Einleitung
Es gibt 40 verschiedene Steuern in Deutschland. Und es gibt die unterschiedlichsten Kriterien, sie einzuteilen. Steuern definieren sich zum Beispiel danach, wer die Einnahmen bekommt (also nach der Ertragskompetenz). Demnach gibt es Bundes-, Länder- und Gemeindesteuern, außerdem Gemeinschaftssteuern und Kirchensteuern.
Steuern können auch danach charakterisiert werden, worauf der Fiskus sie erhebt. Wird eine Steuer auf Einkommen oder Vermögen verlangt, spricht man von einer Besitzsteuer. Zu den Besitzsteuern zählen beispielsweise die Einkommensteuer, die Gewerbesteuer oder auch die Erbschaftsteuer. Die Besitzsteuern werden darüber hinaus unterteilt in Besitzsteuern vom Einkommen und Besitzsteuern vom Vermögen – dazu zählt neben der Erbschaft- auch die Grundsteuer. Im Gegensatz zu Besitzsteuern erfassen Verkehrsteuern die Vorgänge des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs. Hierzu gehören etwa die Umsatzsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer oder die Rennwett- und Lotteriesteuer. Die dritte Gruppe in dieser Einteilung sind die Verbrauchsteuern. Wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, dreht es sich bei diesen Abgaben um Steuern, die den Verbrauch oder Gebrauch bestimmter Waren belasten. Dabei handelt es sich in aller Regel um Lebensmittel oder Genussmittel – also zum Beispiel die Kaffeesteuer oder die Tabaksteuer; aber auch die Stromsteuer ist eine Verbrauchsteuer. Die Einteilung nach Besitz-, Verkehr- und Verbrauchsteuern hat vor allem verwaltungstechnische Bedeutung.
Schließlich kann man Steuern auch danach unterscheiden, wie sie entrichtet werden. Demnach gibt es direkte Steuern, die unmittelbar beim Steuerpflichtigen erhoben werden, den die Steuerlast treffen soll – wie es bei der Einkommensteuer der Fall ist. Direkte Steuern belasten also grundsätzlich den Steuerpflichtigen, der sie bezahlt. Bei indirekten Steuern ist der Steuerschuldner jemand anderes als der, der die Steuer letztlich wirtschaftlich zu tragen hat, also finanzielle Einbußen erleidet. Indirekte Steuern werden zwar auf die Herstellung und den Verbrauch von Gütern erhoben, belasten aber nicht den Steuerpflichtigen, der sie abführt – also den Händler oder den Produzenten. Diese ziehen die Steuer nur für den Staat ein und legen sie auf den Verkaufspreis um, sodass die Belastung vom Endverbraucher getragen wird. Das ist zum Beispiel bei der Umsatzsteuer und den Verbrauchsteuern der Fall. Es kann durchaus sein, dass eine Steuerart mehrere Kriterien erfüllt: Die Umsatzsteuer ist beispielsweise sowohl eine Verkehrsteuer als auch eine indirekte Steuer.
Was wird besteuert?
Um zu ermitteln, was der oder die Steuerpflichtige an Steuern schuldet, braucht man als Ausgangsbasis einen Wert. Deswegen gibt es bei jeder Steuerart eine Bemessungsgrundlage, der eine sogenannte Besteuerungseinheit zugeordnet wird. Diese Besteuerungseinheit ist die kleinste Einheit, in welche die Bemessungsgrundlage zerlegt werden kann; bei der Einkommensteuer oder der Umsatzsteuer ist das ein Euro bzw. ein Cent, bei der Kaffeesteuer beispielsweise ein Kilogramm.
Um die Steuerschuld zu berechnen, wird der Bemessungsgrundlage ein Steuertarif zugeordnet. Unterschieden wird dabei zwischen einem Steuerbetragstarif und einem Steuersatztarif: Der Steuerbetragstarif sieht pro Besteuerungseinheit eine feste Geldsumme vor; bei der Kaffeesteuer müssen beispielsweise pro Kilo Röstkaffee 2,19 Euro und für löslichen Kaffee 4,78 Euro je Kilogramm an Steuern entrichtet werden (Stand 2012). Sieht ein Steuertarif pro Besteuerungseinheit einen Prozentsatz vor, handelt es sich um einen Steuersatztarif – wie es ihn etwa bei der Einkommensteuer gibt.
QuellentextBegriffe der Steuersprache
Steuerobjekt (Steuergegenstand): Das Steuerobjekt kann eine Sache, eine bestimmte Handlung oder eine Geldsumme sein. Es begründet die Steuerpflicht: Wer ein Auto hat, muss Kfz-Steuer bezahlen. Wer Geld verdient, muss Einkommensteuer entrichten. Und wer Bier trinkt, zahlt dafür Biersteuer.
Steuersubjekt (Steuerpflichtiger): Das Steuersubjekt ist derjenige, der
eine Steuer schuldet,
für eine Steuer haftet,
eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat,
eine Steuererklärung abgeben muss
oder auch Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat.
Daraus ergeben sich wiederum die Steuerpflichten – neben den finanziellen auch formelle Verpflichtungen wie Aufbewahrungs- oder Auskunftspflichten.
Steuerschuldner: Steuerschuldner ist, wer dem Fiskus die Steuer schuldet und für die Zahlung haftet.
Steuerzahler: Steuerzahler ist, wer die Steuer an das Finanzamt abzuführen hat. In den meisten Fällen zahlt der Steuerschuldner die Steuern. Ausnahmen gibt es dann, wenn die Steuereintreibung nicht komplizierter gemacht werden soll als notwendig. Die Lohnsteuer und die Kapitalertragsteuer etwa werden im sogenannten Quellenabzugsverfahren erhoben, also direkt an der Quelle einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.
Steuergläubiger: Steuergläubiger ist das öffentlich-rechtliche Gemeinwesen, dem die Steuer zufließen soll – also entweder Bund, Länder, Gemeinden oder die Kirchen. Wer die Ertragskompetenz über die Steuer besitzt, ist auch Steuergläubiger.
Steuergeheimnis: Der Steuerpflichtige muss bei der Steuererklärung mitwirken und dafür der Finanzbehörde seine steuerlichen Verhältnisse vollständig offenbaren, wie es in der Abgabenordnung (AO) heißt. Daher muss laut AO die Geheimhaltung dieser Angaben gewährleistet sein. Die Daten dürfen nur anderweitig verwertet werden, wenn der Betroffene zustimmt oder wenn sie in einem Strafverfahren angewandt werden – allerdings auch hier mit Einschränkungen.
Identifikationsnummer: Jeder Steuerpflichtige erhält vom Bundeszentralamt für Steuern eine dauerhafte steuerliche Identifikationsnummer. Das Bundeszentralamt für Steuern speichert zu dieser Nummer den Namen, Geburtsort und -datum, das Geschlecht, die Anschrift und die zuständige Finanzbehörde.
Wichtige Steuerarten
Einkommensteuer
Die weitaus wichtigste Steuer in Deutschland ist die Einkommensteuer – für den Einzelnen, weil sie ihn am direktesten betrifft, und für den Staat, weil sie die meisten Einnahmen hergibt. Auf der Hitliste der Steuereinnahmen steht die Einkommensteuer mit ihren Spielarten Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer bzw. Abgeltungsteuer ganz oben, im Jahr 2011 führte sie mit einem Aufkommen von gut 197,9 Milliarden Euro die Rangliste der gesamten Steuereinnahmen an. Auf Platz zwei lag knapp dahinter die Umsatzsteuer mit rund 190 Milliarden Euro, gefolgt von der Energiesteuer, deren Einnahmen sich im Jahr 2011 auf gut 40 Milliarden Euro beliefen.
QuellentextLinear, progressiv, proportional: der Aufbau des Einkommensteuertarifs
Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ist das sogenannte zu versteuernde Einkommen. Dies ermittelt sich aus der Summe aller Einkünfte, von der dann wiederum diverse Vergünstigungen, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können. Dann wird die Einkommensteuer ermittelt.
