Es ist unverkennbar, welch großen Stellenwert digitale Medien in der Lebenswelt von Heranwachsenden haben. Neben den vielfältigen Potenzialen, die sich hierbei ergeben, sollten jedoch auch die Herausforderungen in den Blick genommen werden.
So können Kinder und Jugendliche durch digitale Inhalte, die noch nicht für ihr Alter geeignet sind, in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden. Vor diesem Hintergrund gibt es Bemühungen, Heranwachsende vor dem Zugang zu solchen Inhalten zu schützen bzw. ihnen den Zugang zu erschweren. Diese Maßnahmen können unter der Überschrift „Jugendmedienschutz" zusammengefasst werden.
Prinzip der Freiwilligen Selbstkontrolle
Der Gesetzgeber hat die rechtlichen Grundlagen für das Prinzip der regulierten Selbstregulierung geschaffen, indem die Zuständigkeiten und die Abstufungen der Altersfreigaben bzw. Sendezeitbeschränkungen im Jugendschutzgesetz und im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag geregelt sind. Auf dieser Grundlage dürfen Medienproduzent: innen an der Prüfung von Medieninhalten mitwirken, und die Einzelfallprüfung wird nicht von staatlichen (Zensur-)Behörden übernommen. Die Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle sorgen wiederum dafür, dass in ihren Prüfgremien Akteure aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen vertreten sind. Es wirken unter anderem Vertreter von Bund, Ländern, Kirchen, dem Zentralrat der Juden und des Bundesjugendrings mit.
In Deutschland gilt folgende Abstufung der Altersfreigaben:
Freigegeben ohne Altersbeschränkung,
Freigegeben ab sechs Jahren,
Freigegeben ab zwölf Jahren,
Freigegeben ab sechzehn Jahren,
Keine Jugendfreigabe.
Für die Prüfung von Filmen, die im regulären Kinoprogramm vorgeführt werden sollen oder die auf einem Trägermedium (z. B. DVD) verkauft werden, ist seit ihrer Gründung in den 1950er-Jahren die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (kurz: FSK) zuständig. Die Prüfung von Computerspielen übernimmt die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (kurz: USK), wobei Spieletester:innen im Vorfeld die vorgelegten Spiele sichten.
Während die Einhaltung des Jugendmedienschutzes im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor allem durch interne Kontrollmechanismen der Aufsichtsgremien gewährleistet werden soll, ist die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) der Ansprechpartner für die privaten Sender. Deren Prüfer:innen schauen sich an, ob die Ausstrahlung einer Sendung im Tagesprogramm unbedenklich ist oder ob sie im Hauptabendprogramm (ab 20 Uhr), im Spätabendprogramm (ab 22 Uhr) oder nur im Nachtprogramm (ab 23 Uhr) gezeigt werden sollte.
Die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (kurz: FSM) ist dem Namen nach zwar ebenfalls eine Einrichtung der Selbstkontrolle. Aber da bei Online-Medien keine umfassende Vorab-Prüfung vorgenommen werden kann, versteht sie sich eher als beratende Instanz für die Mitgliedsunternehmen, zu denen beispielsweise die Deutsche Telekom und Vodafone gehören.
Medienaufsicht
Während Altersfreigaben und Sendezeitbeschränkungen dafür sorgen sollen, dass Kinder und Jugendliche nicht zu früh mit entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten konfrontiert werden, können jugendgefährdende Inhalte von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (früherer Name: Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien) sogar indiziert werden.
Wenn Medien als jugendgefährdend eingestuft werden und in die Liste (den Index) der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen wurden, dürfen sie nicht mehr im Fernsehen gezeigt werden, im Einzelhandel nur noch an Erwachsene verkauft und nicht über den Versandhandel vertrieben werden. Diese weitreichenden Einschränkungen gelten mindestens 25 Jahre.
Neben der Bundeszentrale sind die Landesmedienanstalten und jugendschutz.net wichtige Einrichtungen, welche die Einhaltung des Jugendmedienschutzes und der deutschen Vorschriften beaufsichtigen.
Einzelfallprüfung
Ein wichtiges Prinzip des deutschen Jugendmedienschutzes ist die Einzelfallprüfung. Es gibt also kein vorgegebenes Raster, welches einfach abgehakt werden kann (z. B. die Anzahl der Gewalthandlungen). Vielmehr müssen sich die jeweiligen Prüfer:innen die Medieninhalte anschauen und individuell beurteilen, ob eine Entwicklungsbeeinträchtigung zu befürchten ist. Und da die Prüfgremien plural zusammengesetzt sind und verschiedene gesellschaftliche Gruppen (z. B. durch Personen aus den Bereichen Kunst, Literatur, Buchhandel und Verlagswesen, Anbieter von Bildträgern und Telemedien, Träger der freien Jugendhilfe, Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Lehrerschaft, Kirchen, jüdische Kultusgemeinden und andere Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind) vertreten sind, sollten die Urteile der Prüfgremien eigentlich einen gesellschaftlichen Konsens abbilden. Gleichzeitig lässt sich natürlich über einzelne Entscheidungen streiten.
Wirksamkeit und Relevanz von Medienkompetenz
Die verschiedenen Einrichtungen und die unterschiedlichen Maßnahmen leisten einen wichtigen Beitrag, um vor allem jüngere Kinder vor schädlichen Medieneinflüssen zu bewahren. Aber natürlich garantiert das keinen vollständigen Schutz. Dies galt auch schon vor dem digitalen Wandel. Wenn ältere Jugendliche gezielt nach ungeeigneten Inhalten suchen, dann werden sie auch entsprechende Wege finden. Und in Familien mit vernachlässigenden Eltern sind viele Maßnahmen deutlich weniger wirksam.
(© picture-alliance/dpa, dpa-infografik GmbH)
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Umso wichtiger ist es aus medienpädagogischer Sicht, die Medienkompetenz der Heranwachsenden zu fördern. Der Gesetzgeber sollte sich nicht länger nur auf (juristische) Vorgaben zur Medienaufsicht sowie entsprechende Maßnahmen bei Zuwiderhandlungen fokussieren. Aus medienpädagogischer Perspektive erscheint es mindestens ebenso wichtig, die strukturelle Verankerung des erzieherischen Jugendmedienschutzes und der Medienkompetenzförderung voranzubringen.
Durch die kritische Reflexion der eigenen (nicht immer altersentsprechenden) Mediennutzung können Kinder und Jugendliche den möglichen Risiken kompetent begegnen. Sie sollten lernen, wie sie Medien zielgerichtet und verantwortungsbewusst nutzen können. Auf diese Weise könnten sie auch (besser) mit Phänomenen wie Sexting, Cybermobbing und -grooming umgehen, die beim klassischen Jugendmedienschutz eher unberücksichtigt bleiben. Cybergrooming meint das gezielte Ansprechen von Minderjährigen im Internet durch Erwachsene mit dem Ziel der Anbahnung sexueller Kontakte.
Idealerweise sollte bereits in Kindertagesstätten und spätestens in der Schule vermittelt werden, wie kompetent, kritisch und zielorientiert mit Medien umgegangen werden kann. Und im Hinblick auf Social Media-Anwendungen wird es zukünftig immer wichtiger, auch den sozial verantwortlichen Umgang mit diesen Medienformen zu vermitteln.
Gleichzeitig sollten auch die Eltern noch stärker in den Blick genommen werden. Es sind weiterhin Angebote zu schaffen bzw. dauerhaft finanziell zu fördern, die Eltern dabei unterstützen, den (medien-)erzieherischen Anforderungen des digitalen Zeitalters in angemessener Weise zu begegnen.