Der Staat finanziert sich durch Steuereinnahmen. Für jede föderale Ebene – für den Bund, die einzelnen Länder sowie für Städte und Gemeinden gilt dabei: Alle Einnahmen werden für alle Ausgaben verwendet – das nennt man auch das Gesamtdeckungsprinzip. Und alle Einnahmen und Ausgaben eines Jahres müssen in einem Haushalt aufgestellt werden.
QuellentextDer Streit um den Bundeshaushalt 2025
Nach vielen Diskussionen hatten sich die Ampel-Spitzen Anfang Juli [2024, Anm. d. Red.] auf einen gemeinsamen Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 geeinigt. Kanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner präsentierten die Ergebnisse nach einer langen Nachtsitzung.
Allerdings enthielt diese Einigung noch einen Arbeitsauftrag. Der betrifft die so genannte „Globale Minderausgabe“– ein Fachausdruck, hinter dem sich die Erwartung verbirgt, dass sich „im Lauf eines Haushaltsjahres nicht alle Projekte verwirklichen lassen“, wie es in der Kabinettsvorlage heißt. Der Gedanke: Ein paar Milliarden aus dem gut 480 Milliarden Euro schweren Haushalt würden gar nicht gebraucht.
So weit, so normal – globale Minderausgaben sind Teil fast jeden Haushalts. Der entsprechende Posten wurde im ersten Schritt im Vergleich zu früheren Haushalten aber ungewöhnlich hoch angesetzt, mit 17 Milliarden Euro. Verbunden mit dem Hinweis, dass die Regierung beabsichtigt, diesen Posten bis zur formalen Zuleitung an den Bundestag „deutlich zu reduzieren“.
Welche „Kunstgriffe“ wurden geprüft?
Ideen zur Reduzierung dieser globalen Minderausgabe stammten aus dem Kanzleramt sowie dem SPD-nahen Berliner Thinktank „Dezernat Zukunft“: Zum Beispiel könne der Bund der Deutschen Bahn und der staatlichen Autobahngesellschaft statt der eigentlich vorgesehenen Zuschüsse doch auch Darlehen geben. Diese Darlehen würden, da ihnen eine Forderung gegenübersteht, als „finanzielle Transaktionen“ gewertet und damit nicht auf die Schuldenbremse angerechnet.
Das heißt: Die Milliardenlücke würde über zusätzliche Kredite des Bundes finanziert, die Neuverschuldung stiege von bislang geplanten 43,8 Milliarden Euro auf über 50 Milliarden Euro.
Was haben die Gutachten ergeben?
Schon in der Kabinettsvorlage war eine „verfassungsrechtliche und wirtschaftliche“ Prüfung der verschiedenen Überlegungen vorgesehen. Ein Gutachten erstellte der Bielefelder Jurist Johannes Hellermann, ein weiteres der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium, der von Ökonomen geprägt ist.
Völlig einig waren sich die Experten in der Bewertung des Vorschlags, übrig gebliebene Gelder aus der Gaspreisbremse umzuwidmen. Die Haushaltslücke könnte so zwar um knapp fünf Milliarden reduziert werden, doch die Gelder stammen aus Krediten, die der Bund unter Berufung auf eine Haushaltsnotlage aufgenommen hat.
Solche Umwidmungen aber hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Schuldenbremse vom November für verfassungswidrig erklärt – die übrigen Gelder der Gaspreisbremse zu nutzen, ist also keine Option.
Nicht so einheitlich fällt die Bewertung der beiden anderen Überlegungen aus, der Umwidmung von Zuschüssen an die Bahn und die staatliche Autobahngesellschaft in Darlehen. Der Beirat der Ökonomen erhebt „vor dem Hintergrund der Schuldenbremse“ an allen erwogenen Maßnahmen „erhebliche Zweifel“. Der Grund: Im Endeffekt müsse der Bund den Schuldendienst für die von ihm vergebenen Kredite ganz oder teilweise selbst übernehmen: Die Autobahngesellschaft habe überhaupt keine eigenen Einnahmen, die Bahn schreibe Verluste.
Auch der Jurist Hellermann äußert Bedenken zu der möglichen Darlehensvergabe, schreibt aber zugleich, dass die „rechtlichen Risiken“ durch gesetzgeberische Maßnahmen reduziert werden könnten. So müsste beispielsweise der Autobahn GmbH vor der Gewährung eines Darlehens „Zugang zu originär eigenen Einnahmen eröffnet werden“.
Sprich: Der Bund müsste Teile der Mauteinnahmen, die derzeit in den allgemeinen Bundeshaushalt fließen, an die Autobahngesellschaft abgeben. Die Bahn habe ohnehin eigene Einnahmen. Es müsse aber immer deutlich werden, dass es wirklich um ein Darlehen gehe und nicht um einen „verdeckten Zuschuss“, so Hellermann.
