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Unser Steuersystem | bpb.de

Informationen zur politischen Bildung Nr. 360/2024

Unser Steuersystem

Constanze Elter

/ 15 Minuten zu lesen

Steuern werden nach bestimmten Kriterien eingeteilt. Insgesamt gibt es fast 40 verschiedene Steuerarten – von der Alkopopsteuer bis zur Zwischenerzeugnissteuer. Am wichtigsten ist die Einkommensteuer.

(© Thomas Plaßmann/Baaske Cartoons Müllheim)

Es gibt fast 40 verschiedene Steuerarten in Deutschland. Und es gibt die unterschiedlichsten Kriterien, sie einzuteilen. Steuern definieren sich zum Beispiel danach, wer die Einnahmen bekommt (also nach der Ertragskompetenz). Demnach gibt es Bundes-, Länder- und Gemeindesteuern, außerdem Gemeinschaftsteuern und Kirchensteuern.

QuellentextBegriffe der Steuersprache

Das Steuerobjekt (Steuergegenstand) ist eine Sache, eine bestimmte Handlung oder eine Geldsumme. Es begründet die Steuerpflicht und ist die Größe, auf die sich die Steuer bezieht. Wer ein Auto hat, muss Kfz-Steuer bezahlen. Wer Geld verdient, muss Einkommensteuer entrichten. Und wer Bier trinkt, zahlt dafür Biersteuer.

Das Steuersubjekt (Steuerpflichtiger) ist die Person, die eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuererklärung abgeben muss oder auch Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat.

Der Steuerschuldner ist derjenige, der dem Fiskus die Steuer schuldet und für die Zahlung haftet.

Der Steuerträger ist die Person, die durch die Steuer tatsächlich belastet wird, beispielsweise die Käufer bei der Umsatzsteuer.

Constanze Elter

Einteilung der Steuern

Steuern können auch danach charakterisiert werden, worauf der Fiskus sie erhebt. Hier wird zwischen Besitz-, Verkehr- und Verbrauchsteuern unterschieden. Wird eine Steuer auf Einkommen oder Vermögen verlangt, spricht man von einer Besitzsteuer. Zu den Besitzsteuern zählen beispielsweise die Einkommensteuer, die Gewerbesteuer oder auch die Erbschaftsteuer. Die Besitzsteuern werden darüber hinaus unterteilt in Besitzsteuern vom Einkommen und Besitzsteuern vom Vermögen, dazu zählt neben der Erbschaft- auch die Grundsteuer.

Im Gegensatz zu Besitzsteuern stehen Verkehrsteuern. Die Bezeichnung hat nichts mit dem Straßenverkehr zu tun, sondern beschreibt Vorgänge des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs. Daher fallen in diese Gruppe etwa die Umsatzsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer oder die Versicherungsteuer. Daneben gibt es noch die Verbrauchsteuern. Bei diesen Abgaben handelt es sich um Steuern, die den Verbrauch oder Gebrauch bestimmter Waren belasten. Dabei handelt es sich in aller Regel um Lebensmittel oder Genussmittel – also zum Beispiel die Kaffeesteuer oder die Tabaksteuer; aber auch die Stromsteuer. Die Einteilung nach Besitz-, Verkehr- und Verbrauchsteuern hat vor allem verwaltungstechnische Bedeutung.

Schließlich kann man Steuern auch danach unterscheiden, wie sie entrichtet werden. Demnach gibt es direkte Steuern, die unmittelbar beim Steuerpflichtigen erhoben werden, den die Steuerlast treffen soll. Steuerschuldner und Steuerträger sind die gleiche Person, direkte Steuern bezahlt also der Steuerschuldner und ist wirtschaftlich damit belastet. Das ist beispielsweise bei der Einkommensteuer der Fall. Bei direkten Steuern werden außerdem die persönlichen Verhältnisse des Steuerschuldners berücksichtigt, beispielsweise durch Freibeträge.

Bei indirekten Steuern sind Steuerträger und Steuerschuldner zwei verschiedene Personen. Jemand anderes hat also die Steuer wirtschaftlich zu tragen. Indirekte Steuern werden zwar auf die Herstellung und den Verbrauch von Gütern erhoben, belasten aber nicht den Steuerpflichtigen, der sie abführt – also die Händlerin oder den Produzenten. Diese ziehen die Steuer nur für den Staat ein und legen sie auf den Verkaufspreis um, sodass die Belastung vom Verbraucher getragen wird. Das ist zum Beispiel bei der Umsatzsteuer und den Verbrauchsteuern der Fall. Bei indirekten Steuern bleibt die persönliche Situation außen vor.

Es kann sein, dass eine Steuerart mehrere Kriterien erfüllt: Die Umsatzsteuer ist beispielsweise sowohl eine Verkehrsteuer als auch eine indirekte Steuer.

(© Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.): Was Steuern sind und wozu wir sie zahlen, Berlin 2023, S. 10 f.)

Was wird besteuert?

Um zu ermitteln, was der oder die Steuerpflichtige an Steuern schuldet, wird als Ausgangsbasis ein Wert benötigt. Deswegen gibt es bei jeder Steuerart eine Bemessungsgrundlage, der eine sogenannte Besteuerungseinheit zugeordnet wird. Diese Besteuerungseinheit ist die kleinste Einheit, in welche die Bemessungsgrundlage zerlegt werden kann; bei der Einkommensteuer oder der Umsatzsteuer ist das ein Euro bzw. ein Cent, bei der Kaffeesteuer beispielsweise ein Kilogramm.

Um die Steuerschuld zu berechnen, wird der Bemessungsgrundlage ein Steuertarif zugewiesen. Unterschieden wird dabei zwischen einem Steuerbetragstarif und einem Steuersatztarif: Der Steuerbetragstarif sieht pro Besteuerungseinheit eine feste Geldsumme vor. Bei der Kaffeesteuer müssen beispielsweise pro Kilo Röstkaffee 2,19 Euro und für löslichen Kaffee 4,78 Euro je Kilogramm an Steuern entrichtet werden (Stand: 2024). Der Steuersatztarif sieht pro Besteuerungseinheit einen Prozentsatz vor, wie es ihn etwa bei der Einkommensteuer gibt.

Wichtige Steuerarten

Eigene Darstellung auf Grundlage des Bundesministeriums der Finanzen Externer Link: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerschaetzungen_und_Steuereinnahmen/2024-01-30-steuereinnahmen-4-vierteljahr-kalenderjahr-2023.pdf?__ (© Eigene Darstellung auf Grundlage des Bundesministeriums der Finanzen)

Einkommensteuer

Die weitaus wichtigste Steuer in Deutschland ist die Einkommensteuer – für den Einzelnen, weil sie ihn am direktesten betrifft, und für den Staat, weil sie die meisten Einnahmen hergibt. Auf der Hitliste der Steuereinnahmen steht die Einkommensteuer mit ihren Spielarten Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer bzw. Abgeltungsteuer ganz oben, im Jahr 2023 führte sie mit einem Aufkommen von gut 354 Milliarden Euro die Rangliste der gesamten Steuereinnahmen an. Auf Platz zwei lag die Umsatzsteuer mit rund 291 Milliarden Euro, gefolgt von der Energiesteuer, deren Einnahmen sich im Jahr 2023 auf knapp 37 Milliarden Euro beliefen.

Die Einkommensteuer wird in Deutschland auf Basis von sieben Einkunftsarten ermittelt. Auf alle Einkommen von natürlichen Personen, also sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch Selbstständigen, erhebt der Staat die Einkommensteuer. Ihr unterliegen die Einkünfte

  • aus Land- und Forstwirtschaft,

  • aus Gewerbebetrieben,

  • aus selbstständiger Arbeit,

  • aus nichtselbstständiger Arbeit,

  • aus Kapitalvermögen,

  • aus Vermietung und Verpachtung sowie aus den sonstigen im Einkommensteuergesetz genannten Einkünften.

