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Wo Medienmenschen arbeiten: Internet, Pressewesen, Rundfunk | Massenmedien | bpb.de

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Wo Medienmenschen arbeiten: Internet, Pressewesen, Rundfunk

Markus Behmer Christoph Bieber Klaus Goldhammer Gerd Hallenberger Sonja Kretzschmar Annika Sehl Hermann-Dieter Schröder Markus Behmer / Christoph Bieber / Klaus Goldhammer / Gerd Hallenberger / Sonja Kretzschmar / Annika Sehl / Hermann-Dieter Schröder

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Der Newsroom der Tageszeitung "Frankfurter Rundschau". (© picture-alliance/dpa)

Internet

Als Keimzelle für das heute weltumspannende Computernetzwerk gilt das US-amerikanische ARPANET (Advanced Research Projects Agency Network), das bereits seit den 1960er Jahren Rechnersysteme an verschiedenen Standorten miteinander verband. Auf der Basis eines einheitlichen Übertragungsprotokolles ließen sich Datenpakete zwischen den einzelnen Knoten (nodes) des Netzwerkes versenden und empfangen. Aufgrund des militärischen Ursprungs stand die ausfallsichere Kommunikation zwischen den einzelnen Teilnehmern im Vordergrund. Dahinter stand die Annahme, dass ein auf verschiedene gleichberechtigte Standorte verteiltes Netzwerk einer "sternförmigen" Struktur mit einem zentralen Knotenpunkt überlegen sei. Aus diesem Grund sind noch heute Steuerung oder Kontrolle von Daten und Inhalten im Internet schwer umzusetzen.

Im Zuge mehrerer Entwicklungsschritte hat sich das heutige, längst nicht mehr nur auf traditionelle Computersysteme beschränkte Internet entwickelt. Auf die militärisch geprägte Gründungsphase folgte eine stärkere Nutzung im wissenschaftlichen Bereich, die 1989 mit der Entwicklung des World Wide Web einen weiteren Übergangspunkt hin zur öffentlichen Nutzung erreichte.

Die am Genfer CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire) entwickelte grafische Benutzeroberfläche ergänzte die bis dahin rein textbasierte Kommunikation um Möglichkeiten multimedialer Komponenten wie Ton, Bild und Bewegtbild. Damit war der Grundstein für den globalen Siegeszug der Online-Kommunikation gelegt. Allerdings dauerte es noch bis Mitte der 1990er Jahre, bis Internet-Browser wie MOSAIC (1993-1997), Netscape (1994-2002) oder Internet Explorer (seit 1995) das komfortable Betrachten von Online-Angeboten ermöglichten.

Auf die Entstehung einer leistungsfähigen und für viele Menschen gut zugänglichen Infrastruktur folgte in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre mit dem Boom der so genannten New Economy eine starke Wachstumsphase, die das Internet zu einem Massenphänomen werden ließ. Vor allem durch die von Risikokapitalgebern bereitgestellten finanziellen Mittel entstanden neue Internet-Unternehmen, die eine Vielzahl bisher nicht bekannter Dienstleistungen und Angebote entwickeln und auf den Markt bringen konnten. Zugleich begann in dieser Phase der Aufstieg von Suchmaschinen, Web-Verzeichnissen und Portalseiten wie Altavista, Yahoo und Google, die eine explosionsartig ansteigende Zahl von Webseiten zu ordnen und kategorisieren versuchten. Gekennzeichnet ist diese inzwischen als "Web 1.0" bekannte Phase der Internetentwicklung auch durch einen raschen Anstieg der Nutzerzahlen (1995: 16 Millionen; 1998: 147 Millionen; 2000: 360 Millionen) und die endgültige Etablierung des Internets als Massenmedium. Für Mitte 2010 weisen Statistiken (internetworldstats.com) weltweit knapp zwei Milliarden Nutzerinnen und Nutzer aus.

Einen Einschnitt in der Internet-Entwicklung markierte allerdings der so genannte Dotcom-Crash im Frühjahr 2000. Viele Geschäftsmodelle der so genannten Start-ups sahen zunächst das Anbieten kostenloser Services vor, nach erfolgreichem Markenaufbau sollten später Gebühren erhoben werden. Allerdings stellten sich die dafür notwendigen Reichweiten und Netzwerkeffekte nur selten ein. Dadurch gerieten viele der längst an der Börse notierten Unternehmen in eine Schieflage, mussten Personal abbauen oder vollständig schließen. Mit leichter Verzögerung erreichte diese Welle auch die europäische Internet-Ökonomie und sorgte in Deutschland vor allem unter den am "Neuen Markt" notierten Technologie-Unternehmen für Kurseinbrüche. Dem weltweiten Nutzerzuwachs tat dies allerdings keinen Abbruch, nicht zuletzt deshalb, weil das Internet aus dem Konsumalltag, aber auch aus Bildungseinrichtungen, der öffentlichen Verwaltung oder der privaten Kommunikation mit Freunden und Familienmitgliedern nicht mehr wegzudenken war.

Gerade aus den schmerzlichen Erfahrungen mit dem Platzen der globalen Spekulationsblase entstand nach einer Atempause der Begriff des "Web 2.0", mit dem das Aufkommen eines neuen Typs von Internet-Anwendungen und damit auch einer neuen Phase der Mediennutzung umschrieben werden sollte. Dabei stehen insbesondere solche Angebote im Mittelpunkt, die auf eine stärkere Einbindung "normaler" Internet-Nutzerinnen und -Nutzer ausgerichtet sind und die einfache Erstellung und Verbreitung von Online-Inhalten ermöglichen. Aufgrund der zwischenzeitlich vorangeschrittenen Hardware-Entwicklung, die zu einer massenhaften Verbreitung "digitaler Produktionsmittel" wie Computer, Digitalkameras, Camcorder oder Smartphones geführt hat, ist der Umgang mit "nutzergenerierten Inhalten" (user generated content) zum bestimmenden Merkmal dieser Phase der Internet-Entwicklung geworden.

QuellentextiPolitics " Grundbegriffe

Blog, das auch der, (engl.) (kurz für Weblog) ein auf einer Internetseite geführtes, meist öffentliches Tagebuch oder Magazin, dessen Beiträge in umgekehrt-chronologischer Abfolge aufgelistet sind. Die Gesamtheit aller Blogs wird wegen ihrer oft engen Vernetzung als Blogosphäre bezeichnet. Insbesondere in repressiven Régimen haben sich Blogs als wichtiges Mittel zur politischen Meinungsäußerung etabliert.
e-democracy, - , (engl.) die Wahrnehmung demokratischer Rechte über elektronische Informations- bzw. Kommunikationstechnologien. Beispiele für e-democracy sind Online-Petitionen, Internetwahlen (I-Voting) oder Internetwahlkampf. In dieser Hinsicht unterscheidet sich e-democracy als Teil der politischen Willensbildung von e-government, das lediglich die Verlagerung administrativer Prozesse und Verwaltungsdienstleistungen ins Internet bezeichnet.
Open Content, - , (engl.) beschreibt die Ausweitung des ? Open-Source-Prinzips von der Software-Entwicklung auf alle Bereiche kreativer oder intellektueller Arbeit. Rechtliche Grundlage ist eine Lizenz, die das Nutzen, Kopieren und Weiterverbreiten der Werke explizit gestattet. Das derzeit größte Open Content-Projekt ist die Internet-Enzyklopädie Wikipedia.
Open Government, - , (engl.) öffentliche Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit von Regierungs- und Verwaltungstätigkeit auf der Grundlage von Transparenz und umfassenden informationellen Freiheiten. In diesem Sinne ist Open Government essenzieller Bestandteil demokratischer Regierungssysteme. Beispiele sind die Veröffentlichung von Parlamentsprotokollen oder die konstitutionelle Verankerung der Pressefreiheit. Neuere Ansätze gehen über dieses Verständnis von Open Government jedoch deutlich hinaus. Durch die Verwendung von Web 2.0-Technologien erhoffen sich Verfechter eines erweiterten Open Government-Begriffs eine größere Beteiligung der Bürger am politischen Willensbildungsprozess [...].
Open Source, die, (engl.) (kurz für OpenSource-Software) Software, deren Quellcode frei zugänglich ist und laut ihrer Lizenz von jedem Anwender genutzt, verändert und weiterverbreitet werden darf. Dadurch unterscheidet sich Open Source grundlegend von den urheberrechtlich geschützten Programmen der kommerziellen Software-Industrie. Des Weiteren werden Open Source-Programme selten gezielt entwickelt und getestet. Vielmehr durchlaufen sie einen quasi-evolutionären Prozess, in dem sie von einer Vielzahl von Nutzern permanent verbessert werden. Beispiele für Open-Source-Programme sind das Betriebssystem Linux oder der Internetbrowser Mozilla Firefox.
Twitter, - , (engl.) ein so genannter Mikroblogging-Dienst, der es Nutzern erlaubt, Kurznachrichten mit einer Länge von bis zu 140 Zeichen per Internet oder Mobiltelefon zu versenden. Die Mitteilungen eines Nutzers erhält, wer dessen Beiträge (Tweets) abonniert und so zum "Follower" der entsprechenden Person wird. Das Programm ist primär ein Medium zur einseitig gerichteten Echtzeitkommunikation. Indem Nutzer ihre Tweets gegenseitig abonnieren, kann "twittern" auch dialogische Formen annehmen.

iPolitics Dictionary (Auszüge), in: IP (Internationale Politik) Juli/August 2009, S. 16 f.

Als typische Anwendungsformen in diesem neuen "Lebensabschnitt" des Internets haben sich Weblogs (kurz: Blogs) und Soziale Netzwerke im Alltag vieler Nutzer etabliert. Weblogs sind zunächst nicht mehr als eine besondere technische Gestaltungsform einzelner Websites, die aus der kontinuierlichen Abfolge von Texten bestehen, die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen veröffentlicht werden. Auch namentlich stand dabei das "Logbuch" Pate " allerdings mit dem wichtigen Unterschied, dass die Einträge für eine Vielzahl von Lesenden unmittelbar verfügbar sind. Technisch aufwändigere Weblogs integrieren neben Textelementen auch Fotos oder Videos und können zudem von mehreren Autoren gleichzeitig mit Inhalten versorgt werden. Gewissermaßen als "akustisches" Gegenstück zu Blogs gelten die Podcasts. Dies sind im Internet zugängliche Audiodateien, die mittels geeigneter Endgeräte wie mp3-Player oder Smartphones auch abseits fest installierter Computer gehört werden können.

QuellentextDeutsche Blogosphäre

[...] Heute dauert es fünf Minuten, ein [Blog] einzurichten. Danach hat man eine eigene Adresse im großen, weiten, endlosen Internet. Eine Adresse, die außer einem selbst allerdings erst einmal niemand kennt.
[...] In den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende entstehen viele der heute bekannten Blogs. Sie heißen spreeblick, wirres.net, blogbar, bildblog, netzpolitik, basicthinking, riesenmaschine. Ihre Autoren [...] sind sich einig darin, Avantgarde zu sein. Die meisten von ihnen sind zwischen Ende zwanzig und Ende dreißig, viele studieren, und einige haben bereits erfahren müssen, dass sie in den Organisationen, in denen sie eine Karriere beginnen wollen, Verlage, Agenturen, Parteien, nicht so frei arbeiten können, wie sie dachten. Also entscheiden sie sich dafür, außerhalb der verknöcherten Strukturen etwas aufzubauen. [...]
Markus Beckedahl hat vor acht Jahren mit dem Bloggen begonnen. Er nahm an einer Konferenz zur Zivilgesellschaft teil, über die kein Journalist berichtete. Also schrieb er ins Netz, was passierte. Er hat sich für Politik interessiert, [...]. Aber er fand kein Verständnis für die Themen, aus denen sich der Name seines Blogs zusammensetzt: netzpolitik. Viele der Auseinandersetzungen, die das Netz in den letzten Jahren mit der Politik hatte, hat Markus Beckedahl begleitet oder organisiert. Er ist ["] inzwischen ein wichtiger Faktor in der Blogosphäre, er kann Themen lenken, sie größer oder kleiner machen. Er weiß, dass darin eine Versuchung liegt, aber sie scheint ihn nicht zu reizen. Er klingt eher enttäuscht, wenn er sagt, dass sich die Leute letztlich immer für dieselben Muster interessierten " klein gegen groß, Netz gegen Institution, jung gegen alt. Das ist der Kampf, in welchen die Blogosphäre offenbar gern zieht: kleine, junge Netzbewohner gegen große, alte Institution.
Unter den Medien, die von Bloggern gern "Holzmedien" genannt werden, gibt es einen Wettbewerb, der misst, welche Zeitung oder Zeitschrift von anderen am häufigsten zitiert worden ist [...]. Unter Bloggern gibt es das Instrument auch. Es nennt sich Blogcharts und führt die hundert bekanntesten von ihnen auf. Darunter finden sich seit Jahren dieselben Namen. Zwischen ihnen hat sich ein System herausgebildet, das immer wieder aufeinander Bezug nimmt und sich so selbst erhält. Es ist nicht anders als in den klassischen Medien. Wer groß ist, dem fällt es leicht, groß zu bleiben. Wer klein ist, muss sich arrangieren, sonst kommt er nicht hinein. Es gibt noch eine Gemeinsamkeit: Die ersten 34 Blogs werden alle von Männern geführt. Erst dann kommt eine Frau.
Anne Roth hat mit dem Bloggen angefangen, nachdem ihr Mann verhaftet worden war. Der Staatsanwalt warf ihm vor, Mitglied in einer linken, terroristischen Vereinigung zu sein. Ein Vorwurf, den sie so unhaltbar fand wie die meisten Medien, die später über den Fall berichteten. Einige Wochen lang schrieb sie über das Gefühl, überwacht zu werden, das jede Regung des Alltags vergiftet, und stellte die Texte auf ihr Blog. Sie wollte das nicht für sich behalten, unternahm aber auch nichts, um gefunden zu werden. Als es dann passierte, weil Blogs wie netzpolitik auf sie hingewiesen hatten, bekam sie auf einen Schlag mehrere tausend Leser und tauchte in den Blogcharts auf.
[...] Wer sich die Karte der deutschen Blogosphäre ansieht, sieht, dass der Bereich, über den geredet wird, wenn über Blogs geredet wird, nur ein kleiner ist. Es gibt Blogs zu allen möglichen Themen außerhalb von Netz und Medien. Das beginnt beim Angeln, geht über Kochen und hört beim Stricken nicht auf. Blogs, die sich mit Mode beschäftigen, bilden eine der aktivsten Gemeinschaften, ["].
[...] Geld ist früh ein Thema gewesen in der Blogosphäre und eins geblieben. Die einen lehnen es ab, weil Bloggen ihr Hobby ist und sie sich nicht an einen Markt anschließen wollen, in dem alles verwertbar sein muss. Für die anderen ist es das einzige Mittel, etwas Haltbares aufzubauen, das nicht von der nächsten Neuerung eingeebnet wird. [...] In Wahrheit [...] können vom Bloggen bis heute nur Leute leben, deren Inhalte für die Werbung interessant sind, weil sie sich mit Mode oder Technik beschäftigen. Für Blogs, die sich auf die Persönlichkeit ihres Bloggers verlassen, trifft das selten zu. [...]

Marcus Jauer, "Deutsche Blogger", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. April 2010

Durch ihren originären Charakter als Online-Publikation werden vor allem Blogs als eine Konkurrenz zu traditionellen Print-Publikationen wie Tages- und Wochenzeitungen oder Magazinen angesehen. Längst ergänzen auch viele professionelle Nachrichtenanbieter ihre Online-Angebote mit Weblogs, in denen fest angestellte Redakteure oder freie Mitarbeiter als Blogger zusätzliche Inhalte für den Online-Auftritt produzieren. Populäres Beispiel für ein Blog ist etwa das bildblog, das durch den selbst als Blogger aktiven Medienjournalisten Stefan Niggemeier mitbegründet wurde. Inzwischen als Gruppenblog organisiert, sammelt und publiziert das Blog Leserkommentare zu fehlerhaften oder ungenauen Artikeln in der Bild-Zeitung. Findet in Weblogs eine solche Form der "Online-Beobachtung" statt, spricht man von watchblogs, die zum Beispiel auch das Handeln von Konzernen oder Politikern zum Gegenstand haben können. Im unmittelbar politischen Umfeld wurden Blogs vor allem im Bundestagswahlkampf 2005 als populäres Kampagnenformat von Parteien und Kandidaten genutzt, im Vorfeld der Landtagswahl 2010 in Nordrhein-Westfalen hatte sich das Weblog "Wir in NRW" mit Berichten über Unregelmäßigkeiten in der CDU bemerkbar machen können. Auch wenn die Publikation der Inhalte zunächst auf das Internet begrenzt ist, so verschwimmen die Grenzen zu den traditionellen Massenmedien immer mehr. Längst nutzen Journalisten seriös geführte Blogs auch als Quelle für ihre Berichterstattung und sorgen so für eine Ausweitung von deren Reichweite.

