Die politische Transition in Afrika hat zu ungleichmäßigen Entwicklungen und unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Die Demokratie scheint aber zum generellen Bezugspunkt des politischen Wandels in Afrika geworden zu sein.
Auszug aus:
Einleitung
Gut 15 Jahre ist es her, dass der Wind des demokratischen Wandels den afrikanischen Kontinent erreichte und eine politische Entwicklung auslöste, die verschiedentlich als zweite Befreiung oder zweite Demokratisierung bezeichnet wurde, um die Ablösung autokratischer Herrschaftsformen, welche die nachkoloniale Entwicklung nach einer kurzen Phase demokratischer Herrschaft weithin geprägt hatten, zu charakterisieren. Die weltpolitischen Veränderungen der späten achtziger Jahre waren damals der äußere Auslöser; die Bedingungen für den eintretenden Wandel waren jedoch in den verschiedenen Ländern Afrikas selbst nach jahrelanger ökonomischer Misswirtschaft und selbstherrlicher Einpartei- und oft sogar Ein-Mann-Herrschaft herangereift.
Das Ende des Transitionsparadigmas?
Eine Zuspitzung der Debatte über Perspektiven der demokratischen Transition ging von einem Beitrag in der angesehenen Zeitschrift "Journal of Democracy" aus, in dem Thomas Carothers argumentierte, die Realität weiche vom Modell der demokratischen Transition ab und es sei daher an der Zeit, das Transitionsparadigma beiseite zu legen.
1. Grundlegend sei die Annahme, dass ein Land, das sich von diktatorischer oder autokratischer Herrschaft entfernt, als ein Land in Transition zur Demokratie angesehen werden könne.
2. Demokratisierung erfolge in einer Abfolge von Phasen, welche die Öffnung der politischen Arena durch schrittweise Liberalisierung, den Durchbruch mit der Errichtung eines demokratischen Systems und demokratischer Institutionen - der eigentlichen Transition also - und schließlich die Konsolidierung durch die feste Verankerung des neuen Systems in der Gesellschaft umfasse.
3. Wahlen würden zwar nicht mit Demokratie gleichgesetzt werden, stellten aber ein wesentliches Moment der Legitimität neuer Regierungen, der Stärkung der politischen Partizipation sowie der Rechenschaftspflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern dar.
4. Transition sei nicht in erster Linie von wirtschaftlichen oder sozio-kulturellen Strukturmerkmalen einzelner Länder abhängig, habe insoweit keine Vorbedingungen, sondern werde entscheidend von den handelnden politischen Akteuren geprägt.
5. Das Modell gehe davon aus, dass die demokratische Transition im Rahmen von funktionierenden Staaten stattfinde.
Die Realität der politischen Entwicklung in den sog. Transitionsländern, so Carothers, werde mit diesem Modell nicht angemessen erfasst. Vor allem in Afrika sei eine beträchtliche Zahl von Staaten wie Äquatorial-Guinea, Burkina Faso, Kamerun u.a.m. auf einen Pfad einer durch eine Partei dominierten autokratischen Entwicklung eingeschwenkt, der nicht als Transition in Richtung Demokratie angesehen werden könne, sondern als eine alternative Form der Herrschaft zu bewerten sei. Auch die Phaseneinteilung sei auf diese Fälle mithin nicht anwendbar. Wahlen würden zwar regelmäßig abgehalten, wären aber durch stark personalisierte Parteien und klientelistische Politik geprägt, die ihren demokratischen Charakter unterhöhlten. Strukturelle Faktoren hätten sich als gewichtiger erwiesen als im Transitionsparadigma angenommen. Von funktionierenden Staaten könne in vielen afrikanischen Ländern nicht ausgegangen werden.
Die Reaktionen auf Carothers Beitrag betonten zwei Aspekte: Zum einen erhielt er durchweg Zustimmung, was seine empirischen Feststellungen zu den Prozessen politischer Entwicklung in vielen Teilen der Welt anbelangte. Zum anderen hieß es, dass man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten solle, so der Tenor. Bemerkenswert waren vor allem die Anmerkungen von Guillermo O'Donnell, denn zusammen mit anderen Autoren hat dieser bereits in den achtziger Jahren, gestützt auf lateinamerikanische Erfahrungen, das - wie Carothers selbst feststellt - grundlegende Buch zur neueren Transitionsforschung veröffentlicht.