Zu diesen sonstigen Einkünften zählen beispielsweise Einkünfte aus einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die sieben Einkunftsarten teilen sich außerdem noch einmal in zwei Gruppen auf: Es gibt die sogenannten Gewinneinkunftsarten und die Überschusseinkunftsarten: Bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit sind die Einkünfte der Gewinn. Das bedeutet, dass entweder der Stand des Betriebsvermögens zu einem bestimmten Zeitpunkt miteinander verglichen oder die Differenz zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ermittelt wird. Das Ergebnis ist dann der Gewinn – oder möglicherweise auch ein Verlust.

Bei den übrigen Einkunftsarten zieht das Finanzamt von den Einnahmen alle Ausgaben ab, die dabei helfen, die Einnahmen zu erwerben, zu sichern und zu erhalten. Mit anderen Worten: die Werbungskosten. In diesem Berechnungsverfahren entsteht ein Überschuss – dieser wird dann besteuert. Diese Art der Einkünfteermittlung bezeichnet man auch als Nettoprinzip.

Bei bestimmten Einkünften innerhalb der Einkommensteuer wird die Steuer direkt abgezogen, wenn man das Geld bekommt. Das gilt zum Beispiel für die Lohnsteuer oder die Abgeltungsteuer. Diese Steuern sind keine eigenen Steuerarten, sondern nur eine Spielart der Einkommensteuer – eine spezielle Form, die Einkommensteuer direkt zu erheben. So ist die Lohnsteuer die Steuer, die Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer auf ihren Lohn oder ihr Gehalt zahlen. Der Arbeitgeber zieht sie direkt vom Arbeitslohn ab und überweist sie an das Finanzamt. Anders formuliert: Die Lohnsteuer ist die Einkommensteuer, die direkt vom Arbeitslohn abgezogen wird.

Ähnlich verhält es sich bei der Abgeltungsteuer. Sämtliche Zinsen, Dividenden und Investmenterträge sowie alle Gewinne aus dem Verkauf privater Wertpapiere werden auf diesem Weg einheitlich mit 25 Prozent besteuert. Dazu kommen gegebenenfalls noch der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer. Die Banken ziehen die Abgeltungsteuer direkt an der Quelle des Gewinns ab. Dieser Steuerabzug hat abgeltende Wirkung – daher der Name der Steuer. Das bedeutet, dass Anlegerinnen und Anleger Kapitalerträge in aller Regel nicht mehr in ihrer Steuererklärung angeben müssen. Allerdings besteht weiterhin die Möglichkeit, eine Steuererklärung abzugeben und die Zinsen dann rückwirkend mit einem gegebenenfalls niedrigeren persönlichen Steuersatz zu versteuern. Zuviel einbehaltene Abgeltungsteuer wird dann erstattet.

Darüber hinaus sind Steuerzahler verpflichtet, Kapitalerträge in der Steuererklärung anzugeben, wenn die Abgeltungsteuer noch nicht zum Einsatz gekommen ist. Das kann zum Beispiel bei Fonds der Fall sein, die im Ausland investieren, oder bei Gewinnen, die über ausländische Depots realisiert worden sind. Dann kommt die Kapitalertragsteuer – als eine weitere Erhebungsform der Einkommensteuer – zum Einsatz.

QuellentextGeneration Z und Geldanlagen – Interview mit Ulrike Malmendier

(Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung)

[…] Frau Malmendier, legen Kinder ihr Geld anders an als ihre Eltern?

Malmendier: Man sieht recht große Unterschiede darin, wie die jüngere Generation im Vergleich zu den Eltern ihr Geld anlegt: Junge Anleger sind oft risikobereiter als ältere, die ein bestimmtes Einkommen aus ihrem Finanzvermögen ziehen möchten. Kurz nach einer Finanzkrise sieht es aber genau umgekehrt aus. Interessant ist auch: 25-Jährige verhalten sich 2020 in ihrer Geldanlage anders, als es 25-Jährige im Jahr 1995 getan haben. Beides zeigt: Was jemand persönlich erlebt hat, sei es jetzt Inflation, ein Börsenboom oder -crash, kann tiefere Spuren im Gehirn hinterlassen als theoretisches Finanzwissen. […]

Welche Erfahrungen bestimmen das Anlegeverhalten der aktuell jüngsten Anleger, der Generation Z?

Malmendier: Ich bin derzeit ja hoffnungsfroh, dass wir zu zwei Prozent Inflation zurückkehren. Wenn nicht, wird die Generation Z besorgt auf zukünftige Inflation und Zinsen blicken und überlegen, ob sie sich ihre monatlichen Ausgaben leisten kann. Davon wird auch ihr Anlageverhalten geprägt sein.

Jemand, der 2000 geboren ist, hat sein Leben lang relativ stabile Preise gesehen. Ein rapider Anstieg der Inflation kann dieses Weltbild durcheinanderwerfen. Das ist bei einem 70-Jährigen anders. Der findet eine hohe Inflation auch nicht toll, weiß aber, dass auch andere Zeiten kommen, und kann gelassener damit umgehen.

Nun haben wir zusätzlich zu der Inflation auch eine deutliche Ansammlung an Krisen […]. Dazu kommen Naturkatastrophen durch den Klimawandel – die Überschwemmungen im Ahrtal zum Beispiel. Auch das brennt sich in unser Gehirn ein. Wer das erlebt hat, wird grüne Investitionen oder ESG-Investments priorisieren – das gilt vor allem für jüngere Generationen. Diese Erfahrungen sind für sie ein großer Anteil ihres Lebens. Die Älteren gewichten das anders.

Also nehmen jüngere Anleger Krisen stärker wahr?

Malmendier: Nein, sie machen für jüngere Anleger nur einen größeren Anteil ihrer gelebten Lebenserfahrung aus. Zudem haben Krisen sich verändert. Bei einer typischen Finanzmarkt-Wirtschaftskrise gingen früher nicht nur die Aktienkurse in den Keller, dazu kamen weltweite Arbeitslosigkeit, der Wirtschaft ging es insgesamt schlechter. Wenn wir uns die Covid-Pandemie angucken, ist in den meisten Ländern am Aktienmarkt nichts Dramatisches passiert. Die Verbindung, dass es dem Aktienmarkt schlechtgeht, ich also meinen Job verliere und alles den Bach runtergeht, was die Generation davor noch in der Finanzkrise von 2008 bis 2009 erlebt hat, ist der jüngeren Generation fremd.

Haben wir uns dann vielleicht schon an Krisen gewöhnt?

Malmendier: Wenn es nur die „homogene Krise“ gebe, könnte das vielleicht sogar passieren. Es würde „The New Normal“ werden. Solange aber jede Krise ihre eigenen Merkmale hat – etwa Covid-Pandemie, Energiekrise, Finanzkrise und politische Konflikte –, werden die speziellen Ausprägungen gerade die jüngere Generation besonders beeinflussen. […]

Wie sehr beeinflusst Social Media die Geldanlage?

Malmendier: Ich gehe davon aus: sehr. Nehmen wir das Beispiel Aktienmarkt. Früher habe ich mir als Professorin vorgestellt: Wenn ich gut erkläre, was ein breit diversifizierter Aktienfonds ist, dann sagen alle: „Prima, das machen wir!“ Aber so ist es in der Realität nicht.

Man muss die Anlageform und ihr Funktionieren idealerweise persönlich erlebt haben, damit man wirklich überzeugt ist. Da hilft gutes Erklären wenig, wie meine Forschung zu „Experience-Effects“ zeigt. Aber es gibt vielleicht auch eine andere Möglichkeit, nämlich die Wahrnehmung durch Medien, die mich emotional berührt. Wenn ein Youtuber mich emotional anspricht, dann kann das deutlich stärkere Effekte haben als noch so gut erklärtes, aber trockenes Finanzwissen.