Das deutsche Einkommensteuerrecht verwendet einen linear-progressiven Tarif, das bedeutet: Unterschiedliche Stufen des Steuertarifs haben unterschiedliche Steuersätze. Zunächst bleibt das Einkommen in Höhe des Grundfreibetrags steuerfrei; dies ist die „Nullzone“. Nach dieser Nullzone folgen jedoch nicht ein durchgehend gleicher Steuersatz, sondern mehrere, steigende Steuersätze, die nach verschiedenen Abschnitten greifen. So fängt die Besteuerung für die ersten Euros über dem Grundfreibetrag mit einem Eingangssteuersatz von 14 Prozent an und steigt bis zum Spitzensteuersatz von 42 bzw. 45 Prozent (Stand: 2012). Dabei teilen sich die Progressionszonen in zwei größere Intervalle auf: In der ersten Progressionszone steigt der Steuersatz relativ schnell an; in der zweiten Progressionszone steigt der Steuersatz zwar weiter linear an, aber nicht mehr so stark wie in der ersten Zone. Ab dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent folgen die Proportionalzonen – so genannt, weil ab diesem Betrag für jeden Euro darüber konstant der gleiche Steuersatz fällig wird. Die zweite Proportionalzone wurde 2007 als sogenannte Reichensteuer hinzugefügt: Ab einem zu versteuernden Einkommen von 250 731 Euro beläuft sich der Steuersatz auf 45 Prozent, das heißt von jedem Euro über diesem Betrag wird eine Steuer von 0,45 Euro fällig.
Steuersätze
Steuersätze
Die jeweils höheren Steuersätze werden übrigens nicht auf die gesamte Summe, sondern nur auf das zusätzlich verdiente Geld berechnet. Daher nennt man dies auch „Grenzsteuersatz“. Im Gegensatz dazu bezeichnet der „Durchschnittssteuersatz“, wie hoch der prozentuale Anteil der festgesetzten Einkommensteuer am gesamten zu versteuernden Einkommen ist.
Die Einkommensteuer wird in Deutschland auf Basis von sieben Einkunftsarten ermittelt. Auf alle Einkommen von natürlichen Personen, also sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch Selbständigen, erhebt der Staat die Einkommensteuer. Ihr unterliegen die Einkünfte
aus Land- und Forstwirtschaft,
aus Gewerbebetrieben,
aus selbständiger Arbeit,
aus nichtselbständiger Arbeit,
aus Kapitalvermögen,
aus Vermietung und Verpachtung sowie
die sonstigen im Einkommensteuergesetz genannten Einkünfte.
Zu diesen sonstigen Einkünften zählen beispielsweise Einkünfte aus einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die sieben Einkunftsarten teilen sich außerdem noch einmal in zwei Gruppen auf: Es gibt die sogenannten Gewinneinkunftsarten und die Überschusseinkunftsarten: Bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit sind die Einkünfte der Gewinn. Das bedeutet, dass entweder das Betriebsvermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt miteinander verglichen wird oder die Differenz zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ermittelt wird. Das Ergebnis ist dann der Gewinn – oder möglicherweise auch ein Verlust. Bei den übrigen Einkunftsarten zieht das Finanzamt von den Einnahmen alle Aufwendungen ab, die dazu dienen, die Einnahmen zu erwerben, zu sichern und zu erhalten. Mit anderen Worten: die Werbungskosten. Durch dieses Berechnungsverfahren entsteht ein Überschuss, der besteuert wird. Diese Art der Einkünfteermittlung bezeichnet man auch als Nettoprinzip.
QuellentextDie Lohnsteuerklassen – und für wen sie gelten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden grundsätzlich in Steuerklassen eingestuft. Denn daraus ergibt sich, wie viel Geld sie jeden Monat netto ausbezahlt bekommen. Die Steuerklasse bestimmt unter anderem, wie viel Lohnsteuer der Arbeitgeber ans Finanzamt überweisen muss. In welcher der sechs Steuerklassen sich Steuerpflichtige wiederfinden, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Die Steuerklasse I …
… gilt für Alleinstehende – also ledige, getrennt lebende oder geschiedene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Außerdem sind die Alleinstehenden in der Steuerklasse I in der Regel kinderlos – oder aber erfüllen nicht die Voraussetzungen für die Steuerklasse II.
Die Steuerklasse II …
… bekommen die Alleinstehenden zugestanden, die die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erfüllen. Dieser Freibetrag in Höhe von 1308 Euro pro Jahr ist in der Steuerklasse II bereits eingepreist. Die Steuerklasse II erhalten nur diejenigen automatisch, die bereits im Vorjahr dort eingestuft waren. Anderenfalls muss diese Steuerklasse beantragt werden.
Die Steuerklasse III …
… gibt es nur für verheiratete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der andere Ehepartner wird dann (wenn er ebenfalls angestellt ist) in die Steuerklasse V eingestuft. Bekommt der andere Ehepartner gar keinen Lohn oder kein Gehalt, kann der Arbeitnehmer-Ehegatte trotzdem die Steuerklasse III eintragen lassen.
Die Steuerklasse IV …
… ist das Standardmodell für verheiratete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Heiratet ein Paar und sind beide angestellt, werden beide automatisch in die Steuerklasse IV eingeordnet.
Die Steuerklasse V …
… ist der Gegenpart zur Steuerklasse III. Sie gilt damit ebenfalls nur für verheiratete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die Steuerklasse VI …
… ist ein Sonderfall unter den Steuerklassen. Sie kommt nur dann zum Zug, wenn man einen zweiten Job hat – oder bei seinem neuen Arbeitgeber noch nicht die Lohnsteuerkarte eingereicht hat.
Letztlich entscheidet zwar die jährliche Steuererklärung über die individuelle Steuerlast. Aber über die richtig gewählte Steuerklasse können Steuerpflichtige schon vorab ihre Abzüge steuern. Denn in den einzelnen Steuerklassen werden unterschiedliche Frei- und Pauschalbeträge bereits berücksichtigt.
Ehepartner können zwischen den Kombinationen IV/IV oder III/V wählen. Bei der Wahl der Steuerklassen III und V erhält derjenige, der die III bekommt, monatlich mehr Netto aufs Konto – hier wird der Grundfreibetrag für Verheiratete (also der doppelte) berücksichtigt. In Steuerklasse V heißt es dagegen, ordentlich Abzüge in Kauf zu nehmen, da es hier gar keinen Grundfreibetrag gibt. Dazu kommt, dass der Lohnsteuerabzug in der Steuerklasse V den progressiven Verlauf des Einkommensteuertarifs abbildet. Der Ehegatte in Steuerklasse V zahlt also mit seiner monatlichen Lohnsteuer einen Teil der Steuerlast seines Ehepartners mit. Um das zu vermeiden, gibt es seit einiger Zeit das Faktorverfahren.
Das ist ein Modell, das die Besteuerung der Eheleute nach ihrem Anteil am Familieneinkommen abbilden soll. Das Faktorverfahren soll dafür sorgen, dass jeder Ehepartner beim monatlichen Lohnsteuerabzug bereits die ihm persönlich zustehenden Steuerentlastungen erhält. Deswegen wird beim Faktorverfahren der Splittingtarif auf beide Ehepartner verteilt. Die Eheleute teilen dem Finanzamt außerdem zu Beginn des Jahres ihre voraussichtlichen Jahresgehälter und Freibeträge mit. Aus diesen Informationen ermittelt die Behörde dann die Einkommensteuerlast und setzt sie ins Verhältnis zu der Summe, die beide Ehepartner in Steuerklasse IV als Lohnsteuer zahlen müssten.
Der Faktor ergibt sich also aus der voraussichtlichen Einkommensteuer im Splittingtarif geteilt durch die Summe der Lohnsteuer des Arbeitnehmer-Ehepaares in Steuerklasse IV. Dieser Faktor ist immer kleiner als eins und wird mit drei Stellen nach dem Komma auf die Lohnsteuerkarten eingetragen. Mit diesem Faktor errechnen dann die jeweiligen Arbeitgeber die zu zahlende monatliche Lohnsteuer der Ehepartner.
Bei bestimmten Einkünften wird die Steuer direkt abgezogen, etwa bei Lohn oder Gehalt in Form der Lohnsteuer und bei Kapitalvermögen als Kapitalertragsteuer, die seit der Unternehmensteuerreform 2008 in aller Regel in Form der Abgeltungsteuer erhoben wird. Diese Steuern sind keine eigenen Steuerarten, sondern nur eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer. So ist die Lohnsteuer die Steuer, die Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer auf ihren Lohn oder ihr Gehalt zahlen. Der Arbeitgeber zieht sie direkt vom Arbeitslohn ab und überweist sie ans Finanzamt. Anders formuliert: Die Lohnsteuer ist die Einkommensteuer, die direkt vom Arbeitslohn abgezogen wird. Ähnlich verhält es sich bei der Abgeltungsteuer. Gleich welche Einkünfte man erzielt: Ziel der Einkommensteuer ist es, alle Einkünfte einer Person möglichst vollständig zusammenzufassen. Die Summe dieser Einkünfte wird mit einem einheitlichen Steuertarif belastet. Wenn das Finanzamt die Steuern berechnet, schaut es aber nicht nur auf die Höhe des jeweiligen Einkommens, sondern berücksichtigt auch die persönlichen Lebensverhältnisse des Einzelnen. Wer zum Beispiel für seinen Ehepartner oder die Kinder finanziell sorgt, muss bei gleichem Einkommen in der Regel weniger Steuern zahlen als ein Alleinstehender. Aus diesem Grund werden auch Ausgaben berücksichtigt, selbst wenn sie nicht durch den Betrieb oder die Arbeit bedingt sind.