Wie kommt es zu den politischen Bewertungen?
Kurz nach Bekanntwerden der Gutachten wurde aus Kreisen des Finanzministeriums eine rechtliche Würdigung bekannt. Demnach kann sich das Haus von Christian Lindner zwar kein Darlehen, aber eine erhöhte Eigenkapitalzufuhr an die Bahn vorstellen – das würde die Haushaltslücke schon mal um bis zu 3,6 Milliarden Euro reduzieren.
Die Umwidmung der übrigen Gaspreis-Milliarden hält man im Einklang mit den Gutachtern für unmöglich, aber auch bei einem möglichen Darlehen an die Autobahngesellschaft zeigt man sich im Finanzministerium äußerst skeptisch: Man sehe „keine Möglichkeit“, dass hierfür die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden.
Ganz anders klingt das bei Bundeskanzler Scholz, der sich aus seinem Urlaub gegenüber „Zeit Online“ geäußert hat. Klares Ergebnis: „Das geht“ – wobei sich Scholz explizit nur auf das „juristische Gutachten“ bezieht, also offenbar nicht auf die Expertise des Wissenschaftlichen Beirats beim Finanzministerium.
Scholz setzt noch einen drauf: Es bleibe für ihn „ein Mysterium, wie das eigentlich klare Votum des juristischen Gutachtens vorübergehend grundfalsch aufgefasst werden konnte.“ Ein deutlicher Seitenhieb gegenüber seinem Finanzminister, auch wenn die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann im Nachgang betont: Scholz habe sich nur „in der Sache“ geäußert, seine Kritik richte sich nicht an eine Person, „schon gar nicht an den Finanzminister“. Die anwesenden Journalisten bei der Regierungspressekonferenz in Berlin überzeugte sie damit aber nicht.
Wie geht es jetzt weiter?
[…] Grundsätzlich können Veränderungen auch im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens vorgenommen werden – schließlich ist der Bundestag der eigentliche Haushaltsgesetzgeber. Allerdings hat Finanzminister Lindner erklärt, er werde sich nicht noch einmal auf einen Koalitionskompromiss einlassen, der womöglich vor dem Bundesverfassungsgericht verworfen werde: „Das passiert mir kein zweites Mal.“ Der Konflikt zwischen den Ampel-Parteien wäre damit nicht gelöst, sondern nur zeitlich verschoben.
Hans-Joachim Vieweger, „Worum es im Haushaltsstreit geht“, in: Tagesschau.de vom 7. August 2024. Online: Externer Link: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/haushalt-ampelkoalition-110.html
Definition und Bedeutung der Finanzpolitik
Die Finanzpolitik umfasst alle staatlichen Entscheidungen, die sich mit Einnahmen oder Ausgaben der öffentlichen Hand befassen, die Steuer- und Ausgabenpolitik betreffen sowie die öffentlichen Schulden und das Vermögen des Staates. Im Idealfall soll der Staat seine Ausgaben dauerhaft danach ausrichten, mit welchen Einnahmen er rechnen kann. Auf diese Weise sollen möglichst wenig Schulden gemacht und möglichst wenig neue Kredite aufgenommen werden. Allerdings geht es häufig nicht ohne Schulden, denn zum einen muss der Staat bestimmte Aufgaben kontinuierlich wahrnehmen. Zum anderen hat jede Regierung eine bestimmte Vorstellung davon, wie sie Politik gestalten will. Finanzpolitik kann zum Beispiel diese Ziele verfolgen:
(© Bundesministerium der Finanzen © 2023 IW Medien / iwd)
(© Bundesministerium der Finanzen © 2023 IW Medien / iwd)
soziale Gerechtigkeit durch Umverteilung zu fördern;
die Konjunktur anzuregen;
das Wirtschaftswachstum zu beleben.
Außerdem geht es darum, Ressourcen effizient zu verteilen, konjunkturelle Schwankungen abzufedern und Krisen zu stabilisieren. Der Finanzpolitik stehen dazu verschiedene Instrumente zur Verfügung, auf der Einnahmenseite neben der Erhebung von Steuern die Ausgabe von Staatsanleihen oder Einnahmen aus öffentlichen Unternehmen. Auf der Ausgabenseite fokussiert sich die Finanzpolitik auf Investitionen, Sozialleistungen, Subventionen und Transfers.