Altersgenossen können auch eine Rolle spielen. Eine Studie habe ich dazu noch nicht gesehen, aber ich sehe PhD-Studenten, die ein Depot eröffnen, weil ihre Studienkollegen das machen. Meine Hoffnung wäre, dass wir gerade durch den Austausch mit Gleichaltrigen auf gute Finanzinvestitionen kommen. Ich denke, dass dieser Effekt nah an den Experience-Effect herankommen könnte. […]

Lina Knees, „So tickt die Generation Z beim Thema Geldanlage“, in: Handelsblatt vom 24. Februar 2024

Gleich welche Einkünfte erzielt werden: Ziel der Einkommensteuer ist es, alle Einkünfte einer Person möglichst vollständig zusammenzufassen. Die Summe dieser Einkünfte wird mit einem einheitlichen Steuertarif belastet. Wenn das Finanzamt die Steuern berechnet, schaut es aber nicht nur auf die Höhe des jeweiligen Einkommens, sondern berücksichtigt auch die persönlichen Lebensverhältnisse des Einzelnen. Wer zum Beispiel für seinen Ehepartner oder die Kinder finanziell sorgt, muss bei gleichem Einkommen in der Regel weniger Steuern zahlen als eine alleinstehende Person. Aus diesem Grund werden auch Ausgaben berücksichtigt, selbst wenn sie nicht durch den Betrieb oder die Arbeit bedingt sind.

QuellentextFreibeträge und Co

Im deutschen Steuerrecht sind zahlreiche Freibeträge festgeschrieben. Einige sollen das Besteuerungsverfahren vereinfachen, andere soziale Aspekte berücksichtigen.

Ein Steuerfreibetrag reduziert die Bemessungsgrundlage für die Steuer – für diesen Betrag müssen Steuerpflichtige also keine Steuern zahlen. Freibeträge gibt es bei der Einkommensteuer, der Erbschaftsteuer, der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer. Die soziale Komponente von Freibeträgen ist vor allem bei der Einkommensteuer sichtbar. Hier greifen – je nach individueller Situation – beispielsweise der Grundfreibetrag, der Kinderfreibetrag, der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf, der Entlastungsbe­trag für Alleinerziehende oder der Altersentlastungsbetrag.

Neben Freibeträgen gibt es auch noch Pauschbeträge und Freigrenzen. Bei einem Pauschbetrag können Ausgaben in der Steuererklärung in der Höhe der Pauschale geltend gemacht werden – und zwar ohne, dass das Finanzamt dafür Nachweise verlangt. Beispiel dafür ist der Arbeitnehmerpauschbetrag, umgangssprachlich auch als Werbungskostenpauschale bekannt. Eine Freigrenze markiert wie bei einem Freibetrag einen Betrag, der steuerfrei ist. Allerdings führt das Überschreiten der Grenze dazu, dass die gesamten Einnahmen steuerpflichtig sind und nicht nur das, was darüber liegt.

Constanze Elter

Manche Ausgaben dürfen – bis zu bestimmten Grenzen – abgezogen werden, zum Beispiel die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung oder die Altersvorsorge. Ein großer Teil dieser steuerlichen Abzugsmöglichkeiten ist dadurch motiviert, dass der Staat seine Bürgerinnen und Bürger zu einem bestimmten Verhalten veranlassen möchte, etwa um Vorkehrungen für wirtschaftliche oder gesundheitliche Notlagen oder für ein gesichertes Leben im Alter zu treffen. Zu solchen Sonderausgaben zählen daher zum Beispiel:

  • Vorsorgeaufwendungen,

  • Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung oder Weiterbildung und

  • Spenden für wohltätige, kirchliche und wissenschaftliche Zwecke.

Und um keinen Teil des Einkommens zu belasten, über daseine Steuerzahlerin oder ein Steuerzahler nicht frei verfügenkann, gibt es die Abzugsbeträge für außergewöhnliche Belastungen. Sie können zum Beispiel dann geltend gemacht werden,wenn die Behandlungskosten, die eine Patientin oder einPatient zu tragen hat, sehr hoch sind oder wenn eine Scheidungoder eine Beerdigung anstehen. Zu den außergewöhnlichen Belastungengehören auch Ausgaben für die Pflege von Angehörigenoder Kosten, die Menschen mit Behinderungen sogar miteinem Pauschalbetrag geltend machen können.

Ehe und Steuern

„Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ So steht es in Artikel 6 des Interner Link: Grundgesetzes. Um diesen Schutz von Ehe und Familie zu gewährleisten, behandelt der Fiskus Eheleute anders als Ledige und Paare, die ohne Trauschein zusammenleben. Das verheiratete Paar wird als wirtschaftliche Einheit betrachtet. Daher werden Ehepaare in der Regel nach dem Prinzip des Ehegattensplittings behandelt.

QuellentextPro und Kontra: Ehegattensplitting

Pro

[…] Kritik am Ehegattensplitting ist alles andere als neu. Frauenrechtlerinnen kritisieren schon lange die Regelung aus den Fünfzigerjahren. Vermehrt sprechen sich sogar auch Wirtschaftswissenschaftler für eine Reform aus […].

Doch wer sich die Mühe macht, die dahinterstehenden Motive zu studieren, wird überrascht feststellen, wie attraktiv diese Regelung nach wie vor ist […]. Denn nur sie gibt den Eheleuten den Raum, frei zu entscheiden, wie sie die interne und externe Arbeit aufteilen. Und sie verhindert, dass Arbeitnehmer gegenüber Selbständigen, Fabrikbesitzern und Landwirten benachteiligt werden.

Wie kommt es dazu? Mit dem Splitting teilt das Finanzamt das Einkommen gedanklich zu gleichen Teilen auf das Ehepaar auf – Ergebnis des Splittens ist, dass die Abgabelast im Vergleich zu einer individuellen Besteuerung beider Partner geringer ausfällt. Der Vorteil wächst mit dem Einkommensunterschied. Am größten ist er, wenn in der Ehe nur einer arbeitet. Umgekehrt heißt das: Wenn der Partner, der beispielsweise wegen der Kinder oder aus anderen Gründen ausgesetzt hat (in aller Regel ist das immer noch zumeist die Frau), ebenfalls wieder anfängt zu arbeiten, steigt die Steuerlast stark. […]

Was man aus sozialen Gründen macht, nämlich höhere Einkommen höher zu belasten, führt immer dazu, dass Mehr­arbeit bestraft wird. Handwerker, die auch am Samstag raus­fahren müssen, weil sie einen zusätzlichen Auftrag angenommen haben, wissen das schon lange. Aber auch Arbeitnehmer spüren dies leidvoll, wenn sie Überstunden schieben. Andersherum werden Beschäftigte, die weniger arbeiten, geradezu belohnt. Sie zahlen weniger Steuern und weniger Sozialabgaben.

Je geringer die Steuerprogression ist, desto geringer fällt der Splittingvorteil aus. Ihn ganz abzuschaffen geht ohnehin kaum. Das ist Ausfluss des Prinzips, jeden nach seiner Leistungsfähigkeit zu besteuern. Wenn zwei von einem Einkommen leben, ist diese geringer als bei einem Single. Zudem darf die funktionierende Ehe nicht schlechter gestellt werden als die gescheiterte, bei der Unterstützungszahlungen zu berücksichtigen sind.

