen auf einem Auge blind: "Für die neue Linke ist nur der weiße Mann zu Rassismus fähig. ... Als ob Antisemitismus nur von blauäugigen Skinheads ausgehen würde." Und als Politikerinnen der Regierungspartei Podemos sich mit "Palästinensertüchern" (Kufiyas) zeigten und zu Protesten gegen Israel aufriefen, ächzte Externer Link: El Mundo (18.10.2023): "Die Regierungsbeteiligung der extremen Linken untergräbt Spaniens internationales Ansehen."

Bei Premier Sánchez‘ Vorstößen im Hinblick auf eine Interner Link: Zwei-Staaten-Lösung reicht die Interner Link: Skepsis teilweise über den Links-Rechts-Graben hinaus: Externer Link: El Mundo (4.12.2023) hält Sanchez‘ Bemühungen für naiv: "Wer soll denn den Friedensprozess auf palästinensischer Seite führen? ... Würden wir uns mit einem Selbstbestimmungsrecht zufriedengeben, das die Rechte der Palästinenser auf einen theokratischen Staat oder ein korruptes autoritäres Regime überträgt?" Externer Link: El País (29.05.2024) dagegen hofft auf "eine Verpflichtung, die über den in den 1990er Jahren angestoßenen Oslo-Friedensprozess hinausgehen soll. Die Erfahrung zeigt, dass der palästinensische Staat nicht mehr als Ziel, sondern als Ausgangspunkt gesehen werden muss." In dieser Gemengelage mahnt Externer Link: La Vanguardia (28.05.2024) indessen: "Seit Sánchez die Anerkennung verkündet hat, steigert sich Israels Wut stetig. ... Es wäre wünschenswert, zwischen Israel und Spanien wieder Normalität herzustellen."

Deutschland: Medien werden selbst zum Gegenstand der Debatte

Deutschlands Positionierung stellte Bundeskanzler Olaf Scholz direkt nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober Externer Link: klar: "In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: den Platz an der Seite Israels." Aufgrund der aus dem Holocaust entstandenen Verantwortung sei es Aufgabe Deutschlands, für Israels Existenz und Sicherheit einzustehen. Dieser Haltung verlieh man symbolisch Ausdruck: Die israelische Flagge wurde auf dem Reichstag gehisst und auf das Brandenburger Tor projiziert. Und materiell unterstützt Deutschland Israel mit militärischer und medizinischer Ausrüstung.

Auch der Großteil der deutschen Presse betonte in den ersten Monaten die Legitimität der israelischen Reaktion als Selbstverteidigung gegenüber humanitären Bedenken – meist als Ergebnis einer Abwägung, die "das zynische Kalkül der Hamas, Unschuldige als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen" Externer Link: (Tagesspiegel, 14.10.2023) als Hauptursache für die Notlage ausmachte. Kompromissloser zeigte sich die Tageszeitung Externer Link: Welt am 11.10.2023: "Die Empörung, dass Israel keinen Strom, Wasser oder Lebensmittel mehr nach Gaza hinein lässt, ist fehl am Platz: Warum ... sollte Israel eine Bevölkerung alimentieren, die Pogrome an Juden feiert?"

Mit zunehmender Dauer des Kriegs nahmen dessen humanitäre Folgen sowie extreme Positionen innerhalb von Israels Regierung in der deutschen Debatte mehr Raum ein. Die Externer Link: Bundesregierung schreibt mittlerweile auf ihrer Website (Stand 08.10.2024): "Israel hat viele militärische Ziele im Kampf gegen die Hamas erreicht und zivile Opferzahlen und menschliches Leid im Gazastreifen sind gewaltig." Deutschland setze sich "dafür ein, die destruktive Spirale von Vergeltungsgewalt zu durchbrechen".

