Einleitung
Die Musikszene in den afrikanischen Ländern ist schon seit der Entwicklung der Schallplatte und deren Verbreitung Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Teil der weltweiten Musikindustrie gewesen. Kaum, dass dieses seinerzeit modernste Medium auf dem Markt war, bedienten sich afrikanische Musiker seiner und ließen sich von den jeweils modernen Musikstilen inspirieren. In den 1950er Jahren war die lateinamerikanische Tanzmusik tonangebend. Afrikanische Orchester nahmen den Trend auf und entwickelten davon eigene Versionen. Gleiches geschah mit dem Soul, dem Reggae und der Disco-Musik und letztlich auch beim Hip-Hop.
Der afrikanische Hip-Hop und die Entstehung des Senerap
Der Hip-Hop entwickelte sich in den 1970er Jahren in der afro-amerikanischen Gesellschaft und fand darüber seinen Weg nach Afrika. Heute ist er auf dem gesamten afrikanischen Kontinent verbreitet. Zuerst war er in Südafrika zu hören. Das ist nicht erstaunlich, denn dort identifiziert sich insbesondere die Jugend spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts mit der afro-amerikanischen Gesellschaft und ihren kulturellen Werten. Im ersten Moment mag es verwundern, dass es die "Farbigen"
Hiplife in Ghana und Bongo Flava in Tansania
In Ghana entstand aus dem Hip-Hop auf der Basis des Highlife – einem Tanzmusikstil, der ab den 1950ern in Mode kam – der Hiplife. Im ostafrikanischen Tansania kam der Bongo Flava in Mode. Bongo steht für den Sound der Stadt Daressalam und Flava kommt vom englischen "flavour", das mit Geschmack oder Aroma übersetzt werden kann. Der Bongo Flava wird in Suaheli gesungen, dadurch klingt die Musik eher weich und hat einen völlig anderen sprachlichen Ausdruck als der nordamerikanische Rap
Die Musik, zu der afrikanische Bands rappen, ist sehr unterschiedlich. Lokale populäre Musikstücke der 1970er Jahre werden ebenso aufgelegt wie anglo-amerikanische "tracks". Die Hip-Hop Musik ist im Grunde hoch technisiert, deshalb ist sie meist nur etwas für die städtische und reichere Jugend. Dort, wo die Musiker kein Abspielgerät in ihrer Ausstattung haben, wird die dem Sprechgesang hinterlegte Musik durch Trommeln eingespielt.
Weil der Hip-Hop inzwischen so weit verbreitet ist, werden Rapper auch des Öfteren zu Produktionen von Afrikas gestandenen Musikgrößen außerhalb der Hip-Hop-Szene hinzugezogen. Der Afro-Jazz Musiker Manu Dibango verarbeitet in seinen Stücken ebenso Elemente des Rap wie die Zambeat-Sängerin Nalu aus Sambia. Auch in Bezug auf die Altersgruppen der Fans überschreitet der Musikstil aufgrund seiner politischen Botschaften gelegentlich Grenzen. Überwiegend wird er von der jüngeren Generation gehört. Als aber im Jahr 2002 im kenianischen Wahlkampf das Lied "unBwogable" – wir lassen uns nicht unterkriegen – der Rapper GidiGidi und MajiMaji zur Hymne der Opposition wurde, erfreute es sich bei allen Altersgruppen gleichermaßen großer Beliebtheit.
Kwaito-Musik aus Südafrika
Senegalesischer Sänger beim "Liberation Day Festival" in der Niederlande. (© Bas van de Wiel, SXC.hu)
Senegalesischer Sänger beim "Liberation Day Festival" in der Niederlande. (© Bas van de Wiel, SXC.hu)
Mit der Befreiung Südafrikas von der Apartheid erlangte eine neuer Musikstil Popularität und liegt bis heute bei den Jugendlichen des Landes im Trend: der Kwaito. In der Republik Südafrika war die Musikindustrie im Gegensatz zum übrigen Afrika schon lange sehr ausdifferenziert und auf Zielgruppen orientiert. Andere Musikarten, wie die "jive"-Stile, die Disco-Musik "mbaqanga", die "isicathamiya" –Tanzwettkämpfe oder wie Reggae und Gospel werden auch weiterhin in Südafrika gehört. Im Kwaito können die Jugendlichen jetzt offen die gesellschaftlichen Verhältnisse kritisieren. Früher war dies nur versteckt oder zwischen den Zeilen möglich. Der musikalische Ursprung des Kwaito ist eine Synthese aus vielen Quellen, darunter R&B, House, Hip-Hop und Ragga. Die genaue Herkunft des Namens für diesen Musikstil ist nicht geklärt. Es wird vermutet, dass Kwaito für eine Kombination des Wortes Kwaai, was in Afrikaans so viel wie "voller Ärger" bedeutet, mit der Abkürzung "To" für Townships steht oder auf eine Band aus den 1950er Jahren, der "Amakwaitos Gang" aus Soweto anspielt.
Ein neuer Trend: die akustische Musik
Afrikanische Trommel (© Francois Carstens, SXC.hu)
Afrikanische Trommel (© Francois Carstens, SXC.hu)
Eine ganz andere musikalische Entwicklung ist in vielen afrikanischen Ländern zu beobachten: die neue akustische Musik.
Videoclips
Wer sich einen von Afrikas TV-Kanälen mit Musikprogramm (Channel O, Channel 5 East African TV, AIT, MCM) ansieht, wird von der Vielfalt an attraktiven Videoclips überrascht sein. Regionale Besonderheiten kommen schon bei der Produktion der Clips zum Tragen. Musikvideos aus dem frankophonen West- und Zentralafrika werden hauptsächlich in Paris und Brüssel, aber auch auf dem afrikanischen Kontinent gedreht. Die Videos aus dem lusophonen Sprachraum Afrikas [Anm. d. Red. derjenige Sprachraum, in dem Portugiesisch gesprochen wird] entstehen zu einem großen Teil in Lissabon. Dagegen produzieren anglophone Musiker ihre Clips vorzugsweise in Nigeria, Ghana, Kenia oder Tansania – und natürlich in Südafrika. Afrikanische Musik ist fernab von jeder Nostalgie ständig in Bewegung und bringt immer wieder neue Richtungen hervor, bei denen es sich lohnt, hinzuhören und sich von ihnen begeistern zu lassen.