O'Donnell erinnerte daran, dass die von ihm und seinen Ko-Autoren vorgelegte Analyse Transitionsprozesse nicht als teleologisch auf Demokratie ausgerichtet konzipiert hat. Er verwies darauf, dass die Ergebnisoffenheit des Prozesses bereits in der bewussten Wahl der Überschrift ihres Werkes betont und die Ungewissheit des Verlaufs der Transition im Untertitel zusätzlich bekräftigt wurde. Neue politische Systeme, die hybriden Charakter haben, da sie autokratische Verhaltensweisen mit demokratischen Institutionen verbinden, seien in ihren Fallstudien ausdrücklich nachgewiesen worden. Carothers Kritik am Transitionsparadigma richte sich insoweit an ein schematisiertes Modell, das der Differenziertheit bisheriger Transitionsanalysen nicht gerecht werde. Bei aller Kritik an Unzulänglichkeiten von Wahlen hielt O'Donnell daran fest, dass die Einführung kompetitiver Wahlen gegenüber autokratischen Regimen ein Fortschritt und als Teil der Stärkung politischer Freiheiten im Rahmen der Transition zu befürworten sei. Ebenso bekräftigte er die Hervorhebung handelnder Akteure bei der Transition, vor allem bei ihrer Auslösung. Im Prozess demokratischer Konsolidierung hänge ein Erfolg allerdings auch von Fortschritten der sozio-ökonomischen Entwicklung ab.
Lang andauernde Transitionen
In der Debatte über das Transitionsparadigma lagen die Auffassungen nicht so weit auseinander, zumal breiter Konsens darüber bestand, dass die aus den Transitionsprozessen hervorgegangenen neuen politischen Systeme vielfach weiterhin autokratische Züge aufwiesen. Übereinstimmung bestand auch darin, dass das Transitionsparadigma, wenn es so schematisch definiert wird, wie es die beiden ersten Annahmen in der Darstellung von Carothers nahe legen, kein brauchbares analytisches Instrument ist. Wichtig war die Debatte, weil sie deutlich machte, dass der politische Wandel, der in Afrika vehement mit dem Ende des Ost-West-Konflikts einsetzte und in anderen Teilen der Welt schon früher begonnen hatte, sehr kontextabhängig war und dementsprechend zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen konnte. Eine sehr zentrale Frage, bei der die Meinungen auseinander gehen, lautete, ob die Perspektive einer demokratischen Entwicklung fortbesteht, auch wenn der politische Wandel neue Formen autokratischer Herrschaft hervorgebracht hat, oder ob eine solche Entwicklung als ein eigenständiger nicht-demokratischer Weg anzusehen ist. Insbesondere aus einer Sicht, welche die Rolle handelnder politischer Akteure stark betont, wie O'Donnell und andere es tun, bleibt die demokratische Option bestehen, auch wenn die Öffnung des politischen Systems zunächst zu fortdauernder Autokratie hinter demokratischer Fassade führt.
Als Beispiel kann die Entwicklung in Kenia dienen, wo nach der Einführung eines Mehrparteiensystems die bereits herrschende Partei Kenya African National Union (KANU) unter dem amtierenden Staatspräsidenten Moi die Macht in kompetitiven Wahlen behaupten konnte. So konnte Moi seine korrupte personalisierte Herrschaft - auch mit Hilfe gewaltsamer ethnischer Säuberungen - fortsetzen. Die Zersplitterung der Opposition ermöglichte es ihm zweimal, sich bei Wahlen durchzusetzen. Die autokratische KANU-Herrschaft schien unangefochten, auch als Moi nach zwei Amtszeiten und insgesamt 24-jähriger Präsidentschaft nicht mehr kandidieren konnte. Doch wider Erwarten schafften es die Oppositionsparteien 2002 doch, ein Bündnis zu schließen, die National Rainbow Coalition (NRC), und KANU von der Macht abzulösen.
Die Möglichkeit, der politischen Entwicklung eine neue Richtung zu geben, kann, wie dieses Beispiel zeigt, nicht ausgeschlossen werden. Sie ist zum einen von der konkreten Situation abhängig, die einen Richtungswechsel begünstigt. Ob diese Möglichkeit ergriffen wird, hängt indessen von den handelnden Akteuren ab. In Sambia war 2001 eine Situation gegeben, die ein Jahr später in zwei Punkten große Ähnlichkeiten mit Kenia aufwies: Legitimitätsverlust der amtierenden Regierung und neuer Präsidentschaftskandidat der herrschenden Partei. Die Oppositionsparteien wollten jedoch alle das Amt des Präsidenten besetzen und konnten daher die Gunst der Stunde nicht nutzen. Der Kandidat der amtierendenMovement for Multiparty Democracy (MMD) gewann die Wahl und konnte somit die MMD-Herrschaft fortsetzen.