Seit etwa 2007 begann schließlich der Siegeszug der "Sozialen Netzwerke", die aktuell als populärste und zugleich prägende Erscheinungsform der Online-Kommunikation gelten können. Bei Angeboten wie Facebook, StudiVZ oder MySpace handelt es sich um Internet-Plattformen, die ihren registrierten Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit bieten, persönliche Informationen auf einer eigenen Profilseite darzustellen, Daten mit anderen Nutzern auszutauschen und auf diese Weise je eigene Kontaktnetzwerke zu erstellen. Innerhalb dieser Netzwerke können die Nutzer individuell miteinander kommunizieren, sich zu Gruppen zusammenschließen oder auch andere Online-Inhalte wie etwa bereits existierende Weblogs einbinden. Auf diese Weise sind überaus reichweitenstarke Netzwerke entstanden, die seit dem Wahlkampf von US-Präsident Barack Obama 2008 auch systematisch für politische Zwecke genutzt werden. Durch die Abhängigkeit der Nutzerinnen und Nutzer von den kommerziellen Anbietern der Plattformen sind Unternehmen wie Facebook oder StudiVZ zuletzt häufig kritisiert worden, da der sichere Umgang mit personenbezogenen Daten nicht immer gewährleistet war. Perspektivisch scheinen Soziale Netzwerke geeignet, wichtige Knotenpunkte für die Online-Kommunikation vieler Menschen zu sein, da immer bessere Möglichkeiten zur Integration verschiedener Arten von Information bei der gleichzeitigen Verbindung zu persönlichen Kommunikationsnetzen bestehen.

Mobile Kommunikation

Das "Handy": Jeder hat es. In den Haushalten, in denen Jugendliche im Alter von zwölf bis 19 Jahren leben, liegt die Versorgung durch Medien wie Mobiltelefone, Computer und Internetzugang bei 100 Prozent. Dies zeigen die Ergebnisse der JIM-Studie 2009 (JIM = Jugend, Information, Multimedia), die jedes Jahr das Medienverhalten von Jugendlichen im Alter von zwölf bis 19 Jahren untersucht. Die häufigsten Funktionen, die von Jugendlichen genutzt werden, sind die Kommunikation per SMS, das Telefonieren über das Handy und das Abspielen von Musik. Dafür geben sie im Durchschnitt etwa 18,45 Euro im Monat aus. Für die Jugendlichen ist das Mobiltelefon zum täglichen Begleiter durch den Alltag geworden. Die angebotenen Dienste werden dabei immer vielfältiger: Kommunikation über mobile soziale Netzwerke findet ebenso statt wie die Information über lokale Dienste, Unterhaltung über Musik- und Bewegtbildnutzung oder zum Beispiel das mobile Bezahlen von Eintrittskarten. Der Markt der Angebote ist dabei sehr dynamisch: Im ersten Halbjahr 2010 wurden beispielsweise 78 Prozent mehr mobile Zusatzanwendungen, so genannte Apps (applications), heruntergeladen, als noch im Jahr 2009. Allein in diesem Segment wurden innerhalb von sechs Monaten 157 Millionen Euro umgesetzt. Für das Jahr 2010 rechnen Branchendienste mit einem Umsatzwachstum von 81 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Dynamik betrifft allerdings alle Nutzerinnen und Nutzer der Mobiltelefonie, nicht nur die Jugendlichen (BITKOM 2010).

Mobile Kommunikation ist kein eigentlich neues Phänomen: Seit fast 25 Jahren werden in Deutschland Mobiltelefone genutzt. Überdies ist die "Mobilität", die "Beweglichkeit" eines Mediums, keine Eigenschaft, die allein auf das Mobiltelefon zutrifft. Auch die Tageszeitung ist ein mobiles Medium, das sich an jeden Ort der Welt bewegen und überall leicht nutzen lässt " man denke nur an das Zeitunglesen im Zug, eine klassische Art der mobilen Mediennutzung. Tatsächlich werden die Mediennutzer selbst mobiler, ihnen entsprechen Medien, die sich diesen Lebensgewohnheiten in Angeboten und Nutzungsmöglichkeiten anpassen. Das Internet, als dauerhaft aktuelles Medium, war ursprünglich für eine stationäre Mediennutzung entwickelt worden. In der Mobilkommunikation treffen nun beide Aspekte zusammen: Die Mobilität eines Printmediums verbindet sich mit der Aktualität des Internets. Mit der mobilen Internetnutzung auf dem Handy wird die mediale Überwindung von Raum und Zeit erstmals in größerem Umfang möglich.

Während die Entwicklung des Mobiltelefons als Medium der Kommunikation zwischen Individuen begann, so werden mittlerweile auch massenmediale Inhalte über das Mobiltelefon angeboten. Nahezu jede Tageszeitung, jeder Fernsehsender spielt seine Inhalte auch über das Mobiltelefon aus. In welche Richtung sich journalistische Inhalte in Zukunft entwickeln, ob es eher Handyfernsehen sein wird, eher ein Textmedium oder eine Art "visuelles Radio" ist dabei offen. Das kommunikative Potenzial des Mediums Mobiltelefon ist in jedem Fall noch nicht ausgeschöpft.

Internet und Politik

Die konkret politische Nutzung des Internets erfährt seit Mitte der 1990er Jahre regelmäßige Innovationsschübe im Umfeld von Wahlen: Erste Schauplätze für die systematische Nutzung durch politische Akteure waren die Präsidentschaftswahlen in den USA von 1996, die General Election in Großbritannien ein Jahr später und die Bundestagswahl in Deutschland 1998. Auch bei den späteren Urnengängen setzten Parteien und Politiker regelmäßig auf neue Errungenschaften der Online-Kommunikation, um den direkten Wählerkontakt herzustellen oder durch innovative Aktionen die Aufmerksamkeit der traditionellen Massenmedien zu erregen. So wurden etwa im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl 2000 erstmals Online-Spenden erhoben, erlebten politische Blogs bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 eine kurze Blüte und in Großbritannien 2010 gab es als Ergänzung zu den TV-Debatten erstmals auch eine offizielle Auseinandersetzung der Spitzenkandidaten, die von den Online-Diensten Facebook und YouTube angeboten wurde.

Eine deutsche Besonderheit der wahlkampfbezogenen Online-Kommunikation ist das Phänomen des "Offline-Herbstes": Zum Ärger interessierter "Netzbürger" ging nach sämtlichen Bundestagswahlen seit 1998 die aktive Internet-Nutzung durch Politiker und Parteien jeweils rasant zurück, um sich erst mit dem Start in die nächste Kampagnenphase wieder zu verstärken. Diese Wellenbewegung zeigt, dass die meisten Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Politik das Internet bislang reduziert als "Verteilmedium" nutzen: In Kampagnenzeiten dominiert der Wunsch zur Verbreitung von Werbebotschaften, die Nähe zum Bürger findet nur im Vorfeld von Wahlen statt. Angebote zur Mitwirkung oder zumindest die Dialogbereitschaft mit via Internet aktiven Bürgerinnen und Bürgern sind im politischen Alltagsgeschäft bislang die Ausnahme.

Als Schlüsselereignis gilt dennoch der umfassende Einsatz des Internets im Wahlkampf von Barack Obama, der im November 2008 zum 44. Präsidenten der USA gewählt wurde. Bereits mit dem Beginn der Kampagne hatte der Kandidat im Frühjahr 2007 seine Ambitionen per YouTube-Video verkündet, in der Folgezeit sammelte er mehr als eine halbe Milliarde Dollar an Wahlkampfspenden im Netz und scharte bis zum Wahltag 2,4 Millionen Facebook-"Freunde" um sich. Die intensive und variable Einbettung der Online-Kommunikation in sämtliche Wahlkampfphasen gilt seitdem als Orientierungspunkt für Politiker und Parteien in aller Welt, wenn es um die zeitgemäße Gestaltung von Kampagnen geht. Allerdings sind dabei die jeweiligen nationalen Bedingungen zu beachten. So stellen die politischen Parteien vor allem in Deutschland die wichtigsten Akteure für die politische Auseinandersetzung dar.

Doch hat sich gezeigt, dass gerade die großen Mitgliederorganisationen die Online-Nutzung zu politischen Zwecken nicht nur fördern, sondern auch hemmen können. Vor allem die Gewinnung neuer Unterstützer in Sozialen Netzwerken erweist sich als problematisch, da die Parteimitglieder die nur lose an die Parteiangebote gekoppelten "Freunde", "Follower" oder "Fans" bisweilen auch als unliebsame Konkurrenz um innerparteilichen Einfluss sehen: Bislang garantierte der Besitz eines "Parteibuchs" exklusive Beteiligungsrechte an innerparteilichen Diskussions- und Entscheidungsprozessen, inzwischen werden auch Äußerungen in Sozialen Netzwerken von Amts- und Mandatsträgern wahrgenommen und eröffnen neue Konfliktlinien. Interessierte Onliner hingegen werden von den hermetischen Parteistrukturen nicht selten von einer weiteren politischen Beteiligung außerhalb des Netzes abgehalten.

Außerhalb der Institutionenlandschaft bilden in Deutschland insbesondere große Nachrichtenportale der traditionellen Massenmedien wie Spiegel Online, Zeit Online, Tagesschau.de oder heute.de ein wichtiges Bindeglied der traditionellen Massenmedien zur politisch interessierten Öffentlichkeit. Allerdings wirken zunehmend auch neue Medienakteure an politischen Online-Diskussionen mit " typische Beispiele sind spezialisierte Plattformen zur Begleitung politischer Internet-Aktivitäten wie wahl.de oder politik-digital.de, journalistisch orientierte Angebote wie die Weblogs netzpolitik.org und CARTA.info oder kurzfristige Kampagnen aktiver Bürger. Diese können sich sowohl gegen umstrittene Gesetzgebungsverfahren wenden (wie die Kampagne gegen die Einführung von Internet-Sperren) oder Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten unterstützen (Unterstützung für Joachim Gauck 2010). Die Themen der Netzaktivisten umfassen längst ein breites Spektrum und sorgen für ein politisches Grundrauschen im Internet. Fallweise erreichen die neuen Beteiligungsformen eine hohe Aufmerksamkeit im Rahmen von Online-Kampagnen, etwa bei der digitalen Vorbereitung und Organisation der Proteste gegen die Castor-Transporte oder im Umfeld der europaweiten Studierendenstreiks gegen die Bologna-Reform. Hierdurch werden politische Parteien und Institutionen immer häufiger herausgefordert und reagieren mitunter durch die Anpassung bereits laufender Verfahren " ein gutes Beispiel für den Einfluss politischer Online-Kommunikation ist etwa die Durchführung des Schlichtungsverfahrens beim Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21".

Eine besondere Rolle für die politische Entwicklung des Internets nimmt seit wenigen Jahren die Diskussion um den Umgang mit urheberrechtlich geschütztem Material ein " im Zuge der Kontroversen um das Kopieren und Verbreiten von Musik- oder Videodateien hat sich mit der in verschiedenen europäischen Ländern vertretenen Piratenpartei eine politische Organisation formiert, die für einen offeneren Umgang mit solchen Daten eintritt und damit vor allem Vertreter aus Musikindustrie und Verlagswesen zu Gegnern hat. Mit dieser Entwicklung ist auch die Entstehung des Politikfeldes "Digitale Bürgerrechte" zu beobachten. Neben dem Urheberrecht bilden hier Fragen zur Vorratsdatenspeicherung, zu Datenschutz und zur Datensicherheit sowie zur Überwachung, Kontrolle und ggf. Unterdrückung von Online-Inhalten ein Themenbündel, das bislang von den etablierten Parteien nur unzureichend behandelt wurde und daher den raschen Aufstieg der Piratenpartei sowie eine intensivere Diskussion dieser Schwerpunkte innerhalb der etablierten Parteien begünstigt hat.

QuellentextPolitische Kommunikation in Zeiten des Web 2.0

[...] Längst ist für die 18- bis 29-Jährigen das Internet vor dem Fernsehen die wichtigste Quelle für politische Informationen. Dies ist auch die Alterskohorte, die zum Beispiel E-Mails an Politiker schreibt, anstatt das persönliche Gespräch zu suchen oder Briefe zu senden. [...]
Untereinander hat sich das Kommunikationsverhalten der netzaffinen 18- bis 29-Jährigen noch weit gravierender verändert. [...] Den interessanten politischen Artikel von Spiegel-Online liest man nicht mehr, weil man ihn dort bei der laufenden Suche nach Updates aufgestöbert hat, sondern weil ihn der Kontakt aus dem persönlichen Netzwerk bei Facebook etwa verlinkt hat. Der Kontakt liefert nicht nur den Link, sondern teilt auch gleich seine persönliche Sicht der Dinge dazu mit. Diese wird dann entweder still zur Kenntnis genommen, ignoriert oder wiederum kommentiert. ["] Jedoch findet dieser Prozess verstärkt im Internet statt. [...]
Mit dem Informationsverhalten ändert sich auch die Erwartung an die Kommunikation von Politikern. ["] Während die Menschen skeptischer gegenüber Politikern werden und sich nicht mehr gänzlich auf eine Partei festlegen wollen, verlangen sie nach (neuen) Formen der Mitsprache und Mitbestimmung bei politischen Prozessen. Das Internet bietet die Chance, dieses Verlangen zu kanalisieren und die Kräfte in einer Partei einzubinden. Dazu müssen innerparteiliche Diskurs- und Entscheidungsprozesse angepasst werden. Die bereits seit einigen Jahren vorhandenen internen Netze der Parteien, teilweise institutionalisierte Online-Beteiligungsstrukturen, sind da nur ein erster Schritt. [...]
Eine entscheidende Frage ist, inwieweit es Parteien gelingt, sich zu öffnen und mit der Konkurrenz von Single-Issue-Kampagnen im Internet umzugehen. Wie an den Aktienmärkten können die Bürger mittlerweile auch im politischen Prozess bei der Suche nach "strategischen Partnern" diversifizieren. Sie können aus einem breiten Angebot von beispielsweise Nichtregierungsorganisationen und Bürgerinitiativen auswählen.[...]
Wie die E-Petition beim Bundestag zum Thema Netzsperren gezeigt hat, kann mit vergleichsweise niedrigem Aufwand online mehr erreicht werden als in einer langwierigen Sitzung im Ortsverband, die möglicherweise kaum Platz im Terminkalender findet. [...] Einen Informationsvorsprung durch Parteimitgliedschaft gibt es kaum noch. [...]
Nicht gebunden an Ort und Zeit, scheint das Internet für viele die günstigere Alternative. Während die Möglichkeiten der Partizipation über das Internet sicherlich einen Gewinn für die Politik im Allgemeinen darstellen, sind sie per se noch kein Garant für die Erhöhung der Attraktivität von Volksparteien. Parteien müssen verstehen, dass nicht alles, was sie ins Internet stellen, euphorisch erwartet wird. Dies gilt auch und insbesondere für Angebote der Partizipation, die über den einfachen Klick hinausgehen. [...] Je höher der (Zeit-)Einsatz, der im politischen Prozess als Investment gefordert wird, desto geringer ist die Anzahl der Teilnehmer. Auch dieser Grundsatz gilt online wie offline. Nahezu alle Parteien sind daher auf der Suche danach, wie sie attraktive und passende Angebote für möglichst viele Bürger schaffen können.
[...] Multiplikatoren " online und offline " werden als vertrauenswürdige Quellen politischer Informationen immer wichtiger. Gerade vor dem Hintergrund des schwindenden Vertrauens in Medien. Das Web 2.0 schafft hier die Möglichkeit, wieder relevante Größenordnungen zu erreichen. Der Aufwand für politische Hausbesuche im Wahlkampf ist deutlich größer als der für einen Twitter-Beitrag oder eine Facebook-Nachricht. In beiden Fällen kann man aber die persönliche Sicht der Dinge anderen Menschen nahebringen und für die eigene politische Ansicht werben. In Zeiten, in denen sich tendenziell weniger Menschen finden, die sich auf dem Wochenmarkt an den Informationsstand stellen, erlaubt das Web 2.0 damit quasi den Rückschritt zur basisorientierten Parteiarbeit.
[...] Bislang ist die politische Partizipation im Internet eine "Spielfläche", die überwiegend beherrscht wird von jungen, formal überdurchschnittlich gebildeten Menschen; überwiegend Männern. Es ist nicht nur die Politik, die lernen muss, mit den neuen Instrumenten des Web 2.0 umzugehen. Auch die breite Masse der Nutzer " Bürger und Wähler " wird sich erst langsam der (politischen) Informations- und Einflussmöglichkeiten bewusst. [...] Das Internet [...] trägt maßgeblich zum Erfolg oder Misserfolg einer Kampagne bei und kann ein entscheidender Pfeiler für die Organisation von Politik und Partei sein. [...] Dies wird nur gelingen, wenn man sich auf das Medium einlässt und seine Nutzer ernst nimmt " ohne dabei aber zu verkennen, dass das Internet für breite Teile der Gesellschaft noch nicht zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Erst recht gilt dies für die Möglichkeiten der politischen Partizipation. Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man über die neue "Wunderwaffe" spricht. [...] Ralf Güldenzopf, Stefan Hennewig, "Im Netz der Parteien", in: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. (Hg.), Die Politische Meinung Nr. 484, Sankt Augustin, 8. März 2010, S. 44 Externer Link: http://www.politische-meinung.de

Der Printmarkt in der Bundesrepublik Deutschland

Am Anfang war Gutenberg. Um 1450 entwickelte Johannes Gensfleisch, wie er eigentlich hieß, in Mainz den Buchdruck mit beweglichen Lettern vor allem aus Blei und brachte die Druckbögen mit Hilfe einer umgebauten Weinpresse auf Papier. Mehr als 500 Jahre lang basierte das Druckwesen auf seiner Erfindung; erst mit Lichtsatz und Computertechnik ging die "Bleizeit" zu Ende. Eine ganze Mediengattung trägt aber weiterhin ihre Bezeichnung nach der Technik à la Gutenberg: die Presse. Ihre Erzeugnisse sind von beeindruckender Vielfalt.