QuellentextDie Abgeltungsteuer
Mit der Unternehmensteuerreform 2008 ist eine neue Spielart der Einkommensteuer ins Steuerrecht eingeführt worden: Seit dem 1. Januar 2009 greift bei Kapitalerträgen die Abgeltungsteuer. Das bedeutet, dass sämtliche Zinsen, Dividenden und Investmenterträge sowie alle Gewinne aus dem Verkauf privater Wertpapiere einheitlich mit 25 Prozent besteuert werden. Dazu kommen noch der Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer.
Für viele Anleger ergibt sich dadurch eine Steuerersparnis. Zum einen werden die Kapitalerträge nicht mehr auf das übrige Einkommen aufgeschlagen und erhöhen auf diese Weise nicht mehr den individuellen Steuersatz. Zum anderen gibt es weiterhin einen Freibetrag; mit dem Sparer-Pauschbetrag bleiben Kapitalerträge bis zu einer Höhe von 801 Euro pro Person steuerfrei (Stand 2012).
Seitdem ziehen zunächst die Banken die Abgeltungsteuer direkt an der Quelle des Gewinns ab. Dieser Steuerabzug hat abgeltende Wirkung – daher der Name der Steuer. Das bedeutet, dass der Anleger Kapitalerträge in aller Regel nicht mehr in seiner Steuererklärung angeben muss. Allerdings besteht weiterhin die Möglichkeit, eine Steuererklärung abzugeben und die Zinsen dann rückwirkend mit einem möglichen niedrigeren persönlichen Steuersatz zu versteuern. Zuviel einbehaltene Abgeltungsteuer wird dann erstattet.
Darüber hinaus sind Steuerzahler verpflichtet, Kapitalerträge in der Steuererklärung anzugeben, wenn die Abgeltungsteuer noch nicht zum Einsatz gekommen ist. Das kann zum Beispiel bei Fonds der Fall sein, die im Ausland investieren, oder bei Gewinnen, die über ausländische Depots realisiert worden sind. Dann kommt die Kapitalertragsteuer – als eine weitere Erhebungsform der Einkommensteuer – zum Einsatz. Mit der Reform wurde zusätzlich das sogenannte Halbeinkünfteverfahren abgeschafft; Dividendenerträge werden damit nicht mehr nur zu 50 Prozent erfasst, sondern sind in voller Höhe zu versteuern. Auch die Spekulationsfrist für Aktien ist gefallen: Damit sind Veräußerungsgewinne aus Wertpapiergeschäften steuerpflichtig, auch wenn Anleger die Papiere länger als ein Jahr im Depot gehalten haben. Früher waren diese Spekulationsgewinne steuerfrei.
Die Investition in die Altersvorsorge bleibt übrigens von der Abgeltungsteuer unberührt: Die staatlich geförderten Altersvorsorge-Produkte (etwa die Riester- und Rürup-Rente sowie die betriebliche Altersversorgung) werden nachgelagert besteuert. Das heißt: In der Sparphase bezuschusst der Staat den Aufbau der Altersvorsorge, und von den Kapitalerträgen wird keine Abgeltungsteuer abgezogen. Im Ruhestand unterliegen die Auszahlungen dann der Einkommensteuer.
Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung – so steht es im Grundgesetz. Um diesen Schutz von Ehe und Familie zu gewährleisten, behandelt der Fiskus Eheleute anders als Ledige und Paare, die ohne Trauschein zusammenleben. Das verheiratete Paar wird als wirtschaftliche Einheit betrachtet. Daher werden Ehepaare in der Regel nach dem Prinzip des Ehegatten-Splittings besteuert. Ehepaare haben die Wahl zu entscheiden, ob sie getrennt oder gemeinsam ihre Steuererklärungen abgeben wollen. Entscheiden sie sich für die Zusammenveranlagung, wird ihre Einkommensteuerlast nach diesem Splitting-Tarif berechnet. Die zu versteuernden Einkommen beider Eheleute werden zusammengerechnet und dann halbiert. Der Steuertarif wird auf eine Einkommenshälfte angewandt – und die Steuerschuld, die sich daraus ergibt, verdoppelt.
So wird ein Ehepaar steuerlich entlastet
So wird ein Ehepaar steuerlich entlastet
Damit versteuert jeder Ehepartner das halbe Gesamteinkommen; der Splitting-Tarif unterstellt, dass jeder der beiden das gemeinsame zu versteuernde Einkommen zur Hälfte erwirtschaftet. Verdient ein Ehepartner besser als der andere, wird dieser Teil des Einkommens somit auf den anderen verlagert, sprich gesplittet, sodass es insgesamt zu einem niedrigeren Steuersatz kommt. Denn mit diesem Verfahren vermindert sich die Progression des Tarifs, da sie sich nur noch auf die Hälfte des von den Ehegatten gemeinsam erzielten Einkommens auswirkt. Die Steuerersparnis beim Splitting-Tarif wird also umso größer, je weiter die beiden Einkommen auseinander liegen. Erhalten beide Ehegatten ein ungefähr gleich hohes Einkommen, müssen sie auch gleich viel Steuern zahlen.
Der Splitting-Tarif ist allerdings inzwischen nicht mehr unumstritten. Kritikerinnen und Kritiker führen an, dass dieser Tarif das Modell der „Versorgerehe“ – also eine Ehe, in der der Ehemann das Haupteinkommen erzielt – begünstige. Dazu kommt, dass mehrere Finanzgerichte das geltende Recht mit Blick auf die Behandlung von homosexuellen Paaren in eingetragenen Lebenspartnerschaften als Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz bezeichnet haben. Mit der Folge, dass Anträge auf das sogenannte Ehegattensplitting für solche homosexuellen Paare von der Finanzverwaltung nicht mehr von vorneherein abgelehnt werden. Dies gilt zumindest so lange, bis das Bundesverfassungsgericht in dieser Frage entschieden hat.
Manche Sonderausgaben dürfen unbeschränkt von der eigenen Steuerlast geltend gemacht werden, zum Beispiel die gezahlte Kirchensteuer. Andere wiederum sind bis zu bestimmten Grenzen abziehbar, zum Beispiel die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung oder die Altersvorsorge. Ein großer Teil dieser steuerlichen Abzugsmöglichkeiten ist dadurch motiviert, dass der Staat seine Bürgerinnen und Bürger zu einem bestimmten Verhalten veranlassen möchte, etwa um Vorkehrungen für wirtschaftliche oder gesundheitliche Notlagen oder für ein gesichertes Leben im Alter zu treffen. Zu den Sonderausgaben zählen daher zum Beispiel:
Vorsorgeaufwendungen,
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung oder Weiterbildung,
Spenden für mildtätige, kirchliche und wissenschaftliche Zwecke.
Um keinen Teil des Einkommens zu belasten, über das eine Steuerzahlerin oder ein Steuerzahler nicht frei verfügen kann, gibt es die Abzugsbeträge für außergewöhnliche Belastungen. Sie können zum Beispiel dann geltend gemacht werden, wenn die Behandlungskosten, die eine Patientin oder ein Patient zu tragen hat, sehr hoch sind oder wenn eine Scheidung oder eine Beerdigung anstehen. Zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören auch Ausgaben für die Pflege von Angehörigen oder Kosten, die Menschen mit Behinderungen sogar mit einem Pauschalbetrag geltend machen können.
So werden Familien steuerlich entlastet
So werden Familien steuerlich entlastet
Außerdem wird – bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bereits beim Lohnsteuerabzug – eine Fülle von Freibeträgen berücksichtigt, die den persönlichen Lebensumständen der oder des Steuerzahlenden Rechnung tragen. Dazu gehören insbesondere der Kinderfreibetrag (4368 Euro jährlich), der Betreuungsfreibetrag (2640 Euro jährlich) oder der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (1308 Euro jährlich, alle Freibeträge: Stand 2012). Zwar mindern diese Freibeträge monatlich zunächst einmal nur den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer, die ja ebenfalls mit der Lohnsteuer vom Gehalt abgezogen werden. Am Jahresende aber schauen die Finanzbeamten genau hin, ob die Kindergeldzahlungen genauso hoch oder höher waren als der Freibetrag; wenn nicht, wird die Differenz bei der Einkommensteuererklärung ausgeglichen.
