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Kriegerische Auseinandersetzungen in Kongo-Zaire | Afrika | bpb.de

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Kriegerische Auseinandersetzungen in Kongo-Zaire

Daniel Stroux

/ 9 Minuten zu lesen

1965 ergriff Mobutu Sese Soku mit der Armee die Macht gegen eine demokratisch gewählte Regierung der "Demokratischen Republik Kongo". Mobutu errichtete ein absolutistisches Herrschaftssystem, das ihn nicht nur an die Spitze von Einheitspartei und Staat platzierte, sondern den "Mobutismus" als Staatsideologie erfand.

Auszug aus:
Informationen zur politischen Bildung (Heft 264) - Kriegerische Auseinandersetzungen in Kongo-Zaire

Einleitung

Bis Ende der achtziger Jahre war die Welt für Mobutu Sese Seko noch in Ordnung. 1965 hatte er mit der Armee die Macht gegen eine demokratisch gewählte Regierung der "Demokratischen Republik Kongo" (unter Mobutu 1967–1997 in Zaire umbenannt) ergriffen. Es gelang ihm, das drittgrößte afrikanische Land, das durch Sezession und Bürgerkrieg seit seiner Unabhängigkeit 1960 zu zerfallen drohte, zu befrieden. Mobutu errichtete ein absolutistisches Herrschaftssystem, das ihn nicht nur an die Spitze von Einheitspartei und Staat plazierte, sondern den "Mobutismus" als Staatsideologie erfand. Die Einheitspartei wurde zur "Kirche". Mobutu selbst entfernte sich als von "Gott gesandter Messias" schnell von der Wirklichkeit. Eine Leopardenmütze wurde zum Symbol für ein luxuriöses Leben fern der Probleme seines Landes. Doch mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes mußte Mobutu das Land 1990 politisch öffnen. Weitere sieben Jahre sträubte er sich aber erfolgreich gegen tatsächliche Reformen, bis er von einer Rebellion aus dem Amt getrieben wurde. Laurent-Désiré Kabila trat im Mai 1997 in die autoritären Fußstapfen seines Vorgängers, doch auch dessen Herrschaft wurde nur ein Jahr nach dem Umsturz Mobutus durch einen neuerlichen Aufstand gefährdet. Ex-Zaire, das heute wieder "Demokratische Republik Kongo" heißt, ist, wie bereits in den sechziger Jahren, in seiner territorialen Integrität gefährdet.

Zaire bekannte sich unter Mobutu im Kalten Krieg zum Westen. Er machte das Land zum "Bollwerk" gegen die sozialistisch-kommunistisch orientierten Nachbarländer. Mobutu war bereits beim Umsturz 1965 vom amerikanischen Geheimdienst CIA unterstützt worden. Von Zaire aus versorgten die USA seit Ende der siebziger Jahre die angolanischen Rebellen der UNITA (União Nacional para a Indepencia Total de Angola, Nationalunion für die völlige Unabhängigkeit Angolas) von Jonas Savimbi mit Waffen gegen das marxistische Dos-Santos-Regime. Das zentralafrikanische Land erhielt seine besondere Bedeutung zudem durch einen enormen Rohstoffreichtum – unter anderem besaß es atomwaffenfähiges Uran. Die USA förderten das Mobutu-Regime deshalb jährlich mit mehreren hundert Millionen Dollar. Auch die Bundesrepublik sparte nicht: Zwischen 1965 und 1991 wandte man für Zaire über eine Milliarde DM an Entwicklungshilfe auf. Gegenüber den Menschenrechtsverletzungen (unter anderem die Ermordung und Unterdrückung politischer Gegner) des Regimes schwieg der Westen.