Deutschland gehört weltweit zu den Spitzenreitern mit einer "Zeitungsdichte" von immerhin noch 300, während in den USA und Frankreich nur rund 150 Zeitungen pro 1000 Einwohner gedruckt werden, in Italien etwa 100 und in vielen anderen Teilen der Welt noch weit weniger. Fast 70 Prozent der Deutschen geben bei Umfragen an, täglich Zeitung zu lesen, durchschnittlich knapp eine halbe Stunde lang. Manche Blätter haben nur eine Auflage von wenigen hundert Exemplaren, die anderer geht in Millionenhöhe " wie etwa die der Bild, deren Verbreitung in den vergangenen Jahren zwar rückläufig ist, die aber immer noch fast drei Millionen Exemplare täglich verkauft.

Ein paar Zahlen: In Deutschland gab es 2010 mehr als 1500 verschiedene Ausgaben von Tageszeitungen mit einer täglichen Gesamtauflage von 20 Millionen und gut 30 Wochen- und Sonntagszeitungen mit zusammen fünf Millionen Exemplaren. Kaum exakt zählen lassen sich die Zeitschriften " kein Kiosk könnte sie alle anbieten. Allein der Bereich der sich an eine breite Leserschaft wendenden "Publikumszeitschriften" umfasst rund 900 Titel, die gemeinsam in jedem Erscheinungsintervall (meist wöchentlich oder 14-täglich) rund 115 Millionen Exemplare verkaufen, dazu gibt es etwa 3700 Fachzeitschriften mit einer Auflage von mindestens 15 Millionen. Weiter erscheinen wenigstens 1400 Anzeigenblätter, die 80-millionenfach an alle deutschen Haushalte verteilt werden, und zehntausende Vereinsblätter, Werks- und Betriebszeitschriften, Kundenorgane, Schülerzeitungen, Mitteilungen von Bürgerinitiativen, den Kirchen und anderen weltanschaulichen Gruppen. Und auch das (neben dem Buch) älteste gedruckte Massenmedium gibt es weiterhin: Flugblätter " heute vor allem in Form von Veranstaltungsankündigungen, Werbeflyern oder Handzetteln bei Demonstrationen.

Erst in jüngster Zeit ist im Pressemarkt eine Stagnation auf hohem Niveau festzustellen " bei teils bedenklichen Rückgang insbesondere in klassischen Zeitungsmärkten wie Europa und den USA.

Im Jahr 1605 schlug im damals deutschen Straßburg die Geburtsstunde der eigentlichen Zeitung " regelmäßig wurde hier nun die Relation gedruckt, ein wöchentlich erscheinendes, dünnes Nachrichtenblatt, redigiert, hergestellt und vertrieben von dem Drucker Johann Carolus. 45 Jahre später erschien in Leipzig die erste Tageszeitung. Doch tägliche Erscheinungsweise blieb zunächst eine Ausnahme " die erst im 19. Jahrhundert zur Regel wurde.

Inhaltlich und optisch änderten sich die Zeitung mehr als zwei Jahrhunderte lang wenig. Die in der Regel kleinformatigen Blätter brachten eine nur durch Orts- und Datumsangaben geordnete Zusammenstellung von Nachrichten über politische und militärische Ereignisse, Unglücksfälle, Naturkatastrophen usw. Überschriften und Illustrationen fanden erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt Eingang in die Zeitungen, Fotos erst nach 1920. Zunehmend große Formate und die Vielzahl unterschiedlicher, teils informierender, teils wertender Darstellungsformen wie Hintergrundberichte, Reportagen, Interviews, Glossen, Kommentare, Leitartikel und Kritiken entwickelten sich ebenfalls erst im 19., teils im frühen 20. Jahrhundert.

Frei war die Presse in ihrer rund 500-jährigen Geschichte selten " und sie ist es auch heute noch weltweit gesehen in den meisten Ländern nicht. Nach einer Studie der amerikanischen Menschenrechtsorganisation Freedom House leben im Jahr 2010 nur 16 Prozent aller Menschen in Staaten, deren Medien als frei eingestuft werden können. Deutschland gehört zu diesen Ländern, doch erst 1874 wurde hier durch das Reichspressegesetz die Pressefreiheit gesetzlich verbürgt " wenn auch längst nicht immer umgesetzt. Im Ersten Weltkrieg, besonders scharf dann in den zwölf Jahren der nationalsozialistischen Diktatur, auch wieder in der DDR wurden Medien systematisch gelenkt und teils verboten, Journalisten instrumentalisiert und inhaftiert, freie Meinungsäußerungen unterdrückt. In Westdeutschland standen die Medien nach Kriegsende zunächst unter der Kontrolle der Siegermächte " zur Herausgabe von Printprodukten bedurfte es einer Genehmigung. Die meisten der heute bedeutendsten Zeitungen sind in dieser Lizenzzeit entstanden.

Als mit der Gründung der Bundesrepublik 1949 wieder jeder eine Zeitung oder Zeitschrift gründen konnte, gab es zunächst eine kaum überschaubare Vielzahl. Nachdem sich gegen Mitte der 1950er Jahre feste Strukturen herausgebildet hatten, setzte sich auf dem deutschen Pressemarkt ein Konzentrationsprozess fort. Wichtigstes Zählmaß ist hier die Anzahl der Publizistischen Einheiten. Zu ihnen werden alle Zeitungen zusammengefasst, die inhaltlich identische Teile haben, also redaktionell nicht selbstständig sind, sondern bestimmte Seiten (meist den allgemeinen politischen Teil) von einer Zentralredaktion übernehmen. Gab es 1954 noch 225 Publizistische Einheiten, so waren es 1989 nur mehr 119. Durch die deutsche Vereinigung kamen 37 hinzu; bis 2010 sank die Gesamtzahl aber wieder auf 134. Trotz dieses Konzentrationsvorgangs gibt es in Deutschland eine relativ vielfältige lokale und regionale Presse. Allerdings existiert in fast drei Fünfteln aller Landkreise und kreisfreien Städte nur je eine Zeitung mit lokaler Information. Hoch konzentriert ist der Zeitungsmarkt insbesondere in Ostdeutschland, wo auch heute noch viele der wichtigsten Titel aus der DDR, die ehemaligen Bezirkszeitungen der einst alles bestimmenden Partei SED, den Markt beherrschen. Inhaltlich haben sie sich freilich völlig gewandelt, und sie sind nach 1990 durchweg in den Besitz großer westdeutscher Presseverlage übergegangen.

Größtes deutsches Zeitungsunternehmen ist der Axel Springer Verlag mit Zeitungen wie Bild und Welt sowie einem Marktanteil von 22 Prozent, gefolgt von der Südwestdeutschen Medienholding (einer Verlagsgruppe, der verschiedene Zeitungen in Baden-Württemberg und auch die Süddeutsche Zeitung mehrheitlich gehören) mit 8,5 Prozent und der WAZ-Gruppe aus Essen mit sechs Prozent. Die zehn größten Verlagsgruppen haben zusammen einen Marktanteil von knapp 60 Prozent. Im Gegensatz zu Großbritannien und den USA sind in Deutschland aber immer noch die meisten Verlage mittelständisch strukturiert. Anders bei unterhaltenden Zeitschriften: Fast 80 Prozent aller mindestens 14-täglich erscheinenden Titel werden von nur vier Verlagshäusern herausgegeben: wiederum dem Axel-Springer-Verlag, dem zum Bertelsmann-Konzern gehörenden Verlagshaus Gruner & Jahr und den Unternehmen Hubert Burda und Heinrich Bauer. Der Trend geht allgemein zu Multimediakonzernen, die zunehmend auch international agieren.

Überregional verbreitet sind in Deutschland nur wenige, doch qualitativ hochwertige Tageszeitungen. Marktführerin ist hier die Süddeutsche Zeitung aus München mit einer Auflage von (im Herbst 2010) rund 440 000 Exemplaren vor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (365 000), Welt und Welt kompakt (zusammen 258 000), der Frankfurter Rundschau (137 000), den beiden sich vor allem mit wirtschaftlichen Themen befassenden Zeitungen Handelsblatt (137 000) und Financial Times Deutschland (100 000) und der linksalternativen Tageszeitung (taz / 58 000). Anders als etwa in England und Frankreich gibt es in Deutschland aufgrund der föderalistischen Struktur keine ausgeprägte Hauptstadtpresse. Zwar ist Berlin die Stadt mit den meisten " nämlich neun " Tageszeitungen, doch nur wenige davon finden im ganzen Land Beachtung. Unbedeutend ist in der Bundesrepublik die Parteipresse. Während sich noch in der Weimarer Republik etwa die Hälfte aller Zeitungen einer bestimmten Parteirichtung zuordnen ließ (und im "Dritten Reich" wie auch in der DDR die meisten Zeitungen der machthabenden Partei gehörten), gibt es heute nur mehr eine Parteitageszeitung: das Neue Deutschland, an dem die Partei Die Linke. beteiligt ist. Und Gratiszeitungen, die etwa in London, Paris, Madrid, Zürich oder Oslo täglich massenweise vor allem an U-Bahn-Stationen verteilt werden, konnten sich in deutschen Großstädten bislang nicht etablieren.

Insgesamt erwirtschafteten die deutschen Tageszeitungen 2009 einen Umsatz von circa acht Milliarden Euro, die etwa je zur Hälfte aus dem Vertrieb (also von den Abonnenten und Käufern) und aus dem Anzeigengeschäft kamen. Die Tageszeitung ist damit " knapp vor dem Fernsehen " der größte Werbeträger mit (nach Angaben des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft " ZAW) 3,7 Milliarden Euro und einem Anteil von gut 20 Prozent am gesamten Werbeaufkommen. Publikumszeitschriften nahmen 2009 rund 1,4 Milliarden Euro aus Werbung ein, Anzeigenblätter etwa zwei Milliarden Euro.

Mehr als dreieinhalb Jahrhunderte lang blieb die Presse das unumschränkte Leitmedium im öffentlichen Diskurs, abgelöst erst ganz allmählich durch das Fernsehen " und insbesondere in vielen Teilen der "Dritten Welt" dem Radio. Das Prestigemedium ist die Presse, sind die Zeitungen bis heute in den meisten Teilen der Erde geblieben " und die wichtigste aktuelle Informationsquelle zumindest sehr vieler Menschen. Bis ins 21. Jahrhundert hinein bot kein anderes Medium umfassendere und gleichzeitig übersichtlicher präsentierte Informationen aus den "Kernressorts" Politik und andere aktuelle Nachrichten, Kultur, Wirtschaft, Sport und meist regionalem oder lokalem Geschehen. Wollte man etwa den gesamten Text einer der abendlichen Hauptnachrichtensendungen des Fernsehens drucken, so würde er nicht einmal eine Seite etwa der Süddeutschen Zeitung, der Neuen Zürcher Zeitung oder der New York Times füllen. Heute bieten zwar Nachrichtenangebote im Internet teils (über zahlreiche Links) eine größere Informationsfülle und werden rascher aktualisiert, aber Gedrucktes genießt (zumindest nach Umfragen des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger) in der Regel noch immer höhere Glaubwürdigkeit; die Leserinnen und Leser schätzen neben der gründlicheren Darstellung die Selektionsleistung wie die journalistische Einordnung und die publizistische Bewertung der Geschehnisse durch erfahrene Beobachter und Kommentatoren.

Zeitungen und Zeitschriften haben die Einführung des Radios überdauert und die Durchsetzung des Fernsehens. Im Zeitalter des Internets steht die Presse vor neuen Herausforderungen " nicht wenige prophezeien zumindest der gedruckten Tageszeitung den Untergang: Warum noch Informationen und Unterhaltung auf Papier, "toten Bäumen", konsumieren, wenn man sie auch " angereichert mit bewegten Bildern und O-Tönen und versehen mit Links zu anderen Quellen " über PC, Notebook oder Mobiltelefon "in Echtzeit" und scheinbar gratis beziehen kann? In den USA (wo die Zeitungen stets einen geringeren Bevölkerungsanteil erreichten als in Deutschland) verlieren auch die besten Tageszeitungen " so die New York Times und das Wall Street Journal " massiv an Auflage. Die Verlage suchen daher verstärkt nach Wegen, im Onlinebereich Geld zu verdienen, und mehrere etablierte Regionalzeitungen wurden bereits eingestellt oder erscheinen nur noch elektronisch im Internet.

Auch in Deutschland nutzen immer weniger gerade junge Menschen die Zeitung. Nach der im Auftrag der führenden Medien und Werbetreibenden jährlich durchgeführten Studie Media Analyse griff 2009 nicht einmal mehr jeder zweite Deutsche zwischen 14 und 29 Jahren mehr oder weniger regelmäßig zur Zeitung " im Jahr 2000 waren es noch gut 60 Prozent. Anzeigenbereiche wie Stellenannoncen oder der Gebrauchtwagen- und Immobilienmarkt sind zu großen Teilen ins Netz abgewandert.

So steht das älteste periodische Medium vor vielen neuen Herausforderungen. Es muss auf dem Anzeigenmarkt konkurrenzfähig bleiben und gleichzeitig im Internet präsent sein. Zeitungs- und Zeitschriftenverlage erstellen eigene Webauftritte, liefern Apps für das iPhone und das iPad. Geld verdient wird dabei allerdings bislang noch kaum. So stellt sich ihnen auch die Aufgabe, neue Finanzierungsquellen zu finden " sei es über Begleitprodukte wie Buch- oder Filmreihen, über Mäzene oder Stiftungen, die gezielt Qualitätsjournalismus und umfangreiche Recherchen unterstützen, oder über direkte staatliche Fördermaßnahmen, wie sie etwa in Frankreich und Österreich längst die Regel sind, in Deutschland aber kaum durchsetzbar sein dürften. Zu groß ist hier die Skepsis gegenüber möglichen staatlichen Einflüssen auf die Medien.

Die Unabhängigkeit der Presse kann allerdings auch durch wirtschaftliche Zwänge gefährdet werden. Konzentrationstendenzen, die gegebenenfalls zu starken Marktstellungen einzelner Konzerne und damit auch zu großem Einfluss auf die Meinungsbildung führen könnten, müssen daher zumindest sorgfältig beobachtet werden.

Auch im Internet ist der Journalismus, für den Presseorgane stehen, weiterhin gefragt. Viele Blogs kommentieren vor allem das, was vorher in der Presse gestanden hat, liefern also Anschlusskommunikation und keine Primärinformation.

