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Informationen zur politischen Bildung Nr. 360/2024

Der Weg der Steuern

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Bund, Länder und Gemeinden nehmen Einfluss auf die Steuern. Es ist genau festgelegt, welche Ebene über welche Steuer entscheiden darf, wer welche Steuereinnahmen bekommt und wer sie verwalten muss.

Eine Tabelle gibt einen Überblick über Steuerkompetenzen, also darüber, wer Steuergesetze verabschiedet, wer den Ertrag erhält und wer diesen Vorgang verwaltet.

(© Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.): Steuern von A bis Z. Ausgabe 2023, Berlin 2023. S. 20–22)

Wer entscheidet über die Steuern?

Deutschland ist ein föderaler Staat; das Grundgesetz weist Bund, Ländern und Gemeinden bestimmte Aufgaben zu: Die Außenpolitik oder auch die Streitkräfte sind beispielsweise Angelegenheiten des Bundes, die Länder müssen sich um Polizei, Schulen und Universitäten kümmern, die Gemeinden zum Beispiel um Kindergärten oder um die Müllabfuhr. Für diese Aufgaben brauchen sowohl Bund, Länder als auch die Kommunen Geld. Deshalb fließen nicht alle Abgaben einfach in einen einzigen gesamtstaatlichen Haushalt.

Die Finanzverfassung, also alle Regeln und Vorschriften, die das öffentliche Finanzwesen betreffen, sind in den Artikeln 104a bis 115 des Grundgesetzes festgeschrieben. Hier ist festgelegt,

  • wie die Ausgabenlasten verteilt werden,

  • wer die Steuergesetze macht,

  • wer welche Steuereinnahmen erhält,

  • wie die Finanzbeziehungen zwischen den föderalen Ebenen gestaltet sind und

  • wie die Zuständigkeiten von Verwaltung und Gerichtsbarkeit in puncto Steuern aussehen.

Gesetzgebungskompetenz

So regelt Artikel 105 des Grundgesetzes, wer über die Erhebung von Steuern zu bestimmen hat. Damit ist die sogenannte Gesetzgebungskompetenz festgelegt. Wer sie besitzt, darf eine neue Steuer einführen, eine existierende Steuer verändern oder auch abschaffen. Bei vielen Steuerarten hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz. Die Länder haben etwa bei der Hundesteuer oder der Vergnügungsteuer die Kompe­tenz, Gesetze zu erlassen. Und den Gemeinden steht das Recht zu, die Hebesätze für die Grund- und die Gewerbesteuer festzulegen.

Wann entscheiden Bundesländer mit?

Neben der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz gibt es auch die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Ländern: Der Bund hat immer dann Vorfahrt, wenn ihm das Steueraufkommen ganz oder teilweise zusteht oder wenn es aus anderen Gründen Bedarf für ein Bundesgesetz gibt. Die Länder können Steuergesetze erlassen, wenn der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht.

Zwei Flussdiagramme bilden den Weg zur Verabschiedung oder zur Ablehnung eines Zustimmungsgesetzes, respektive eines Einspruchsgesetzes ab.

(© Eigene Darstellung nach © Bundesrat 2024 (https://www.bundesrat.de/DE/aufgaben/gesetzgebung/zust-einspr/zust-einspr-node.html))

Darüber hinaus wirken die Länder bei allen Gesetzen mit, die der Bundestag beschließt. Die Eingangsformel jedes Gesetzes lässt erkennen, ob es sich um ein zustimmungsbedürftiges Gesetz handelt oder nicht: Sie lautet entweder „Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats das folgende Gesetz beschlossen“ oder „Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen“. Diese Unterscheidung zwischen sogenannten Zustimmungsgesetzen und Einspruchsgesetzen ist wichtig für die Einflussnahme der Länder. Bei Zustimmungsgesetzen muss die Länderkammer ausdrücklich zustimmen. Tut sie es nicht, ist das Gesetz vorerst gescheitert; eine Einigung ist dann nur noch über den Vermittlungsausschuss möglich.

Zwei Flussdiagramme bilden den Weg zur Verabschiedung oder zur Ablehnung eines Zustimmungsgesetzes, respektive eines Einspruchsgesetzes ab.

