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Antisemitismus als Herausforderung der praktischen Bildungsarbeit

Burak Yilmaz

/ 9 Minuten zu lesen

Im Zentrum gelingender Bildungsarbeit gegen Antisemitismus stehen Biografie-Arbeit, Perspektivwechsel, Wissensvermittlung und Begegnungen. Gleichzeitig fehlen langfristige Perspektiven, diesem letztlich gesamtgesellschaftlichen Problem entgegenzuwirken.

Dauerausstellung über das Leben der Anne Frank in der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main (Hessen), 2014. (© picture-alliance/dpa)

Antisemitismus ist Teil der gesellschaftlichen Realität sowie ein Teil der praktischen Bildungsarbeit. Dabei bezieht sich der Antisemitismus nicht nur auf die Schüler:innenschaft oder eine spezifische Gruppe, sondern stellt auf allen Ebenen der Institution Schule eine Herausforderung dar. Antisemitismus kann als Einzelphänomen erscheinen, aber auch in Verbindung mit anderen Formen wie z.B. Interner Link: Rassismus, Interner Link: Homophobie und/oder Interner Link: Misogynie. Dabei stehen diese Phänomene nicht in Konkurrenz zueinander, sondern sie finden gleichzeitig statt, ergänzen sich und zielen allesamt auf die Würde des Menschen ab. Biografie-Arbeit, Perspektivwechsel, Wissensvermittlung und Begegnungen sind ein Weg, dem entgegenzuwirken. Dieser Artikel stellt Handlungskompetenzen und Strategien für die Bekämpfung des Antisemitismus in der praktischen Bildungsarbeit (und darüber hinaus) vor, die im Kontext von Schule eine wichtige Rolle spielen.

Die Bildungsarbeit gegen Antisemitismus steht vor widersprüchlichen Erwartungen: Die Arbeit zu diesem Thema an Schulen, in außerschulischen Präventionsprojekten und an den Universitäten gilt in öffentlichen Debatten als ein Garant für die Vermittlung von Kenntnissen über die deutsche und europäische Geschichte, über Menschenrechte und Demokratie. Dennoch fehlen langfristige und strukturelle Perspektiven, wie dies bundesweit, auf Länderebene und lokal garantiert und stabilisiert werden kann. Zudem bezieht sich diese Arbeit auf die Zielgruppen der Schüler:innenschaft, der Lehrkräfte und der Aktiven im zivilgesellschaftlichen Bereich. Antisemitismus ist jedoch ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, dessen Bekämpfung nicht allein auf pädagogische Fachkräfte reduziert werden kann. Er ist Teil der Geschichte Deutschlands und ebenfalls strukturell in allen Bereichen der Gesellschaft präsent. Daher ist es wichtig, ein realistisches Bild darüber zu haben, was Bildung gegen Antisemitismus leisten und ermöglichen kann.

Definition

Um das Phänomen des Interner Link: Antisemitismus zu beschreiben und zu definieren, einigte sich die Internationale Holocaust Remembrance Alliance im Jahr 2016 auf folgende Arbeitsdefinition:

Zitat

Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.

Eine Definition ist wichtig, um eine konkrete Vorstellung dieses Phänomens zu bekommen sowie die Grenze zwischen noch zulässiger Meinungsäußerung und Antisemitismus ziehen zu können. Sie ist für die Bildungsarbeit insofern elementar, als dass diese Grenze jahrelang nicht präsent war und dadurch antisemitische Vorfälle verharmlost, relativiert oder gar nicht verhandelt werden konnten.

Beziehungs- und Biografie-Arbeit

Die öffentliche Wahrnehmung des Antisemitismus bezieht sich häufig auf extremistische Milieus, wie dem Interner Link: islamistischen oder dem Interner Link: rechtsextremen. Und auch wenn es einen gesellschaftlichen Konsens darüber gibt, dass Antisemitismus in Deutschland im Interner Link: Holocaust mündete, erschweren historisierende Debatten zuweilen eine Verortung des Antisemitismus in der Gegenwart.
Um einer Externalisierung des Antisemitismus von allen Ebenen der Gesellschaft zu entgehen, ist die Biografie-Arbeit ein wichtiger Baustein in der Bildungsarbeit. Die Biografie-Arbeit richtet sich an die eigene Einstellung, die Sozialisation sowie das Erlernen von Vorurteilen. Die elementare Frage "Was hat Antisemitismus mit mir persönlich zu tun?" kann hier biografisch und selbstreflexiv diskutiert werden. Darüber hinaus erfolgt eine Reflexion über Fantasien und Bilder über Jüdinnen und Juden, die in den jeweiligen Köpfen präsent sind. Pädagogische Fachkräfte schaffen Vertrauen und Beziehung, wenn sie diesen Prozess nicht nur begleiten, sondern auch von ihren eigenen Erfahrungen berichten. Dass auch sie als reflektierte Erwachsene ein Teil des Prozesses sind, wirkt sich positiv auf Scham, Blockaden und Hemmungen aus. Die Biografie-Arbeit soll vermitteln, dass Vorurteile nicht "normal" oder "natürlich" sind, sondern erlernt und Teil der eigenen Sozialisation sind. Es verdeutlicht: Der Kampf gegen Antisemitismus beginnt im eigenen Kopf.