Staatszerfall

Die Mobutu-Herrschaft stützte sich bis Ende der achtziger Jahre nur zum Teil auf Mittel aus dem Ausland: Der Rohstoffreichtum, vor allem die Exporteinnahmen durch Kupfer und Kobalt, aber auch der Gold- und Diamantenhandel sicherten seine Existenz. Sofern diese Mittel nicht in Mobutus Privatschatulle wanderten oder seinen Palast mit internationalem Flughafen in seinem Geburtsort Goadolite finanzierten – sein (Immobilien-)Besitz wurde zeitweise auf acht Milliarden Dollar geschätzt –, stärkten sie seine Herrschaft nach innen: Mit Geschenken wurde eine "Staatsklasse" bei Laune gehalten, die in der Regel aus einflußreichen Personen aus den verschiedenen Regionen des Landes bestand. An diese verteilte das Regime die lukrativen Stellen im Staat. Ein höherer Posten wiederum galt als Freibrief zur ungestraften Bereicherung. Eine permanente Rotation der politischen Ämter sollte Machtkonkurrenz verhindern. So hatte Zaire von 1977 bis 1990 neun verschiedene Premierminister. Strategische Posten im Militär, in den Geheimdiensten und der Polizei waren nur einem engen Kreis aus Familienangehörigen Mobutus vorbehalten. Die Präsidialgarde aus 12 bis 15.000 Soldaten, das schärfste Instrument des Repressionsapparates, bestand fast ausschließlich aus Ngbandi, der Ethnie des Präsidenten.

Mobutus Herrschaftssystem war teuer und unproduktiv. Die sogenannte "Zairianisierung", die Enteignung sämtlichen ausländischen Besitzes im Jahr 1973 und dessen partielle Verteilung, stärkte zwar die Loyalität der begünstigten Elite gegenüber Mobutu. Doch die Wirtschaftskraft des Landes wurde dadurch erheblich geschwächt. Viele der Betriebe brachen zusammen, weil die neuen Besitzer vor allem an eigener Bereicherung interessiert waren. Mitte der siebziger Jahre beschleunigte der abrupte Verfall der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt diesen Niedergang, da die Rohstoffe rund 80 Prozent des Gesamtexportes ausmachten. Die staatliche Wirtschaft begann unter der Abschöpfung der Gewinne durch das Regime zu leiden. Die Mittel für Instandhaltung und Modernisierung der Betriebe fehlten, was der weitgehende Zusammenbruch der Kupferproduktion Anfang der neunziger Jahre beispielhaft verdeutlichte. Neue Arbeitsplätze wurden nicht geschaffen, dem Staatswesen fehlten Einnahmen und die korrupte Verwaltung erfüllte ihre Pflichten gegenüber den Bürgern nicht mehr. Die Infrastruktur zerfiel, und der Güteraustausch wurde von den meisten Regionen des Landes bevorzugt mit dem benachbarten Ausland abgewickelt. Die rohstoffreichen Regionen, etwa das südliche Shaba, betrieben Handel mit Sambia und Südafrika, die östlichen Kivu-Regionen des Landes mit Uganda, Ruanda sowie Kenia. Das marode Straßennetz erschwerte sogar die Lebensmittelversorgung der Hauptstadt Kinshasa. Den systemimmanenten Niedergang Kongo-Zaires konnten auch die internationalen Finanzorganisationen IWF und Weltbank mit Strukturanpassung und Umschuldungen nicht aufhalten. Zaires Schulden stiegen bis Ende der achtziger Jahre auf zehn Milliarden Dollar. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen sank auf 200 Dollar Anfang der neunziger Jahre.