Um nun die Summe der Einkünfte einer Person der Wirklichkeit entsprechend abzubilden, können Verluste aus einer Einkunftsart mit den Einkünften einer anderen Einkunftsart verrechnet werden. Was jetzt – nach Abzug der Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Freibeträge und möglicher Verluste aus anderen Einkunftsarten – an Einkommen aus allen sieben Einkunftsarten übrig bleibt, ist das zu versteuernde Einkommen. Dieses zu versteuernde Einkommen bildet die Bemessungsgrundlage für den Einkommensteuertarif.
Zur Einkommensteuer kommen der Solidaritätszuschlag sowie gegebenenfalls die Kirchensteuer hinzu. Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer, die mit den hohen Kosten der Wiedervereinigung Deutschlands begründet wird. Der Zuschlag ist eine direkte Steuer und steht dem Bund zu. Sowohl der Solidaritätszuschlag wie auch die Kirchensteuer werden in einem festen prozentualen Verhältnis zur Einkommensteuer ermittelt.
Bestimmte Einnahmen sind gänzlich von der Einkommensteuer befreit. Dazu zählen laut Einkommensteuergesetz rund 70 verschiedene Einnahmen, unter anderem das Arbeitslosengeld, BAföG-Leistungen, Stipendien oder auch das Elterngeld. Für die Lohnersatzleistungen, zu denen vor allem das Arbeitslosengeld zählt, gilt aber trotz ihrer Steuerbefreiung: Sie werden in der Summe dazu herangezogen, um den individuellen Steuersatz zu berechnen. Ein Beispiel: Eine Steuerpflichtige bezieht im Laufe eines Jahres sowohl zunächst ihr normales Gehalt, dann Mutterschafts- und anschließend Elterngeld. Mutterschafts- und Elterngeld bleiben steuerfrei, die Zahlungen werden jedoch zum Gehalt dazu gezählt. Das Finanzamt ermittelt dann, welcher Steuersatz auf die Gesamtsumme fällig würde. Dieser Steuersatz wird dann auf das steuerpflichtige Einkommen angewandt.
Entwicklung der Körperschaftssteuer: Aufkommen und Steuersatz
Entwicklung der Körperschaftssteuer: Aufkommen und Steuersatz
Körperschaftsteuer
Welche Steuern Unternehmen zahlen müssen, hängt von ihrer Rechtsform ab. Einzelunternehmen und Personengesellschaften (zum Beispiel eine GbR oder eine offene Handelsgesellschaft OHG) müssen Einkommensteuer entrichten. Sie werden damit nach ähnlichen Prinzipien behandelt wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Je höher der Gewinn, umso höher wird auch der fällige Steuersatz.
Kapitalgesellschaften – etwa Aktiengesellschaften, eine GmbH oder auch eine Genossenschaft – müssen Körperschaftsteuer zahlen. Seit der „Gründerzeit“ in den 1870er-Jahren werden Kapitalgesellschaften steuerlich gesondert erfasst.
Die Körperschaftsteuer ist im Grunde eine besondere Art der Einkommensteuer für juristische Personen. Besteuerungsgrundlage für die Körperschaftsteuer ist – ebenso wie bei der Einkommensteuer – das Einkommen, das die Körperschaft innerhalb des Kalenderjahrs erzielt hat. Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich ebenfalls nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes. Allerdings gibt es einige besondere Vorschriften aus dem Körperschaftsteuergesetz, die beachtet werden müssen. Der Körperschaftsteuersatz beträgt seit der Unternehmensteuerreform im Jahr 2008 einheitlich 15 Prozent. Dazu kommen noch die Gewerbesteuer sowie der Solidaritätszuschlag. Insgesamt ergibt sich dadurch eine durchschnittliche Steuerbelastung von rund 30 Prozent für Kapitalgesellschaften.
Gewerbesteuer
Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer und eine wichtige Einnahmequelle der Kommunen; Bund und Länder werden durch eine Umlage an der Gewerbesteuer beteiligt. Die Gewerbesteuer muss von allen Unternehmen bezahlt werden, die einen Gewerbebetrieb führen – also sowohl von Personengesellschaften als auch von Kapitalgesellschaften. Lediglich Freiberufler – etwa eine Ärztin oder ein Anwalt, eine Ingenieurin oder ein Landwirt – sind von der Gewerbesteuerpflicht ausgenommen. Im Gegensatz zur Einkommensteuer richtet sich die Gewerbesteuer nicht auf eine Person, sondern auf ein Objekt – den Gewerbebetrieb. Wem das Unternehmen gehört oder wem die Erträge zufließen, spielt bei der Gewerbesteuer keine Rolle. Auch die persönlichen Verhältnisse der Inhaberin oder des Inhabers und seine Leistungsfähigkeit werden bei dieser Steuer nicht berücksichtigt. Dies unterscheidet die Gewerbesteuer von der Einkommen- oder auch der Körperschaftsteuer.
Die Gewerbesteuer wird auf Grundlage des sogenannten Gewerbeertrags berechnet. Dieser Gewerbeertrag ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Gewinn, den man von der Einkommensteuer her kennt. Der Gewinn ist nur der Ausgangspunkt, um zum Gewerbeertrag zu kommen. Zum Gewinn müssen bestimmte Beträge entweder hinzugerechnet oder abgezogen werden. Zu den Summen, die hinzuzuaddieren sind, zählen etwa die Zinsen für langfristige Kredite. Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde der Umfang für derartige Hinzurechnungen ausgeweitet; zugleich darf seitdem die Gewerbesteuer nicht mehr als Betriebsausgabe abgezogen werden. Allerdings wird nun ein größerer Teil von dem, was an Gewerbesteuer gezahlt wurde, bei der Einkommensteuerschuld von Personenunternehmen angerechnet.
Mit der Berechnung des Gewerbeertrags soll festgestellt werden, welche Ertragskraft ein Unternehmen tatsächlich hat – unabhängig davon, ob ein Unternehmen mit eigenem oder fremdem Kapital, mit eigenen oder fremden Wirtschaftsgütern arbeitet. Der Gewerbeertrag wird vom Finanzamt mit einer Steuermesszahl von 3,5 Prozent multipliziert. Nun kommen die einzelnen Kommunen ins Spiel, denn auf diesen errechneten Betrag können sie einen prozentualen Hebesatz anwenden. Der Hebesatz ist eine Art Steuersatz, den die Stadt oder die Gemeinde festlegt. Er richtet sich nach dem Finanzbedarf der Kommune, wird aber auch von Standorterwägungen beeinflusst.
QuellentextDie Gewerbesteuer – heiß diskutiert, nie aufgegeben
Immer wieder wird darüber diskutiert, die Gewerbesteuer entweder abzuschaffen – oder auf alle Unternehmen, also auch auf Freiberufler – auszuweiten. Vor allem die Kommunen wehren sich gegen eine Abschaffung, denn obwohl sie einen Teil der Gewerbesteuereinnahmen an Bund und Länder abgeben müssen, ist und bleibt die Gewerbesteuer eine Haupteinnahmequelle der Städte und Gemeinden. Mit dem Hebesatzrecht verfügen sie zudem über eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit. Denn die Kommunen setzen so mit einem prozentualen Hebesatz die eigentliche Berechnung für die Steuer fest. Dieser Hebesatz, der mindestens bei 200 Prozent liegen muss, variiert von Kommune zu Kommune ganz erheblich. Und er steigt: Laut Statistischem Bundesamt lag der durchschnittliche Hebesatz für die Gewerbesteuer im Jahr 2010 bei 390 Prozent und damit um drei Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Auch das Gewerbesteueraufkommen an sich stieg auf knapp 36 Milliarden Euro – und damit um gut zehn Prozent im Vorjahresvergleich. Obwohl die Gewerbesteuer als äußerst konjunkturanfällig und damit als unstet gilt, wundert es daher nicht, dass die Städte und Gemeinden sich mit Vehemenz gegen ihre Reform oder gar Abschaffung wehren.