Ein weiteres Element der Biografie-Arbeit ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte. Gerade die Aufarbeitung des Interner Link: Nationalsozialismus und die Interner Link: Verstrickung der eigenen Familie verortet die NS-Zeit in die eigene Lebenswelt. Das ermöglicht einen persönlichen Zugang zu dem Thema und der Frage, wie wir heute mit der NS-Geschichte umgehen und welche Konsequenzen daraus für die Gegenwart folgen. Auch in Familien mit Migrations- oder Fluchtgeschichte schafft diese Auseinandersetzung einen persönlichen Zugang: Wenn ihre Familien nicht direkt in den Nationalsozialismus verstrickt sind, kann man erfragen, ob der Nationalsozialismus ein Thema in der Familie war, ob es in den jeweiligen Herkunftsländern der Großeltern und Eltern eine Rolle gespielt hat und wann in diesen Familie die NS-Zeit das erste Mal thematisiert wurde. Ziel der Biografie-Arbeit ist das Entstehen eines geschichtlichen und in der Folge politischen Bewusstseins. Die eigene Lebensgeschichte wird nicht als lose betrachtet, sondern in einen geschichtlichen und gesellschaftlichen Zusammenhang gebracht.

Soziale Medien, Verschwörungsmythen und Medienkompetenzen

Antisemitismus ist auch in der digitalen Lebenswelt präsent. Das Kursieren von antisemitischen Gerüchten und Verschwörungsmythen sowie einfachen Welterklärungen erfolgt auf jeder Plattform. Insbesondere TikTok und Instagram haben hier in den letzten Jahren eine unrühmliche Rolle gespielt. Als Beispiel können die Monate Mai und Juni im Jahr 2021 herangezogen werden: Externer Link: Während des Krieges zwischen Israel und der Hamas erscheinen zahlreiche, viral gehende Ikonographien, Bilder und Videos, die Israel dämonisieren und dem Land das Existenzrecht absprechen. Israelis tauchen ausschließlich als mordlüsterne Barbaren, frenetische Fanatiker und Verursacher des Konfliktes auf. Andere Bilder und Videos über Israelis existieren während dieser Zeit kaum.

Besonders ein Video geht viral: Eine israelische Jugendgruppe tanzt und feiert vor der Klagemauer den Jerusalemtag, während auf dem Tempelberg in Höhe der Al-Aqsa-Moschee ein Baum brennt. Das Video, das nicht einmal 30 Sekunden lang dauert, suggeriert, dass Israelis sich allgemein immer freuen und tanzen, wenn die palästinensische Seite leidet. Es stellt eine Verbindung zwischen dem Baumbrand und der Jugendgruppe her – während dieser allein deshalb entstand, weil einige Palästinenser Feuerwerkskörper auf Sicherheitskräfte warfen und dabei den Baum trafen. Indes, auch deutsch-jüdische und israelische Stimmen kritisierten diese Jugendgruppe und vor allem das Lied, zu dem sie tanzten: Eine Hommage an den 1990 ermordeten, rechten Politiker und radikalen religiösen Rabbiner Meir Kahane. Diese kritischen Reaktionen wurden allerdings nicht mehr abgebildet und in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.

Videos wie diese, die die Affekte der Menschen ansprechen, konsumieren auch (oftmals ganz unpolitische) Jugendliche, die diese Inhalte durch ihre Freund:innen in den sozialen Medien in ihren Newsfeed gespült bekommen. Dass in emotional aufgeladenen Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen soziale Medien sehr stark dazu beitragen, die Massen zu mobilisieren, konnte man bei einer Demonstration im Juni 2021 in Berlin sehen: längst ging es nicht mehr um eine Kritik an der israelischen Regierung oder um Solidarität mit den Palästinenser:innen, vielmehr artete das Ganze schnell in antisemitischen Hasstiraden und Vernichtungswünschen aus. Der Demonstration ging eine wochenlange digitale Stimmungsmache voraus, geprägt von Hass und Hetze. Einen ähnlichen Mechanismus von vorheriger Stimmungsmache in den sozialen Medien und Gewalt auf den Straßen ist auch bei sogenannten Corona-Hygiene Demos zu beobachten. Hier äußert sich der Antisemitismus insbesondere in Form von Geschichtsrevisionismus, wo man den Holocaust gleichsetzt mit einer ärztlichen Behandlung oder eine neue Diskriminierungsgruppe von Ungeimpften imaginiert und diese gleichsetzt mit Opfern des Holocaust.