Dies allein nützt aber nichts, wenn die Zeitungen nicht gleichzeitig für eine möglichst breite Leserschaft attraktiv bleiben. Sie müssen ihre Stammleser halten " und neue Kunden gewinnen. Viele Zeitungen führten beispielsweise tägliche Kinderseiten ein, manche Zeitschriften " wie Spiegel, Zeit und Geo " entwickelten eigene Kinderhefte, um so die jüngste Leserschaft an das gedruckte Medium heranzuführen. Die angestammten Käuferschichten sollen gleichzeitig durch fundierte Hintergrundberichterstattung, Wahrung der lokalen Kompetenz und umfassende Serviceangebote gehalten werden.

Zeitungen und Zeitschriften werden in 30 oder 50 Jahren vielleicht anders aussehen als heute, sie werden ihr Format, ihr Layout und vielleicht auch ihren Vertriebsweg weiter verändern " ihre wichtigen Funktionen, umfassend zu informieren, Hintergründe zu erhellen und eine fundierte Meinungsbildung zu ermöglichen oder auch spezifische Zielgruppen gezielt anzusprechen und gut zu unterhalten, werden sie aber weiterhin erfüllen müssen. Nur dann sind sie fit für die Zukunft.

QuellentextWozu Zeitung?

...zur Orientierung
Zeitungen sind systemrelevant. [...] Das System, für das sie [...] relevant sind, heißt [...] Demokratie. [...] Diese Darlegungen zur Systemrelevanz der gedruckten Presse sind kein Plädoyer für deren Staatsfinanzierung. [...] Die deutschen Zeitungen brauchen kein Staatsgeld. [...] Sie brauchen Journalisten, die neugierig, unbequem, urteilskräftig, selbstkritisch und integer sind. Sie brauchen Verleger, die einen solchen Journalismus schätzen, die also von ihren Zeitungen mehr wollen als Geld [...]. Und sie brauchen Leserinnen und Leser, denen die gute journalistische Arbeit etwas wert ist [...].
Guter Journalismus hat große Zeiten vor sich: Noch nie hatten Journalisten ein größeres Publikum als nach der digitalen Revolution. Noch nie war Journalismus weltweit zugänglich. Und es gab wohl noch nie so viel Bedürfnis nach einem orientierenden, aufklärenden, einordnenden und verlässlichen Journalismus wie heute. Es ist nämlich so: Die Ausweitung des wissbaren Wissens durch das Netz wird auf Kosten ihrer Vertiefung verwirtschaftet. Die Datenmenge nimmt zu, aber die Datenverarbeitung bleibt aus. Da kommt dem Journalismus eine neue Aufgabe zu: [...] Reflexion und Hintergrundbildung. [...]
[...] Die Tageszeitung wird sich des Internets wegen verändern " sehr viel mehr, als die Konkurrenz von Rundfunk und Fernsehen sie verändert hat. Der Inhalt der Zeitung wird ein anderer sein, aber die Zeitung wird erst recht Zeitung sein: Die Texte, die dort stehen, werden Nachrichten im Ursinne sein müssen, Texte zum Sichdanach-Richten. [...] Kein neues Medium hat je die alten Medien verdrängt. Es kommt zu Koexistenzen. Das Internet ersetzt nicht gute Redakteure, es macht gute Journalisten nicht überflüssig; im Gegenteil: Es macht sie wichtiger als bisher. [...]

Auszüge des Eröffnungsvortrags zur Jahrestagung der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche 2009 in Hamburg

Heribert Prantl, "Die Zeitung ist wichtiger als die Deutsche Bank", in: Süddeutsche Zeitung vom 8. Juni 2009

...zur ausführlichen Lektüre
[...] Die Zeitung der Zukunft wird zwei Gesichter haben: ein gedrucktes und ein vernetztes. Die Aktualität, also "all the news that"s fit to print", wie die "Times" für sich in Anspruch nimmt, wird ins Internet abwandern. Das Netz ist schneller als jedes andere Medium. Ihm auf diesem Feld mit einem gedruckten Produkt Konkurrenz zu machen, hat einfach keinen Sinn. Aber als Medienhaus die Aktualität im Netz zu bespielen, hat sehr viel Sinn. Das zeigt auch eine neue Studie des Hightech-Branchenverbandes Bitkom, die den Nachrichtenportalen im Internet einen Nutzungszuwachs von dreißig Prozent innerhalb eines Jahres attestiert, darunter viele Angebote der etablierten Medienhäuser. Für einen Überblick über die Tagesaktualität, die kurze Einordnung der Welt, wie ich sie beim Aufwachen vorfinde, dafür braucht es erst mal keine Edelfedern oder eigene Infrastruktur. Deshalb ist das Konzept der "Newsrooms", das sich nun überall durchzusetzen beginnt, für diese Art des Journalismus perfekt. Für diese.
Eine andere Art des Journalismus wird weiter mit dem gedruckten Wort arbeiten, am Kiosk zu kaufen oder per Abo im Briefkasten zu finden sein. Das sind die Geschichten, die [...] weiterhin in einem aufwendigen Prozess entstehen. [...] Dazu braucht man keinen Newsroom, dazu braucht man Schreiber, die die Welt erzählen. [...]
Die gedruckte Zeitung ist ein episches Medium. Sie berichtet ausführlich narrativ, sie darf etwas Großes aus einer Kleinigkeit heraus erzählen, sie muss eine Meinung haben, Positionen entwickeln und den Mut, sie auch zu vertreten. Sie orientiert im Strom der Nachrichten, der durchs Netz fließt. [...] Bei der Zeitungslektüre verweilt der Leser dort, wo sein Interesse besteht oder geweckt wird durch eine spannende und gut geschriebene Geschichte.
Und der Journalismus? Auch er wird lernen müssen, dass es nicht das eine oder das andere, sondern immer beides zusammen gibt. [...]

Miriam Meckel ist Professorin für Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen.

Miriam Meckel, "Das epische Medium", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. Januar 2009

...als breite Plattform für gesellschaftlichen Diskurs
[...] "Wozu Zeitung?" Das ist eine gute Frage, weil sie sich in dem gegenwärtigen Medienumbruch viele Menschen stellen " und schlimmer: einige schon nicht mehr stellen. Sie wäre ein guter Anlass zur Selbstvergewisserung, zum öffentlichen Suchen danach, was genau das Bewahrenswerte oder gar Unverzichtbare ist, das die Zeitung speziell und der Qualitätsjournalismus allgemein leistet, und wie man dafür sorgen kann, dass genau das [...] nicht verlorengeht.
[...] Für viele Zeitungsjournalisten scheint die Antwort auf die Frage "Wozu Zeitung?" so selbstverständlich zu sein, dass sie sich gar nicht erst damit aufhalten. Dass nur der professionelle Zeitungsjournalismus die Qualität garantiere, die Voraussetzung für eine informierte Debatte und eine aufgeklärte Gesellschaft sind, ist als Axiom gesetzt. [...]
[...] Ich möchte in keiner Welt ohne professionellen Journalismus leben, doch [...] in einer Welt ohne Journalisten gingen uns die Neuigkeiten nicht aus. Die Lawblogger würden uns Neuigkeiten aus den Gerichtssälen erzählen, Parteimitglieder über neue Gesetzesentwürfe streiten, Foodblogger neue Restaurants erkunden, Medizinprofessoren neue Medikamente bewerten und chinesische und iranische Blogger uns mit Einblicken in ihr Leben bereichern.
Was fehlen würde in einer Welt ohne Journalismus, ohne Massenmedien, wäre neben den großen Plattformen für einen Diskurs der Gesellschaft vor allem das Sortieren und Gewichten, die Systematik und Kontinuität. Fehlen würde eine Struktur, die dafür sorgt, dass die Berichterstattung über wichtige Themen nicht davon abhängt, ob sich zufällig ein Blogger für sie interessiert oder sie sich unmittelbar rechnet, und die die größtmögliche Chance bietet, dass diese Berichterstattung professionell und unabhängig geschieht.
[...] Wir brauchen professionellen Journalismus, und wenn ich es mir aussuchen kann, dann bitte auch in Zukunft nicht nur online, sondern auch auf Zeitungspapier. Aber wir brauchen ihn nicht als verklärtes Ideal, das seine Unverzichtbarkeit behauptet, sondern einen Journalismus, der täglich seine Zuverlässigkeit beweist. Einen Journalismus, der transparent ist, seine Unzulänglichkeiten offenlegt und seine Fehler korrigiert, der hingeht, wo es weh tut, sich die Zeit nimmt, die nötig ist, der recherchiert statt kopiert und Verantwortung für die Folgen seiner Arbeit übernimmt.
Wenn die Diskussion über die Zukunft des Journalismus konstruktiv sein soll, muss sie sich endlich von den falschen Gegensätzen verabschieden. Die Front verläuft nicht zwischen Profis und Amateuren oder zwischen Print und Online. Sie verläuft zwischen gutem Journalismus und schlechtem Journalismus. [...]

Stefan Niggemeier, "Was würde uns fehlen ohne Journalismus?", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. Mai 2009

Lokaljournalismus

Von der Stadtratssitzung über das Volksfest bis zum Großbrand: Anders als der überregionale Journalismus stellt der Lokaljournalismus Themen für die öffentliche Kommunikation im Nahbereich bereit. In den vergangenen Jahren ist der klassische Zeitungslokalteil erheblich unter Druck geraten: Zeitungen verlieren an Lesern und die Digitalisierung hat zu neuen, lokalen Angeboten im Internet geführt.

Das Lokale hat wesentliche Bedeutung im Journalismus: Die meisten Zeitungsausgaben in Deutschland sind lokale oder regionale Abonnementzeitungen. Sie machen auch den mit Abstand größten Anteil an der Gesamtauflage aller Zeitungen aus. Gleichzeitig arbeitet hier die Mehrheit der Tageszeitungsjournalisten. Auch für die Leser ist das Lokale wichtig. Hier erfahren sie alles, was ihr tägliches Leben betrifft " die Zeiten für die Müllabfuhr ebenso wie Neuigkeiten über Schulen und Kindergärten.

Der lokale Markt ist heute aber nicht auf Tageszeitungen beschränkt. Auch im Radio und Fernsehen gibt es lokale Sender und Sendungen. Im Zuge des technischen Fortschritts, insbesondere der Entwicklung von Social Software wie Blogs, können Bürger heute im Internet auch selbst unkompliziert lokale Inhalte veröffentlichen. Tatsächlich gibt es jedoch vergleichsweise wenige Blogs, die sich unabhängig von der aktuellen Zeitungsberichterstattung kontinuierlich mit lokalen Themen beschäftigen. Die meisten Zeitungen haben inzwischen auch auf diesen Bürgerjournalismus reagiert und integrieren ihre Leser und Nutzer auf ihrer eigenen Webseite in die Berichterstattung. Die Bandbreite ist dabei groß und reicht von Themenvorschlägen oder Online-Kommentaren über Foto-Upload-Möglichkeiten bis hin zu Blogs oder Foren. Ein Beispiel dafür ist die Saarbrücker Zeitung. Seit Januar 2006 fordert sie ihre Leser auf, lokale Themen vorzuschlagen. Redakteure gehen dann diesen Hinweisen nach und berichten, wenn es sich lohnt.

Wesentliche Funktionen der Lokalberichterstattung sind, Bürgern Orientierung im lokalen Raum zu geben und so ihre Möglichkeiten zu fördern, sich politisch oder gesellschaftlich zu engagieren. Auch Kritik und Kontrolle sind Aufgaben des Lokaljournalismus. Diese demokratietheoretischen Idealfunktionen werden in der Realität jedoch häufig durch wirtschaftliche Interessen der Medienunternehmen beeinflusst. Im Lokalen, wo nicht nur eine größere Nähe zu den Rezipienten, sondern auch zu lokalen Eliten und Wirtschaftsunternehmen besteht, gilt dies umso mehr. Hier bietet sich eine Nische für Bürgerjournalismus und partizipativen Journalismus. Beispielsweise kritisierten Nutzer in Online-Kommentaren auf der Webseite der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung schon Tage vor der tödlichen Massenpanik bei der Loveparade 2010 in Duisburg die unzureichenden Zugangswege zum Gelände.

Die Forschungsergebnisse zum Lokaljournalismus sind größtenteils schon älter und lesen sich wie eine Mängelliste: In der Tageszeitung wird zu wenig über politisch relevante Themen berichtet stattdessen zu viel über "Human Interest"-Themen wie Vereinsberichterstattung oder Unfälle und Kriminalität. Öffentliche Termine prägen die Themenauswahl, aktive Themenfindung und Recherche werden dagegen selten betrieben. Auch die journalistischen Darstellungsformen werden nicht ausgeschöpft. Kommentare sind rar, während Nachrichten und Berichte dominieren. Zudem werden Kontroversen selten abgebildet, im Lokalteil wird mehr gelobt als kritisiert. Bei den Informationsquellen zeigt sich, dass vor allem organisierte Interessen in der Zeitung zu Wort kommen wie Vereine, Parteien oder Verbände. Unorganisierte Bürger haben dagegen weniger Chancen. Schließlich kommt hinzu, dass viele lokale und regionale Tageszeitungen in so genannten Ein-Zeitungs-Kreisen erscheinen, also ohne Konkurrenzzeitung vor Ort " eine Entwicklung, die sich in Zeiten der Zeitungskrise weiter fortsetzt. Allerdings zeigt die Forschung auch, dass mehrere Anbieter nicht zwingend zu einer höheren publizistischen Vielfalt führen. Auch hier könnte partizipativer Journalismus teilweise ein Gegengewicht bilden. Allerdings lassen viele Zeitungen ihre Leser und Nutzer nur Kommentare zu Artikeln abgeben, aber keine eigenen Themen einbringen. Doch gerade hier könnte eine Chance liegen.

In den vergangenen Jahren sind vor allem auch die Lokalzeitungen durch sinkende Leserzahlen und die Konkurrenz neuer, lokaler Medien unter Druck gekommen. Sie haben darauf reagiert. Viele Zeitungen ergründen nun mittels Forschung die Interessen ihrer Leser genauer. Sie haben ihre Stärken im Lokalen erkannt und teilweise noch ausgebaut. Die Redaktionen versuchen, sich neu zu organisieren. Viele führen so genannte Newsdesks ein. Dabei arbeiten an einem Tisch Redakteure aus verschiedenen Ressorts eng zusammen. So werden überregionale Themen nicht mehr nur an lokalen Beispielen illustriert, sondern auch lokale Themen können den Sprung in andere Ressorts schaffen. Die technischen Entwicklungen haben schließlich dazu geführt, dass auch im Lokalen crossmediale Strategien wichtiger werden, insbesondere Print und Online enger miteinander vernetzt werden.

QuellentextRegioblogs

[...] Es existieren mittlerweile zahlreiche regional verankerte Blogs, die in der Netzgemeinde auch Placeblogs heißen. Allein die Seite Blog-Ranking Deutschland (Externer Link: www.wikio.de/blogs/top/deutschland ) listet einhundert von ihnen. Darunter finden sich thematisch spezialisierte [...], aber auch thematisch breitere Angebote [...], die mit vielen Geschichten mit mancher Lokal- zeitung mithalten können.
Zu den Aufmerksamkeitsmagneten gehören die professionellen, kommerziellen Placeblogs. Diese Blogs gehören Medienhäusern und werden (auch) von deren Journalisten professionell aufgebaut und betreut. Beispielsweise das Angebot Fudder.de, das zum Badischen Verlag gehört, der die Badische Zeitung verlegt. Auf der Seite finden sich aktuelle Nachrichten, die sich mit Rubriken wie "Szene" oder "Freie Zeit" in erster Linie an junge Nutzer aus der Region Freiburg richten.
Auch frei finanzierte Placebogs, die von Journalisten geführt werden, orientieren sich in der Regel an journalistischen Kriterien und richten sich an ein regionales Publikum. Zu Ihnen zählen der Pottblog, Ruhrbarone oder das nach dem Gründungsdatum der Stadt benannte Trierer Online-Magazin 16vor.de.
[...] Die Gründung des Blogs Ruhrbarone war eine günstige Alternative, um aus reiner Leidenschaft über bestimmte Themen schreiben zu dürfen. "Geld", sagt Stefan Laurin [Mitbegründer des Blogs " Anm. d. Red.], "lässt sich damit auf absehbare Zeit nicht verdienen".
[...] Zusammen mit dem Filmemacher Axel Wiczorke und einigen anderen gründete [der freie Journalist Ralf Garmatter " Anm. d. Red.] den Verein Hohenlohe ungefiltert, dessen zehn Mitglieder das gleichnamige Blog betreiben. Darauf finden sich [...] Rubriken wie Arbeitswelt, Bildung oder Kultur "Lokale Medienkritik wird am meisten geklickt", sagt Garmatter.
Die drei bis vier regelmäßigen Blogger schreiben ehrenamtlich. Anzeigen wollen sie vermeiden, um sich nicht abhängig zu machen. [...]
Im Jahre 2005 auferstand die einstmals von Karl Marx und Friedrich Engels redigierte Neue Rheinische Zeitung (NRhZ) im Internet. Für Journalisten, Aktive aus politischen und sozialen Initiativen, Vereinen und Künstlergruppen aus Köln sollte es eine publizistische Alternative zu den marktbeherrschenden drei Lokalblättern des DuMont-Verlages Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnische Rundschau und Express sein. Laut eigenen Angaben besuchen täglich rund 5000 Besucher die Seite. Die Autoren arbeiten ehrenamtlich.
Die NRhZ sollte vor allem über Themen der lokalen und regionalen Politik berichten, die dort und im WDR nicht oder aus Sicht der NRhZ verzerrt publiziert werden. [...]
Der Journalist Werner Rügemer veröffentlichte in einer Serie seine Recherchen über die Rolle der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim in der Nazizeit. Er beleuchtete auch ihr heutiges Wirken, ihren Einfluss auf die aktuelle Kölner Kommunalpolitik und ihre angeblich dadurch zustande gekommenen Millionen-Gewinne aus Mieteinnahmen, die aus öffentlichen Gebäuden wie dem neuen Rathaus und der Köln-Arena stammen und vom Oppenheim-Esch-Fonds gebaut wurden. [...]