Immer wieder fordern Unternehmensverbände ebenso wie Politikerinnen und Politiker unterschiedlichster Parteien, die Gewerbesteuer komplett einzustellen und die Gemeindefinanzierung von Grund auf zu reformieren. Meist jedoch ohne Erfolg: Eine von der Bundesregierung eingesetzte Gemeindefinanzkommission sollte die Gewerbesteuer auf den Prüfstand stellen und Alternativen vorschlagen. Dieses Gremium diskutierte ein knappes Jahr darüber, wie die kommunalen Finanzen saniert werden könnten – ohne Ergebnis. Dann erklärten alle Beteiligten – der Bundesfinanzminister wie die kommunalen Spitzenverbände –, dass sie sich im Grunde auf nichts verständigen können. Zitat: „Die Teilnehmer des Gesprächs stellen fest, dass bisher keine Einigung auf das mit dem Ziel einer Verstetigung der kommunalen Steuereinnahmen von der Bundesregierung eingebrachte Modell zum Ersatz der Gewerbesteuer erreicht wurde und die Kommunen ihre Auffassung beibehalten, dass es nach wie vor keine tragfähige Alternative zur Gewerbesteuer gibt.“ Der Bundesfinanzminister drang mit seinem Vorschlag, die Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommensteuer zu ersetzen, nicht durch. Und das, obwohl diese Möglichkeit im Grundgesetz schon längst vorgesehen ist. Dort heißt es in Artikel 106, Absatz 5:
„Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, dass die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.“ Ein solches Gesetz gibt es aber bis heute nicht.
Entwicklung der Mehrwertsteuersätze
Entwicklung der Mehrwertsteuersätze
Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer)
Die Umsatzsteuer ist eine der größten Einnahmequellen des Staates. Jede Bürgerin und jeder Bürger kommt mit der Umsatzsteuer zwangsläufig in Kontakt, ob beim Einkauf im Supermarkt, im Kino oder beim Begleichen der Handwerkerrechnung. Der Grundgedanke dahinter ist, dass jeder noch so kleine Umsatz besteuert werden soll; die Umsatzsteuer begleitet jedes Produkt vom Rohstoff über die Fertigware bis in die Hand des Verbrauchers. Deswegen wird die Umsatzsteuer auch Mehrwertsteuer genannt. Der Endabnehmer, sprich der Verbraucher, soll die Umsatzsteuer wirtschaftlich tragen. Die Unternehmen sind dabei gewissermaßen Erfüllungsgehilfen des Staates, denn sie nehmen die Umsatzsteuer ein und leiten sie an den Fiskus weiter. Das bedeutet umgekehrt: Die Umsatzsteuer bleibt am Endverbraucher hängen, das Unternehmen hat im Normalfall keine Mehrkosten. Denn die Umsatzsteuer ist für die meisten Unternehmer ein durchlaufender Posten: Sie erhalten die Steuer mit der Einnahme in ihre Kasse oder mit der Rechnung auf ihr Geschäftskonto und leiten sie an den Staat weiter. Die Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch müssen den um die Mehrwertsteuer erhöhten Endpreis letztlich zahlen. Derzeit beträgt der normale Steuersatz 19 Prozent – das bedeutet, dass bei einem Nettopreis von 100 Euro eine Umsatzsteuer von 19 Euro draufgeschlagen wird, die dann wiederum in die Staatskasse fließt.
Für bestimmte Umsätze gilt ein ermäßigter Steuersatz von sieben Prozent (Stand: 2012).
Dieser fällt für die wichtigsten Güter des alltäglichen Lebens an, etwa für
Lebensmittel,
Bücher, Broschüren und Zeitungen sowie
landwirtschaftliche Erzeugnisse; aber auch für
orthopädische Hilfsmittel,
Kunstgegenstände und
die Übertragung von Urheberrechten (zum Beispiel bei Schriftstellern, Wissenschaftlern, Grafikern, Designern oder auch Journalisten).
Ausnahmen gibt es auch hier: So sind Säfte, alkoholische Getränke sowie der Verzehr an Ort und Stelle – also zum Beispiel in einem Restaurant – nicht begünstigt.
Zusätzlich gibt es Umsätze, die nicht unter das Umsatzsteuerrecht fallen, weil kein Leistungsaustausch stattfindet – also zum Beispiel bei der Erstattung von Mahn- oder Gerichtskosten oder bei der Zahlung einer Vertragsstrafe. Hier darf keine Umsatzsteuer erhoben werden. Darüber hinaus sind manche Umsätze von der Steuer befreit, zum Beispiel der Unterricht an einer Universität oder einer Volkshochschule oder bestimmte Tätigkeiten von Ärzten sowie die Vermittlung von Versicherungen.
Wie die Umsatzsteuer zwischen Bund und Ländern aufgeteilt wird, legt ein Bundesgesetz immer wieder neu fest. Diese Flexibilität soll dafür sorgen, dass die notwendigen Ausgaben von Bund und Ländern gleichermaßen gedeckt werden. Mit anderen Worten: Das Verhältnis der laufenden Einnahmen zu den Ausgaben – die sogenannte Deckungsquote – soll bei Bund und Ländern auf Dauer etwa gleich hoch sein. Die Gemeinden sind mit zwei Prozent am Umsatzsteueraufkommen beteiligt.
Ein Spezialfall der Umsatzsteuer ist die Einfuhrumsatzsteuer. Sie wird auf Waren erhoben, die aus Drittländern, die nicht der Europäischen Union angehören, eingeführt werden. So wird dafür gesorgt, dass inländische und ausländische Erzeugnisse steuerlich gleich behandelt werden.
QuellentextKriterien für Mehrwertsteuersätze – ein Thema mit Konfliktpotenzial
Nachdem der Bundesfinanzminister sich in der Currywurstfrage entschieden hat und die Popcornfrage in Luxemburg geklärt wurde, kam zuletzt die Ballettschulenfrage auf den Tisch. In der Imbiss-Sache hatte ein höchstrichterliches Urteil zwischenzeitlich zu unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen für sitzend und stehend verzehrte Würste geführt, wobei behelfsmäßige Ablagebretter nicht als Tische zählten und Sitzgelegenheiten einer Nachbarbude selbst dann als unbeachtlich galten, wenn sie im Interesse des Currywurstverzehrs aufgestellt worden waren. Sieben Prozent für alle Currywürste, heißt es jetzt aus Berlin, auch für liegend verzehrte.
Die Popcornfrage – Lieferung (7 Prozent Mehrwertsteuer) oder Dienstleistung (19 Prozent)? – wurde vor dem Europäischen Gerichtshof zweifelsfrei beantwortet: Lieferung.
Bleibt die Ballett- und Musikfrage: Privater Unterricht in entsprechenden Schulen soll nach dem Entwurf des Steuergesetzes für 2013 von der Umsatzsteuerbefreiung ausgenommen werden. Bildungsleistungen durch einzelne Privatlehrer sind hingegen befreit.
Das Argument lautet: Auf alles, was auch der Freizeitgestaltung dient und nicht nur der Vermittlung von Fähigkeiten, die für Berufe nötig sind, wird Umsatzsteuer erhoben, es sei denn, die Schule strebe keine Gewinne an. Violinunterricht und Ballettstunden würden damit behandelt wie der Hochzeitscrashkurs mit Cha-Cha-Cha.
Allerdings hat schon 2008 der Bundesfinanzhof entschieden, dass es nach europäischem Recht gleichgültig ist, ob nur zwei von hundert Ballettschülerinnen später Berufstänzerin werden. Es komme nicht einmal auf die Ziele der Schüler und ihrer Eltern an, entscheidend sei nur die Art der erbrachten Leistung, vereinfacht gesagt: Bildet sie oder nicht?
Aber was ist Bildung?
Das Finanzministerium ließ inzwischen verlauten, Bildung sei, was an Schulen und Hochschulen angeboten werde. (Vielleicht weiß es nicht, dass man da so ziemlich alles lernen und studieren kann.) Hobbys hingegen seien steuerpflichtig und bei Mischformen werde es der private Anbieter auch. Da kann man nur viel Prozessvergnügen beim Streit über Mischformen wünschen. Ansonsten herrscht Klarheit: Schwimmschule wg. Schulschwimmen umsatzsteuerfrei, auch wenn nur einer von zehntausend Bademeister wird, Tanzschule neunzehn Prozent, obwohl die Ehe, eventuell mittels Discofox angebahnt, kein Hobby ist, und Blockflöte weiterhin unbesteuert, weil zweifelsohne ein Fall von Unfreizeitgestaltung.