Wichtig ist: Durch das Splitting ist es egal, wer wie viel zum gemeinsamen Einkommen beisteuert. Zweimal 60.000 Euro sind dem Fiskus gleich viel wert wie einmal 120.000 Euro. […]

Manfred Schäfers, „Das Ehegattensplitting abzuschaffen wäre ein Fehler“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. Juli 2024. Online: Externer Link: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arm-und-reich/das-abschaffen-des-ehegattensplittings-waere-ein-fehler-19859014.html

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Kontra

Für Christian Lindner läuft es gerade gut: Nach dem umstrittenen Haushalt ist jetzt auch das Jahressteuergesetz durch. Auf einen Punkt im „Steuerfortentwicklungsgesetz“ ist der Finanzminister besonders stolz: die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 ab 2030. Das soll für mehr Steuergerechtigkeit bei Paaren sorgen, die unterschiedlich verdienen. Bisher ist es vielfach üblich, dass – machen wir es klassisch – der Mann mit einer Vollzeitstelle und einem hohen Gehalt die Steuerklasse 3 wählt und die Frau mit einem Teilzeitjob und einem wesentlich geringerem Verdienst die Steuerklasse 5. Dadurch zahlt der Mann sehr wenig Steuern, die Frau sehr viel. Sie hat am Monatsende vom ohnehin geringeren Brutto noch weniger Netto, bei ihm ist es umgekehrt. Das führt bis heute dazu, dass vor allem Frauen eher in Teilzeitjobs verharren, weil sich mehr Erwerbstätigkeit für sie finanziell weniger lohnt.

Das neue Modell „Zweimal Steuerklasse 4 mit Faktor“ soll das aufweichen und damit diverse Geschlechterungerechtigkeiten und -lücken beheben. Auf den ersten Blick sieht es auch ganz danach aus: Der Mann – bleiben wir bei dieser Konstellation – muss dann mehr Steuern zahlen, die Frau weniger. Sie hat also mehr Netto vom Brutto, er ein bisschen weniger.

Und doch steckt in dem neuen Modell weniger drin, als drauf steht. Insgesamt ändert sich an der Steuerleistung des Paares nichts. Wer wirklich für mehr Gerechtigkeit zwischen Frauen und Männern, für mehr Erwerbsarbeit von Frauen und für geringere Lohn- und Rentenlücken sorgen will, muss das Ehegattensplitting abschaffen. Nur sah das Lindners Plan niemals vor. Gerade die Wählerschaft von Lindners FDP profitiert von diesem patriarchal angelegten Steuermodell. In der FDP-Klientel befinden sich viele Top-Alleinverdiener:innen.

Es kann nicht oft genug gesagt werden: Das Ehegattensplitting gehört abgeschafft. Mittlerweile fordern das nicht nur egalitäts-orientierte Politiker:innen und progressive Expert:innen, selbst der Internationale Währungsfonds kritisiert, dass dieses Splittingmodell Frauen daran hindert, sich aus ihren traditionellen Rollen zu befreien, mehr Erwerbsarbeit zu leisten und dadurch unabhängiger von Mann und Staat zu werden. […]

Simone Schmollack, „Das Ehegattensplitting muss weg“, in: Die Tageszeitung vom 29. Juli 2024. Online: Externer Link: https://taz.de/Reform-der-Steuerklassen/!6023631/

Das Finanzamt besteuert die Eheleute so, als hätten sie zu gleichen Teilen das gemeinsame Einkommen erwirtschaftet. Verdient ein Ehepartner besser als der andere, wird dieser Teil des Einkommens somit auf den anderen verlagert, sprich gesplittet, sodass es insgesamt zu einem niedrigeren Steuersatz kommt. Der Splittingtarif ist also kein eigener Steuertarif, sondern leitet sich aus dem Grundtarif ab.

Ehepaare haben die Wahl, ob sie getrennt oder gemeinsam ihre Steuererklärungen abgeben wollen. Entscheiden sie sich für die Zusammenveranlagung, wird ihre Einkommensteuerlast nach diesem Splitting-Tarif berechnet. Die zu versteuernden Einkommen beider Eheleute werden zusammengerechnet und dann halbiert. Der Steuertarif wird auf eine Einkommenshälfte angewandt – und die Steuerschuld, die sich daraus ergibt, verdoppelt.

Mit diesem Verfahren vermindert sich die Progression des Tarifs, da sie sich nur noch auf die Hälfte des vom Ehepaar gemeinsam erzielten Einkommens auswirkt. Die Steuerersparnis beim Splitting-Tarif wird also umso größer, je weiter die beiden Einkommen auseinander liegen. Bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug können Ehepaare den Splitting-Tarif vorab durch die Steuerklassenkombination III/V berücksichtigen lassen. Verdienen beide Partner ungefähr gleich viel, wirkt sich das Splitting steuerlich kaum aus. Auch eingetragene Lebenspartnerschaften konnten die Zusammenveranlagung beantragen und so vom Splittingtarif profitieren. Da im Herbst 2017 die „Ehe für alle“ eingeführt wurde, können nun alle Paare, egal welchen Geschlechts, den Steuervorteil nutzen – wenn sie verheiratet sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben.

QuellentextDie Lohnsteuerklassen – und für wen sie gelten

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden grundsätzlich in Steuerklassen eingestuft. Denn daraus ergibt sich, wie viel Geld sie jeden Monat netto ausbezahlt bekommen. Die Steuerklasse bestimmt unter anderem, wie viel Lohnsteuer der Arbeitgeber ans Finanzamt überweisen muss. In welcher der sechs Steuerklassen sich Steuerpflichtige wiederfinden, hängt von verschiedenen Kriterien ab.

Constanze Elter

(© bpb, Eigene Darstellung nach www.steuern.de)

Der Splitting-Tarif ist allerdings insgesamt nicht mehr unumstritten. Als das Ehegattensplitting in den 1950er-Jahren eingeführt wurde, war die „Versorgerehe“ Alltag. Heute sind ein Drittel aller Familien mit Kindern alleinerziehend oder Paare ohne Trauschein. Sie können die steuerlichen Vergünstigungen des Ehegattensplittings nicht nutzen. Kritikerinnen und Kritiker führen an, dass dieser Tarif das Modell der „Versorgerehe“ begünstige – also eine Ehe, in der ein Ehepartner das Haupteinkommen erzielt. Damit würden überkommene Rollenbilder verfestigt und gefördert. Sowohl die OECD als auch die EU-Kommission haben das Ehegattensplitting wegen seiner unerwünschten Nebenwirkungen bemängelt. Die Ampelkoalition hat sich deswegen bereits im Koalitionsvertrag 2021 darauf festgelegt, die Steuerklassen-Kombination III/V abzuschaffen. Dies wird mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz nun umgesetzt – so sieht es zumindest der entsprechende Gesetzentwurf vor (Stand: September 2024). Allerdings bleibt das Splitting-Verfahren grundsätzlich erhalten und die Steuerklassenkombination III/V soll erst zum 1. Januar 2030 endgültig wegfallen. Bis dahin können Eheleute weiterhin zwischen den Kombinationen IV/IV, III/V oder IV/IV mit Faktor wählen. Beim Faktorverfahren errechnet das Finanzamt auf der Basis der voraussichtlichen Jahresgehälter, der sich daraus ergebenden Einkommensteuerlast und dem Lohnsteuerabzug in Steuerklasse IV einen Faktor. Diesen nutzt der Arbeitgeber, um den tatsächlichen monatlichen Lohnsteuerabzug für die Ehepartner zu ermitteln. Wer das Faktorverfahren nutzt, muss am Jahresende eine Steuererklärung abgeben. Mit Jahresbeginn 2030 werden alle, die dann noch in der Steuerklassenkombination III/V abgerechnet werden, automatisch den Steuerklassen IV mit Faktor zugewiesen.

Damit die Summe der Einkünfte einer Person auch der finanziellen Wirklichkeit entspricht, können Verluste aus einer Einkunftsart mit den Einkünften einer anderen Einkunftsart verrechnet werden. Was jetzt – nach Abzug der Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Freibeträge und möglicher Verluste aus anderen Einkunftsarten – an Einkommen aus allen sieben Einkunftsarten übrigbleibt, ist das zu versteuernde Einkommen. Dieses zu versteuernde Einkommen bildet die Bemessungsgrundlage für den Einkommensteuertarif.