Parallel veränderte sich auch die Debatte in den Medien. Ein Beispiel für diese Verschiebung ist der Berliner Tagesspiegel. Noch Externer Link: im Januar 2024 forderte das Blatt handfeste Solidarität mit Israel gegen die Externer Link: Völkermordklage Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof: "Die Bundesrepublik muss sich vor dem IGH offiziell und formal an die Seite Israels stellen und … intervenieren." Externer Link: Ganz anders klingt da dieser Aufruf an Oppositionsführer Benny Gantz vom 3. April: "[Netanjahu] verrennt sich. Wo bleiben da die Gemäßigten im Kriegskabinett? … Dabei sagt Gantz doch, dass er vor allem die Geiseln retten will. Das geht aber nur, wenn er … an die Seite derer im Land träte, Externer Link: die sagen: Genug ist genug."

Die Medien des Axel-Springer-Verlags dagegen unterstützen Israels Vorgehen unverändert: Als der Krieg ein halbes Jahr andauerte, schrieb die Externer Link: Welt (10.04.2024) stellvertretend: "Eine dauerhafte Waffenruhe kann es erst geben, wenn die Hamas zerstört ist. … Ihr die Möglichkeit zu gewähren, in einer ausgedehnten Ruhephase ihre Kräfte neu aufzustellen und auszurüsten, hieße, den Frieden auszuschließen." Und die Bild-Zeitung ging im Juli 2024 eine Kooperation mit der auflagenstarken Gratiszeitung Israel Hayom ein, einst Externer Link: gezielt gegründet, um Benjamin Netanjahu zur Rückkehr an die Regierungsspitze zu verhelfen.

Insgesamt besteht in der Berichterstattung über den Krieg in Gaza seit Beginn an das Problem, dass sich Meldungen über z. B. Todesopfer oder Tathergänge kaum unabhängig überprüfen lassen. In dieser Gemengelage scheint sich in Deutschland eine Berichterstattung zu ergeben, die zuweilen als parteinehmend wahrgenommen wird: Laut einer Externer Link: repräsentativen Umfrage im Auftrag des ARD-Medienmagazins ZAPP im Juli 2024 empfanden nur 38 Prozent der Befragten die Berichterstattung deutscher Medien als ausgewogen; 31 Prozent betrachteten sie als zu pro-israelisch, 5 Prozent als zu pro-palästinensisch, 26 Prozent machten keine Angabe. Die 31 Prozent seien ein hoher und ungewöhnlicher Wert, so die Medienwissenschaftlerin Carola Richter im Externer Link: ZAPP-Beitrag. Dass zudem 48 Prozent der Befragten antworteten, sie hätten in die deutsche Gaza-Berichterstattung wenig oder gar kein Vertrauen, deutet Richter zufolge darauf hin, "dass in der Berichterstattung ein Problem besteht, wenn es darum geht, Glaubwürdigkeit bei den Rezipient*innen zu schaffen".

Hat dieses Misstrauen eine Grundlage? Fälle, in denen handwerkliche Fehler passiert sind, lassen sich nachweisen: So übernahmen etwa nach Israels Externer Link: Stürmung des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt Mitte November 2023 deutsche Medien Verlautbarungen der israelischen Armee ohne Einordnung, während internationale Medien diese kritischer hinterfragten: Externer Link: Angelsächsischen und Externer Link: israelischen Medien reichten die vorgelegten Belege für eine dort vermutete Hamas-Kommandozentrale Externer Link: nicht aus, deutsche Medien hingegen beschrieben die Operation als Erfolg. Die Externer Link: Zeit titelte hierzu seinerzeit: "Israelische Armee findet Hamas-Einsatzzentrum" – ob sich unter dem Krankenhaus tatsächlich ein solches Einsatzzentrum befand, ist bis heute unklar. Als wiederum am 17. Oktober 2023 bei einer Externer Link: Explosion am Al-Ahli-Arabi-Krankenhaus in Gaza-Stadt Hunderte Menschen starben, schrieb der Deutschlandfunk auf X zunächst vorschnell von einem israelischen Raketenangriff als Ursache – ein späterer Externer Link: Untersuchungsbericht von Human Rights Watch aber sollte feststellen, dass die Explosion offenbar von raketengetriebener Munition ausgelöst wurde, wie sie häufig von bewaffneten palästinensischen Gruppen verwendet wird.