(© Bundesministerium der Finanzen © 2023 IW Medien / iwd)
(© Bundesministerium der Finanzen © 2023 IW Medien / iwd)
Sämtliche Steuereinnahmen werden in den öffentlichen Haushalten abgebildet. Zugleich muss aus dem jeweiligen Haushaltsplan hervorgehen, wofür diese Einnahmen benötigt und wofür sie ausgegeben werden. Der Haushaltsplan ist damit auch ein Kontrollinstrument für die Parlamente, die ihn mit einem Haushaltsgesetz verabschieden müssen. An dieses Haushaltsgesetz sind die Ministerien dann gebunden.
Haushalt: Wie plant und verwaltet der Staat sein Budget?
Alle Steuereinnahmen fließen in den Haushalt – je nachdem, wem die Steuer zusteht, in den Etat des Bundes, der Länder oder der Gemeinden. Bis ein Staatshaushalt beschlossen und verabschiedet ist, müssen die Verantwortlichen einen langen Weg beschreiten. In der Öffentlichkeit wird der Bundeshaushalt vor allem im Herbst wahrgenommen. Denn dann wird die Haushaltsdebatte im Bundestag häufig zum politischen Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition genutzt. Im Grunde genommen befassen sich Ministerien, Ausschüsse und Abgeordnete jedoch fast das ganze Jahr mit dem Thema Haushalt. Ist der eine verabschiedet, nimmt das Bundesfinanzministerium bereits die Planung für den Haushalt des darauffolgenden Jahres in Angriff.
Im Bundesfinanzministerium fließen alle Informationen zusammen, die für den Entwurf des Haushalts und den mittelfristigen Finanzplan notwendig sind. Mit der Aufstellung von Eckwerten, die im März eines Jahres vom Bundeskabinett abgesegnet werden, beginnt hier die Arbeit am Haushaltsplan. Anhand der Eckwerte werden für jedes Ministerium sogenannte Grenzbeträge festgelegt. Ziel ist es, die Ausgaben der einzelnen Ministerien von vorneherein zu beschränken und den Finanzrahmen für die kommenden vier Jahre vorzugeben.
Im Mai gibt es zum ersten Mal Zahlen, wenn der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ seine Frühjahrsprognose vorlegt. Denn um den Haushalt realistisch planen zu können, müssen alle Beteiligten über die voraussichtlich zur Verfügung stehenden Einnahmen Bescheid wissen. Daher treffen sich im Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ zweimal im Jahr Vertreterinnen und Vertreter
der Finanzministerien von Bund und Ländern,
der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute,
des Statistischen Bundesamts,
des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (auch die „Fünf Wirtschaftsweisen“ genannt),
der Deutschen Bundesbank und
der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände,
um die Steuereinnahmen zu schätzen und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu begutachten.
QuellentextHaushaltsgrundsätze
Öffentliche Haushalte werden nach bestimmten Grundsätzen aufgestellt. Diese sind im Grundgesetz, im Haushaltsgrundsätzegesetz und in der Bundeshaushaltsordnung geregelt.
Vollständigkeit
Alle Einnahmen und alle Ausgaben müssen in den Haushalt eingestellt werden. Verkürzt gesagt: Es darf bis auf ganz bestimmte Ausnahmen wie Sondervermögen oder Bundesbetriebe keine „Nebenhaushalte“ geben.
Klarheit
Der Haushalt muss aussagekräftig sein, nichts darf offengelassen werden.
Einheit
Alle Einnahmen und Ausgaben müssen in einem Gesamtplan zusammengefasst werden.
Genauigkeit
Im Haushalt dürfen nur Ausgaben veranschlagt werden, die im Haushaltsjahr voraussichtlich fällig werden.
Vorherigkeit
Der Haushalt muss als Gesetz beschlossen und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht sein, bevor das betreffende Haushaltsjahr beginnt.
Haushaltsausgleich
Der Haushaltsplan ist in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen. Für den Gesamtbetrag der Ausgaben muss die erforderliche Deckung ausgewiesen werden – sei es über Steuereinnahmen oder auch Kredite.
Jährlichkeit
Der Haushaltsplan wird nach Jahren getrennt aufgestellt und in einem Haushaltsgesetz festgeschrieben.
Bepackungsverbot
In das Haushaltsgesetz dürfen nur Vorschriften aufgenommen werden, die sich auf Einnahmen und Ausgaben im beschlossenen Zeitraum beziehen.
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
Wirtschaftlich haushalten heißt, ein bestimmtes Ergebnis mit geringstmöglichen Mitteln zu erzielen – oder mit einem bestimmten Einsatz finanzieller Mittel das bestmögliche Ergebnis zu erreichen.
Gesamtdeckung
Alle Einnahmen dienen grundsätzlich zur Finanzierung aller Ausgaben.
Bruttoprinzip
Alle Einnahmen und alle Ausgaben müssen in voller Höhe eingestellt werden. Es dürfen also weder Ausgaben von Einnahmen vorab abgezogen werden noch Einnahmen auf Ausgaben angerechnet werden.