Jürgen Kaube, „Spitzenschuhsteuer“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. September 2012
QuellentextUmsatzsteuer: eine Steuer mit Überarbeitungsbedarf
Eigentlich ist alles so einfach. Zwei Mehrwertsteuersätze, zwei Klassen von Produkten und Dienstleistungen. Aber die Realität sieht anders aus. Zehn verschiedene Kategorien listet allein das Umsatzsteuergesetz auf, in denen der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent greift; darunter nicht nur Lebensmittel, sondern auch die Leistungen von Zahntechnikern, Zirkusvorführungen oder die Personenbeförderung auf Schiffen. Ein Anhang zum Umsatzsteuergesetz führt darüber hinaus in 54 Punkten und noch mehr Unterpunkten die verschiedensten Waren auf, die im Gesetz selbst noch nicht konkret benannt sind: von A wie Abfälle der Lebensmittelindustrie bis Z wie zoologische Sammlungsstücke. Und weil damit immer noch nicht alle Fragen geklärt sind, gibt das Bundesfinanzministerium in regelmäßigen Abständen ein Schreiben heraus, das inzwischen stolze 140 Seiten umfasst und letzte Abgrenzungsprobleme zu klären versucht. Das Thema beschäftigt auch den Bundesrechnungshof schon seit vielen Jahren, der 2010 dem Gesetzgeber in einem gesonderten Bericht empfahl, die Umsatzsteuer grundlegend zu über arbeiten.
Dabei stecken hinter den unübersichtlichen Ermäßigungen durchaus achtbare Motive. Denn früher war es in aller Regel so, dass die Umsatzsteuer und die Verbrauchsteuern vor allem auf Massengüter erhoben wurden – was zur Folge hatte, dass Menschen mit niedrigem Einkommen hart von diesen Steuern getroffen wurden. Der deutsche Steuergesetzgeber zog aus diesen historischen Erfahrungen Konsequenzen: Man wollte zwar eine ertragreiche Einnahmequelle etablieren – und mit der Einführung einer allgemeinen Umsatzsteuer in Höhe von zunächst zehn Prozent erreichte man 1967 in der Tat genau dieses. Trotzdem sollten Grundbedürfnisse davon nicht in dem Maße getroffen werden: Auch Geringverdiener sollten sich Lebensmittel leisten und am gesellschaftlich-kulturellen Leben teilhaben können – der ermäßigte Mehrwertsteuersatz war erfunden.
Schon damals gab es Ausnahmen von der Regel, die nicht mehr zeitgemäß waren. So wurden bestimmte Verkehrsgüter mit dem ermäßigten Satz belegt – etwa der öffentliche Nahverkehr in einem Umkreis von 50 Kilometern. Und auch für Pferde und Maulesel wurde nur der halbe Umsatzsteuersatz verlangt. Dabei waren die Tiere schon in den 1960er-Jahren in der Landwirtschaft kaum noch im Einsatz. Wie bei so vielen Steuervergünstigungen ging es auch beim ermäßigten Umsatzsteuersatz bald um pure Subventionspolitik. Ein neueres Beispiel dafür ist die Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen Anfang 2010.
Bei der Umsatzsteuer bestimmt inzwischen die Europäische Union den Takt. Denn auf dem Binnenmarkt müssen alle Steuern, die diesen Markt betreffen, harmonisiert werden. Aus diesem Grund gibt es eine Spannweite für die Höhe der Sätze und einen Rahmen für die Bereiche, in denen ermäßigte Sätze angewendet werden dürfen. Trotzdem sind Reformbemühungen der EU-Kommission wie zuletzt 2007, die ermäßigten Sätze auf das Nötigste zu reduzieren und einen einheitlichen Satz anzustreben, bislang ohne Erfolg geblieben.
Steuern für die Umwelt: Energiesteuer, Stromsteuer und Kfz-Steuer
Aufkommen aus Umwelt-Steuern
Aufkommen aus Umwelt-Steuern
Die Steuern auf den Energieverbrauch sind in der jüngsten Vergangenheit gleich zweimal grundlegend reformiert worden. Im Jahr 1999 wurden mit der ökologischen Steuerreform die damaligen Mineralölsteuersätze erhöht und die Stromsteuer neu eingeführt. Diese ökologische Steuerreform hatte drei Ziele:
Das knappe Gut Energie sollte verteuert werden, Energiesparen sollte sich für die Verbraucherinnen und Verbraucher auch finanziell lohnen.
Zugleich ging es dem Staat darum, umweltfreundliche und erneuerbare Energie wie die Stromerzeugung aus Windkraft, Sonnenenergie oder Erdwärme zu fördern.
Mit den zusätzlichen Einnahmen sollten dem Bundeshaushalt außerdem finanzielle Mittel zufließen, mit denen die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung stabil gehalten werden können.
2006 wurde das bisherige Mineralölsteuergesetz durch ein grundlegend neu gestaltetes Energiesteuergesetz abgelöst. Im Zuge dessen wurde auch das Stromsteuerrecht geändert.
Der Benzinpreis
Der Benzinpreis
Die Energiesteuer belastet den Verbrauch von Kraft- und Heizstoffen – vor allem Benzin, Diesel, Heizöl sowie Erdgas und Kohle. Um umweltfreundliche Energieträger und Verkehrsmittel zu fördern, sieht das Energiesteuergesetz jedoch eine Reihe von Ausnahmeregelungen vor. So werden Biokraft- und Bioheizstoffe unter bestimmten Voraussetzungen begünstigt. Unter der Maßgabe, dass keine Überförderung stattfindet, legt die Bundesregierung jährlich den Biokraftstoffbericht vor, bei dem die Kosten für Biokraftstoff dem Preis für fossilen Kraftstoff gegenüber gestellt werden. Darüber hinaus gibt es Vergünstigungen für energieintensive Wirtschaftsbereiche, etwa die Stahl-, Chemie- und Papierindustrie; der Staat will diese Branchen nicht zu stark belasten, um Wettbewerbsnachteile gegenüber ausländischen Konkurrenten zu verhindern.
Steuern auf Benzin
Steuern auf Benzin
Kraftstoffe, wie Benzin und Diesel im Steuerdeutsch heißen, stellen die größte und für das Steueraufkommen bedeutendste Gruppe der steuerpflichtigen Mineralöle dar. Die Steuersätze betragen je 1.000 Liter für
unverbleites Benzin (Schwefelgehalt maximal 10 mg/kg): 654,50 Euro
verbleites Benzin: 721,00 Euro
Dieselkraftstoff (Schwefelgehalt maximal 10 mg/kg): 470,40 Euro.
Dazu kommen die neuen Treibstoffe für Autos, die aus ökologischen Motiven bis zum Jahr 2019 steuerlich gefördert werden. Hier betragen die Steuersätze für
Flüssiggas: 180,32 Euro pro 1.000 kg
Erdgas: 13,90 Euro je MWh.
Ab 2019 gelten für diese Treibstoffe dann höhere Steuersätze.
Für Heizöle und Heizgase sind im Vergleich zu den Kraftstoffsteuersätzen ermäßigte Steuersätze festgelegt. Sie betragen je 1.000 Liter bzw. 1.000 Kilogramm für
leichtes Heizöl (Schwefelgehalt maximal 50 mg/kg): 61,35 Euro
schweres Heizöl: 25 Euro
Flüssiggas: 60,60 Euro
Erdgas (pro MWh): 5,50 Euro.
Kohle unterliegt einem Steuersatz von 0,33 Euro je Gigajoule. Biogase, Klärgase, Grubengase, Kokereigase und ähnliche Gase dürfen steuerfrei verheizt oder in begünstigten Anlagen – zum Beispiel in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen – als Kraftstoff verwendet werden.
Wer ein Kraftfahrzeug besitzt, muss zudem Kfz-Steuer entrichten. Die Kfz-Steuer wird in der Regel vom Fahrzeughalter bezahlt. Die Steuerpflicht beginnt mit der Zulassung und endet mit der Abmeldung des Fahrzeugs bei der Zulassungsbehörde. Seit Juli 2009 fließt das Aufkommen aus der Kfz-Steuer dem Bund zu.
Für Autos und Krafträder bemisst sich die Kfz-Steuer nach dem Hubraum, für alle anderen Fahrzeuge – also beispielsweise für Lastwagen, Wohnmobile und Anhänger – wird sie nach dem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht berechnet. Bei der Besteuerung von Autos, Wohnmobilen und Lastwagen wird außerdem das Emissionsverhalten berücksichtigt, das in den Fahrzeugpapieren ausgewiesen wird. Für Pkw mit Erstzulassung ab dem 1. Juli 2009 gilt die CO2-bezogene Besteuerung mit folgenden Komponenten:
Hubraumbezogener Sockelbetrag, gestaffelt nach Otto- oder Dieselmotor
einheitlicher Steuersatz je Gramm des vom Hersteller ausgewiesenen CO2-Wertes pro Kilometer (ein Teil dieses Wertes bleibt steuerfrei).