Eine umfassende Untersuchung dazu, ob deutsche Medien im Gaza-Krieg tatsächlich Israel zu unkritisch behandeln und palästinensisches Leid weniger stark berücksichtigen, wie es unter anderem der Medienwissenschaftler Kai Hafez Externer Link: beobachtet, steht bisher noch aus. Die Externer Link: Jüdische Allgemeine (16.10.2024) nimmt das genaue Gegenteil wahr: nämlich eine "Täter-Opfer-Umkehr" in etlichen deutschen Leitmedien und eine "antiisraelische und mithin auch antijüdische Stimmung, die viele Medien transportieren, mit Beispielen unterstreichen und weitergeben". Externer Link: Andere Kommentatoren wiederum sehen ein grundsätzliches, nicht auf Deutschland beschränktes Problem, welches das geringe Vertrauen erklären könnte: eine ereignisgetriebene Berichterstattung mit zu wenig kritischem Abstand.

Fussnoten

Fußnoten

  1. 120 Länder stimmten für Jordaniens Antrag, 45 enthielten sich, darunter auch Deutschland.

  2. So werden etwa die Zahlen zu palästinensischen Todesopfern von dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium sowie dem Medienbüro in Gaza bekanntgegeben. Während sich die Zahlen nicht unabhängig überprüfen lassen und Israel diese anzweifelt, werden sie von den Vereinten Nationen verwendet. Aber auch eine unabhängige Überprüfung der von israelischen Behörden veröffentlichten Zahlen zu getöteten Hamas-Kämpfern steht noch aus. Die Vereinten Nationen waren insgesamt bisher nicht in der Lage, unabhängige, umfassende und überprüfte Opferzahlen vorzulegen.

  3. 40 Prozent der Befragten gaben an, viel oder sehr viel Vertrauen zu haben, 12 Prozent machten keine Angabe.

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 4.0 - Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International" veröffentlicht. Autoren/-innen: Stephan Bader, Nicholas Bukovec, Brigitte Kramer, Hans-Jörg Schmidt für bpb.de

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Stephan Bader studierte Politik- und Sozialwissenschaften in Freiburg (CH) und Siegen. Seit 2012 arbeitet er als Journalist (Print, Online, Multimedia), Texter (NGOs, Wissenschaft) und Übersetzer in Deutschland und der Schweiz. Seit Oktober 2019 ist er Redakteur für euro|topics bei n-ost.

Nicholas Bukovec ist euro|topics-Korrespondent für das Vereinigte Königreich und Irland. Er studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Wirtschaft in Wien, Dublin und Limerick.

Brigitte Kramer ist euro|topics-Korrespondentin in Spanien. Sie absolvierte die Deutsche Journalistenschule (DJS). Seit Mitte der 1990er Jahre lebt sie in Spanien, arbeitete als freie Autorin für Zeitschriften und Zeitungen (mare, Neue Zürcher Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Der Standard), heute v.a. für den ARD-Hörfunk, wo sie sich auf Umwelt- und Sozialthemen spezialisiert hat.

Hans-Jörg Schmidt ist Korrespondent in Tschechien und in der Slowakei für euro|topics und mehrere deutschsprachige Zeitungen, darunter Die Welt und das LandesEcho Prag. Nach dem Studium der Journalistik zog er nach Prag, wo er seit 1990 lebt. Sein Buch „Tschechien - eine Nachbarschaftskunde für Deutsche“/„Tschechien - ein Länderporträt“ ist im Christoph-Links-Verlag erschienen, das Buch „Tschechien - wieder Zeman/Kein Frühling in Prag“ im Verlag 3.0.