Einzelveranschlagung
Alle Einnahmen müssen nach dem Entstehungsgrund und alle Ausgaben nach Zwecken getrennt festgeschrieben werden.
Öffentlichkeit
Der Haushaltsplan muss unbeschränkt zugänglich sein, auch der Entwurf sowie die parlamentarischen Beratungen müssen im Verlauf publiziert werden.
Constanze Elter
Im Frühsommer tagt auch der Stabilitätsrat. Der Stabilitätsrat hat die Aufgabe, die föderalen Ebenen bei der Aufstellung der Haushalts- und Finanzpläne zu beraten und die gesamt- und finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Auge zu behalten. Denn die Einnahmen und Ausgaben der verschiedenen staatlichen Ebenen sollten natürlich aufeinander abgestimmt sein. Zudem achtet der Stabilitätsrat darauf, dass Deutschland seinen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union im Zusammenhang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt nachkommen kann.
Da auf der einen Seite jedes Ressort für sich bestimmte Einnahmen beansprucht und dabei kaum zu Abstrichen bereit ist, auf der anderen Seite aber nur begrenzte Einnahmen zur Verfügung stehen, muss verhandelt werden: erst einmal auf Referatsleitungsebene, dann auf Abteilungsleitungsebene und schließlich auch zwischen dem Bundesfinanzministerium und seinen Kolleginnen und Kollegen auf Ministeriumsebene. Können sich die Beteiligten nicht einigen, entscheidet die Bundesregierung.
Im Sommer beschließt das Kabinett den gesamten Haushaltsentwurf und den Finanzplan; im August wird das mehrere tausend Seiten starke Werk Bundestag und Bundesrat übermittelt. Der Haushaltsentwurf gliedert sich in einen Gesamtplan und in Einzelpläne:
Im Gesamtplan sind alle Einzelpläne zusammengefasst; in der Haushaltsübersicht werden diese Einzelpläne haushaltssystematisch dargestellt. In der Finanzierungsübersicht wird das Finanzierungssaldo berechnet und im Kreditfinanzierungsplan werden die Einnahmen aus Krediten und die Tilgungsausgaben gegenübergestellt.
Die Einzelpläne werden eingeleitet mit einer Übersicht über Gruppierungen, Funktionen, Personal und durchlaufende Posten. In den Einzelplänen wird genau aufgeführt, was im jeweiligen Ressort eingenommen und wofür es ausgegeben werden soll. Außerdem sind hier die Verpflichtungsermächtigungen, also Vorgriffe auf spätere Haushaltsjahre, veranschlagt. Dabei gilt grundsätzlich das Ministerialprinzip, jedem Ressort wird ein Einzelplan zugewiesen.
Im Herbst haben Bundesrat und Bundestag das Wort: Das Parlament berät in erster Lesung über den Haushalt und seine Einzelpläne – in aller Regel in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause, der sogenannten Haushaltswoche. Diese Debatte wird zu einer Generalaussprache über die Grundzüge der Regierungspolitik genutzt. Eine besondere Stellung nimmt dabei die Beratung über den Etat des Kanzleramts ein. Zwar fällt dieser Einzelplan zahlenmäßig nicht sonderlich ins Gewicht. Da er in der Debatte stellvertretend für die gesamte Regierungspolitik steht, kommt es bei der Aussprache über diesen Etat aber regelmäßig zu einem Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition. Sind die mehrere Tage andauernden Beratungen abgeschlossen, wird der Haushaltsentwurf an den Haushaltsausschuss des Bundestages verwiesen [Zur Beratung von Fachthemen und zur Vorbereitung der Beschlüsse im Plenum setzt der Bundestag Ausschüsse ein, die nach der Stärke der Fraktionen im Bundestag besetzt werden, Anm. d. Red.]. Hier beginnt die eigentliche Arbeit: Der Ausschuss prüft sämtliche Ansätze, die sich auf mehrere tausend Einnahme- und Ausgabepositionen belaufen, und macht Änderungsvorschläge, wo er es für notwendig hält.
In die abschließenden Beratungen des Haushaltsausschusses im November fließen dann die kurzfristigen Schätzungen und Prognosen aus der Herbstsitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ ein. In der zweiten Lesung im Bundestag werden die Ergebnisse des Haushaltsausschusses vorgestellt – und der geänderte Entwurf beraten. Jeder Einzelplan wird nun beschlossen, in der dritten Lesung wird über den Haushaltsentwurf im Gesamten abgestimmt. Nach diesem Votum kommt noch einmal der Bundesrat zu Wort, der – sofern er mit dem Entwurf nicht einverstanden ist – den Vermittlungsausschuss anrufen kann. Ändert dieser noch einmal etwas am Entwurf, muss der Bundestag darüber entscheiden, ob er diese Änderungen übernimmt.