Wichtig sind zum anderen die institutionellen Veränderungen, die der Systemwechsel mit sich bringt und die neue Rahmenbedingungen für die politische Entwicklung schaffen. Zu ihnen gehören die Legalisierung von politischen Parteien und die Abhaltung von Mehrparteienwahlen, die Öffnung der politischen Arena für zivilgesellschaftliche Kräfte und freie Medien sowie eine Stärkung der entwicklungsorientierten Strömungen in der nationalen Elite gegenüber den nach wie vor dominanten Patronage-orientierten Interessen. Diese veränderten Rahmenbedingungen können von den handelnden Akteuren in verschiedener Weise genutzt werden. Sie sind die Grundlage divergenter Ergebnisse von Transitionsprozessen, zu denen auch eine demokratische Perspektive gehört. Joel Barkan spricht daher von "langandauernden Transitionen" in Afrika.
In die gleiche Richtung gehen auch die Überlegungen von Staffan Lindberg, der in einem Vergleich aller subsaharischen Länder Afrikas seit dem Beginn der zweiten Demokratisierung den Effekt von Wahlen auf demokratische Freiheiten untersucht hat. Er verkennt nicht, dass Wahlen oft erhebliche Mängel aufweisen, hat aber im Zeitablauf einen positiven Effekt festgestellt, der die Aussage zulässt, dass Wahlen einen Prozess fortschreitender Demokratisierung begünstigen. Er plädiert daher dafür, Transition nicht mit der Durchführung von Gründungswahlen als abgeschlossen, sondern diese als einen Schritt der Demokratisierung anzusehen. Damit können Pfade der politischen Transition, die ungleichmäßig verlaufen und auch Rückschritte einschließen, gegangen werden.
Funktionierende Demokratien
Aus dem bisher Gesagten geht hervor, wie stark die Transitionsprozesse von den Gegebenheiten in den einzelnen Ländern Afrikas abhängig sind. Dennoch lassen sich auch Gemeinsamkeiten feststellen. An dem einen Ende des Spektrums ist die Gruppe von Ländern zu finden, die als funktionierende Demokratien bezeichnet werden können. Zu ihnen gehören Länder wie Botswana und Mauritius, die seit ihrer Unabhängigkeit Mehrparteiensysteme sind und sich insoweit bereits vor der zweiten Befreiung auf dem Weg der Demokratie befanden, aber auch Länder wie Benin, Ghana, Kap Verde und Mali, die Anfang der neunziger Jahre die Transition von autokratischer Herrschaft vollzogen und seither relativ stabile demokratische Strukturen aufgebaut haben. In allen genannten Ländern, mit Ausnahme von Botswana, haben seit Beginn der Transition durch Wahlen herbeigeführte Regierungswechsel stattgefunden.
Es ist nicht ganz zufällig, dass Botswana und Mauritius, die als Vorbilder der Demokratie in Afrika gelten, gleichzeitig auch wirtschaftlich Erfolge aufzuweisen haben.
Autokratische Wahlsysteme
Am anderen Ende des Spektrums befinden sich die Staaten Afrikas, die der Form nach Parteien zulassen und Wahlen abhalten, bei denen aber fortdauernde autokratische Züge dominieren und sicherstellen, dass die Macht der herrschenden Partei und ihres Präsidenten unangetastet bleibt. Sie können als autokratische Wahlsysteme bezeichnet werden. Togo wäre hier zu erwähnen, wo die herrschende Elite, insbesondere das Militär, nach dem Tod des Langzeit-Präsidenten Eyadema 2005 nur auf Druck der westafrikanischen Staaten und der internationalen Gemeinschaft Wahlen abgehalten hat, um die Ernennung von Eyademas Sohn zum neuen Präsidenten zu legitimieren. Ebenso zählen Ruanda dazu, wo die Tutsi-Minderheit nach dem Genozid von 1994 und ihrem militärischen Sieg das Land fest im Griff hat und Präsident Kagame seine Herrschaft 2003 auch in Wahlen bestätigen ließ, und auch Tunesien, wo Präsident ben Ali eine Transition eingeleitet und andere Parteien zugelassen hat, aber keine Zweifel an der Dominanz der herrschenden Rassemblement Constitutionnel Démocratique (RCD) und an seiner unangefochtenen Autorität als Staatspräsident hat aufkommen lassen.