Manuel Thomä, "Blogs als lokale News-Turbine", in: message 4/2009, S. 24ff.

Geschichte und System des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland

Der Begriff Rundfunk bezeichnet die Veranstaltung und Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen, die für die Öffentlichkeit und zum zeitgleichen Empfang bestimmt sind. In der Anfangszeit des Rundfunks war damit allein die drahtlose Übertragung gemeint. Heute sind auch Programme einbezogen, die nur per Kabel oder über das Internet übermittelt werden.

Vom staatsfernen Monopol zum dualen System

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Westdeutschland eine Rundfunkordnung geschaffen, die vor einem direkten Durchgriff der Regierung auf die Programmgestaltung geschützt ist. Für die Rundfunkräte als Aufsichtsgremien der regionalen Rundfunkanstalten ist eine pluralistische Zusammensetzung mit Interessenvertretern von Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden, Wohlfahrtsverbänden und anderen gesellschaftlich bedeutenden Gruppen vorgesehen. Strittig ist, ob dabei nicht die Parteien zu viel Einfluss haben und damit die Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten gefährdet ist.

Duales Rundfunksystem

Eine Finanzierung des Rundfunks durch Werbeeinnahmen kam in der Nachkriegszeit angesichts der damaligen wirtschaftlichen Lage kaum in Betracht. Wichtigste Finanzquelle für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist die Rundfunkgebühr, die unterschieden wird in Grundgebühr und Fernsehgebühr. Besonders mit der Einführung des Fernsehens war dieser Unterschied bedeutsam, denn das Fernsehen hat sich in der Zeit von 1953 bis 1970 erst nach und nach durchgesetzt und dabei immer neue Gebührenzahler gewonnen; auch eine begrenzte Hörfunk- und Fernsehwerbung kam hinzu. Dadurch konnte in dieser Zeit ein Ausbau des Programmangebots durch das ZDF, die Dritten Programme, die Einführung des Farbfernsehens und die Ausweitung der Sendezeiten finanziert werden. Ab 1970 hat es dann immer wieder Gebührenerhöhungen gegeben, um einerseits Preissteigerungen auszugleichen und andererseits zusätzliche Aufgaben zu finanzieren.

Mit dem Wachstum der Werbewirtschaft stiegen die Chancen für die Finanzierung ganzer Rundfunkprogramme durch Werbung und das Interesse an der Möglichkeit, auch als privatwirtschaftliches Unternehmen Rundfunk zu veranstalten. 1984 begann der Betrieb privater Fernsehveranstalter, 1985 wurde das erste private Hörfunkprogramm ausgestrahlt.

Neben den zwölf öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit fast 29 000 Beschäftigten gibt es 188 private Fernseh- und 174 Hörfunkanbieter mit zusammen mehr als 18 000 Mitarbeitern, die um die Aufmerksamkeit des Publikums konkurrieren. Die Einnahmen der Rundfunkanstalten liegen bei 8,6 Milliarden Euro, die der privaten Veranstalter bei 7,4 Milliarden. Von der Zeit, die die Zuschauer vor dem Fernseher verbringen, entfallen derzeit 43 Prozent auf öffentlich-rechtliche und 57 Prozent auf private Veranstalter. Beim Hörfunk wird die Reichweite gemessen, es wird also gefragt, wie viele der Befragten an einem Tag welche Programme gehört haben. Die Programme der Rundfunkanstalten erreichen täglich knapp 37 Millionen Hörerinnen und Hörer, die der privaten Anbieter über 29 Millionen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stehen hier vor einem strategischen Dilemma: Wenn sie ihre Programmstruktur auf den Wettbewerb mit den privaten Programmen ausrichten, gefährden sie womöglich die rechtliche Legitimation für die Gebührenfinanzierung ihrer besonderen Aufgabe. Wenn sie aber zu sehr Minderheitsinteressen bedienen, gefährden sie ihre Reichweite und damit die Akzeptanz für die Gebührenfinanzierung.

Während der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich an seinem Programmauftrag (Information, Bildung, Unterhaltung, Beratung) orientieren soll und die dafür notwendigen Finanzmittel in erster Linie durch Rundfunkgebühren erhält, wird der private Rundfunk von kommerziellen Unternehmen betrieben, die darauf achten, dass sie Gewinne erzielen und sich dafür auf Aktivitäten konzentrieren, für die es zahlungsbereite Kundinnen und Kunden gibt. Bei werbefinanzierten Programmen kommt es also darauf an, ein Publikum zu erreichen, das die Werbespots tatsächlich sieht und möglichst zu der Zielgruppe gehört, die das beworbene Produkt nutzen und bezahlen kann " wer kein Geld ausgeben kann, ist für die Werbetreibenden kaum von Interesse. Beim Pay TV bedarf es einer direkten Zahlungsbereitschaft, und das heißt vor allem, dass der angebotene Inhalt erstens attraktiv und zweitens nicht frei zugänglich ist. Zu den geeigneten Angeboten gehören insbesondere Sportübertragungen und aktuelle Kinofilme. Bei öffentlichen Veranstaltungen von allgemeinem Interesse haben Fernsehveranstalter das Recht auf eine unentgeltliche Kurzberichterstattung, so dass die Berichterstattung nicht völlig exklusiv beim Pay TV ausgestrahlt werden kann.

Daten zum dualen Rundfunksystem in Deutschland

Langfristiger Ausbau der Übertragungswege

Seit der Einführung des Rundfunks vor 90 Jahren wurden die Übertragungskapazitäten stetig vermehrt. Zu den Hörfunk-Frequenzbändern Langwelle, Mittelwelle und Kurzwelle kam ab 1949 schrittweise die Ultrakurzwelle für die kleinräumige Versorgung hinzu. Auch die Fernsehübertragung, die 1952 in Deutschland wieder den regelmäßigen Betrieb aufgenommen hatte, wurde ausgebaut. Seit 1984 werden Kabelanlagen für die Übertragung zusätzlicher Fernseh- und Hörfunkprogramme verwendet, weil im Kabel auch Frequenzbereiche für den Rundfunk genutzt werden können, die bei der drahtlosen Verbreitung für andere Anwendungen reserviert sind. Als Übertragungsweg dient seit 1989 auch der Direktempfang von geostationären Rundfunksatelliten; Vorreiter und Marktführer ist dabei das luxemburgische Unternehmen SES ASTRA.

Mit der Digitalisierung wird die Übertragungskapazität noch besser genutzt, und es können im gleichen Frequenzbereich mehr Hörfunk- und Fernsehprogramme übertragen werden. Das terrestrische Fernsehen wurde bis 2008 auf DVB-T (Digital Video Broadcast " Terrestrial) umgestellt, und statt fünf oder sechs sind nun mancherorts mehr als 30 Fernsehprogramme über die Antenne zu empfangen. Weil aber die meisten Haushalte heute mit Kabel- oder Satellitenempfang ausgestattet sind, nehmen die privaten Fernsehveranstalter die Sendekosten für DVB-T nur in dicht besiedelten Gebieten in Kauf. Beim Satellitenfernsehen soll die analoge Übertragung 2012 eingestellt werden. Beim Kabelfernsehen wurde in vielen Gebieten zusätzlich die digitale Informationsübertragung eingeführt. Dadurch können die zunächst nur zur Informationsverteilung konzipierten Kabelnetze nun auch für Telefon und Internet-Kommunikation genutzt werden. Lediglich beim terrestrischen Hörfunk hat sich eine digitale Empfangstechnik in Deutschland noch nicht am Markt durchsetzen können.

Charakteristika des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks

Gesetzliche Regulierung des Rundfunks

In Deutschland gilt der Rundfunk in erster Linie als kulturelle Angelegenheit. Deshalb ist es Aufgabe der Länder, die Rechtsgrundlagen für den öffentlich-rechtlichen wie für den kommerziellen Rundfunk zu schaffen. Sie tun dies durch Gesetze für einzelne Länder und durch Staatsverträge mehrerer oder aller Bundesländer. Es ist aber schon mehrfach das Bundesverfassungsgericht angerufen worden, um zu prüfen, ob ein Landesgesetz den Vorgaben des Grundgesetzes entspricht. Die Rundfunkgesetze und der Rundfunkstaatsvertrag werden immer wieder verändert und der aktuellen Entwicklung angepasst.

Programmangebote im Fernsehen

Für die Regulierung des Rundfunks ist auch die Europäische Union von Bedeutung, denn mit dem Auftreten privater Anbieter kann man die Rundfunklandschaft auch als einen Markt unter dem Aspekt des wirtschaftlichen Wettbewerbs betrachten. Aus der Sicht der Europäischen Kommission sind die Rundfunkgebühren eine Art staatliche Beihilfe, die den Markt beeinflusst und deshalb nur eingeschränkt zulässig ist.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk

Wenn man die deutsche Medienlandschaft insgesamt betrachtet, nehmen öffentlich-rechtliche Medien eine Sonderstellung ein. Es gibt weder öffentlich-rechtliche Verlage noch Zeitungen, keine öffentlich-rechtlichen Filme oder Kinos und auch keine öffentlich-rechtlichen Anbieter von Spielen oder Musik. Nur bei Radio und Fernsehen, die zusammen als "Rundfunk" bezeichnet werden, weil beides lange Zeit ausschließlich über Funkwellen verbreitet wurde, spielt diese Organisationsform eine zentrale Rolle. Die wichtigsten Gründe dafür sind ihre besondere Bedeutung für die politische Meinungsbildung und die technischen Gegebenheiten, die in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit des Aufstiegs von Radio und Fernsehen zu Massenmedien existierten.

Während der nationalsozialistischen Diktatur hatte sich gezeigt, welche große propagandistische Wirkung ein staatlich kontrolliertes Radio im Zusammenspiel mit einer "gleichgeschalteten" Presse haben konnte, daher war die Gewährleistung von Meinungsvielfalt oberstes publizistisches Ziel in der neuen Demokratie. Was die Presse betraf, sollte dieses Ziel durch Anbietervielfalt erreicht werden. Schon bald gab es in der Bundesrepublik eine große Zahl von Zeitungen und Zeitschriften, die zwar jeweils mehr oder weniger klar politisch ausgerichtet waren, aber in der Summe Meinungsvielfalt gewährleisteten. Dieses Modell ließ sich aber aus zwei Gründen nicht auf den Rundfunk übertragen. Erstens war die Gründung eines Radio- bzw. später eines Fernsehsenders um ein Vielfaches kostspieliger als die Gründung einer Zeitung. Zweitens gab es nur eine sehr begrenzte Zahl von Sendefrequenzen, vor allem für das Fernsehen. Die Veranstaltung von privatrechtlichem Rundfunk wäre also nur sehr Wenigen möglich gewesen. Außerdem sollte auch ein von den Interessen der Werbung bestimmter Kommerz-Rundfunk (wie in den USA) verhindert werden.

Stattdessen wurde der Rundfunk nach britischem Vorbild (BBC) als öffentlich-rechtlicher organisiert, der Meinungsvielfalt durch Staatsferne und Binnenpluralismus sicherstellen sollte, durch Angebots- statt durch Anbietervielfalt. Meinungsvielfalt im Programm setzt eine Vielfalt der Meinungen in Aufsichtsgremien voraus, weshalb hier viele als gesellschaftlich relevant erachtete Gruppen vertreten sind. Öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es in unterschiedlichster Konstruktion in vielen Ländern. Eine deutsche Besonderheit ist sein strikt föderaler Aufbau, der ebenfalls Einflüsse zentraler staatlicher Macht verhindern soll: Die ARD setzt sich aus Landesrundfunkanstalten zusammen; das ZDF ist zwar ein bundesweit ausgestrahlter Sender, der aber auf einem Staatsvertrag beruht, dem jedes einzelne Bundesland zustimmen musste. Auf der Grundlage eines Staatsvertrags arbeitet auch das Deutschlandradio, das bundesweit die Programme Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und DRadio Wissen ausstrahlt. Eine Ausnahme stellt lediglich die Deutsche Welle dar, die auf der Grundlage eines Bundesgesetzes als Auslandsrundfunk (Telemedienangebote eingeschlossen) der Bundesrepublik Deutschland fungiert und aus dem Bundeshaushalt finanziert wird.

Aufsicht

Die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben bei allen Anstalten der Rundfunkrat (im Falle des ZDF, das ja kein Radioprogramm ausstrahlt: der Fernsehrat) und der Verwaltungsrat. Zwar unterscheiden sich die konkreten Aufgaben dieser Gremien von Anstalt zu Anstalt, aber zumindest ihre Hauptaufgaben sind gleich. Während der Rundfunkrat die Erfüllung des Programmauftrags kontrolliert und den Intendanten/die Intendantin wählt, beaufsichtigt der Verwaltungsrat dessen bzw. deren Geschäftsführung.

Aufbau einer Rundfunkanstalt am Beispiel des WDR (Stand 2011)

Im Falle des WDR setzt sich der Rundfunkrat aktuell wie folgt zusammen: Die größte Gruppe stellen zwar Mitglieder, die vom nordrhein-westfälischen Landtag entsandt worden sind (14), die Mehrheit (34 von insgesamt 48) repräsentieren jedoch "gesellschaftlich relevante Gruppen". Dazu zählen etwa die Kirchen, die Wirtschaft (vertreten z.B. durch Arbeitgeberverbände, DGB und Handwerkstag), Landessportbund, Verbraucher-Zentrale und Landesjugendring, Publizistik, Kultur, Kunst und Wissenschaft, aber auch Menschen mit Migrationshintergrund, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen. Der Verwaltungsrat des WDR hat neun Mitglieder, von denen sieben vom Rundfunkrat gewählt werden (davon höchstens zwei Mitglieder von Parlamenten) und zwei vom Personalrat.

Gerade wenn es um politisch brisante Entscheidungen geht, hat sich das auf den ersten Blick sehr breite Spektrum der in diesen Gremien vertretenen Gruppen aber immer schon auf drei reduziert. Es gibt die "Schwarzen" (CDU- bzw. CSU-Mitglieder und diesen Parteien zugerechnete Vertreter), die "Roten" (SPD-Mitglieder und deren Sympathisanten) und die mal mehr, mal weniger zahlreichen "Grauen", die sich parteipolitisch nicht eindeutig einem dieser beiden Blöcke zuordnen lassen. Aufgrund dieser Konstellation ist schon häufig kritisiert worden, dass der faktische Einfluss der politischen Parteien in den Aufsichtsgremien viel zu groß sei ("Parteienrundfunk"). Für eine heftige öffentliche Kontroverse sorgte zuletzt 2009, dass die CDU-/CSU-Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat die Vertragsverlängerung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender verhinderte.