Zur Einkommensteuer kommen gegebenenfalls der Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer hinzu. Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer. Die Abgabe wurde eingeführt, um die hohen Kosten der Wiedervereinigung Deutschlands abzufedern. Seit 2021 ist der Solidaritätszuschlag für rund 90 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entfallen. Bis zu einer Freigrenze von 18 130 Euro Lohnsteuer oder veranlagte Einkommensteuer (Stand: 2024) muss kein Solidaritätszuschlag mehr gezahlt werden.

Bestimmte Einnahmen sind gänzlich von der Einkommensteuer befreit. Dazu gehören laut Einkommensteuergesetz rund 70 verschiedene Einnahmen, unter anderem das Arbeitslosengeld, BAföG-Leistungen, Stipendien oder auch das Elterngeld. Für die Lohnersatzleistungen, zu denen vor allem das Arbeitslosengeld zählt, gilt aber trotz ihrer Steuerbefreiung: Sie werden in der Summe dazu herangezogen, um den individuellen Steuersatz zu berechnen. Ein Beispiel: Eine Steuerpflichtige bezieht im Laufe eines Jahres sowohl zunächst ihr normales Gehalt, dann Mutterschafts- und anschließend Elterngeld. Mutterschafts- und Elterngeld bleiben steuerfrei, die Zahlungen werden jedoch zum Gehalt dazu gerechnet. Das Finanzamt ermittelt dann, welcher Steuersatz auf die Gesamtsumme fällig würde. Dieser Steuersatz wird dann auf das steuerpflichtige Einkommen angewandt.

Körperschaftsteuer

Welche Steuern Unternehmen zahlen müssen, hängt von ihrer Rechtsform ab. Einzelunternehmen und Personengesellschaften (zum Beispiel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts/GbR oder eine offene Handelsgesellschaft/OHG) müssen Einkommensteuer entrichten. Sie werden damit nach ähnlichen Prinzipien behandelt wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Je höher ihr Gewinn, umso höher wird auch der fällige Steuersatz.

Kapitalgesellschaften – etwa Aktiengesellschaften, eine Gesell­schaft mit beschränkter Haftung/GmbH oder auch eine Genossenschaft – müssen Körperschaftsteuer zahlen. Die Körperschaftsteuer ist damit eine besondere Art der Einkommensteuer für juristische Personen. Besteuerungsgrundlage für die Körperschaftsteuer ist – ebenso wie bei der Einkommensteuer – das Einkommen, das die Körperschaft innerhalb des Kalenderjahres erzielt hat. Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich ebenfalls nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes. Allerdings gibt es einige besondere Vorschriften aus dem Körperschaftsteuergesetz, die beachtet werden müssen. Der Körperschaftsteuersatz beträgt einheitlich 15 Prozent. Dazu kommen noch die Gewerbesteuer sowie gegebenenfalls der Solidaritätszuschlag. Insgesamt ergibt sich dadurch eine durchschnittliche Steuerbelastung von rund 30 Prozent für Kapitalgesellschaften.

Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer und eine ­wichtige Einnahmequelle der Kommunen; Bund und Länder werden durch eine Umlage an der Gewerbesteuer beteiligt. Die Gewerbesteuer muss von allen Unternehmen bezahlt werden, die einen Gewerbebetrieb führen – also sowohl von Personengesellschaften als auch von Kapitalgesellschaften. Lediglich Freiberuflerinnen und Freiberufler – etwa eine Ärztin oder ein Anwalt oder eine Ingenieurin – sowie Landwirtinnen und Landwirte sind von der Gewerbesteuerpflicht ausgenommen.

Im Gegensatz zur Einkommensteuer richtet sich die Gewerbesteuer nicht auf eine Person, sondern auf ein Objekt – den Gewerbebetrieb. Wem das Unternehmen gehört oder wem die Erträge zufließen, spielt bei der Gewerbesteuer keine Rolle. Auch die persönlichen Verhältnisse der Inhaberin oder des Inhabers und ihre oder seine Leistungsfähigkeit werden bei dieser Steuer nicht berücksichtigt. Dies unterscheidet die Gewerbesteuer von der Einkommen- oder auch der Körperschaftsteuer.

Die Gewerbesteuer wird auf Grundlage des sogenannten Gewerbeertrags berechnet. Dieser Gewerbeertrag ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Gewinn, den man von der Einkommensteuer kennt. Der Gewinn ist nur der Ausgangspunkt, um zum Gewerbeertrag zu kommen. Zum Gewinn müssen bestimmte Beträge entweder hinzugerechnet oder abgezogen werden. Mit der Berechnung des Gewerbeertrags soll festgestellt werden, welche Ertragskraft ein Unternehmen tatsächlich hat – unabhängig davon, ob ein Unternehmen mit eigenem oder fremdem Kapital, mit eigenen oder fremden Wirtschaftsgütern arbeitet.

Der Gewerbeertrag wird vom Finanzamt mit einer Steuermesszahl von 3,5 Prozent multipliziert. Nun kommen die einzelnen Kommunen ins Spiel, denn auf diesen errechneten Betrag können sie einen prozentualen Hebesatz anwenden. Der Hebesatz ist eine Art Steuersatz, den die Stadt oder die Gemeinde festlegt. Er richtet sich nach dem Finanzbedarf der Kommune, wird aber auch von Standorterwägungen beeinflusst.

Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer)

Die Umsatzsteuer ist eine der größten Einnahmequellen des Staates. Jede Bürgerin und jeder Bürger kommt mit der Umsatzsteuer zwangsläufig in Kontakt, ob beim Einkauf im Supermarkt, im Kino oder beim Begleichen der Handwerkerrechnung. Umgangssprachlich ist die Umsatzsteuer als Mehrwertsteuer bekannt. Die Unternehmen sind dabei gewissermaßen Erfüllungsgehilfen des Staates, denn sie nehmen die Umsatzsteuer ein und leiten sie an den Fiskus weiter. Der Endabnehmer, sprich der Verbraucher bzw. die Verbraucherin, soll die Umsatzsteuer wirtschaftlich tragen.

Eigene Darstellung nach KPMG-Redaktion, „Taxplained. Ein Steuerfakt im Spotlight: Umsatzsteuer bei Kuhmilch vs. Hafermilch“, in: KMPG Karriere vom 3. Mai 2024. Online: (© Externer Link: https://karriere.kpmg.de/blog/pruefung-und-beratung/umsatzsteuer-bei-kuhmilch-vs-hafermilch.html)

Das bedeutet umgekehrt: Die Umsatzsteuer bleibt am Endverbraucher hängen, das Unternehmen hat im Normalfall keine Mehrkosten. Denn die Umsatzsteuer ist für die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer ein durchlaufender Posten: Sie erhalten die Steuer mit der Einnahme in ihre Kasse oder mit der Rechnung auf ihr Geschäftskonto und leiten sie an den Staat weiter. Die Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch müssen den um die Mehrwertsteuer erhöhten Endpreis letztlich zahlen.

Derzeit beträgt der normale Steuersatz 19 Prozent – das bedeutet, dass bei einem Nettopreis von 100 Euro eine Umsatzsteuer von 19 Euro erhoben wird, die dann wiederum in die Staatskasse fließt. Für bestimmte Umsätze gilt ein ermäßigter Steuersatz von sieben Prozent (Stand: 2024).

Dieser fällt für die wichtigsten Güter des alltäglichen Lebens an, etwa für

  • Lebensmittel,

  • Bücher und Zeitungen,

  • landwirtschaftliche Erzeugnisse,

  • bestimmte Getränke,

  • Eintritte für Theater, Konzerte und Museen,

  • die Übertragung von Urheberrechten (zum Beispiel bei Schriftstellern, Wissenschaftlerinnen, Grafikern, Designerinnen oder auch Journalisten).