Das Staatsversagen zwang die Menschen in Zaire zur Entwicklung eigener Überlebensstrategien. Alternative Marktstrukturen abseits staatlicher Kontrolle und damit abseits willkürlicher Steuererhebung entstanden. "Schutzgebühren" an Staatsbedienstete mußte der sogenannte "informelle Sektor" allerdings dennoch entrichten. Seine weitreichende Bedeutung wurde Anfang der neunziger Jahre ersichtlich: Nach dem Zusammenbruch des "formellen Sektors" aufgrund von Plünderungen marodierender Soldaten 1991 und 1993 machte er 80 Prozent der Wirtschaftsaktivität des Landes aus und sicherte das Überleben der Bevölkerung. Nichtstaatliche Netzwerke, die sich autonom organisierten, entstanden auch im sozialen Bereich, bei der Bildung oder bei der kommunalen Stadtentwicklung (Müllentsorgung, Sicherheitsdienste). Die beiden großen christlichen Kirchen spielten eine wichtige Rolle, indem sie Grundelemente des Gesundheits- und des Bildungswesens aufrechterhielten – (etwa 70 Prozent der Zairer gehören den großen christlichen Kirchen an, 40–50 Prozent sind Katholiken).

Opposition

Diese Aktivitäten abseits staatlicher Kontrolle setzten gesellschaftsverändernde Kräfte frei. Da der Staat sich zunehmend aus der Verantwortung zog und dadurch auf immer weniger Lebensbereiche seiner Bürgerinnen und Bürger Einfluß nehmen konnte, hatten diese parallelen Strukturen eine unmerkliche Machtverschiebung im Lande erwirkt. Eine mündige Zivilgesellschaft entstand, die mit der Demokratiebewegung Ende der achtziger Jahre immer politischer wurde. Der ökonomische Niedergang, politische Entmündigung und tägliche Menschenrechtsverletzungen provozierten eine explosive Stimmung gegen das Regime. Die 1982 gegründete, aktive, aber verbotene Oppositionspartei UDPS (Union pour la Démocratie et le Progrès Social), die Studenten, die katholische Kirche und eine verarmte intellektuelle Mittelschicht wurden zu Trägern des Widerstands. Zugleich versagte der Westen dem zairischen Diktator mit dem Ende des Kalten Krieges seine Unterstützung. Demokratische Prinzipien und Menschenrechte sollten nun auch in Zaire gelten.

Der wachsende Druck führte im April 1990 zur politischen Öffnung. Mobutu schaffte das Einparteiensystem ab, ließ Meinungs- und Pressefreiheit zu und erlaubte die Gründung von Parteien. Die schnell wachsende Demokratiebewegung forderte vor allem die Abhaltung einer Nationalkonferenz – um im breiten gesellschaftlichen Rahmen die notwendigen Reformen des Landes zu debattieren.

Trotz teils gewalttätigen Vorgehens des Regimes – beim "Marsch der Christen" im Februar 1992 etwa, der sich für die Nationalkonferenz einsetzte, wurden mindestens 30 Menschen vom Militär getötet – konnte sich die Oppositionsbewegung unter Führung der Union Sacré (Heilige Union) durchsetzen. Die Konferenz aus 2.500 Vertretern von Zivilgesellschaft, Parteien und Kräften des Mobutu-Regimes wählte mehrheitlich Oppositionsführer Etienne Tshisekedi im August 1992 zum Premierminister, beschloß Wahlen für 1993 und entwarf eine föderale Verfassung.

Doch Mobutu sabotierte die Reformen – mit der illegalen Entlassung der Tshisekedi-Regierung Anfang Dezember 1992, mit inszenierten Plünderungen bis hin zur Verschärfung regionaler ethnischer Konfliktpotentiale. Trotz Fortschritten im Bereich der Meinungs- und Pressefreiheit sowie der Organisationsfreiheit, die in einer wenig respektierten Übergangsverfassung ab 1994 festgeschrieben waren, wurden bis 1996 fundamentale Reformen verhindert und Wahlen immer wieder aufgeschoben. Der Systemwechsel von einer Diktatur zu einer demokratischen Staatsform stockte. Staatlichkeit existierte nurmehr in wenig glaubwürdigen Übergangsinstitutionen (Regierung, Präsident, Übergangsparlament) und in dem inzwischen maroden Repressionsapparat, der kaum mehr finanziert werden konnte. Zaire wurde in den neunzigern zum Hort von Waffenschmuggel und Geldwäsche von sogenannten "Narkodollars" (Gewinnen aus dem Drogenhandel), an dem das Mobutu-Regime verdiente. Der Staatszerfall wurde noch durch eine Hyperinflation von bis zu 10000 Prozent (1994) und dem ökonomischen und politischen Auseinanderdriften der Regionen beschleunigt. Allerdings besänftigte die Aussicht auf eine föderale Verfassung seit 1996 die Sezessionsbestrebungen vor allem in der südlichen Region Shaba.