Finanzierung

Die wichtigste Finanzierungsquelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind die seit 1953 erhobenen Rundfunkgebühren, die derzeit für Radio und Fernsehen zusammen 17,98 Euro pro Monat und Haushalt betragen, hinzu kommen Einnahmen aus Werbung (beim Fernsehen seit 1956). Bislang ist die Rundfunkgebühr als Gerätegebühr angelegt, das heißt, zahlungspflichtig ist, wer Radio- und/oder Fernsehgeräte (seit 2007 auch internetfähige PCs und Handys) besitzt, unabhängig von deren Nutzung. Ab 2013 soll sie in eine Haushaltsabgabe umgewandelt werden. Obwohl Umfang und Sendezeiten von Werbung beschränkt sind, erreichte der Anteil der Werbeeinnahmen vor dem dualen Rundfunksystem 30 bis 40 Prozent, wobei das ZDF immer etwas höhere Werte aufwies als die ARD. Die Zulassung von Werbung sollte ursprünglich auch der Stärkung der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dienen, da bei der Festlegung der Höhe der Rundfunkgebühr politischer Einfluss nie auszuschließen war. Seit 1975 obliegt diese Aufgabe auf Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder der aus 16 unabhängigen Sachverständigen bestehenden Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), über deren Vorschläge auf Länderebene entschieden wird.

Ob öffentlich-rechtlicher Rundfunk überhaupt teilweise werbefinanziert sein sollte, ist gerade in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen kontrovers diskutiert worden. Das Argument der Förderung der Staatsferne kann kaum noch überzeugen, da der Anteil der Werbeeinnahmen bei ARD wie ZDF mittlerweile deutlich unter zehn Prozent liegt, Tendenz weiter fallend. Für manche Irritation sorgt ferner die Tatsache, dass öffentlich-rechtliche Sender heute " völlig legal " auch jenseits der klassischen 20-Uhr-Grenze Werbung zeigen, zwar nicht in Form von Spot-Werbung, aber durch Programmsponsoring. Relativ unstrittig ist diese zusätzliche Einnahmequelle lediglich bei kostspieligen Sportübertragungen. Zusätzliche Argumente für ein generelles Werbeverbot von öffentlich-rechtlichen Sendern lieferte schließlich 2005 die Aufdeckung verbotener Produktplatzierungen: Vor allem in die ARD-Serie "Marienhof" hatten über lange Zeit gegen Bezahlung Produkte, Themen und sogar politische Positionen (der Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft) Eingang gefunden.

Für eine völlige Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks spricht vor allem, dass er so ein klareres Profil gegenüber der kommerziellen Konkurrenz gewinnen kann, es gibt aber auch Gegenargumente. So besteht bei einem generellen Werbeverbot nicht nur die Gefahr einer Erhöhung der Rundfunkgebühren, die Werbebranche befürchtet zudem den Verlust wichtiger Werbezielgruppen, die Privatsender nicht erreichen.

Aufgaben

Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist die Versorgung der Bevölkerung mit einem in jeder Hinsicht vielfältigen Programmangebot, womit nicht nur politische Meinungsvielfalt, sondern auch eine Vielfalt von Themen, Genres und Angebotsformen gemeint ist. Programmauftrag ist eine mediale "Grundversorgung", die keineswegs nur als "Mindestversorgung" oder "Restversorgung" zu verstehen ist, die sich all der Bereiche annimmt, die für kommerzielle Programmveranstalter nicht lukrativ sind. Zur "Grundversorgung" gehören also nicht nur Informations- und Bildungsangebote, sondern auch Unterhaltung.

Ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Bundesrepublik seinem Programmauftrag nachkommt, war immer schon Gegenstand intensiver politischer Auseinandersetzung. Während es dabei in den ersten Jahrzehnten vor allem um politische Ausgewogenheit ging, da einzelnen Sendungen und Sendern von konservativer Seite Linkslastigkeit vorgeworfen wurde ("Rotfunk"), geht es heute vor allem um das Verhältnis von öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Medienangeboten.

Da sich der Begriff der "Grundversorgung" nicht exakt definieren lässt, sondern " durchaus im Sinne des Gesetzgebers " immer wieder neu auszuhandeln ist, befindet sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk hier in einem Dilemma. Investiert er viel Geld in unterhaltende massenattraktive Angebote, droht der Vorwurf, dies gehöre doch nicht zur Grundversorgung (Stichwort: Übertragungsrechte der Fußball-Bundesliga). Investiert er viel Geld in anspruchsvolle Produktionen zur besten Sendezeit, die aber nur ein kleines Publikum erreichen, droht der Vorwurf, hier würden Gebührengelder für Minderheitenprogramme verschwendet (Stichwort: Edgar Reitz "Zweite Heimat"): Eine Grundversorgung ohne Publikum ist auch keine.

Hinzu kommen zwei weitere Probleme. Das erste Problem betrifft das Verhältnis von Information und Unterhaltung. "Unterhaltung" wird von den kulturellen Eliten in Deutschland traditionell geringgeschätzt, gleichzeitig stellt "Unterhaltung" den kommerziell attraktivsten Teil des gesamten Medienangebots. Daher ist es nachvollziehbar, dass in medienpolitischen Auseinandersetzungen um die Ausgestaltung des Grundversorgungsauftrags vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk oft so viel Information wie möglich " und so wenig Unterhaltung wie nötig gefordert wird. Tatsächlich lassen sich diese Bereiche aber nicht trennscharf abgrenzen, und das nicht erst seit dem Aufkommen zahlreicher Mischformen des "Infotainment". Medien- und Kommunikationswissenschaft gehen heute mehrheitlich davon aus, dass sowohl auf Seiten der Medienangebote wie der Mediennutzung beides in der Regel immer schon in Kombina-tion geschah " wer sich bei einem Rundfunkangebot "unterhält", kann von diesem zumeist auch Informationen erlangen; wer ein "Informationsangebot" nutzt, kann davon fast immer auch Anregungen für eigene Unterhaltungserlebnisse erwarten.

Das zweite Problem: Zwar operieren öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Sender mit unterschiedlichen Zielen und unter unterschiedlichen Bedingungen, faktisch sind sie aber vielfach in die gleichen Marktkontexte eingebunden. Sie sind beide auf Zuschauerzahlen angewiesen (entweder zur Legitimierung der Rundfunkgebühren oder um Einnahmen zu erzielen), sie konkurrieren auf dem gleichen Werbemarkt, dem gleichen Programmbeschaffungsmarkt und um die gleichen Zuschauerinnen und Zuschauer, denen es letztlich egal ist, welcher Sender ihre Lieblingssendung ausstrahlt.

Die Zukunft des öffentlichrechtlichen Rundfunks

Medienkonvergenz (das heißt die Übereinstimmung, Angleichung des Medienangebots) ist daher aus mehreren Gründen ein Leitmotiv der aktuellen medienpolitischen Diskussion. Zwar wurde das Thema bislang vor allem hinsichtlich der Frage, inwieweit sich öffentlich-rechtliches Fernsehen an das Programm privatrechtlicher Sender angleicht, aufgegriffen, tatsächlich geht es aber um viel mehr: Jede Form des Rundfunks hat sich unter zumindest ähnlichen Marktbedingungen zu bewähren, er hat sich zudem der Konkurrenz durch neue digitale Medien zu stellen. Neu daran ist nicht die Tatsache der medialen Konkurrenz an sich, denn die hat es immer schon gegeben. Auch vor 50 Jahren konnte das Publikum wählen, ob es zu einer bestimmten Zeit fernsehen wollte, ins Kino gehen, eine Schallplatte hören oder ein Buch lesen. Neu ist das Verschwimmen der Grenzen zwischen den Einzelmedien: Wenn ich etwa eine Fernsehserie zum gleichen Zeitpunkt wahlweise im Fernsehen, auf DVD oder im Internet sehen kann, auf dem Fernsehbildschirm, dem Computermonitor oder einem mobilen Kommunikationsgerät wie Handy oder Smartphone, dann wird der Begriff "Fernsehsender" allmählich bedeutungslos.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht daher vor einer doppelten Herausforderung: Wie kann er in einer in diesem umfassenden Sinn konvergierenden Medienwelt ein eigenes Profil bewahren? Und: Kann er sich überhaupt als "Rundfunk" behaupten? Zum Grundversorgungsauftrag gehört auch eine Bestands- und Entwicklungsgarantie, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in seinen Angeboten und Angebotsformen also nicht auf den heutigen Stand beschränkt, sondern kann auch mit neuen Inhalten an der Medienentwicklung teilhaben " aber in Grenzen.

So hatten sich die bestehenden Online-Angebote von ARD und ZDF bis zum 31. August 2010 (und zukünftig alle neuen und grundlegend veränderten) dem "Drei-Stufen-Test" zu unterziehen:

  1. Gibt es für sie ein gesellschaftliches Bedürfnis, das dem Programmauftrag entspricht?

  2. Tragen sie positiv zum publizistischen Wettbewerb bei?

  3. Sind sie bei Abwägung von Kosten und Nutzen sinnvoll finanzierbar?

Dass dieser Test mehr Fragen aufwirft, als Antworten verspricht, hat nur zu einem geringen Teil mit seiner Umsetzung zu tun. Zwar lässt sich etwa kritisieren, dass anders als beim in einzelnen Punkten vergleichbaren "Public Value Test" der BBC die Prüfung ausschließlich von anstaltseigenen Gremien vorgenommen wird " in Großbritannien ist dagegen die externe Regulierungsbehörde Ofcom in den Prozess eingebunden. Das Hauptproblem ist aber ein anderes. Der "Drei-Stufen-Test" hat sich als Anlass für die Fortsetzung von hitzigen Grundsatzdebatten über die Funktion öffentlich-rechtlicher Medienangebote und deren Verhältnis zu kommerziellen Medien erwiesen. Für eine deutliche Beschränkung öffentlich-rechtlicher Angebote im Internet haben sich dabei neben privatrechtlichen Fernsehanbietern aus ebenfalls nachvollziehbaren ökonomischen Interessen besonders vehement die Verlegerverbände eingesetzt, da absehbar das Medium Print an Bedeutung verlieren wird und Zeitungen und Zeitschriften eine neue Finanzierungsbasis im Internet suchen. So verständlich solche Debatten sind, für die Gesellschaft insgesamt weist die Auseinandersetzung um den "Drei-Stufen-Test" darauf hin, dass das eigentliche Hauptproblem durch solche Tests nicht gelöst werden kann, nämlich die Frage: Was verstehen wir überhaupt unter dem "Public Value" von Medienangeboten? Und zur Beantwortung dieser Frage sind Diskussionen unter Beteiligung aller betroffenen Gruppen notwendig, einschließlich der Mediennutzerinnen und -nutzer.

QuellentextRadio " vielseitig genutzt

Als das Internet und MP3-Geräte wie der iPod vor bald zehn Jahren jeden Hörer zu seinem eigenen Programmchef machten, hieß es: Das Radio ist am Ende. Sender wie der Rias oder der SWF, die sich dem Wort widmeten, waren in der alten Bundesrepublik Leitmedien gewesen; aber schon in den achtziger Jahren hatten sie an kultureller Bedeutung verloren, als die Privatradios auf Sendung gingen. Quoten wurden wichtig und starre Programmschemen, damit die Hörer jederzeit wissen, was sie erwartet. "Das Formatradio hat das Radio in die Krise geführt", sagt Dietmar Timm. Er leitet beim Deutschlandradio das neue Programm DRadio Wissen.[...]
Beliebt ist das Radio aber nach wie vor: Tatsächlich hören derzeit 58 Millionen Menschen in Deutschland täglich Radio, jeder von ihnen im Schnitt vier Stunden. [...] Zwar ist die Zeitspanne, in der Radio gehört wird, in diesem Jahrzehnt um fast eine halbe Stunde pro Tag geschrumpft. Doch inzwischen steigt die Verweildauer " seit drei Jahren " wieder an. [...]
"Wir haben eine Zwei-Klassen-Kundschaft", sagt Dietmar Timm. Er meint, dass es eine Gruppe gibt, die sich Radio anhört, wie man sich es immer anhörte: im Hier und Jetzt. Die andere Gruppe nutzt es zeitversetzt und bedient sich damit des digitalen Standards, den das Internet und die neuen Endgeräte setzen. Die Gruppe, die sich ihre Inhalte selbst zusammensucht, "ist groß genug, um sie ernst zu nehmen", sagt Timm. Das Deutschlandradio hatte 2009 "einen Riesenabsatz an Audio-Dateien: Es gab 50 Millionen Abrufe per Podcast oder Audio-on-demand". [...]
Unter Audio-on-demand versteht man das gezielte Herunterladen eines Beitrags oder einer Sendung, unter Podcast eine Art Download-Abonnement. Die Gruppe der Hörer, so Timm, die auf diese Art Radio konsumiert, "stellt aber nicht die Mehrheit dar". Die bilden immer noch jene Hörer, die ausschließlich lineare Programme nutzen " Radio also klassisch über UKW hören oder als Livestream im Internet.
Wer musikalische und gesprochene Inhalte im Internet sucht, ist für die etablierten Radiostationen trotz immenser Konkurrenz nicht verloren. Mehr als 2200 Webradios werden von Deutschland aus gestreamt, nur ein Viertel dieser Programme wird von klassischen Radiostationen angeboten. Wolfgang Schmitz ist Hörfunkdirektor des WDR. "Bei Lichte betrachtet", sagt er, "ist vieles kein Radio, sondern lediglich Abspielstation für bestimmte Musikgenres. Angebote, die das Spannende am Radio ausmachen, fehlen". Schmitz bezieht sich auf das moderierte Radio in seiner ganzen Breite " von der Kultur über Infosendungen bis zur Comedy und populären Musik.
Vielleicht zeigt sich an diesem Punkt tatsächlich am stärksten der Kulturunterschied zwischen altem Rundfunk und der Selbstbedienung im Internet: Wer sein eigener Programmchef ist, blickt nicht mehr über seinen Horizont hinaus. Das klassische Radio kann sein Publikum leichter überraschen und Interesse auf etwas lenken, von dem Hörer gar nicht wissen, dass es sie interessieren könnte.
"Ungefähr vier Prozent der Bevölkerung nutzen täglich Webradios, zum größten Teil greifen sie auf die herkömmlichen Programm-Marken zu." Das berichtet Dieter K. Müller, Direktor der Abteilung Forschung und Service bei der ARD-Werbetochter Sales & Services. Vor allem der Livestream der jugendlichen WDR-Welle 1Live und des Kulturangebots SWR 2 gehören zu den am häufigsten gehörten Webradios. "Das Webradio ist also eher als technischer Verbreitungskanal für bereits bestehende Programme zu sehen", sagt Valerie Weber. Sie ist Programmdirektorin und Geschäftsführerin bei Antenne Bayern, Deutschlands meistgehörter Privatstation. Umgekehrt finden auch junge User, die nicht mehr im herkömmlichen Sinn Radio hören, die auf der Apple-Download-Seite iTunes, bei Youtube oder in sozialen Netzwerken surfen, im Netz zu den klassischen Sendern.
[...] So ist das Radio durch die rasante Verbreitung der digitalen Technik mit neuen Speicher- und Abspielgeräten nicht wie angenommen an die Existenzgrenze gedrängt worden, sondern befindet sich in der Mitte der Unterhaltungs- und Informationsgesellschaft. [...]

Stefan Fischer, "Am Anfang war das Wort", in: Süddeutsche Zeitung vom 24. April 2010

Entwicklung des privaten Rundfunks

Fernsehen

Seit der Einführung des privaten Fernsehens 1984 hat sich die Sendervielfalt deutlich erhöht: Die Zahl der Programme stieg in der Bundesrepublik bis zum Jahresende 2009 auf über 450 TV-Sender. Sie unterscheiden sich nach der inhaltlichen Ausrichtung ihres Programms. So genannte Vollprogramme zeigen ein breites Spektrum unterschiedlicher Inhalte, sie müssen einen bestimmen Anteil an Informationen, Bildung, Beratung und Unterhaltung enthalten. Damit grenzen sie sich von den "Spartenprogrammen" ab, die ihr Programm mit größtenteils gleichartigen Inhalten füllen.

Das so genannte Free-TV finanziert sich, für den Zuschauer scheinbar kostenlos, vor allem durch die Vermarktung von Werbezeiten bei der werbetreibenden Industrie. Tatsächlich legen die Unternehmen ihre Marketingkosten wieder auf die Produktpreise um, so dass man hier von einer indirekten Finanzierung spricht. Im Gegensatz dazu steht das Pay-TV, bei dem die Zuschauer für die Nutzung des Programms direkt bezahlen.