Ausnahmen gibt es auch hier: So sind beispielsweise bei den Lebensmitteln Säfte, Hafermilch oder alkoholische Getränke sowie der Verzehr an Ort und Stelle – also zum Beispiel in einem Restaurant – nicht begünstigt.

Darüber hinaus sind manche Umsätze von der Steuer befreit, zum Beispiel der Unterricht an einer Universität oder einer Volkshochschule oder bestimmte Tätigkeiten von Ärzten sowie die Vermittlung von Versicherungen. Ein Spezialfall der Umsatzsteuer ist die Einfuhrumsatzsteuer. Sie wird auf Waren erhoben, die aus Drittländern, die nicht der Europäischen Union ange­hören, eingeführt werden. So wird dafür gesorgt, dass inländische und ausländische Erzeugnisse steuerlich gleichbehandelt werden.

QuellentextUmsatzsteuer: eine Steuer mit Überarbeitungsbedarf

Eigentlich ist alles so einfach: Zwei ­Mehrwertsteuersätze, zwei Klassen von Produkten und Dienstleistungen. Aber die Realität sieht anders aus. 15 verschiedene Kategorien listet allein das Umsatzsteuergesetz auf, in denen der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent greift; darunter fallen nicht nur Lebensmittel, sondern auch die Leistungen von Zahntechnikern oder Zirkusvorführungen. Ein Anhang zum Umsatzsteuergesetz führt darüber hinaus in 55 Punkten und noch mehr Unterpunkten die verschiedensten Waren auf, die im Gesetz selbst noch nicht ausdrücklich benannt sind: von A wie „Andere Waren tierischen Ursprungs“ bis Z wie „Zucker und Zuckerwaren“. Und weil damit immer noch nicht alle Fragen geklärt sind, gibt das Bundesfinanzministerium in regelmäßigen Abständen einen Anwendungserlass heraus, der inzwischen mehr als 800 Seiten umfasst und letzte Abgrenzungsprobleme zu klären versucht.

Dabei stecken hinter den unübersichtlichen Ermäßigungen verteilungspolitische Motive, mit denen Steuergerechtigkeit hergestellt werden sollte. Denn früher war es in aller Regel so, dass die Umsatzsteuer und die Verbrauchsteuern vor allem auf Massengüter erhoben wurden – was zur Folge hatte, dass Menschen mit niedrigem Einkommen hart von diesen Steuern getroffen wurden. Der deutsche Steuergesetzgeber zog aus diesen historischen Erfahrungen Konsequenzen: Man wollte zwar eine ertragreiche Einnahmequelle etablieren – und mit der Einführung einer allgemeinen Umsatzsteuer in Höhe von zunächst zehn Prozent wurde in der Bundesrepu­blik 1968 in der Tat genau dies erreicht. Trotzdem sollten Grundbedürfnisse davon nicht in dem Maße getroffen werden: Auch Geringverdiener sollten sich Lebensmittel leisten und am gesellschaftlich-kulturellen Leben teilhaben können – der ermäßigte Mehrwertsteuersatz war erfunden.

Schon damals gab es Ausnahmen von der Regel, die nicht mehr zeitgemäß waren. So wurden für Pferde und Maulesel nur der halbe Umsatzsteuersatz verlangt. Dabei waren die Tiere schon in den 1960er-Jahren in der Landwirtschaft kaum noch im Einsatz. Und wie bei so vielen Steuervergünstigungen ging es später beim ermäßigten Umsatzsteuersatz bald hauptsächlich um Subventionspolitik.

Innerhalb der Europäischen Union gibt es eine Spannbreite für die Höhe der Sätze und einen Rahmen für die Bereiche, in denen ermäßigte Sätze angewendet werden dürfen. Trotzdem sind Reformbemühungen sowohl auf deutscher wie auch auf europäischer Ebene, die ermäßigten Sätze auf das Nötigste zu reduzieren und einen einheitlichen Satz anzustreben, bislang ohne Erfolg geblieben. Stattdessen wird – je nach politischer Ausrichtung einer Debatte – regelmäßig gefordert, den ermäßigten Steuersatz auch auf andere Güter auszuweiten.

Constanze Elter

Steuern für die Umwelt: Energiesteuer, Kfz-Steuer, Stromsteuer und Luftverkehrsteuer

Die Steuern auf den Energieverbrauch sind in der jüngsten Vergangenheit mehrfach grundlegend reformiert worden. Die Energiesteuer belastet den Verbrauch von Kraft- und Heizstoffen – vor allem Mineralöle sowie Erdgas und Kohle.

Kraftstoffe wie Benzin und Diesel stellen die größte Gruppe der steuerpflichtigen Mineralöle dar. Auch Erdgas sowie andere gasförmige Kohlenwasserstoffe fallen unter die Energiesteuer, wenn sie als Kraftstoff verwendet werden. Diese werden jedoch aus ökologischen Motiven bis zum Jahr 2027 steuerlich gefördert und der Steuersatz bis dahin schrittweise angehoben. Ab dem Jahr 2027 greift der Regelsteuersatz von 31,80 Euro/Megawattstunde. Für Heizöle und Heizgase sind im Vergleich zu den Kraftstoffsteuersätzen ermäßigte Steuersätze festgelegt, und zwar für leichtes Heizöl, schweres Heizöl, Flüssiggas und Erdgas.

QuellentextWird ein hoher Kohlendioxid-Ausstoß in Deutschland belohnt?

Klimaschädlicher Kohlendioxid-Ausstoß wird hierzulande vom Staat belohnt – teilweise mit mehreren hundert Euro pro Tonne. Die dafür ausgereichten Subventionen liegen deutlich über den Anreizen für die Einsparung von Kohlendioxid. Zu diesem Ergebnis kommen Ökonominnen und Ökonomen in einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Studie. So beträgt die Steuer für Diesel-Treibstoff derzeit rund 47 Cent pro Liter, während der Staat für Benzin 65,5 Cent je Liter verlangt. Dadurch wird der Verbrauch von Diesel verbilligt, was auch auf eine Vergünstigung für den Ausstoß des dadurch verursachten Kohlendioxids hinausläuft. Die Diesel-Subvention mache umgerechnet 70 Euro pro Tonne CO₂ aus, schreiben die Wissenschaftler.

Die Arbeit entstand im Rahmen des Forschungsprojekts Ariadne am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Zu den Autorinnen und Autoren gehören unter anderem Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Dorothea Kistinger vom Mercator-Institut. Ihren Angaben zufolge haben sie ihre Berechnungen erstmals in dieser Form angewendet. Die 70 Euro beim Diesel bezeichnen sie als „negativen CO₂-Preis“, also einen Preis, der eigentlich gezahlt werden müsste, was aber nicht geschehe. Die Studie „Klimaschädliche Subventionen entsprechen negativen CO₂-Preisen“ enthält weitere Beispiele, etwa die Entfernungspauschale. Dabei kann man Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz von der Steuer absetzen.

Im Gegensatz etwa zu Bus und Fahrrad gelte das jedoch für Pkw-Fahrten mit unbegrenzter Entfernung, schrei­ben die Verfasser. Die „Anreize zur Pkw-Nutzung sind damit besonders ausgeprägt und machen die Entfernungspauschale zu einer klimaschädlichen Subvention“. Der negative Kohlendioxid-Preis betrage hier im Mittel 300 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Weitere Beispiele sind die pauschale Besteuerung privat genutzter Dienstwagen (Subvention von bis zu 690 Euro pro Tonne CO₂) und die Energiesteuerbefreiung für Kerosin im inländischen Flugverkehr (mindestens 130 Euro pro Tonne).