Angesichts der Menschenrechtsverletzungen hatte die internationale Gemeinschaft 1991/1992 die Entwicklungszusammenarbeit mit dem Regime aufgekündigt und statt dessen zivilgesellschaftliche Strukturen als förderungswürdig erachtet. Gelder der Europäischen Union flossen an Menschenrechtsgruppen und Netzwerke von Nicht-Regierungsorganisationen, deren Zahl in den achtziger Jahren schon erheblich gewachsen war und die Anfang der neunziger Jahre nochmals beachtlich zunahmen. Auch deutsche Mittel gingen an ein solches Netzwerk. Der Zerfall an Staatlichkeit erweiterte den politischen Spielraum dieser Gruppen. Die Zivilgesellschaft erkämpfte sich im gleichen Zuge demokratische Nischen. Sie blieb ein Motor des zähen Reformprozesses.

Eine Rebellion beendete die Mobutu-Herrschaft: In nur acht Monaten, von Oktober 1996 bis Mai 1997, vertrieb die AFDL (Alliance des Forces pour la Démocratie et la Libération du Congo-Zaire), ein Zusammenschluß der Kräfte für die Demokratie und Befreiung Kongo-Zaires, mit Unterstützung der Nachbarn Ruanda, Burundi und Uganda sowie unter Mitwissen der USA das Mobutu-Regime. Mobutu starb nur drei Monate später im marokkanischen Exil an Krebs.

Die Gründe für die Rebellion waren folgende: Erstens hatte das Mobutu-Regime den Demokratisierungsprozeß zu lange verhindert. Es hatte zweitens ethnische Spannungen in den beiden östlichen Kivu-Regionen, dem Ursprung der Rebellion, seit 1993 geschürt. Drittens hatte der Völkermord in Ruanda 1994 nicht nur über eine Million Flüchtlinge, sondern auch die für den Völkermord verantwortlichen Hutu-Milizen sowie die ehemalige ruandische Armee in die zairische Provinz Kivu getrieben. Viertens fand der ruandische Hutu-Tutsi-Konflikt in Zaire aufgrund ähnlicher Bevölkerungsstruktur einen Nährboden für fortgesetzte ethnische Spannungen. Weiter geschürt wurde er, weil die ruandischen Hutu-Milizen und die ruandische Armee nicht entwaffnet wurden und ihren Krieg gegen zairische Tutsi-Minderheiten und andere Bevölkerungsgruppen fortsetzen konnten. Zudem destabilisierten sie von Zaire aus die neue ruandische (tutsi-dominierte) Regierung.

Eine Interessenallianz aus Ruanda und den zairischen Tutsi-Minderheiten sowie anderen Gruppen aus Zaire plante die Rebellion, die zunächst nur für Ruanda Sicherheit bringen sollte, aber unter der Eigendynamik der Rebellen mit ihrem schnellen Vormarsch das ganze Land einnahm.