Die Einführung des privaten werbefinanzierten Fernsehens als Möglichkeit für die Industrie, Produkte in der Öffentlichkeit zu bewerben, hat sich als großer Erfolg herausgestellt. So stiegen die TV-Nettowerbeeinnahmen in der Bundesrepublik seit dem Start des privaten Fernsehens erheblich: Sie verfünffachten sich zwischen den Jahren 1984 und 2009 von 694 Millionen Euro auf 3,64 Milliarden Euro netto. Allerdings konnten die Fernsehsender bislang nicht wieder das hohe Niveau der Werbeumsätze aus der Boomzeit vor dem Jahr 2000 erreichen. Die Wirtschaftskrise 2008/2009 ließ die Werbe-Budgets erneut schrumpfen. 2010 zeichnete sich eine Erholung des TV-Werbemarktes ab, weil die Gesamtwirtschaft und damit auch die Werbeinvestitionen wieder wuchsen. Der Markt für Fernsehwerbung ist fest in der Hand der Privaten: Weniger als sieben Prozent der Nettowerbeumsätze entfielen 2009 auf die öffentlich-rechtlichen Sender.

Werbe-Einnahmen im Fernsehen schrumpfen (2010)

2008 erwirtschafteten die frei empfangbaren Vollprogramme rund 85 Prozent ihres Umsatzes mit Werbespots, die Spartenprogramme konnten sich zu 65 Prozent aus Werbeerlösen refinanzieren. Klar ist damit, dass andere Einnahme-Quellen im TV-Bereich weiter an Bedeutung gewinnen: Teleshopping-Kanäle verkaufen Produkte direkt über den Bildschirm, andere Programme bieten kostenpflichtige Telefon- und Internet-Dienste an, auch die Einnahmen durch Sponsoring steigen.

Nicht nur auf dem Werbemarkt ist die Bedeutung der privaten Fernsehveranstalter gestiegen, auch konnte eine große Zahl von Arbeitsplätzen geschaffen werden. 2008 waren rund 18000 Personen als feste oder freie Mitarbeitende bei privaten Fernsehsendern tätig.

Von den privaten Anbietern erreichen regelmäßig die beiden Programme RTL und Sat.1 die meisten Zuschauer, die im Schnitt rund 15 Jahre jünger sind als das Publikum der öffentlich-rechtlichen Sender. Während der Zuschauermarkt früher stabil von den öffentlich-rechtlichen Angeboten der ARD und des ZDF angeführt wurde, übernahm RTL 2010 erstmals seit 2003 wieder die Spitzenposition im Kampf um die Einschaltquote (nach vorläufiger Erhebung der GfK-Fernsehforschung Marktanteil 2010: 13,6 %). Danach folgten Das Erste (13,2 %), ZDF (12,7 %) und Sat.1 (10,1 %).

Die 1984 gegründete Mediengruppe RTL Group Deutschland ist der erfolgreichste private Rundfunkanbieter Deutschlands und zugleich Europas größtes TV-, Radio- und Produktionsunternehmen. Zu der Gruppe gehören im deutschsprachigen Raum beispielsweise die Sender RTL, RTL II, VOX und n-tv sowie Super-RTL. Insgesamt kontrolliert RTL 38 TV- und 32 Radiosender in zehn Ländern. Die RTL Gruppe ist wiederum im Besitz der Bertelsmann AG in Gütersloh.

Im Jahre 2000 fusionierte der Filmrechtehändler Leo Kirch die Sender Sat.1, ProSieben, kabeleins und N24 zur ProSiebenSat.1 Media AG. Obwohl einige Teile der Mediengruppe wirtschaftlich erfolgreich arbeiteten, hatte sich der Unternehmer mit seinem weitverzweigten Firmen-Imperium Anfang der 2000er Jahre finanziell verhoben, weshalb dieses daraufhin zerschlagen wurde. Die Mediengruppe ProSiebenSat.1 wird 2010 von den Finanzinvestoren KKR und Permira kontrolliert. Die Sendegruppe bietet in 13 europäischen Ländern Programme an und betreibt in Deutschland die Sender Sat.1, ProSieben, der besonders bei jüngeren Zuschauern von 14 bis 49 (der von den werbetreibenden Unternehmen bevorzugten Zielgruppe) beliebt ist, kabeleins und 9Live. Der Nachrichtensender N24 wurde von der ProSiebenSat.1-Gruppe im Sommer 2010 an private Investoren verkauft. Ein erneuter Verkauf der Gruppe oder einzelner Sender ist für 2011 geplant.

Marktanteile der AGF- und Lizenzsender im Tagesdurchschnitt 2010

Die Privaten haben wesentliche Entwicklungen der Programmgestaltung im deutschen Fernsehen geprägt. Sie führten neue Sport-, Unterhaltungs- und Erotiksendungen ein und gewannen immer größere Zuschaueranteile. Vor dem Start der Privaten endete das TV-Programm oftmals schon gegen Mitternacht. Vorabendserien und große Familien-Shows, Gewinnspiele und Talk-Formate bekamen von den Privaten einen frischeren Anstrich. Sie führten auch ganz neue Formate wie Reality-TV ein. Viele dieser Sendungen sorgten für öffentliche Debatten und herbe Kritiken, was den Programmen aber trotzdem mehr Zuschauer brachte. Als RTL II im Jahr 2000 die erste Reality-TV-Show "Big Brother" startete, in der die Zuschauer das Leben einer Wohngemeinschaft ununterbrochen verfolgen konnten, trat der Sender damit eine Welle der Entrüstung los " der Beliebtheit der Show tat dies keinen Abbruch. Nach der zehnten Staffel im Jahre 2010 überlegt RTL II aber aufgrund des sinkenden Interesses, mit der Sendung zu pausieren. Viele der erfolgreichsten Sendungen der letzten Jahre, wie zum Beispiel die Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar", sind weitere Formen von Reality-TV-Shows.

Da die Grenzen zwischen den herkömmlichen Mediengattungen immer weiter verschwimmen, betätigen sich auch die Medienunternehmen auf immer mehr Geschäftsfeldern. Bei der Mediengruppe RTL bedient beispielsweise die Tochtergesellschaft RTL Interactive alle Bereiche abseits des klassischen Fernsehens. Dazu zählen Online, Mobile, Teletext, Telefon-Dienste, Teleshopping, DVD, Videovertrieb und Filmverleih, Merchandising und Lizenzierung, PC- und Videospiele. Ähnliche Aktivitäten gibt es auch bei der ProSiebenSat.1-Gruppe.

QuellentextFernsehquotenermittlung

Spätestens um 8.30 Uhr eines jeden Morgens schlägt in Deutschland für Programmplaner von Fernsehsendern, Produzenten von TV-Programmen, Werbe- und Mediaplaner der Markenartikelhersteller [...] die Stunde der Wahrheit. Jeweils am Tag nach der Ausstrahlung übermittelt die GfK Fernsehforschung die Einschaltquoten des Vortags. In wenigen Augenblicken stehen die "Winner" und "Loser" des Fernsehvortags fest. [...] Die täglich ermittelten GfK-Daten geben Auskunft, wie viele Zuschauer welchen Alters oder welcher sozialen Herkunft wie lange bei welchem Programm bleiben.[...]
[Ein repräsentatives Forschungspanel] [...] stellt ein verkleinertes Abbild der in Deutschland lebenden deutschen und EU-ausländischen Wohnbevölkerung in Privathaushalten mit mindestens einem Fernsehgerät dar. Auf die Sekunde genau ermittelt die GfK rund um die Uhr und Tag für Tag, wer in Deutschland wann was im Fernsehen sieht. Die Ergebnisse aus den Hochrechnungen der in dieser Stichprobe gewonnenen Informationen liegen am nächsten Tag bei den Anwendern dieser Daten vor. [...]
[...] Die deutsche Fernsehforschung hat die strengste Definition, wer jeweils als Zuschauer gilt. So reicht die Anwesenheit im Raum bei laufendem Fernsehgerät [...] nicht aus, um [...] als Zuschauer zu gelten. Das heißt, dass nur der Teilnehmer im Fernsehpanel, der tatsächlich fernsieht, angehalten ist, sich über das GfK-Meter bei der GfK als Zuschauer anzumelden.[...] Die GfK setzt zur Messung der Fernsehnutzung ein spezielles Messgerät ein, das "GfK-Meter". Es ist an die Empfangsgeräte des Haushalts, das heißt an TV, Videorecorder, Digital-Receiver sowie analoge Satelliten-Receiver, angeschlossen und zeichnet die Programmnutzung der einzelnen Haushaltsmitglieder sekundengenau auf.
Das GfK-Meter misst nicht nur das Fernsehverhalten einzelner Personen [...]. Es erfasst z. B. auch die seitengenaue Nutzung von Teletext und den Einsatz von Videospielen. Darüber hinaus registriert es, wenn Fernsehsendungen, die mit dem Videorecorder aufgezeichnet wurden, später abgespielt werden. Zum GfK-Meter gehört eine Fernbedienung. Diese enthält für jede dem Haushalt angehörende Person eine eigene Taste, mit der sie sich als Zuschauer an- und abmelden kann. [...]
Täglich zwischen 3:00 und 6:00 Uhr werden die mittels GfK-Meter gemessenen und gespeicherten Nutzungsdaten via Modem vom zentralen Rechnersystem der GfK über das Telefonnetz abgerufen. Falls ein Haushalt keinen Festnetzanschluss besitzt, kann auch auf die Technik des Mobilfunks zurückgegriffen werden. [...]
Zur Grundgesamtheit für das Fernsehpanel gehören alle Fernsehhaushalte in Deutschland, bei denen der Haupteinkommensbezieher die deutsche oder der Haushaltsvorstand eine andere EU-Staatsbürgerschaft besitzt. Der Stichprobe des Fernsehpanels gehören seit 1. Januar 2001 5640 Haushalte in Deutschland an. In diesen Haushalten leben rund 13 000 Personen, die in ihrer Gesamtheit repräsentativ für die oben genannte Grundgesamtheit sind.[...]
Einbezogen werden ausschließlich die Haushalte, welche die GfK Fernsehforschung gezielt auswählt und anwirbt. Die GfK erreicht dies über eine systematische Zufallsauswahl von Orten und Straßen, bei der grundsätzlich jeder Haushalt die Möglichkeit hat, in die Stichprobe zu gelangen. [...] Mit Hilfe von Hochrechnungen wird das in der Stichprobe ermittelte verkleinerte Abbild der Fernsehnutzung auf die gesamten Fernsehhaushalte der Grundgesamtheit übertragen. Ein im Fernsehpanel teilnehmender Haushalt repräsentiert zur Zeit circa 6000 Haushalte. [...]

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Die Rundfunkanbieter haben sich damit in den letzten zehn Jahren zu Multimedia-Anbietern gewandelt, die auf allen Verbreitungswegen präsent sind. Dabei bildet ein TV-Sender selbst nur einen Knoten im Netzwerk größerer Firmen-Strukturen. Ein Beispiel dafür ist die Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar" (kurz: DSDS), die im Netzwerk der Bertelsmann-Gruppe auf allen Ebenen verwertet wird. So können die Fans von DSDS die Aktivitäten der Kandidaten nicht mehr nur über das Fernsehen, sondern mittlerweile auch über das Internet oder kostenpflichtige Handy-Anwendungen sowie in einem eigenen Magazin verfolgen, dann über das Telefon abstimmen, wer ihr Favorit ist und schließlich das Album des Gewinners online oder als CD kaufen. Alles erfolgt über Unternehmen, die der Bertelsmann-Gruppe angehören. Diese Entwicklung der crossmedialen Verwertung scheint ein Trend im deutschen TV-Markt zu sein, da man sich angesichts schrumpfender Werbeeinnahmen immer stärker um zusätzliche bzw. neue Erlösquellen von erfolgreichen Programmformaten kümmert.

Pay-TV-Anbieter gibt es gegenüber werbefinanzierten TV-Sendern in Deutschland vergleichsweise wenige. 2008 waren es insgesamt nur 28 Programme. Klarer Marktführer ist die Sky Deutschland AG, die bis 2009 Premiere hieß, mit rund 2,7 Millionen Abonnenten. Unter den Pay-TV-Programmanbietern befinden sich verschiedene Veranstalter von Spartenkanälen, die über Programmplattformen wie Sky, bei Kabelnetzbetreibern wie KDG, Unity Media, Kabel BW, sowie über Satelliten- (Astra, Eutelsat) und IPTV-Plattformen (wie T-Home Entertain) und im Internet direkt verbreitet werden. Pay-TV-Sender sind nicht oder kaum vom Werbemarkt abhängig, müssen dafür aber ihre Kunden durch besonders attraktive Programme (z. B. die Fußball-Bundesliga) oder hochwertige Inhalte (Kinofilme) zum Abonnement bewegen. Dies ist aufgrund der hohen Anzahl "frei" empfangbarer Kanäle und der damit verbundenen großen Vielfalt in Deutschland nicht immer einfach. Denn die Attraktivität einer noch größeren Programmvielfalt durch Pay-TV ist dem deutschen TV-Nutzer oft nur schwer zu verdeutlichen. Anders sah die Situation dagegen beispielsweise beim Start der ersten Pay-TV Sender in Großbritannien oder Italien aus: Hier konnten analog nur fünf Programme frei empfangen werden. Entsprechend hoch war die Bereitschaft der Nutzer, zu Inhalten im Pay-TV zu greifen. Im Allgemeinen schwanken die Ergebnisse der Pay-TV-Sender mit der Höhe der von ihnen gezahlten Lizenzgebühren für Inhalte wie Serien, Filme und Sport-Rechte und natürlich mit der Zahl ihrer Abonnenten und dem Abopreis.

QuellentextQuotenmessung im Internet

Im Internetjournalismus geht es vor allem um Klicks. Je mehr [...], desto höher die Quote. [...]
Jeder Onlinejournalist kennt den Glücksmoment, wenn der eigene Text in kürzester Frist einige Tausend Zugriffe produziert " und spürt den Schlag ins Kontor, wenn die Klicks ausbleiben. Die erste Konsequenz: Leserbeschimpfung ("Die Leute wissen eben nicht, was wirklich wichtig ist"). Doch dahinter wölben sich andere Gedanken, die um Themenauswahl, Sprache, Stil, Präsentation kreisen. Der Autor sammelt Erfahrungen damit, was schlecht funktioniert und wohin sich der Publikumsgeschmack bewegt. [...] Verlagsmanager denken anders. Die Klickzählung ist für sie eine Methode, Reichweite zu messen, denn Reichweite ist vermarktbar.
Was aber ist Reichweite? Den Managern sind zuallererst die Seitenaufrufe wichtig, Page Impressions genannt. Sie messen jeden einzelnen Klick im Angebot, auf die Startseite, weiter auf einen Artikel, die nächste Seite, zurück zum Hauptmenü, in ein Spiel und so fort. Page Impressions [...] machen unterschiedliche Angebote vergleichbar. [...] Mit der PI-Zahl wenden sich die Vermarkter an Media-Agenturen und Werbungtreibende, um Anzeigen zu akquirieren. So entsteht ein spezifischer ökonomischer Zwang, der sich direkt auf die journalistische Produktion auswirkt. Es geht darum, möglichst viele verkaufbare Seitenaufrufe auszulösen.
Was klickt? Bilder zum Beispiel, in schneller Reihe hintereinander gestellt. [...] Was noch: Spiele natürlich, beispielsweise Memory-ähnliche Gedächtnistests [...]. Oder Ratespiele: eine Frage, drei Antworten, nächste Seite. [...] Dann gibt es noch einige technische Möglichkeiten. Sie heißen "Suchmaschinenoptimierung" und sollen das eigene Angebot auf die ersten Plätze in den Ergebnislisten der Google-Suche hieven. [...]
Die Jagd nach Klicks hat zwei Folgen. Erstens verlieren die gesetzten Reize ihre Wirkung, [...] eine Bildergalerie, die am Vortag noch enorme Zugriffe produzierte, wird am folgenden Tag weit weniger geklickt. Also muss ständig Neues her, in immer schnellerer Folge. Die Qualität des Angebots ist dabei weniger wichtig als die Masse, denn der Nutzer klickt in jedem Fall.
Zweitens sorgt der Quotendruck dafür, dass innerhalb der Redaktionen Ressourcen umgelenkt werden. Onlinekollegen berichten, wie schwierig es sei, neue Formate zu entwickeln, die das Medium ermöglichen würde. Schöner wäre beispielsweise eine Bilderschau, deren Fotos fließend ineinander übergehen, während ein gesprochener Text die Geschichte zu den Bildern erzählt. Möglich ist das. Nur brachten solche Formen bislang lediglich einen einzigen Klick. Herkömmliche Galerien sind, zugriffsökonomisch betrachtet, wesentlich effektiver. [...] Stattdessen wird der gemeinsame Nenner gesucht, der die größte Masse erreicht. [...] Die Auswahl und Positionierung von Themen wird zum Gegenstand der Vermarktung. Was aber, wenn die Analyse zur Lage am Arbeitsmarkt floppt oder das Hintergrundstück zum Atomkonflikt mit Iran?
Die Quote droht die Wirklichkeit zu verzerren und setzt die Reputation des journalistischen Produkts aufs Spiel. [...] Die Glaubwürdigkeit eines journalistischen Angebots besteht aber gerade darin, dass man von seinem Urteil annimmt, es sei von ökonomischen und anderen Interessen frei.
Doch vielleicht ist die Angst vor Banalisierung auch ganz unbegründet. Klaus Schönbach, Medienwissenschaftler an der Universität von Amsterdam, beobachtet eine Fragmentierung der Leserschaft. "Das Publikum zerfällt in Zielgruppen. Bilder treffen den Massengeschmack. Doch wer sich nur für Literatur oder Außenpolitik interessiert, will vielleicht gar keine Fotos sehen." [...]
Die ersten Medienunternehmen reagieren schon auf diese Entwicklung. Beispielsweise erwägt der Medienmogul Rupert Murdoch, das Onlineabonnement des Wall Street Journal deutlich zu verteuern. Statt möglichst viele Nutzer anzusprechen, will er lieber eine finanzkräftige Zielgruppe erreichen. Ähnlich denkt man auch in der Onlinewerbung. Die Marktforscher von Nielsen Netratings, deren Messungen vielen amerikanischen Werbungtreibenden als Standardgröße gelten, erstellen ihre Ranglisten [...] auf der Basis der auf einer Seite verbrachten Zeit und nicht mehr nach Zahl der Seitenaufrufe. Kleine, spezifische Zielgruppen interessieren sie, von denen man beispielsweise weiß, ob sie sich neben Politik auch für Literatur oder eher für Autos interessieren, ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben, ob sie abends lange lesen oder tagsüber über die Seite flitzen, ob sie regelmäßig wiederkommen. All das kann man ebenfalls messen, nur gibt es bislang noch keinen etablierten, allgemein verbindlichen Standard. [...]