Im Vergleich dazu liegt der Kohlendioxid-Preis, den Privathaushalte und Unternehmen momentan zahlen, bei 45 Euro pro Tonne CO₂. Für Benzin macht das 13 Cent pro Liter, bei Diesel 14 Cent. Die Höhe dieser Steuer für die Verursachung von CO₂ ist damit deutlich niedriger als die Begünstigung durch negative CO₂-Preise. Das sei ein „inkonsistentes Preissignal“, heißt es in der Studie. Um Emissionen wirkungsvoll zu vermeiden, müssten die tatsächlich gezahlten CO₂-Preise höher liegen als die Subventionen für den Ausstoß des Gases.

Die Autorinnen und Autoren legen unter anderem den Subventionsbegriff der Industrieländer-Organisation OECD zugrunde. Demnach handelt es sich auch um eine Subvention, wenn der Verbrauch fossiler Energie im Vergleich zu Alternativen begünstigt wird. Das FDP-geführte Bundesfinanzministerium sieht das teilweise anders. In dieser Sicht wird durch die Verbilligung beispielsweise ein Nachteil an anderer Stelle ausgeglichen, etwa die höhere Kfz-Steuer für Dieselautos. Eine solche Subvention abzuschaffen, lässt sich dann auch als Steuererhöhung betrachten, die Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ablehnt.

Tatsächlich kann die Kürzung von Subventionen die ­Kosten für Privathaushalte und Unternehmen erhöhen. ­Fiele der niedrige Diesel-Steuersatz weg, würde dieser Treibstoff teurer. Andererseits argumentieren die Autoren der Studie, dass der Staat die höheren Kosten zum Teil wieder zurückgeben könnte, etwa durch ein Klimageld für alle Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig hätte der Bund die Möglichkeit, ­seine Einnahmen um einige Milliarden zu steigern.

Diese Diskussion ist relevant für den Bundeshaushalt 2025, über den die Parteien der Regierungskoalition gerade verhandeln. Im Vergleich zu den Ausgaben dieses Jahres will Lindner bis zu 25 Milliarden Euro einsparen. Das wäre zum Teil nicht nötig, würden die Steuerbegünstigungen für umweltschädliches Verhalten verringert.

Im Moment ist unklar, wie die angepeilte Einsparung von 25 Milliarden Euro zustande kommen soll. Von vier Ministerien – Äußeres, Inneres, Entwicklung und Verteidigung – ist inzwischen bekannt, dass sie ihre Ausgaben nicht so verringern wollen, wie der Finanzminister es wünscht. Die internationale Lage, die Kriege in der Ukraine und Gaza sowie die Gefahr durch Verfassungsfeinde im Innern ließen keine Kürzungen zu, argumentieren Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Innenministerin Nancy Faeser und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (beide SPD). Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will sogar 6,5 Milliarden Euro mehr ausgeben, unter anderem um die Ukraine gegen den russischen Angriff zu unterstützen.

Hannes Koch, „Kohlendioxid-Ausstoß wird belohnt“, in: Die Tageszeitung vom 5. Mai 2024. Online: Externer Link: https://taz.de/Studie-zu-klimaschaedlichen-Subventionen/!6005955/

Um umweltfreundliche Energieträger und Verkehrsmittel zu fördern, sieht das Energiesteuergesetz eine Reihe von Ausnahmeregelungen vor. So werden beispielsweise Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen durch ermäßigte Steuertarife begünstigt. Bei Biokraftstoffen soll durch die Treibhausquote sichergestellt werden, dass der erwünschte Anteil an diesen Kraftstoffen erreicht wird. Darüber hinaus gibt es Vergünstigungen für das produzierende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft.

Wer ein Kraftfahrzeug besitzt, muss zudem Kfz-Steuer entrichten. Die Kfz-Steuer wird in der Regel vom Fahrzeughalter bezahlt. Die Steuerpflicht beginnt mit der Zulassung und endet mit der Abmeldung des Fahrzeugs bei der Zulassungsbehörde. Die Kraftfahrzeugsteuer ist CO2-orientiert: Sie wird mit einem gestaffelten Steuersatz des CO2-Prüfwerts ermittelt, der für das Auto ausgewiesen wird. Den CO2-Prüfwert stellen die Zulassungsbehörden verbindlich fest. Reine Elektro-Fahrzeuge sind – befristet bis Ende 2030 – steuerbefreit.

Die Jahressteuer für Motorräder beträgt 1,84 Euro je angefangene 25 Kubikzentimeter Hubraum. Für Wohnmobile bezieht sich die Steuer auf das zulässige Gesamtgewicht und die Schadstoffemissionen. Andere Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen unterliegen einer nur gewichtsbezogenen Steuer.

Die Stromsteuer ist eine Verbrauchsteuer auf elektrischen Strom. Sie wird wirtschaftlich von den Verbraucherinnen und Verbrauchern getragen. Damit aber nicht jeder Privathaushalt oder Industriebetrieb gesondert Stromsteuern bezahlen muss und die Verwaltung nicht unnötig verkompliziert wird, müssen die Energieversorger und -betreiber die Stromsteuer abführen. Die Unternehmen können sie dann über den Strompreis auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abwälzen. Die Steuer beträgt 20,50 Euro je Megawattstunde. Im Stromsteuergesetz sind eine Reihe von Vergünstigungen festgeschrieben, um besonders umweltfreundliche Energieträger zu fördern.

Die Luftverkehrsteuer entsteht mit dem Abflug des Passagiers von einem Flughafen in Deutschland. Die Höhe der Steuer hängt von der Entfernung des größten Flughafens im Zielland zum Flughafen Frankfurt/Main, dem größten Flughafen in Deutschland, ab. Die Zielländer sind außerdem in drei Distanzklassen eingeteilt.

  • Distanzklasse I: 13,03 Euro für Flüge in EU-Mitgliedstaaten, EU-Kandidatenländer, EFTA Staaten und andere Länder in gleicher Entfernung

  • Distanzklasse II: 33,01 Euro für Flüge bis zu 6000 Kilometer Entfernung

  • Distanzklasse III: 59,43 Euro für Flüge ab 6000 Kilometer Entfernung

Tabaksteuer

(© Quelle: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. unter Nutzung von Zahlen vom Statistischen Bundesamt 2024. Online: Externer Link: https://www.dhs.de/suechte/tabak/zahlen-daten-fakten )

(© Quelle: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. unter Nutzung von Zahlen vom Statistischen Bundesamt 2024. Online: Externer Link: https://www.dhs.de/suechte/tabak/zahlen-daten-fakten )

Kirchensteuer

Die Kirchensteuer ist eine Besonderheit des deutschen Steuerrechts. Die Finanzämter kassieren zwar in der Regel die Kirchensteuer, doch die Einnahmen stehen nicht dem Staat zu, sondern den Kirchen, die damit ihre verschiedenen Aufgaben für die Gemeinschaft finanzieren.

Kirchensteuer müssen heute all diejenigen zahlen, die der katholischen Kirche, der evangelischen Kirche oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehören, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts gilt – zum Beispiel der Alt-Katholischen Kirche oder einer jüdischen Gemeinde. Die Pflicht, Kirchensteuer zu zahlen, endet mit dem Austritt aus der Religionsgemeinschaft. Die Kirchensteuer wird auf Basis der jährlichen Einkommensteuer berechnet; der Steuersatz schwankt je nach Bundesland zwischen acht und neun Prozent der Einkommensteuer (Lohnsteuer und die Kapitalertragsteuer). Im Vorjahr gezahlte Kirchensteuern können die Steuerpflichtigen bei ihrer Steuererklärung absetzen.

Die Kirchensteuer unterliegt eigentlich der kirchlichen Verwaltung. Die Länder eröffnen jedoch den Glaubensgemeinschaften die Möglichkeit, die Verwaltung der Kirchensteuer auf die Landesfinanzbehörden zu übertragen; die Kirchen müssen dafür eine Verwaltungskostenentschädigung an die Länder zahlen.

QuellentextSoll die Kirchensteuer abgeschafft werden?