Die Jahressteuer für Motorräder beträgt 1,84 Euro je angefangene 25 Kubikzentimeter Hubraum. Für Wohnmobile bezieht sich die Steuer auf das zulässige Gesamtgewicht und die Schadstoffemissionen. Andere Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen unterliegen einer nur gewichtsbezogenen Steuer. Für schwerere Nutzfahrzeuge gibt es vier emissionsbezogene Tarife, die progressiv in Stufen von 200 Kilogramm zulässiges Gesamtgewicht gestaffelt sind. Die jährliche Höchststeuer beträgt für:
Schadstoffklasse S 2 und besser: 556 Euro
Schadstoffklasse S 1: 914 Euro
Geräuschklasse G 1: 1.425 Euro
Übrige: 1681 Euro.
Reine Elektro-Fahrzeuge werden nach dem zulässigen Gesamtgewicht besteuert und die Steuer um die Hälfte ermäßigt. Derzeit ist geplant, diese Steuerbefreiung von fünf auf zehn Jahre auszuweiten.
Die Kraftfahrzeugsteuer ist übrigens keine Abgabe für die Benutzung öffentlicher Straßen, wie vielfach angenommen wird, sondern eine echte Steuer, die – wie alle anderen Steuereinnahmen auch – zur Gesamtfinanzierung des öffentlichen Haushalts beiträgt.
Die Stromsteuer ist eine Verbrauchsteuer auf elektrischen Strom. Sie wird wirtschaftlich von den Verbraucherinnen und Verbrauchern getragen. Damit aber nicht jeder Privathaushalt oder Industriebetrieb gesondert Stromsteuern bezahlen muss und die Verwaltung nicht unnötig verkompliziert wird, müssen die Energieversorger und -betreiber die Stromsteuer abführen. Die Unternehmen können sie dann über den Strompreis auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abwälzen. Die Steuer beträgt 20,50 Euro je Megawattstunde. Im Stromsteuergesetz sind eine Reihe von Vergünstigungen festgeschrieben, um besonders umweltfreundliche Energieträger zu fördern. Strom, der ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wird – beispielsweise aus Sonnenenergie, Windkraft oder Erdwärme –, ist von der Stromsteuer befreit.
Kirchensteuer
Kirchensteuer: Einnahmen im Auf und Ab (© Deutsche Bischofskonferenz. Online abrufbar unter: Externer Link: Deutsche Bischofskonferenz)
Kirchensteuer: Einnahmen im Auf und Ab (© Deutsche Bischofskonferenz. Online abrufbar unter: Externer Link: Deutsche Bischofskonferenz)
Die Kirchensteuer ist eine Besonderheit des deutschen Steuerrechts. Die Finanzämter kassieren zwar in der Regel die Kirchensteuer, doch die Einnahmen stehen nicht dem Staat zu, sondern den Kirchen, die damit ihre verschiedenen Aufgaben für die Gemeinschaft finanzieren. Vorläufer der heutigen Kirchensteuer ist der Kirchenzehnt, der im frühen Mittelalter in eine Pflichtabgabe umgewandelt worden war. In den folgenden Jahrhunderten spielte er als Ertragszehnt von Ackererträgen und Nutzvieh eine große Rolle, um die kirchlichen Aufgaben zu finanzieren. Als in späteren Jahrhunderten die Kirche im Staat nicht nur Einfluss, sondern auch ihre Güter und das Zehntrecht verlor, wurden die begünstigten Landesfürsten zu finanziellen Ausgleichsleistungen an die Kirchen verpflichtet. So entstand Schritt für Schritt die moderne Kirchensteuer. In der Weimarer Verfassung von 1919 wurde das Besteuerungsrecht der Kirchen erstmals reichsrechtlich garantiert.
Kirchensteuer müssen heute all diejenigen zahlen, die der katholischen Kirche, der evangelischen Kirche oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehören, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts gilt – zum Beispiel der Altkatholischen Kirche oder der jüdischen Gemeinde. Die Pflicht, Kirchensteuer zu zahlen, endet mit dem Austritt aus der Religionsgemeinschaft. Die Kirchensteuer wird auf Basis der jährlichen Einkommensteuer berechnet; der Steuersatz schwankt je nach Bundesland zwischen acht und neun Prozent der Einkommensteuer (Lohnsteuer). Im Vorjahr gezahlte Kirchensteuern können die Steuerpflichtigen bei ihrer Steuererklärung absetzen.
Die Kirchensteuer unterliegt eigentlich der kirchlichen Verwaltung. Die Länder eröffnen jedoch den Glaubensgemeinschaften die Möglichkeit, die Verwaltung der Kirchensteuer auf die Landesfinanzbehörden zu übertragen; die Kirchen müssen dafür eine Verwaltungskostenentschädigung an die Länder zahlen.
QuellentextWer die Kirche verlässt, soll Ethik-Steuer zahlen?
Der [ehemalige] Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, schlägt eine Ethiksteuer vor, um die Austrittswelle aus der Kirche zu bremsen. „Wer aus der Kirche austritt und keine Kirchensteuer zahlt, sollte eine andere Abgabe an eine soziale Einrichtung wie das Rote Kreuz entrichten“, sagte Blum der „Bild“-Zeitung. Er schlage deshalb eine Ethiksteuer nach italienischem Vorbild vor. Der Satz für diese Steuer könnte sieben Prozent der Lohn- und Einkommensteuer betragen.
Damit könne die Zahl der Kirchenaustritte möglicherweise gebremst und Trittbrettfahrerverhalten unterbunden werden, sagte der Wirtschaftswissenschaftler. „Schließlich nehmen auch Nicht-Kirchensteuerzahler häufig soziale Dienste oder Seelsorger in Anspruch“, argumentierte Blum. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) rechnet wegen der Wirtschaftskrise in diesem Jahr mit einem deutlichen Einbruch der Kirchensteuereinnahmen.
Auch die Katholische Kirche verzeichnet Einbußen. Sie will jetzt offensiver gegen die steigende Zahl von Austritten reagieren. Künftig werde man stärker auf Ausgetretene zugehen; auch nicht Getaufte sollten angesprochen und „zum christlichen Glauben eingeladen“ werden, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Ein Forschungsprojekt solle die Beweggründe für die Austritte untersuchen. „Auf dieser Basis wollen wir neue Strategien entwickeln.“
N.N., „Wer die Kirche verlässt, soll Ethik-Steuer zahlen“, in: Welt Online vom 22. Dezember 2009
Und immer wieder neue Steuern...
Ganz gleich, ob es darum geht, höhere Einnahmen zu erzielen, die Steuerzahlenden in die Pflicht zu nehmen oder ihr Verhalten in bestimmte Bahnen zu lenken: Das Erfinden neuer Steuern ist eine Kunst, die noch jeder Gesetzgeber gut beherrscht hat. Hier drei Beispiele dafür, wie Bund und Kommunen diese Kunst in jüngster Zeit angewandt haben:
Beispiel 1 – Die Bettensteuer: Die Kommunen haben ein eigenes Steuerfindungsrecht. Im Grundgesetz ist festgelegt, dass spezielle Verbrauch- und Aufwandsteuern von den Städten und Gemeinden direkt erhoben werden dürfen. In den 1970er-Jahren erlangte beispielsweise die Zweitwohnungsteuer großes Aufsehen. Sie wurde erstmals 1972 in Überlingen am Bodensee eingeführt. In den Folgejahren hielt sie dann vor allem in Groß- und Universitätsstädten Einzug. Heute hat sich die Zweitwohnungsteuer auch in vielen Fremdenverkehrsgemeinden durchgesetzt. Gerade dort wird seit 2011 über eine neue Steuer gestritten: Offiziell meist als Kultur- und Tourismusförderabgabe bezeichnet, soll die Bettensteuer, die Städte wie Köln, Bremen, Aachen oder Lübeck Touristen in Rechnung stellen, die angespannte Haushaltslage der betroffenen Kommunen wettmachen. Allerdings haben sich schon einige Gerichte mit dem Thema Bettensteuer befassen müssen – und kamen dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen. Auch die Kommunalpolitik streitet immer wieder darüber, ob eine zusätzliche Abgabe dem Fremdenverkehr finanziell zuträglich ist oder doch eher zu Stornierungen führt. Einige Städte wie München verzichten daher auf die neue Einnahmemöglichkeit, andere vertagen das Thema Bettensteuer. Das Bundesverwaltungsgericht hat inzwischen entschieden, dass eine pauschale Bettensteuer unzulässig ist. Die Gemeinden dürften Steuern nur auf private Hotelübernachtungen erheben – nicht aber auf solche mit beruflichem Anlass.