Carsten Polke-Majewski, "237 Gründe, Sex zu haben", in: Die Zeit Nr. 11 vom 6. März 2008

Hörfunk

Mitte der 1980er Jahre gingen auch die ersten privatwirtschaftlich organisierten Hörfunkprogramme in der Bundesrepublik auf Sendung. Die Hörfunkveranstalter haben im Gegensatz zum Fernsehen den Vorteil, dass die Produktion ihres Programms wesentlich kostengünstiger ist. Die privaten Radiosender in Deutschland senden für ein landesweites, regionales oder lokales Publikum. Der private Radiomarkt ist allerdings kein Wachstumsmarkt mehr, die Gewinne sind seit 2000 tendenziell gesunken, die Netto-Werbeeinahmen sind zwischen 2007 und 2009 um etwa neun Prozent auf 678 Millionen Euro gefallen.

2009 waren 244 private Radio-Programme in Deutschland auf Sendung, davon sendeten 55 landesweit und 158 lokal. Den 244 privaten Radiosendern in Deutschland stehen 70 öffentlich-rechtliche Sender gegenüber, die aber oftmals über eine hervorragende technische Verbreitung verfügen. Trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit erreichten alle privaten Sender zusammen im Jahr 2010 nur einen durchschnittlichen Hörer-Marktanteil von 44 Prozent.

Die privaten Hörfunkanbieter finanzieren ihren Programm- und Sendebetrieb, ähnlich wie im TV-Bereich, vor allem durch Werbeerlöse. 2008 machte Werbung 87,4 Prozent der Gesamterträge im privaten Hörfunk aus. Der Markt für Radio-Werbung ist in Folge der Medienkrise 2000 und der Wirtschaftskrise 2008/2009 jeweils deutlich geschrumpft. Daran sind die öffentlich-rechtlichen Sender stark beteiligt: Etwa ein Viertel der Netto-Werbeinnahmen im Hörfunk gingen 2008 an den ARD-Hörfunk, die Privaten hatten einen Anteil von rund 75 Prozent am Werbemarkt.

Werbe-Einnahmen im Radio sinken auf das Niveau von 2001 (2010)

Das private Radioprogramm ist typischerweise gekennzeichnet durch einen Mix aus Musik- und Informationsprogrammen, die vor allem aus Serviceangeboten wie Nachrichten, Wetter- und Verkehrshinweisen bestehen. Heute dominieren bei privaten wie öffentlich-rechtlichen Sendern nahezu überall sogenannte Formatradios, die über das gesamte Programm hinweg durch einen einheitlichen Musik- und Moderationsstil gekennzeichnet sind, der durch konsequente Marktforschung laufend überprüft wird.

Landesmedienanstalten

Seit 1984 existieren als Aufsichtsorgane für den privaten Rundfunk in allen Bundesländern Landesmedienanstalten. Berlin und Brandenburg sowie Hamburg und Schleswig-Holstein haben ihre Anstalten per Staatsvertrag zusammengelegt. Die Landesmedienanstalten vergeben Lizenzen für private Rundfunkangebote. Gleichzeitig überwachen sie die Einhaltung der Vorgaben aus dem Rundfunkstaatsvertrag; Schwerpunkte bilden dabei die Sicherung der Meinungsvielfalt und die Einhaltung der Richtlinien zur Werbung und zum Jugendschutz.

Darüber hinaus fördern die Landesmedienanstalten auch die Medienkompetenz der Bürger, also ihre Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte zielgerichtet und den eigenen Bedürfnissen entsprechend zu nutzen. Dazu stellen sie Informationsmaterial bereit oder bieten Interessierten die Möglichkeit, über "Offene Kanäle" selbst Rundfunkprogramme zu veranstalten. Auch die Förderung der technischen Entwicklung der Übertragungswege und der Medienwirtschaft und Medienforschung fällt in ihren Aufgabenbereich.

Da das Grundgesetz vorschreibt, dass der Staat keinen direkten Einfluss auf den Rundfunk nehmen darf, sind die Landesmedienanstalten "staatsfern" organisiert. Ähnlich den Rundfunkräten der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten gibt es jeweils unabhängige Aufsichtsorgane, die mit Vertretern verschiedener gesellschaftlich relevanter Gruppen besetzt sind. Diese kontrollieren und entscheiden über Lizenzanträge und die allgemeine Arbeit der Landesmedienanstalt, die jeweils von einem Direktor /einer Direktorin bzw. Präsidenten/Präsidentin oder Geschäftsführer/Geschäftsführerin geleitet bzw. umgesetzt wird.

Wettbewerb und Meinungsmacht

Nationale und supranationale Institutionen überwachen den Rundfunksektor, wenn es um Wettbewerb und Meinungsmacht geht. Das Bundeskartellamt prüft, ob ein oder mehrere Unternehmen eine ökonomische Stellung im Markt einnehmen, die den wirtschaftlichen Wettbewerb verzerrt, und ob es illegale Absprachen im Markt gibt, die den Wettbewerb behindern. Eine ähnliche Aufgabe hat die EU-Wettbewerbskommission: Sie prüft die Umsetzung europaweiter Richtlinien zum Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen und kann auch auf der nationalen Ebene tätig werden.

Um den publizistischen Wettbewerb, also die Meinungsvielfalt, zu schützen, gibt es seit 1997 die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich, kurz KEK. Sie unterstützt die Landesmedienanstalten bei der bundesweiten Konzentrationskontrolle. Sobald ein privater Veranstalter mit seinen Programmen in der Bundesrepublik einen Zuschauer-Marktanteil von 30 oder mehr Prozent erreicht, dürfen Landesmedienanstalten und KEK gegen diese Konzentrationstendenzen einschreiten. Ist der Veranstalter dazu noch an Unternehmen beteiligt, die auf angrenzenden (Medien-)Märkten agieren, reichen dafür schon 25 Prozent Zuschauer-Marktanteil. Allerdings gibt es auch Bonusregeln und Abschläge, beispielsweise wenn ein Veranstalter regionale Fensterprogramme produziert oder Drittanbieter in seinem Programm zulässt.

Die deutschen Institutionen " Bundeskartellamt, KEK und Landesmedienanstalten " werden aktiv, wenn Übernahmen oder Fusionen mit Beteiligung von Rundfunkunternehmen anstehen. Dies war zum Beispiel der Fall, als 2005 der Axel-Springer-Verlag, unter anderem Herausgeber der Bild-Zeitung, die Mediengruppe ProSiebenSat.1 übernehmen wollte. Sowohl die KEK als auch das Bundeskartellamt lehnten im Frühjahr 2006 trotz Zugeständnissen des Springer-Verlags den Übernahmeantrag ab.

Die beiden Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 teilten sich 90 Prozent der Werbeerlöse im Fernsehen, rechnete das Bundeskartellamt vor. Im Zusammenschluss mit dem Springer-Verlag, der eine dominierende Stellung auf dem Markt für Zeitungsanzeigen und im Straßenverkauf von Zeitungen einnimmt, hätte der Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung des Springer-Verlags auf diesen Medien-Märkten bedeutet.

Auch die KEK hatte Einwände: Die Kombination aus der starken Position der ProSiebenSat.1-Gruppe im bundesweiten privaten Fernsehen mit der überragenden Stellung des Springer-Verlags im Pressemarkt berge die Gefahr der Beherrschung der öffentlichen Meinung, weil andere Anbieter mit ihren politischen Ansichten kaum noch in der Öffentlichkeit zu Wort kämen.

Der Vorstandschef des Springer-Verlags, Mathias Döpfner, warf der KEK anschließend vor, sie übersehe die Verschiebungen des Medienwettbewerbs in die globalen digitalen Vertriebskanäle und betrachte nur isoliert den deutschen Markt. Die KEK antwortete: "Die KEK ist allein dem verfassungsrechtlichen Auftrag zur Sicherung der Meinungsvielfalt verpflichtet."

Letztendlich wurde die Sendergruppe an die internationalen Finanz-Investoren KKR und Permira verkauft. Dieses Ergebnis sorgte für weitere Diskussionen, da viele Medienpolitiker die ProSiebenSat.1-Gruppe lieber in deutschen Händen gesehen hätten. Nach dem Kauf verschmolzen die neuen Investoren die ProSiebenSat.1-Gruppe 2007 mit der bereits in ihrem Besitz befindlichen paneuropäischen SBS Broadcasting Group. Das Unternehmen stieg damit zwar zum zweitgrößten Fernsehkonzern Europas auf, wurde aber auch mit Schulden von über drei Milliarden Euro belastet.

Das Spannungsverhältnis, die Renditeorientierung moderner Medienunternehmen mit gesellschaftlichen Ansprüchen an eine meinungsstarke, pluralistische Medienöffentlichkeit zu verbinden, bleibt eine Herausforderung für die Wettbewerbshüter und privaten Sender.

Digitaler Rundfunk

Die Digitalisierung eröffnet den Rundfunkveranstaltern viele neue Kanäle, um ihre Programme zu verbreiten. Dabei treiben technische, wirtschaftliche und politische Faktoren die Entwicklung an. Die Digitalisierung der Übertragungswege ist, besonders für das Fernsehen, weit fortgeschritten. 2009 nutzten bereits 55 Prozent der Fernsehhaushalte einen digitalen TV-Empfang. Der Empfang über die Kabelnetze erfolgte 2009 zu 30 Prozent und über Satellit zu 74,1 Prozent digital. Das terrestrische Fernsehen, also der Fernsehempfang über Funkwellen, ist seit 2009 komplett auf den digitalen Standard DVB-T (Digital Video Broadcasting Terrestrial) umgestellt.

Digitalisierung in TV-Haushalten 2005-2010

Der Hörfunk hinkt bei der Digitalisierung des Rundfunks hinterher: Der digitale Radio-Standard DAB (Digital Audio Broadcasting) bzw. der neuere Standard DAB+ konnten sich bislang noch nicht durchsetzen, obwohl seit über 15 Jahren hierfür intensiv geworben wurde. Zwar wird für 2011 ein Neustart von DAB+ erwartet, doch eine Ablösung des analogen UKW-Standards zeichnet sich nicht ab. Während der digitale Rundfunk sich nur schleppend entwickelt, sind Radioangebote über das Internet ein rasch wachsender Markt: Im April 2010 gab es insgesamt 2700 Webradiosender in Deutschland.

Dort stoßen sie auch auf viele neue Konkurrenten. Kabelnetzbetreiber treten mit eigenen Video-Plattformen an, kleine Betreiber nutzen die günstigsten Vertriebskosten von Webradio und -TV, um ihre Sendungen über das Internet zu verbreiten, Video-Portale wie etwa YouTube finden bei den Nutzern großen Anklang: Auf YouTube werden jeden Tag zwei Milliarden Videos abgespielt. Weltweit wurden 2010 pro Minute mehr als 35 Stunden Video-Material auf die Plattform hochgeladen.

Mit der Nutzung wandelt sich auch die Finanzierung. Die Finanzkrise 2008/2009 hat den privaten Rundfunkveranstaltern schmerzhaft die Abhängigkeit vom Werbemarkt demonstriert. Denn die Entwicklung des Werbemarktes hängt wiederum sehr eng von der gesamtwirtschaftlichen Lage ab: Entgegen der betriebswirtschaftlichen Marketing-Theorie reduzieren Unternehmen vor allem dann ihre Werbeausgaben, wenn ihr Absatz sinkt und es ihnen finanziell schlechter geht. Die Werbeeinnahmen im deutschen Privatrundfunk schrumpften daher in der Wirtschaftskrise 2008 um sieben Prozent und gingen auf 4,55 Milliarden Euro netto zurück.

Mit dem Erfolg neuer Programme über digitale Vertriebskanäle verschärft sich die Situation der klassischen werbefinanzierten TV- und Radiosender. Darum ist die Entwicklung des Internets, ob mobil oder stationär genutzt, ein zentrales Thema der Medienbranche, die Anbieter, Nutzer, Werbewirtschaft und Regulierung gleichermaßen berührt.

ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Journalismusforschung, Kommunikationsgeschichte, aktuelle Medienentwicklungen und internationale Medienpolitik.

Kontakt: E-Mail Link: markus.behmer@uni-bamberg.de

ist Politikwissenschaftler an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Arbeitsschwerpunkte sind politische Kommunikation und die Folgen der Internet-Entwicklung für das politische System. Er bloggt unter http://internetundpolitik.wordpress.com und twittert als @drbieber

Kontakt:E-Mail Link: christoph.bieber@sowi.uni-giessen.de

ist Geschäftsführer der Goldmedia GmbH Strategy Consulting und der Goldmedia-Holding GmbH mit Schwerpunkt der Unternehmensberatung im TIME-Markt sowie Honorarprofessor im Fach Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin.

Kontakt: E-Mail Link: klaus.goldhammer@goldmedia.de

ist freiberuflicher Medienwissenschaftler. Seine Arbeitsschwerpunkte in Forschung und Lehre sind: Fernsehunterhaltung, Geschichte und aktuelle Entwicklung von Medien und Populärkultur.

Kontakt: E-Mail Link: gerdhallenberger@aol.com

vertritt seit September 2010 den Lehrstuhl für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Zeppelin University Friedrichshafen. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Crossmedialität, Mobilkommunikation und Medienpraxis. Gemeinsam mit Frau Prof. Dr. Susanne Fengler gibt sie die Buchreihe "Kompaktwissen Journalismus" heraus. Sie ist Mitglied im "Projektteam Loka ljournalismus". Website: www.sonja-kretzschmar.de

Kontakt: E-Mail Link: sonja.kretzschmar@zeppelin-university.de

ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Journalistik der TU Dortmund und Research Fellow am Erich-Brost-Institut für internationalen Journalismus in Dortmund. Forschungsschwerpunkte: Partizipativer Journalismus, Qualität und Qualitätsmanagement im Journalismus, Lokaljournalismus, internationaler Journalismus.

Kontakt: E-Mail Link: annika.sehl@tu-dortmund.de

ist seit 1983 wissenschaftlicher Referent am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung, mit dem Schwerpunkt Strukturen des Mediensystems. Er ist Redaktionsmitglied der Fachzeitschrift "Medien und Kommunikationswissenschaft".

Kontakt: E-Mail Link: h.d.schroeder@hans-bredow-institut.de