(© Eigene Darstellung nach © Bundesrat 2024 (https://www.bundesrat.de/DE/aufgaben/gesetzgebung/zust-einspr/zust-einspr-node.html))

Zu den zustimmungspflichtigen Gesetzen zählen unter anderem Gesetze, die Auswirkungen auf die Finanzen der Länder haben. Wenn man auf die Einnahmenseite blickt, gehören dazu Gesetze über Steuern, an deren Aufkommen Länder oder Gemeinden beteiligt sind – zum Beispiel die Einkommensteuer oder die Umsatzsteuer. Bei den Einspruchsgesetzen kann der Bundesrat Einspruch gegen das vorgelegte Gesetz einlegen. Allerdings kann das Parlament diesen Einspruch zurückweisen und überstimmen.

Wer bekommt die Steuern?

Damit Bund, Länder oder die Städte und Gemeinden die Ausgaben für die ihnen zugewiesenen Aufgaben auch decken können, erhalten sie die Einnahmen aus verschiedenen Steuerarten, entweder ganz für sich oder untereinander aufgeteilt.

Ertragskompetenz

Wer welche Steuern bekommt und welche Steuereinnahmen geteilt werden, steht ebenfalls im Grundgesetz: In Artikel 106 ist die sogenannte Ertragskompetenz festgeschrieben. Dort werden die Steuern in vier Kategorien eingeteilt:

  • Gemeinschaftsteuern,

  • Bundessteuern,

  • Ländersteuern und

  • Gemeindesteuern.

Der Bund kassiert beispielsweise die Einnahmen aus der Energie-, der Kraftfahrzeug-, der Strom-, der Versicherung-, der Tabak-, der Schaumwein-, der Luftverkehr- und der Kaffeesteuer. Der Solidaritätszuschlag ist ebenfalls eine Bundessteuer, obwohl er eine Ergänzungsabgabe zur – eigentlich zwischen den Ebenen aufgeteilten – Einkommen- und Körperschaftsteuer ist.

Die Länder erhalten unter anderem die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer, der Grunderwerb-, der Bier-, der Rennwett- und Lotteriesteuer und der Spielbankabgabe. Und die Kommunen dürfen die Einnahmen aus der Grundsteuer und kleineren Steuern wie der Hunde-, der Getränke-, der Zweitwohnung- oder auch der Vergnügungsteuer behalten.

Für die Gemeinschaftsteuern Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer gilt ein Verbundsystem. Die Steu­er­einnahmen werden zwischen den einzelnen Ebenen geteilt (siehe nachfolgende Grafik).

Vier Kreisdiagramme geben Auskunft darüber, wie sich Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer sowie Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge auf Bund, Länder und Gemeinden verteilen.

(© bpb, Eigene Darstellung)

Von 1 Euro Lohn- und Einkommensteuer erhalten Bund und Länder beispielsweise jeweils 42,5 Cent, die Kommunen bekommen 15 Cent. Auch bei der Abgeltungsteuer werden die Gemeinden am Aufkommen der Einnahmen beteiligt, die bislang dem Zinsabschlag unterlagen, und zwar mit einer Quote von zwölf Prozent.

Länderfinanzausgleich: umstritten und notwendig zugleich

Der Staat soll dafür sorgen, dass im ganzen Land annähernd gleiche Lebensverhältnisse bestehen. Daher ist im Grundgesetz festgelegt, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird – auch die Finanzbedürf­nisse der Kommunen müssen dabei berücksichtigt werden. Der Mechanismus, der dies regeln soll, ist der Länderfinanzausgleich. Seit 2020 greift ein neues mehrstufiges Verfahren: vertikale Ertragsaufteilung zwischen Bund und Ländern, horizontale Ertragsaufteilung unter den Ländern, Finanzkraftausgleich und Bundesergänzungszuweisungen.

Zu der vertikalen Ertragsaufteilung gehört das Verbundsystem. Die Anteile sind hier festgelegt, lediglich bei der Umsatzsteuer können die Quoten mit einfachem Bundesgesetz geändert werden und sind damit variabel.