Beispiel 2 – Die Luftverkehrsteuer: Fliegen ist in den vergangenen Jahren immer billiger geworden; gerade bei Pauschalreisen und Inlandsflügen sind viele Ziele in den Bereich des Erschwinglichen gerückt. Nun macht eine neue Steuer Flugreisen wieder teurer: Seit Anfang 2011 wird die Luftverkehrsteuer erhoben. Die Einführung auf Bundesebene wurde damit begründet, dass man nicht nur Geld einnehmen, sondern auch einen ökologischen Anreiz setzen wolle. Eine Besteuerung von Flugbenzin sei derzeit auf europäischer und internationaler Ebene nicht durchsetzbar, so die Argumentation der Bundesregierung. Die Höhe der Steuer, von der der Luftfrachtverkehr im Übrigen nicht betroffen ist, hängt von der Entfernung des größten Flughafens im Zielland zum Flughafen Frankfurt/Main ab. Zusätzlich sind die Zielländer in drei Distanzklassen eingeteilt. Seit dem 1. Januar 2012 wird pro Fluggast folgender Betrag fällig:
Flüge in EU-Mitgliedstaaten, EU-Kandidatenländer, EFTA-Staaten und andere Länder in gleicher Entfernung: 7,50 Euro (2011: acht Euro)
Flüge bis zu 6.000 Kilometer Entfernung: 23,43 Euro (2011: 25 Euro)
Flüge ab 6.000 Kilometer Entfernung: 42,18 Euro (2011: 45 Euro).
Beispiel 3 – Die Kernbrennstoffsteuer: Manchmal wird die Steuerpolitik von aktuellen politischen Ereignissen überholt. Die Kernbrennstoffsteuer ist ein solcher Fall: Die Verbrauchsteuer wurde eingeführt, nachdem sich die Bundesregierung mit den Betreibern der deutschen Atomkraftwerke auf eine Verlängerung der Laufzeiten ihrer Meiler geeinigt hatte. Seit Anfang 2011 wird die Kernbrennstoffsteuer erhoben; ihre Einnahmen sollten unter anderem dazu beitragen, die Energiekonzerne an den Kosten für die Sanierung der Schachtanlage Asse II zu beteiligen, in der radioaktive Abfälle eingelagert wurden. Das schwere Erdbeben mit anschließendem Tsunami in Japan im März 2011 und die folgende Reaktorkatastrophe im Atomkraftwerk Fukushima führten jedoch dazu, dass in Deutschland wenige Monate später der generelle Atomausstieg bis Ende 2022 beschlossen wurde. Da die Kernbrennstoffsteuer jedoch ohnehin bis zum 31. Dezember 2016 befristet ist, ändert sich nichts an der steuerrechtlichen Situation: Bis dahin wird der Verbrauch von Kernbrennstoff, der zur gewerblichen Erzeugung von elektrischem Strom verwendet wird, besteuert. Die Steuer für ein Gramm Kernbrennstoff beträgt 145 Euro.
Allerdings beschäftigt auch diese Steuer die deutschen Finanzgerichte, die sich noch uneins darüber sind, ob die Kernbrennstoffsteuer rechtens ist: Die Finanzgerichte Hamburg und München bezweifelten die Gesetzgebungskompetenz des Bundes an dieser Stelle; das Finanzgericht Baden-Württemberg hingegen befand, dass die Steuer verfassungsgemäß und europarechtskonform sei. Beim Bundesfinanzhof sind bereits mehrere Beschwerden anhängig. Das letzte Wort wird wohl das Bundesverfassungsgericht – womöglich erst der Europäische Gerichtshof – sprechen.
QuellentextHat sich die Europäische Finanztransaktionssteuer erledigt?
Mit etwas Humor könnte man sagen: Was früher der Jäger 90 war, ist heute die Finanztransaktionssteuer (FTT). Je länger die Debatte um die Einführung der Steuer dauert, desto mehr erinnert sie an die endlose Auseinandersetzung, die in den neunziger Jahren um den Bau eines europäischen Kampfflugzeugs geführt wurde. Für die einen war das Flugzeug eine notwendige Waffe im Kampf gegen künftige Bedrohungen, für die anderen reine Zeit- und Geldverschwendung. Ganz ähnlich ist es nun mit der FTT.
Die Geschichte der Steuer reicht zurück in die dreißiger Jahre. Der Ökonom John Maynard Keynes war damals einer der ersten, der überlegte, wie man kurzfristige Spekulationen durch eine Besteuerung von Finanztransaktionen vermindern könnte. Im Hintergrund stand die Erfahrung der Großen Depression; heute dagegen spielt die Debatte vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzkrise. Seit deren Ausbruch vor bald vier Jahren ist zwar kaum ein Finanzministertreffen vergangen, bei dem nicht über die FTT diskutiert worden wäre. Doch richtig vom Fleck ist die Debatte seitdem nicht gekommen. […]
Zu denen, die zumindest vorgeben, für eine Finanztransaktionssteuer zu kämpfen, gehört der deutsche Finanzminister. Man sei „ein ganzes Stück vorangekommen“, erklärte Schäuble [anlässlich eines Gipfeltreffens im März 2012] in Kopenhagen. Worin genau der Fortschritt bestehen soll, erklärte er nicht. Außer eben in der Einrichtung jener Arbeitsgruppe. Dort wolle man klären, so Schäuble, „welche Möglichkeiten eines schrittweisen Vorgehens es gibt“. Möglichkeiten, schrittweise, klären – die Wortwahl ist verräterisch.
Tatsächlich gibt es keine Chance, alle 27 EU-Länder hinter der Finanztransaktionssteuer zu versammeln. In Kopenhagen bekräftigte der britische Finanzminister George Osborne den Widerstand seiner Regierung. Die Briten fürchten, dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer vor allem dem Finanzplatz London schadet. In der Runde der Finanzminister stichelte Osborne in Richtung der Deutschen: Er könne ja nächstes Mal auch eine europaweite Steuer auf Luxusautos vorschlagen. Schäuble frotzelte zurück: Nicht alles, was vom Kontinent komme, sei schlecht. Der fröhliche Ton ändert nichts an den grundsätzlichen Differenzen.
Doch auch innerhalb der Euro-Gruppe herrscht längst keine Einigkeit. Vor einigen Wochen [am 10. März 2012] hatte Schäuble gemeinsam mit Kollegen aus acht anderen Ländern in einem Brief für die Besteuerung von Finanztransaktionen geworben. In dem Brief, den neben Deutschland auch Frankreich und Italien unterschrieben haben, ist ausdrücklich von einer EU-weiten Steuer die Rede. Aber nicht alle Länder, die die Einführung in den 27 EU-Staaten unterstützen, würden auch mitmachen, wenn die 17 Euro-Länder allein vorangehen müssten. Als unsichere Kandidaten gelten unter anderem Italien, Finnland und Luxemburg.
Damit reduzieren sich die politischen Optionen dramatisch. Entweder die Befürworter der FTT treiben das Projekt in einem noch kleineren Kreis voran. Schäuble nannte die Möglichkeit, die Steuer im Rahmen der „verstärkten Kooperation“ in der EU einzuführen. Hierfür würde es reichen, wenn sich neun EU-Staaten zusammentun. Doch je weniger mitmachen, desto geringer ist der wirtschaftliche Effekt, während das politische Risiko gleichzeitig wächst. Schäuble denkt daher in eine andere Richtung. Wenn man „die perfekte Lösung“ nicht erreichen könne, müsse man über Alternativen nachdenken. Gemeint ist: über eine abgespeckte Version der FTT.
Eine solche abgespeckte Version hätte für Schäuble den Vorteil, möglicherweise nicht nur die Briten, sondern auch die Kritiker in den eigenen Reihen zu besänftigen. Dazu gehört neben der FDP auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Der saß in Kopenhagen neben dem Finanzminister und machte aus seinen Vorbehalten keinen Hehl: Zusätzliche Einnahmen könne man mit der FTT möglicherweise erreichen, so Weidmann, die Auswirkungen auf die Finanzmärkte seien hingegen schwerer zu kalkulieren. Auf jeden Fall sinke die Liquidität. Schäuble nahm den Einwand schweigend zur Kenntnis.
Wie es nun weitergeht? Der Jäger 90 wurde unter diesem Namen nie gebaut. Stattdessen startete 2004 der erste Eurofighter – fast zwanzig Jahre nach dem Beginn der Diskussion.
Matthias Krupa, „Die europäische Finanzsteuer hat sich erstmal erledigt“, in: Zeit Online vom 31. März 2012, unter: Externer Link: http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-03/Finanztransaktionssteuer-aus