Die internationalen Beziehungen nach 1945 wurden weitgehend vom Ost-West-Konflikt beherrscht. Nachdem im Zweiten Weltkrieg das europäisch dominierte Staatensystem zusammengebrochen war, wurde das entstandene Vakuum von den beiden "Randmächten" USA und Sowjetunion gefüllt, die sich nach einer Phase der Isolation und der Konzentration auf innere Probleme seit Anfang der dreißiger Jahre intensiver in die internationalen Beziehungen zu mischen begannen.
Beim Ost-West-Konflikt handelte es sich nicht nur um eine der bis dahin bekannten machtpolitischen Rivalitäten zweier Großmächte, sondern auch um einen fundamentalen Gegensatz zweier politischer, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ideologischer Ordnungsvorstellungen.
In Anbetracht aktueller Krisen und Kriege wirkt diese Konfliktkonstellation mit ihren überschaubaren Einflußbereichen und klaren Grenzen auf viele Beobachter als ein System, "unter dem wir 40 Jahre lang recht glücklich gelebt haben", so der britische Außenminister Douglas Hurd. Derartige Formulierungen machen leicht vergessen, daß in dieser Nachkriegsordnung ein großer Teil der Menschen unter einem Zwangssystem leben mußte und daß der Konflikt der beiden Supermächte mehrfach zu einem Weltkrieg zu eskalieren drohte.
Die Revolution in Osteuropa 1989 und der Zusammenbruch der Sowjetunion brachten auch das Ende des Ost-West-Konflikts mit sich. "Das Sowjetimperium kapitulierte letztendlich vor der Überlegenheit der westlichen Prinzipien. Der Zerfall der Sowjetunion hinterließ desorientierte Gesellschaften, deren Stabilisierung nun zum vordringlichsten Problem der Friedenspolitik avanciert." (Wilfried Loth)
Die Jahre 1989/90 haben nicht nur Europa, sondern auch die internationalen Beziehungen grundlegend verändert. Überkommene Fragestellungen sind überholt; bewährte Problemlösungsmuster greifen nicht mehr. Die Aufarbeitung der internationalen Beziehungen in der Reihe "Informationen zur politischen Bildung" soll daher in zwei Heften geschehen: In dem nun vorgelegten wird der Ost-West-Konflikt von seinen Wurzeln bis 1990 dargestellt. Der Text basiert auf einer Arbeit, die Manfred Görtemaker zusammen mit Manuela Hrdlicka 1990 bei der Landeszentrale für politische Bildung, Berlin, veröffentlicht hat. In einem zweiten Heft werden Probleme und Institutionen internationaler Beziehungen am Beginn des neuen Jahrtausend analysiert.
Jürgen Faulenbach