Schließlich wird das Haushaltsgesetz festgestellt und Ende Dezember – in der Regel im Bundesgesetzblatt – der endgültige Haushalt offiziell verkündet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesfinanzministerium sind zu diesem Zeitpunkt schon wieder damit beschäftigt, das Aufstellungsrundschreiben für den nächsten Haushalt zu verfassen. Dieser lange Weg zeigt: Ein Haushaltsplan ist und bleibt eine Prognose für einen bestimmten Zeitraum. Er gibt lediglich die Ziele für Einnahmen und Ausgaben vor. Der Haushaltsausschuss des Bundestags kontrolliert fortlaufend den Umgang mit den Einnahmen; auch der Bundesrechnungshof prüft Einnahmen und Ausgaben.
QuellentextDie Kassenprüfer des Bundes
(© Bundesrechnungshof)
(© Bundesrechnungshof)
Jedes Jahr kontrolliert der Bundesrechnungshof die Abrechnung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Haushalt stichprobenartig. Die Bundesregierung muss nicht nur dem Bundestag und dem Bundesrat, sondern auch dem Bundesrechnungshof gegenüber Rechenschaft ablegen. Alle öffentlichen Ausgaben und Einnahmen des Bundesfinanzministeriums werden darüber hinaus jährlich stichprobenartig geprüft. Dieses Recht ist in Artikel 114 des Grundgesetzes verankert. Der Bundesrechnungshof ist weisungsfrei zwischen Legislative und Exekutive angesiedelt. Die Prüferinnen und Prüfer schauen genau hin, ob der Etat entsprechend der gesetzlich festgelegten Haushaltsgrundsätze geführt wurde. Geprüft werden Verwaltungsausgaben genauso wie Sachleistungen. Prüfungsmaßstäbe des Bundesrechnungshofs sind ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Leitfrage der Überprüfung lautet, ob die Ausgabenpraxis dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Hinweise auf Missstände kommen von allen Seiten, nicht nur aus dem Bundestag.
Der Bundesrechnungshof prüft, berät und liefert über einzelne Gutachten Vorschläge für Einsparungsmöglichkeiten, für mehr Effizienz oder Vereinfachung. Er kann kontrollieren und Mängel äußern – weitere Sanktionsmöglichkeiten hat er aber nicht. Letztlich ist dem Bundesrechnungshof per Finanzverfassung – neben seiner Kontrollfunktion und dem Rechnen mit dem spitzen Bleistift – vor allem die Beratung zugedacht. Die Prüfungsergebnisse legt der Bundesrechnungshof vor, abwägen jedoch müssen die Politikerinnen und Politiker – und damit entscheiden, was sinnvoll ist und was nicht.
Constanze Elter
Staatsverschuldung und Schuldenbremse
In den vergangenen Jahrzehnten sind sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben kontinuierlich gewachsen – meist überstiegen die Ausgaben die Einnahmen. In einer Phase zwischen 2014 und 2019 erzielte der Fiskus jeweils einen Finanzierungsüberschuss, eine Entwicklung, die durch die Coronapandemie beendet wurde.
(© Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2024)
(© Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2024)
Unvorhergesehene Lücken in einem Etat entstehen meist durch höhere Ausgaben, die so nicht geplant waren und an anderer Stelle nicht eingespart werden können. Oder aber die Steuereinnahmen fallen niedriger aus als geschätzt.
In solchen Fällen muss ein Nachtragshaushalt eingebracht werden, der die bereits beschlossene und festgeschriebene Planung verändert. Ein solcher Nachtragshaushalt muss wie der richtige Etat
(© Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2024)
(© Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2024)
vom Bundesfinanzminister aufgestellt,
vom Kabinett verabschiedet,
vom Haushaltsausschuss beraten,
vom Parlament beschlossen und,
soweit es den Bundeshaushalt betrifft, vom Bundesrat angenommen werden.
Häufig geht es hier auch um zusätzliche Neuverschuldung.
Im Gegensatz dazu kann ein Haushaltsdefizit von einer Regierung toleriert werden, etwa, um in wirtschaftlichen Krisenzeiten den Konjunkturmotor anzukurbeln. Gedeckt werden kann dies nur durch neue Kredite; daher ist der Begriff der Neuverschuldung eng mit dem Haushaltsdefizit verbunden.
Unterschieden wird zwischen der Bruttoneuverschuldung und der Nettoneuverschuldung (Nettokreditaufnahme). Alle neu aufgenommenen Kredite in einem bestimmten Zeitraum werden als Bruttoneuverschuldung bezeichnet. Die Nettokreditaufnahme meint die Bruttoneuverschuldung abzüglich der Verbindlichkeiten, die im gleichen Zeitraum getilgt worden sind.
