Die Gewährleistung der inneren Sicherheit gehört zu den vorrangigen Aufgaben des Staates. Ein Staat, der seine Bürgerinnen und Bürger nicht vor Kriminalität, Gewalt und anderen Gesetzesverstößen schützen kann, büßt an Legitimation ein, denn die Wahrung des Rechtsfriedens ist eine elementare Voraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Um diese Aufgabe zu erfüllen, verfügt der freiheitliche Rechtsstaat über das Gewaltmonopol. Es wird, um Machtmissbrauch vorzubeugen, reglementiert durch Recht und Gesetz sowie durch die Bindung an Grundrechte, wie sie im Grundgesetz kodifiziert sind. Eine unabhängige Justiz ist für die notwendige Beurteilung des Einzelfalls ebenso wichtig, wie es frei gewählte Verfassungsorgane für die großen Linien der Gesetzgebung sind.
In diesem Zusammenhang stellen sich entscheidende Fragen: Welche Sanktionen sind für welche Tat angemessen, wie wird die Gemeinschaft vor Übergriffen geschützt? Wie kann ein Interessenausgleich zwischen dem Anspruch eines Tatopfers auf Wiedergutmachung und dem Recht des Täters auf eine angemessene und faire Beurteilung seines Vergehens gefunden werden? Unser Rechtssystem hat dabei Leitprinzipien zu beachten: den Schutz der Gesellschaft, die Achtung der Menschenwürde von Opfer und Täter sowie Straftätern eine Chance zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu geben.
Kriminelle Taten und ihre Folgen sind von jeher öffentlichkeitswirksame Themen, Gegenstand fiktionaler und medialer Berichterstattung sowie nicht selten stark emotional geführter, öffentlicher Kontroversen. Spektakuläre Verbrechen schüren Ängste, die durch sensationsträchtige Darstellungen in den Medien und die rasche Verbreitung in Social Media gefördert werden und nicht selten den Ruf nach neuen Gesetzen oder Gesetzesverschärfungen provozieren. Dabei belegen empirische Befunde, dass Kriminalität durch härtere Strafen keineswegs abnimmt. Nach diesen Erkenntnissen ist es wirkungsvoller, Straftaten möglichst rasch und konsequent zu ahnden, denn nur hohe Aufklärungs- und Verurteilungsraten wirken sowohl abschreckend als auch vertrauensbildend.
Bei manch berechtigter Kritik an staatlichen Maßnahmen zur Verbrechensprävention und zur Praxis des Strafvollzugs sollte man sich keinen Illusionen hingeben: Kein noch so perfektes Rechtssystem kann hundertprozentigen Schutz vor Kriminalität gewährleisten. Bei aller Zivilität verfügt jeder Mensch über egoistische Antriebe und Aggressionspotenziale, die unter ungünstigen Entwicklungen negativ zum Tragen kommen können. Unbestritten ist aber auch, dass gesamtgesellschaftliche Konstellationen wie etwa große Unterschiede zwischen Arm und Reich oder Entsolidarisierungstendenzen kriminelles Verhalten fördern können. Hier steht unsere Gesellschaft auf dem Prüfstand: "Gesellschaftliche Veränderungen sind [nämlich] nicht im Gerichtssaal durch ein Strafurteil herbeizuführen", so Heribert Ostendorf, der Autor dieser Themenausgabe.
Die Darstellung will Grundlagen des Themenfeldes "Kriminalität und Strafrecht" vermitteln und zur Versachlichung der Debatten beitragen.
Jutta Klaeren
Editorial
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