Kabila an der Macht

Der neue Machthaber Laurent-Désiré Kabila, zunächst ein Hoffnungsträger für das Land, legte ähnlich autoritäre Verhaltensweisen wie Mobutu in seiner Frühphase an den Tag. Kabila ging äußerst restriktiv mit politischen und bürgerlichen Freiheiten um, verbot Parteien und verletzte die Menschenrechte. Ehemalige Verbündete der Allianz (AFDL), die mehrere Oppositionsgruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft vereinte, wurden nach und nach aus dem Regime gedrängt. Auch Kabila scharte in seiner Regierung Familienangehörige und vor allem Leute aus seiner Heimatregion Katanga (bisher Shaba) um sich. Innenpolitische Gegner warfen ihm deshalb eine "Katangisierung" der Politik vor. Die Beziehungen zur internationalen Gemeinschaft, die demokratische Reformen und den Respekt vor Menschenrechten auch von Kabila einforderte, blieben durch den Vorwurf stark belastet, die Rebellenallianz hätte bei ihrem Siegeszug durch Zaire Massaker an Flüchtlingen zu verantworten. Eine nach monatelangem Tauziehen mit der Regierung eingesetzte UN-Untersuchungskommission beendete ihre Arbeit vorzeitig. Sie wurde systematisch behindert. Der UN-Bericht spricht von systematischer Tötung von Hutu-Flüchtlingen durch die Rebellen unter Mithilfe ruandischer Soldaten. Er zieht die Möglichkeit in Erwägung, daß ein Völkermord stattgefunden haben könnte.

Gut ein Jahr nach Kabilas Machtübernahme, im August 1998, brach ein neuerlicher Aufstand in der inzwischen umbenannten "Demokratischen Republik Kongo" los – diesmal gegen Kabila. Dessen Politik der Ausgrenzung ehemaliger Verbündeter, etwa der militärisch wichtigen ruandischen und zairischen (kongolesischen) Tutsi-Gruppen, förderte deren Verbindung mit anderen kongolesischen Widerstandsgruppen. Mit einem Mehrfrontenkrieg versuchten die erneut von Uganda und Ruanda gestützten Rebellen, das Land in Windeseile einzunehmen. Sie scheiterten, weil die Nachbarstaaten Simbabwe, Namibia, Angola (später auch Tschad, Sudan und die Republik Zentralafrika) Kabila militärisch zu Hilfe kamen. Der innenpolitische Konflikt wurde somit zum Regionalkonflikt. Bisher wurde er innerhalb der Grenzen Ex-Zaires ausgetragen. Die Gefahr einer territorialen Ausweitung des Konflikts war aber Mitte 1999 deshalb nicht gebannt.

Weite Teile des Kongo befanden sich zu diesem Zeitpunkt in der Hand von zwei Rebellengruppen, die untereinander zerstritten waren. Friedensbemühungen seit Ausbruch des Krieges führten im Juli 1999 beinahe zum Erfolg, scheiterten aber zunächst an der Uneinigkeit der Rebellenfraktionen. Das Vertragsdokument sah eine afrikanische Friedenstruppe unter UN-Mandat vor, die eine Entmilitarisierung des Kongo überwachen sollte. Beschlüsse über eine politische Übergangsphase des Landes waren bis dahin nicht getroffen worden.

Es ist nicht abzusehen, ob der faktisch durch den Krieg geteilte Kongo wiedervereint werden kann. Ruanda etwa beharrt auf der Entwaffnung der für den Völkermord 1994 verantwortlichen Hutu-Milizen, die nach wie vor aus dem Kongo gegen Ruanda operieren. Diese waren nicht in die Verhandlungen eingebunden. Ihre friedliche Entwaffnung scheint jedoch fast unmöglich, weil sie in Ruanda mit der Todesstrafe wegen der Teilnahme am Genozid 1994 rechnen müssen. Andererseits zeigen die Verbündeten Kabilas Ermüdungserscheinungen: Die Last des Kriegs ist weder finanziell vertretbar noch der eigenen Bevölkerung vermittelbar. Damit bleibt mindestens eine Chance zur (teilweisen) Befriedung des Landes. Sie wird auch den Spielraum der gewaltlosen Opposition in Kinshasa (unter anderem des 1997 kurzzeitig zum Ministerpräsidenten ernannten Oppositionspolitikers Etienne Tshisekedi) erhöhen, die Politik des Kongo in Zukunft mitzugestalten. Um politisch zu überleben, wird Kabila sein Regime politisch öffnen müssen. Das autoritäre System war schon unter Mobutu ein Auslaufmodell.

Fussnoten