Ein wichtiges Element in den verschiedenen Erscheinungsformen des Antisemitismus sind Interner Link: Verschwörungsmythen, die in fast jedem antisemitischen Posting in den sozialen Medien auftauchen. Zahlreiche Dokumentationen über vermeintlich geheime Eliten kursieren im Netz, wobei die US-amerikanische Dokumentation "Zeitgeist" aus dem Jahr 2006 eine der bekanntesten ist und bis heute zahlreiche Nachahmer gefunden hat. Hier werden wenige Fakten mit viel Erfundenem vermischt – das sich wiederholende Narrativ dabei lautet: Das Weltgeschehen verläuft nach einem geheimen Drehbuch ominöser Machthaberinnen und Machthaber, zu denen Juden dazuzählen oder als Hauptverantwortliche gelten. In muslimischen Milieus wiederum herrscht immer wieder der Verschwörungsmythos von einem sogenannten "Groß-Israel". Die Israelis wollen demnach ihr Territorium vom Nil bis an den Euphrat ausbauen und würden diesen Plan auf ihrer Fahne mit den zwei blauen Strichen markieren. Allerdings symbolisiert die israelische Fahne das jüdische Gebetstuch Tallit und orientiert sich an jüdischen Bekleidungsritualen. Die Bestrebungen nach einem Reich vom Nil bis zum Euphrat gehört hingegen zum Programm Interner Link: islamistischer Bewegungen, die dieses Gebiet für sich beanspruchen.

Das Argumentieren gegen Verschwörungsmythen mit Fakten bleibt schwierig, da auch die Fakten schnell in die Mythen mit eingebaut werden. Wichtiger sind die Thematisierung von (sozial)psychologischen Motiven und/oder die Problematisierung einfacher Welterklärungen zur Entlastung der eigenen Verantwortung. Psychologisch gesehen können Verschwörungsmythen nämlich Ohnmachtsgefühle kompensieren und verleihen dem Einzelnen ein Gefühl von Überlegenheit und Allmacht. Hier kann Bildung ein Bewusstsein schaffen für gesellschaftliche Mitgestaltung sowie Veränderung der Zustände. Das eigene Umfeld mag zwar mehr oder weniger determiniert sein durch äußere Einflüsse und Strukturen, jedoch gibt es immer einen gewissen Handlungsspielraum, in dem man selbst aktiv werden kann.

Daher braucht es Medienkompetenzen und eine kritische Reflexion von Inhalten in den sozialen Medien, die junge Menschen permanent erreichen. Die Funktionalisierung und Instrumentalisierung von sozialen Medien für antisemitische Zwecke ist ein Baustein, der die Gegenwärtigkeit und reale Bedrohung des Antisemitismus sichtbar macht. Dabei kann man als Lehrkraft in der Bildungsarbeit durchaus auch gerne selbst auf die sozialen Medien zugreifen, denn gerade hier findet in den letzten Jahren immer mehr politische und historische Bildungsarbeit statt. Ebenso machen Postings von jüdischen Aktivist:innen einen Perspektivwechsel möglich, indem sie zeigen, wie allgegenwärtig Antisemitismus im Alltag ist und wie er sich anfühlt. Und jüdische und nicht-jüdische Vereine sowie Organisationen klären in verschiedenen Projekten und Initiativen über antisemitische Ikonographien und Videos auf. Instagram-Seiten für Lehrkräfte und einschlägige Podcasts laden regelmäßig Expert:innen ein, um die Themen Antisemitismus und Rassismus (selbst)kritisch zu besprechen.
Zudem existieren digitale Gegennarrative, die z.B. den komplizierten Alltag in Israel zeigen, die Vielfalt der israelischen Gesellschaft verdeutlichen und den Nahostkonflikt differenziert veranschaulichen – dies ist insofern bedeutend, da viele Jugendliche oftmals nur Videos kennen, in denen sich Israelis und Palästinenser bekriegen, aber keine Bilder von Dialogen und Begegnungen.