Zwischen acht und neun Prozent der Einkommensteuer beträgt die Kirchensteuer in Deutschland – im Jahr 2023 wurden ­circa 12 Milliarden Euro eingenommen. Die Kirchensteuer ist für viele ein Symbol der Verzahnung von Kirche und Staat, unter anderem deswegen wird oft darüber diskutiert, diese Steuer abzuschaffen.

Pro

Die beiden deutschen Kirchen hatten noch nie so viel Geld wie heute [2019]: über zwölf Milliarden Euro im Jahr. Doch weder bringt viel Geld viele Gläubige – im Gegenteil, die Austritte nehmen zu – noch lässt sich erkennen, dass mehr Geld mehr Gutes bewirkt. Die Kirchensteuer macht den Staat zum Büttel [abwertend: Bote, Handlanger, Anm. d. Red.] der Glaubensgemeinschaften. Die Kirchen erhalten stabile Einnahmen, die unabhängig sind von der Leistung des Kirchenpersonals und der Qualität der Seelsorge. Die Agenten des Heils müssen sich nicht anstrengen. Sie brauchen noch nicht einmal im Fall eklatanten Versagens (Missbrauch) Mindereinnahmen zu befürchten. Für die Steuerfinanzierung gibt es weder ökonomische noch philosophische, erst recht keine theologischen Gründe. Besser wäre es, die Kirche auf eine freiwillige Finanzierungsbasis zu stellen. Das würde ernst machen mit dem Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat und, viel wichtiger, einen Zusammenhang zwischen der Qualität der Verkündigung, wohltätiger Caritas und gläubigem Engagement erleben lassen. Aus Sicht der politischen Ökonomie spricht alles dafür, aus progressiv [Beiträge steigen proportional zum Einkommen, Anm. d. Red.] an das Erwerbseinkommen gekoppelten Zwangssteuern freiwillige Mitgliedsbeiträge zu machen und diese als echte Preise für religiöse Leistungen zu definieren.

Am liebsten dezentral: Die Christen finanzieren ihre Gemeinden vor Ort. Wollen sie zur religiösen Erbauung jeden Sonntag eine Bach-Kantate live hören, wird es eben teurer. Auf diese Weise entstehen Ungleichheiten – es gibt arme und reiche Gemeinden. […] Will man das vermeiden, lässt sich ein freiwilliger Finanzausgleich einrichten, der Christen daran gemahnt, wie wichtig ihnen das Wohl ihrer ärmeren Brüder und Schwestern ist. Das ökonomische Argument geht in das philosophische Argument über: Experimente der Verhaltensökonomie zeigen, dass Menschen mehr zu geben bereit sind, wenn es freiwillig ist. In der Schweiz, wo die Bürger zum Teil sich selbst veranlagen, sind die Leute großzügiger, als von ihnen verlangt wird, denn sie wollen als gute Bürger gelten. Müsste dieser Mechanismus bei guten Christen nicht noch besser funktionieren? Philosophisch hat es sich inzwischen herumgesprochen, dass Altruismus [Uneigennützigkeit, Anm. d. Red.] und Kosten-Nutzen-Kalküle keine Gegensätze sind: Wer Gutes tun will, ohne sich um die zielgenaue Verwendung der Mittel zu kümmern, pflegt am Ende lediglich sein bedürftiges Gewissen. […] Erfahrungen anderer Länder sprechen zudem dafür, dass gerade dort, wo die Gläubigen fiskalische Autonomie [die Gläubigen können eigenständig über die Einnahmen verfügen, Anm. d. Red.] haben, lebendige Gemeinden entstehen. Eine Abschaffung der Kirchensteuer schwächt die Kirche nicht, aber sie stärkt die Gemeinden.

Rainer Hank

Kontra

Das Kirchensteuersystem ist ein Baustein der typisch deutschen Kooperation von Staat und Religionsgemeinschaften. Nachbarländer zeigen: Selbstverständlich gibt es auch Alternativen. Sogar den Kirchen muss klar sein: Alles könnte anders sein, zumal das System kontinuierlich fließender Geldströme die Gefahr der Saturiertheit [Zustand bürgerlicher Zufriedenheit, Anm. d. Red.] birgt. Da in den letzten Jahren Schlimmes in Kirchen ans Tageslicht gekommen ist, müssen sie sich nicht wundern, dass die Bereitschaft der Gesellschaft, das Modell einfach so weiterzufahren, massiv gesunken ist. Dennoch sind Kirchen, insbesondere wo sie nüchterne Staatsferne und Wirtschaftsdistanz wahren, ein gewichtiger zivilgesellschaftlicher und wohlfahrtsförderlicher Player. Aus ihrem sinnbezogenen Blick über innerweltliche Geschäfte hinaus kann ein Bekenntnis zu einem demokratischen Rechtsstaat auf der Grundlage von Menschenwürde und Menschenrechten erwachsen. Darüber hinaus schert man sich in den Kirchen auch als Kollektiv ums Gemeinwohl, das sich nach ihrer Lesart an Inklusion, Solidarität mit den Schwächsten und Anerkennung verständigungswilliger Pluralität beweisen muss. Im Prinzip könnten das in Zeiten weltanschaulicher Radikalisierungen alles Ansätze zur gesellschaftlichen Befriedung darstellen.

Die Steuer ermöglicht Gemeinwohl und Solidarität mit den Schwächsten. Andere Länder zeigen auch: Wo Staaten Religion vereinnahmen, geht die kritische wie konstruktive Gemeinwohlkraft von Religionsgemeinschaften oft verloren; wo Staaten meinen, das Religions-, Weltanschauungs- oder Letzte-Fragen-Beantwortungsbedürfnis von Menschen souverän ad acta legen zu können, oder wo sie den Beitrag von Religionsorganisationen zum Gemeinwohl nicht würdigen wollen, da schaden sie sich oft selbst. Das Beispiel Frankreichs kann weder historisch noch gegenwärtig als Vorbild gelungener Integration gelten. Nur wo der weltanschaulich neutrale Staat Religion bis in ihre Verfasstheit hinein ernst nimmt und der Ausübung religiöser Praxis wohlwollend gegenübersteht, kann er das Friedenspotenzial von Religion nutzen und ihr Gewaltpotenzial weitgehend bändigen. Das Kirchensteuermodell, für das die Kirchen im Übrigen beim Staat selbst Gebühren zahlen, ermöglicht wegen der Regelmäßigkeit der Zuwendung unaufgeregte Religionsausübung bei gleichzeitiger, vom Staat auch erwarteter „Suche“ der Religionsge­meinschaften „nach der Stadt Bestes“ (Jer 29,7). Es aufzugeben, wird vermutlich zivilreligiöse und wohlfahrtsgesellschaft­liche Gewinne verscherbeln und Gemeinwohlerschöpfungen verursachen. Das kann man wollen, aber soll sich über die drohenden Folgen dann nicht beklagen. Mein Pro-Kirchensteuer-Fazit ist daher knapp: nicht notwendig, nicht alternativlos, aber sinnvoll. Das Modell aufzugeben, wäre riskant.

Peter Dabrock

Rainer Hank und Peter Dabrock, „Kirchensteuer abschaffen?“, in: Philosophie Magazin 01/2020 (Dez. 2019/Jan. 2020). Online: Externer Link: https://www.philomag.de/artikel/kirchensteuer-abschaffen

Die Autorin Constanze Elter arbeitet als Steuerjournalistin, Moderatorin und Podcasterin. Sie war viele Jahre erfolgreich selbstständig, hat in dieser Zeit mehrere Bücher veröffentlicht und ist seit 2018 in der Unternehmenskommunikation von DATEV tätig als Medienverantwortliche für Podcasts und Audioproduktionen. Für ihre Arbeit wurde Constanze Elter mit dem Journalistenpreis des Bundes der Steuerzahler ausgezeichnet.