Um die öffentlichen Haushalte nachhaltig zu sanieren, ist die Aufnahme neuer Schulden allerdings nur begrenzt möglich. 2011 wurde die sogenannte Schuldenbremse im Grundgesetz etabliert.
QuellentextPro und Kontra: Schuldenbremse
Interview mit Max Mordhorst (FDP) und Carl Mühlbach (Aktivist), beide 28 Jahre alt
DIE ZEIT: Die Ampelparteien werden nun doch nicht wie geplant kommende Woche [Anfang Juli 2024, Anm. d. Red.] einen Haushalt vorlegen. Ein Streitpunkt in den Etatverhandlungen ist die Schuldenbremse. Finanzminister Christian Lindner sagt, sie nütze gerade jungen Leuten, weil finanzielle Lasten nicht mehr einfach in die Zukunft geschoben werden könnten. Herr Mühlbach, Sie sind 28, ist die Schuldenbremse im Interesse Ihrer Generation?
Carl Mühlbach: Ich kann mir gut vorstellen, dass Politikerinnen sie mit der Intention eingeführt haben, kommende Generationen von Lasten zu bewahren. In der Praxis führt die Schuldenbremse aber vor allen Dingen dazu, dass gerade nicht genug investiert wird: in den Klimaschutz, in Bildung und in die Infrastruktur. Junge Menschen leiden deshalb eher unter ihr, statt von ihr zu profitieren.
Maximilian Mordhorst: Die Investitionsausgaben im Bundeshaushalt befinden sich auf Rekordniveau. Es wird also investiert. Nun kann man sagen: Das reicht nicht. Das finde ich auch. Wir haben aber im Etat fast 500 Milliarden Euro zur Verfügung. Und wenn ich sehe, wofür wir alles Geld ausgeben, dann finde ich, kann man bei dem einen oder anderen Posten schon fragen: Muss das unbedingt sein? Die Schuldenbremse zwingt uns zur Priorisierung, und das finde ich als junger Mensch gut.
Mühlbach: Was Sie nicht erwähnen: Etwa 90 Prozent der Ausgaben im Haushalt sind gesetzlich festgeschrieben. Da kann eine Regierung nicht einfach sagen: Wir kürzen das jetzt weg. Bei den Sozialausgaben gibt es außerdem verfassungsrechtliche Grenzen, das Existenzminimum etwa muss sichergestellt werden. […] Ich bin auch der Meinung, dass das Geld sinnvoll ausgegeben werden soll. Aber nur mit Priorisierung kommen wir nicht auf die nötigen Summen.
Mordhorst: Dass bestimmte Organisationen mehr Geld haben wollen, kann ich verstehen. Wenn mir jemand Freibier anbietet, dann nehme ich das auch. Aber wer bezahlt die Rechnung? Bei den Schulden sind das die kommenden Generationen – in Form höherer Zinsausgaben oder einer gestiegenen Kreditlast. Meine Sorge ist: Wenn wir jetzt die Schuldenbremse lockern, dann haben wir in ein paar Jahren keinen finanziellen Spielraum mehr, um auf Krisen zu reagieren. […]
Mühlbach: Das Geld ist doch nicht weg. Wenn Sie als Privatperson ein Haus kaufen, dann nehmen Sie dafür wahrscheinlich auch einen Kredit auf. Sie haben Schulden, aber dafür ein Haus. Wenn wir jetzt in die deutsche Infrastruktur investieren, dann hätten wir in Zukunft eine höhere Wirtschaftsleistung. Investitionen erzeugen Rendite. Und mit Blick auf das Klima gilt: Je mehr wir heute in den Klimaschutz investieren, desto geringer sind die Anpassungslasten in der Zukunft.
Mordhorst: Wäre es so einfach, dann bräuchte man den Staat nicht. Denn wenn sich eine Investition rechnet, würde sie auch der Privatsektor tätigen. Eine staatliche Investition zieht eben gerade keine klar abgrenzbare Rendite nach sich. Deshalb kann man das nicht vergleichen. Ein Beispiel: Wir wissen alle, wie wichtig Bildung ist. Die Allgemeinheit profitiert vom Bau einer Schule, aber man kann nicht genau berechnen, welche Wirtschaftsleistung dadurch erzeugt wird und wer sie erbringt. […] ZEIT: Herr Mordhorst, wäre es okay, wenn sich der Staat für den Bau einer Schule verschuldet?