Begegnungen und jüdisches Leben heute

Dass es bei antisemitischen Einstellungen nicht nur bei Vorurteilen bleibt, sondern die Grenzen zur physischen Gewalt fließend sind, zeigen Anschläge wie in Interner Link: Halle und Pittsburgh. Interner Link: Rechtsextremer Terror ist eine reale Bedrohung für Jüdinnen und Juden. Daher ist auch die Thematisierung von antisemitischen Terroranschlägen wichtig, um dieser Gefahr bewusst zu werden. Antisemitismus ist ein Kernelement sowohl im Interner Link: Rechtsextremismus, als auch im Interner Link: Islamismus. Antisemitische Anschläge – nicht zuletzt wie in Halle – erschüttern das Sicherheitsempfinden der deutsch-jüdischen Community zutiefst. Nach Anschlägen gibt es häufig Berichte und Artikel über die Motive der Täter, wohingegen die Geschichten der Ermordeten und das Leid ihrer Angehörigen kaum Gehör finden. Auch hier kann die Bildungsarbeit ansetzen und für die Perspektiven der Opfer, ihrer Angehörigen sowie der Betroffenen sensibilisieren, ohne zu vergessen, dass auch die Verantwortung der (schweigenden) nichtjüdischen Mehrheit zur Betroffenheit gehört. Anteilnahme und Solidarität lindern das Leid und das Trauma, während das gesellschaftliche Schweigen weiterhin verstörend und beängstigend wirkt. In pädagogischen Übungen ist es daher wichtig kritisch zu hinterfragen, welches gesellschaftliche Klima diese Anschläge ermöglicht, was sich alles unter der Spitze des Eisberges ansammelt und was individuell sowie gesellschaftlich getan werden muss, um Antisemitismus zu bekämpfen.

In diesem Rahmen geht es auch darum, die Interner Link: Pluralität jüdischen Lebens heute sichtbar zu machen. Hier können Begegnungen einen Zugang schaffen. Der Austausch über alltägliche Herausforderungen und die eigenen Freizeitaktivitäten können Gespräche schaffen, die sich nicht zwangsläufig um das Thema Antisemitismus drehen. Begegnungen können Vorurteile abbauen und sind eine Möglichkeit des Kennenlernens. Dabei sei erwähnt, dass die Erwartungshaltung an solche Begegnungen widersprüchlich sein kann. Denn Begegnungen können auch das Gegenteil bewirken. Sie können in selektiver Wahrnehmung stattfinden, so dass es bei diesen Begegnungen nicht um neue Erkenntnisse und Perspektiven geht, sondern eher die eigenen Vorurteile abgefragt werden, um sie zu bestätigen. Daher ist es wichtig, Begegnungen vorzubereiten und kritisch zu reflektieren, ohne sie als den Königsweg zu stilisieren – denn offensichtlich gelten sie immer noch als besonders und veranschaulichen, wie weit der Weg zu einer Normalität des Miteinanders weiterhin ist.

In der praktischen Bildungsarbeit über die deutsch-jüdische Community in ihrer Vielfalt zu sprechen, ermöglicht es, reproduzierende Narrative wie "Judentum = Antisemitismus = Holocaust" zu stören. Es braucht eine stärkere Anerkennung, dass es auch eine deutsch-jüdische Zivilgesellschaft gibt, die jenseits des Themas Antisemitismus in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft wie z.B. Gesundheit und Pflege oder Kunst und Kultur aktiv ist. Ebenfalls braucht es ein kritisches Hinterfragen gesellschaftlicher Debatten, in denen zumeist nichtjüdische Personen ihre Position nicht reflektieren und Perspektiven von deutschen Jüdinnen und Juden ausblenden. Dabei gibt es Formate wie den Externer Link: Podcast JLID 2021 oder Externer Link: Freitag Nacht Jews im WDR, die sich genau auf diese fehlende Repräsentation beziehen und diese Perspektiven in den Diskurs bringen.

Fussnoten

Weitere Inhalte

lebt als Autor und selbstständiger Pädagoge in Duisburg. Sein Buch "Ehrensache: Kämpfen gegen Judenhass" plädiert für neue Perspektiven in der Erinnerungskultur. Burak Yilmaz initiierte das Projekt "Junge Muslime in Auschwitz" und leitet die Theatergruppe "Die Blickwandler". Nach einer gemeinsamen Fahrt nach Auschwitz inszenierten sie das Stück "Benjamin und Muhammed", mit den sie in Schulen und Kultureinrichtungen touren. Yilmaz gestaltet darüber hinaus Workshops in Schulen und Gefängnissen zu den Themen Rassismus, Biographiearbeit und Antisemitismus.