Textversion des Video-Interviews
Ich glaube, dass sich das deutsche Entwicklungsprinzip konzeptionell schon sehr stark verändert hat. Man hat darüber nachgedacht: Was heißt der 11. September für die deutsche Entwicklungspolitik? Was heißt das für unsere Sicherheit, wenn in Afrika seit 20 oder 30 Jahren Gewaltkonflikte ablaufen?
Auf konzeptioneller Ebene, auf Ebene der politischen Prinzipien, hat sich einiges geändert. Wo wir immer noch hinterher hinken, ist die Frage der Umsetzung dieser Konzepte. Wir haben große Schwierigkeiten, uns weg von der Projektebene zu orientieren, mehr in den gesamtpolitischen Dialog einzusteigen. Da gibt es erste Ansätze, aber ich glaube, da haben wir tatsächlich noch sehr viel zu tun. Wir werden einige Länder haben - Südafrika, Ghana, Kenia, vielleicht noch drei oder vier andere - die wirklich eine gute Chance haben, wirtschaftliches Wachstum zu erzeugen, sich zu stabilisieren, sich weiter zu entwickeln. Wir werden nach wie vor einige Katastrophenfälle haben. Und ich glaube, wir sind gut beraten, unser Augenmerk auf die Länder zwischen diesen beiden Extremen zu richten, weil wir, denke ich, sehr viel mit Instrumentarien, die wir haben, beitragen können, schwachen Staaten zu helfen sich zu entwickeln, Strukturen zu stabilisieren und die Entwicklung zu fördern.
Der Friedensschluss im Sudan zeigt, dass man selbst da bereit ist, Grenzen in Frage zu stellen - was vorher nie der Fall war. Allerdings kann ich mir über den Sudan hinaus nur ganz wenige Konflikte in Afrika vorstellen, die dann wirklich durch eine neue Grenzziehung gelöst werden. Für sehr viele andere Konflikte - Liberia, Sierra Leone, Kongo - ist die Grenzfrage nicht die zentrale Frage. Da geht es um andere Prozesse, Da geht es um Verarmung, um das Fehlen wirtschaftlicher und sozialer Perspektiven, um Ausbeutung von Rohstoffen. Das sind sehr viele Faktoren, die da eine Rolle spielen. Man kann es nicht auf die Grenzziehungsfrage allein zurück führen.
03. Februar 2004
Redaktion: Tatjana Brode, Klemens Vogel, Henry Bräutigam
Kamera: Sandra Kaudelka, Moritz Siebert
Schnitt: Sebastian Vielmeyer