Die Liste umfasst noch weitere Staaten wie Äquatorial-Guinea, Uganda und Simbabwe. Die Entwicklung Simbabwes macht dabei deutlich, wie sehr die Orientierung eines Landes sich im Laufe der Zeit verändern kann. Simbabwe ist eines der wenigen Länder Afrikas, das seit seiner Unabhängigkeit 1980 ununterbrochen ein Mehrparteiensystem ist. Im ersten Jahrzehnt hatte es daher, angesichts verbreiteter Einparteisysteme im übrigen Afrika, als Nachbar des Apartheidstaates Südafrika noch demokratischen Vorbildcharakter. Als sich die Rahmenbedingungen veränderten, traten die autokratischen Züge Mugabes immer stärker in den Vordergrund. Er nutzte die ungelöste Landfrage, um nach einem verlorenen Verfassungsreferendum im Jahr 2000 Kriegsveteranen und jugendliche Aktivisten seiner Partei, Zimbabwe African National Union-Patriotic Front (ZANU-PF), freie Hand zu geben, weiße Farmen illegal und gewaltsam zu besetzen und auf diese Weise seinen Machtanspruch als Vollender der anti-kolonialen Befreiung zu untermauern. Durch massive staatlich sanktionierte Repression der Opposition und Wahlmanipulationen sicherte sich die ZANU-PF Mehrheiten bei den Wahlen 2002 (Präsidentschaft) und 2005 (Parlament) und dem inzwischen über 80-jährigen Mugabe eine weitere Amtszeit. Seine politisch motivierten Interventionen in die Wirtschaft haben Simbabwe an den Rand des Ruins geführt.
Hybride Regime
Hybride Regime werden zunächst als spezifische Kombination demokratischer und autokratischer Herrschaftspraktiken definiert. Wesentlich für die Abgrenzung zu autokratischen Wahlsystemen ist, ob die Wahlen kompetitiv sind, d.h. ob die Möglichkeit eines Regierungswechsels gegeben ist, und, verbunden damit, das Maß an staatlicher Gewalt und Repression, das zur Erhaltung der bestehenden Macht eingesetzt wird.
Im Kontext der politischen Entwicklung in Afrika erhalten diese Regime darüber hinaus aber durch den Neopatrimonialismus ihre besondere Prägung. Diese Konzeption geht auf Max Weber zurück, der die in traditionellen Gesellschaften vorherrschende patrimoniale Handlungslogik - verstanden als auf persönliche Macht gestützte individuelle Autorität - der rational-legalen, bürokratischen Handlungslogik gegenüberstellte. Neopatrimonialismus ist ein modernes Phänomen, das in nachkolonialen Gesellschaften durch die Inkorporation patrimonialer Logik in bürokratische Institutionen gekennzeichnet ist. Zentrale Merkmale neopatrimonialer Herrschaft sind stark personalisierte Machtausübung, Patronage, Klientelismus und Nepotismus und die Privatisierung öffentlicher Ressourcen zur politischen Legitimation und Selbstbereicherung.
Die Tatsache, dass durch den Neopatrimonialismus geprägte hybride Regime Wurzeln in der Gesellschaft haben, die sehr tief gehen, spiegelt sich auch in den Transitionsprozessen wider. Die Ablösung autokratischer Ein-Mann-Regime, welche die Durchsetzung patrimonialer Herrschaftspraktiken begünstigten, durch demokratische Institutionen führte nicht zwangsläufig zu deren Überwindung. Vielmehr gelang es der politischen Elite häufig, ihre patrimonialen Interessen auch unter den neuen Rahmenbedingungen durchzusetzen. Entscheidend blieb der Zugriff auf das Amt des Präsidenten. Welchen Weg die Transition einschlug, hing von den jeweiligen Kräftekonstellationen ab.
Während die herrschende Elite an der Bewahrung ihrer Macht interessiert ist, liegt ihr zugleich an der demokratischen Legitimation, nicht zuletzt wegen der westlichen Geber, die zum einen seit dem Ende des Ost-West-Konflikts auf demokratische Verhältnisse Wert legen und zum anderen die Quelle von Renteneinkommen für wirtschaftlich darnieder liegende Staaten sind. Den Schein der Demokratie so weit aufrechtzuerhalten, dass die Geber zufrieden sind und die Hilfsgelder weiter fließen, wird somit in neopatrimonialen Staaten angestrebt. Friedlich verlaufende Wahlen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Joseph hat dafür den Begriff der "virtuellen Demokratie" geprägt.