Mordhorst: Mein Argument ist nicht, dass Schulden immer schlecht sind. Ich bin ja kein Ideologe. Ich bin aber Politiker und weiß, was passieren würde. Wenn wir in die Schuldenbremse eine Ausnahme für Bildungsinvestitionen einbauen oder ein Sondervermögen für die Bildung auflegen, dann würden viele meiner Kollegen im Parlament sagen: Gut, dann geben wir die im Haushalt frei gewordenen Mittel für das Bürgergeld oder die Rente aus. Unter dem Strich würden die Bildungsausgaben also möglicherweise nicht einmal steigen. Was aber mit Sicherheit steigen würde, sind die Schulden. Die Schuldenbremse verhindert das. Sie ist eine Form der politischen Selbstbindung. […]
Mühlbach: […] Die Schuldenbremse wurde 2009 eingeführt. Wir sind also in der Bundesrepublik eine lange Zeit ohne sie ausgekommen. Stattdessen hat das Grundgesetz früher vorgeschrieben, dass der Staat in dem Umfang Kredite aufnehmen darf, wie er Investitionen tätigt. Und das hat nicht dazu geführt, dass ein unendlicher Schuldenberg angewachsen wäre. Im Gegenteil: Deutschland hatte über Jahrzehnte hinweg eine sehr solide Finanzpolitik und deshalb keine kaputte Infrastruktur. […]
Mordhorst: […] Für mich ist die Schuldenbremse demokratietheoretisch betrachtet ein Element der Gewaltenteilung. Sie wirkt der politischen Machtkonzentration entgegen. So wie es auch Gerichte tun. Als Abgeordneter beziehe ich meine Legitimität aus der Tatsache, dass ich gewählt bin. Aber ich finde es richtig, dass ich nicht vollkommen frei schalten und walten kann, sondern mich an gewisse Regeln halten muss. Politiker sind auch Menschen, und ein gesundes Misstrauen ist da durchaus angemessen. […]
Nike Mosa und Mark Schieritz, „Sind Schulden eine Last für die Jungen?“, in: DIE ZEIT vom 27. Juni 2024. Online: Externer Link: https://www.zeit.de/2024/28/diskussion-schuldenbremse-zinsen-investition-bildung
Seitdem darf der Bund nur noch eine strukturelle Verschuldung in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufweisen. Ausnahmen sind allein in Notsituationen und bei Naturkatastrophen gestattet – oder dann, wenn die konjunkturelle Entwicklung „von der Normallage abweicht“. Kredite, die aufgenommen werden, um den Aufschwung anzukurbeln, müssen „konjunkturgerecht“ zurückgeführt werden. Ziel dieser Schuldenbremse ist es, den aufgehäuften Schuldenberg Stück für Stück abzutragen. Schulden müssen also im Einklang mit der Verfassung stehen. Außerdem muss sich Deutschland an europäischen Vorgaben orientieren und den Stabilitäts- und Wachstumspakt einhalten.
QuellentextEuropäischer Stabilitäts- und Wachstumspakt reloaded
Im Frühjahr 2024 ist der reformierte Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) in Kraft getreten. Die europäischen Fiskalregeln wurden 1997 vereinbart, um solide öffentliche Finanzen zu gewährleisten – als Voraussetzung für die gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion. Der Pakt schreibt dazu Obergrenzen für öffentliche Schulden der Mitgliedsstaaten vor. Wer die Defizitgrenzen reißt, muss mit Sanktionen und einem Verfahren rechnen.
Auch nach der Reform darf weiterhin der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten. Das Gleiche gilt für das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit, das unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bleiben muss. Die individuelle Situation der einzelnen Länder soll künftig stärker miteinbezogen werden. Wenn diese Reform- und Investitionspläne vorliegen, soll auch der Zeitraum zum Abbau der Schulden verlängert werden können. Umgekehrt müssen hoch verschuldete Länder ihre Schuldenquote jährlich um einen Prozentpunkt senken, Länder mit Schuldenständen zwischen 60 und 90 Prozent um 0,5 Prozentpunkte.
Constanze Elter
Sondervermögen – Schulden außer Sicht?
In der Haushaltsplanung des Bundes haben Sondervermögen inzwischen eine große Bedeutung erlangt. Allein in den Jahren 2011 (Klima- und Transformationsfonds), 2020 (Wirtschaftsstabilisierungsfonds Corona) und 2022 (Sondervermögen Bundeswehr sowie WSF-Energiekrise) errichtete der Bund nach Angaben des Bundesrechnungshofs Sondervermögen im Umfang von 555 Milliarden Euro. Die Prüferinnen und Prüfer betrachten dies kritisch, da nach Auffassung des Bundesrechnungshofs „Zwecke, die zu den Kernaufgaben des Staates gehören, (…) aus dem Kernhaushalt zu finanzieren sind“.