Die horizontale Ertragsaufteilung unter den Ländern soll die Einnahmenunterschiede ausgleichen. Zunächst gilt das Prinzip des örtlichen Aufkommens: So werden zum Beispiel die Einnahmen aus der Einkommensteuer nach dem Wohnsitz verteilt. Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird nach der Einwohnerzahl des betreffenden Bundeslands berechnet – damit wird vorausgesetzt, dass jeder Einwohner und jede Einwohnerin in Deutschland ungefähr gleich viel konsumiert.

In der dritten Stufe korrigiert der Finanzkraftausgleich die Ergebnisse der Steuerverteilung. Dies wird über Zu- und Abschläge bei der Umsatzsteuerverteilung geregelt: Zunächst werden dafür die Steuereinnahmen pro Land pro Kopf berechnet und damit die Finanzkraft; im Anschluss wird ermittelt, wer über oder unter dem Pro-Kopf-Durchschnitt liegt. Damit wird zwischen den einzelnen Ländern das eigentliche Steueraufkommen umverteilt. Bundesergänzungszuweisungen machen es in einer letzten Stufe möglich, dass der Bund leistungsschwachen Ländern separate Beträge zukommen lässt.

Kritiker bemängeln, dass Länder somit wenig Anreize haben, mehr Steuern einzunehmen – gleich ob das betroffene Land finanzstark oder finanzschwach ist. Ärmere Länder würden so weniger Zuweisungen erhalten, finanzstarke Länder müssten mehr abgeben. Dies wird in der Volkswirtschaft als Abschöpfungsquote bezeichnet und führe eben dazu, dass die Länder wenig Interesse daran haben, mehr Steuern zu erheben. Auch die Länder selbst streiten nach wie vor um den Länderfinanzausgleich, einige von ihnen haben Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Auf einer Deutschlandkarte werden die einzelnen Bundesländer farbig zwischen Geber- und Empfängerländer des Länderfinanzausgleiches unterteilt. Berlin, Sachsen und Thüringen führen die Liste der Empfängerländer an, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen die Liste der Geberländer.

(© Bundesministerium der Finanzen Eigene Darstellung auf Grundlage von picture alliance/dpa/dpa Grafik | dpa-infografik GmbH)

Seitdem die Schuldenbremse im Grundgesetz festgeschrieben ist, ist auch für die Bundesländer die Möglichkeit von Krediteinnahmen stark beschränkt. Zudem überwacht der Stabilitätsrat die Haushalte von Bund und Ländern, stellt drohende Haushaltsnotlagen fest und leitet Sanierungsverfahren ein. Im Stabilitätsrat sitzen der Bundesfinanzminister und die Finanzminister der Länder sowie der Bundeswirtschaftsminister. Die Beschlüsse des Stabilitätsrats werden auf seiner Website veröffentlicht, Externer Link: www.stabilitaetsrat.de.

Wer erhebt die Steuern? – Die Verwaltungskompetenz

Natürlich muss sich jemand darum kümmern, dass die Steuern eingetrieben werden. Ob die Bundesfinanzbehörden, die Landesfinanzbehörden oder die Gemeinden für die jeweilige Steuer zuständig sind, ist in Artikel 108 des Grundgesetzes geregelt. Dort ist die Verwaltungskompetenz für die Steuern festgelegt.

Die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern sowie die Einfuhrumsatzsteuer werden durch die Bundesfinanzbehörden verwaltet, die damit auch den Aufgabenbereich des Zolls wahrnehmen. Um die Erbschaft- und Schenkungsteuer etwa kümmern sich die Länder; die Gemeinden verwalten beispielsweise die Jagd- und Fischereisteuer sowie die Schankerlaubnissteuer.

Es ist jedoch nicht immer der Fall, dass die Einnahmen aus einer Steuer, die von einer bestimmten Ebene verwaltet werden, auch der gleichen Ebene zufließen: So überwacht der Bund innerhalb der Zollverwaltung zwar die Biersteuer, das Aufkommen daraus steht aber den Ländern zu. Umgekehrt treiben die Länder im Auftrag des Bundes die Umsatzsteuer ein, von der sie allerdings einen Anteil erhalten.