Sowohl Kenia als auch Sambia sind in diesem Sinne als hybride Regime anzusehen und haben mit ihren bereits erwähnten Wahlen von 2002 bzw. 2001 veranschaulicht, dass die Möglichkeit eines Regierungswechsels bestand, auch wenn die herrschende Partei in beiden Ländern ihren Zugang zu staatlichen Ressourcen weidlich nutzte, um an der Macht zu bleiben. Sambia war 1991 mit großen Vorschusslorbeeren in die Transition gestartet, nachdem ein friedlicher Regierungswechsel stattgefunden hatte und der langjährige Präsident und Gründungsvater der Nation, Kenneth Kaunda, durch den Gewerkschaftsführer Frederick Chiluba abgelöst worden war. Vor allem die Aussicht, die stark personalisierte Herrschaft Kaundas durch ein liberales demokratisches System abzulösen, sicherte Chiluba eine deutliche Mehrheit. Jedoch wurde bald erkennbar, dass Chiluba in erster Linie an seiner eigenen Macht interessiert war und diese mit einem auf ihn zugeschnittenen Patron-Klient-System, das die Korruption begünstigte, untermauerte.
Ausblick
In hybriden Regimen scheint die politische Transition in Afrika, die zu Beginn der neunziger Jahre mit großen Hoffnungen und Erwartungen einsetzte, zwar zum Stillstand gekommen zu sein, aber der Eindruck täuscht. Ihnen wohnt eine Dynamik inne, die im Sinne "langandauernder Transitionen" in Richtung fortdauernder Autokratie oder fortschreitender Demokratie führen kann.
Wie extrem die Ausschläge der politischen Entwicklung sein können, zeigen zwei Fälle, die in jüngster Zeit zu Ergebnissen geführt haben, die eine positive Perspektive eröffneten. Burundi hat seit der Unabhängigkeit eine leidvolle Geschichte blutiger Kämpfe zwischen der Tutsi-Minderheit und der Hutu-Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Im Zuge des demokratischen Wandels zu Beginn der neunziger Jahre hielt auch Burundi Wahlen ab, die 1993 erstmals einen Hutu-Politiker an die Macht brachten. Seine Ermordung nur wenige Monate später durch Tutsi-Militärs, die um ihre jahrelange Dominanz der Gesellschaft fürchteten, löste erneut ethnisch-motivierte Massaker und einen jahrelangen Bürgerkrieg aus. Das demokratische Experiment schien am Ende. Sanktionen und die ausdauernde Vermittlung afrikanischer Politiker führten 2005 jedoch zu erneuten Wahlen im Rahmen einer auf Machtteilung beruhenden Verfassung, bei denen der Hutu-Politiker Pierre Nkurunziza als Kandidat der zur führenden Partei des Landes mutierten Rebellengruppe Conseil National pour la Défense de la Démocratie - Force pour la Défense de la Démocratie (CNDD-FDD) zum neuen Präsidenten gekürt wurde.
Noch extremer war die Entwicklung in Liberia, das seit 1980 von einer militärischen Willkürherrschaft geprägt war. Ab 1989 eskalierte der Prozess des Staatsverfalls, und diverse Kriegsherren überzogen das Land mit Mord und Totschlag. Eine Friedensmission der westafrikanischen ECOWAS erreichte nach Jahren der militärischen Intervention schließlich einen Waffenstillstand und die Abhaltung von Wahlen, bei denen 1997 der oberste Kriegsherr, Charles Taylor, zum Präsidenten gewählt wurde. Die Angst der Bevölkerung war der Garant seines Sieges. Liberia kam erst zur Ruhe, als externer Druck Taylor 2003 ins Exil nach Nigeria zwang. Erneute Wahlen Ende 2005, bei denen zivile Kandidaten im Vordergrund standen, brachten Ellen Johnson-Sirleaf, die erste Frau, die in Afrika das Präsidentenamt innehat, an die Macht. Die Situation in Liberia bleibt zwar angesichts der anstehenden Erfordernisse des Wiederaufbaus in hohem Maße fragil, aber erstmals seit 25 Jahren scheint die Möglichkeit einer Stabilisierung der Entwicklung des Landes gegeben zu sein.
Von zwei - zumal so fragilen - Fällen einen kontinentalen Trend abzuleiten, wäre unzulässig. Ebenso gut könnten gegenläufige Beispiele hervorgehoben werden wie die staatliche Repression in Äthiopien nach den umstrittenen Wahlen von 2005 oder die Entwicklung in Simbabwe. Alle diese und die anderen genannten Fälle zeigen jedoch, dass die Demokratie heute zum generellen Bezugspunkt politischen Wandels in Afrika geworden ist. Ob die Entscheidungsträger alle diesen Weg wählen werden, bleibt offen.