Der Begriff des Sondervermögens ist gesetzlich nicht definiert; Vorschriften der Verwaltung beschreiben dies als rechtlich unselbstständige abgesonderte Teile des Bundesvermögens, die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes entstanden und zur Erfüllung einzelner Aufgaben des Bundes bestimmt sind. Daher werden Sondervermögen auch als Sonderhaushalte bezeichnet. Das Grundgesetz erwähnt die Möglichkeit für Sondervermögen; da diese aber aus dem Haushalt ausgegliedert sind, unterliegen sie auch nicht den normalen Haushaltsgrundsätzen der Vollständigkeit und Einheit. Gegenwärtig bestehen beim Bund 29 Sondervermögen, die ältesten stammen noch aus den 1950er-Jahren.
(© Quelle: Bundesrechnungshof (Hrsg.): Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO an das Bundesministerium der Finanzen über die Sondervermögen des Bundes und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Haushaltstransparenz sowie die Funktionsfähigkeit der Schuldenregel)
(© Quelle: Bundesrechnungshof (Hrsg.): Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO an das Bundesministerium der Finanzen über die Sondervermögen des Bundes und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Haushaltstransparenz sowie die Funktionsfähigkeit der Schuldenregel)
Um die Budgethoheit des Parlaments und die Etatplanung über den Kernhaushalt nicht auszuhöhlen, fordern Expertinnen und Experten, dass derartige Sonderhaushalte eine gut begründete Ausnahme bleiben und kein zu großes Ausmaß annehmen sollten.
Ein Urteil mit gewaltigen Folgen
Im November 2023 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist: Kredite in Höhe von 60 Milliarden Euro – aus einem Sondervermögen zur Bewältigung der Coronakrise – waren verfassungswidrig in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) umgewidmet worden. Erstes Problem: Solche Sondervermögen sind zweckgebunden. Zweites Problem: Der Nachtragshaushalt verstieß gegen den Grundsatz der Jährlichkeit und Jährigkeit. Danach verfallen Kreditermächtigungen, wenn sie in einem Jahr nicht genutzt werden.
Ein Urteil, das nicht nur erstmalig ausführlich rechtlich klärte, wie notlagenbedingte Kredite zu verwenden sind – sondern auch eine Entscheidung, die die Bundesregierung vor gewaltige finanzielle Probleme stellte. Mittel, beispielsweise für die Gas- und Strompreisbremse oder den Wiederaufbau des Ahrtals nach der Flut 2021, waren bereits ausgezahlt und nun rechtswidrig aus Sondervermögen finanziert. Andere Projekte, etwa zum Ausbau der erneuerbaren Energien, drohten zu scheitern. Also mussten äußerst schnell Ersatzfinanzierungen gefunden werden.
Mitte Dezember 2023 wurde zunächst ein Nachtragshaushalt für 2023 beschlossen. Darin wurden bereits ausgezahlte Mittel unter anderem durch das Aufnehmen von Schulden finanziert. Zudem verzögerte sich die Planung für den Bundeshaushalt 2024. Dieser hätte planmäßig im November verabschiedet werden sollen, wurde jedoch erst im Februar 2024 vom Bundestag verabschiedet. Ungedeckte Ausgaben in Höhe von rund 17 Milliarden Euro mussten anders finanziert werden, Einnahmen des Bundes erhöht und Ausgaben eingespart werden. Auch in der Planung für das Haushaltsjahr 2025 sind Lücken aufgerissen.
Das Urteil hat eine Debatte darüber ausgelöst, ob die Schuldenbremse reformiert werden sollte. Auch darüber, auf welche Weise die Haushaltslöcher gestopft werden könnten, herrscht Uneinigkeit in der Politik und unter Expertinnen und Experten. So wird beispielsweise vorgeschlagen, notwendige Kürzungen auf entbehrliche Subventionen zu beschränken. Allerdings haben die Proteste gegen Einsparungen im Agrarbereich deutlich gemacht, dass Subventionskürzungen nur gegen große Widerstände der Betroffenen durchzusetzen sind oder mit langen Übergangsfristen versehen werden müssen.
Auch Steuererhöhungen werden diskutiert, die jedoch private Investitionen hemmen könnten. Weitere kreditfinanzierte Sondervermögen wären eine zusätzliche Möglichkeit, die Ausgaben zu finanzieren – mit dem Risiko, dass noch mehr staatliche Investitionen in Sondervermögen verlagert würden und damit die Gefahr besteht, andere Haushaltsgrundsätze zu verletzen. Letztlich könnte für betroffene Jahre erneut eine Haushaltsnotlage erklärt werden, um Spielraum für neue Kredite zu eröffnen; so ließe sich die Schuldenbremse umgehen.