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Französische Revolution | Deutsche Revolution 1918/19 | bpb.de

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Französische Revolution

Ernst Piper

/ 4 Minuten zu lesen

Die Französische Revolution 1789 prägt gemeinsam mit der amerikanischen Revolution 1776 unser Bild einer bürgerlichen Revolution. Im 19. Jahrhundert scheiterten sowohl im Deutschen Reich wie in Frankreich weitere Revolutionen.

April 1871. Eine Barrikade der Pariser Kommune an der Place Hotel de Ville / Ecke Rue de Rivoli (© akg-images / Science Source)

Die Französische Revolution von 1789 war die erste Revolution in der europäischen Geschichte; mit ihren imponierenden Folgewirkungen ist sie "kaum mit einem anderen historischen Ereignis vergleichbar" (Ernst Schulin). Die Amerikanische Revolution mit der Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 ging ihr zeitlich voraus. Diese beiden weltgeschichtlich bedeutsamen Ereignisse prägen unser Bild von der bürgerlichen Revolution bis heute. In unser historisches Gedächtnis hat sich vor allem die Französische Revolution eingeschrieben; sie gilt als zentraler Erinnerungsort für die Entwicklung der Demokratie. Der absolutistische Ständestaat, der durch seine starre Ständeordnung soziale Mobilität verhindert hatte, wurde mit ihr überwunden. Die Ideen von 1789 – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – beinhalten gleichzeitig Vorstellungen von der Volkssouveränität, der universalen Geltung der Menschenrechte und eines von den Grundwerten der Aufklärung getragenen liberalen Verfassungsstaates.

Waren in der Feudalgesellschaft der Klerus (erster Stand) und der Adel (zweiter Stand) privilegiert, so hatte die bürgerliche Revolution die Emanzipation des dritten Standes zum Ziel. Zum dritten Stand gehörten vor allem das städtische Bürgertum, aber auch die aus ihrer Abhängigkeit von den adeligen und geistlichen Grundherren befreiten Bauern. Frankreich musste seine neue Ordnung militärisch gegen die europäischen Nachbarstaaten verteidigen.

Unter der Führung Napoleon Bonapartes führte es erfolgreiche Angriffskriege, die 1806 das Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation mit sich brachten, aber gleichzeitig auch die Ablösung der französischen Republik durch die Alleinherrschaft Napoleons. 1815, nach der endgültigen Niederlage Napoleons, wurde die Herrschaft der Bourbonen vom Wiener Kongress wiederhergestellt. Erst 1830 wurden sie durch die Julirevolution endgültig vertrieben und der "Bürgerkönig" Louis-Philippe I. kam auf den Thron.

1848 war ein Jahr revolutionärer Umbrüche in vielen Ländern Europas. Nach der Februarrevolution in Paris musste Louis-Philippe I. abdanken, es folgten längere Auseinandersetzungen und 1852 ließ sich der zunehmend autoritär regierende Präsident Louis Napoléon Bonaparte als Napoleon III. zum Kaiser krönen. In Frankfurt am Main tagte 1848/49 in der Paulskirche eine Nationalversammlung, die einen geeinten deutschen Nationalstaat mit Freiheits- und Grundrechten schaffen wollte. Aber der preußische König lehnte die angebotene Kaiserkrone ab und im Zuge der Restauration wurde die traditionelle Ordnung wiederhergestellt.

Damit scheiterte die bürgerliche Revolution in Deutschland, stattdessen kam es zu einer "Reichseinigung von oben". Nach mehreren, maßgeblich vom preußischen Kanzler Otto von Bismarck betriebenen Kriegen, den sogenannten Einigungskriegen, wurde das Deutsche Reich am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles proklamiert. Unmittelbar vorausgegangen war der Deutsch-Französische Krieg, der mit der Niederlage Frankreichs und der Gefangennahme von Napoleon III. endete.

Vom 18. März bis zum 28. Mai 1871 bestand die Pariser Kommune. Ein revolutionärer Stadtrat, dem Mitglieder der Nationalgarde, aber auch Anhänger der sozialistischen Internationalen Arbeiterassoziation angehörten, beherrschte Paris. Die stärkste Fraktion stellten die Parteigänger des Revolutionärs Louis-Auguste Blanqui, der schon als junger Mann an der Julirevolution von 1830 teilgenommen hatte. Sie alle einte das Ziel, die errungene revolutionäre Autonomie notfalls auch mit Waffengewalt gegen die französische Regierung zu verteidigen, sie mussten sich aber nach knapp zweieinhalb Monaten geschlagen geben.

In der kurzen Zeit ihrer Existenz versuchte die Kommune, mithilfe zahlreicher Maßnahmen ein demokratisches und sozial gerechtes Gemeinwesen zu schaffen. Für Friedrich Engels und Karl Marx, die führenden Theoretiker der Internationalen Arbeiterassoziation, war die Pariser Kommune die Geburtsstunde der von ihnen propagierten Diktatur des Proletariats. Das schloss auch die Aufhebung der Gewaltenteilung ein. Die Trennung von gesetzgebender und vollziehender Gewalt sollte zugunsten einer einzigen "arbeitenden Körperschaft" aufgegeben werden. Und August Bebel erklärte am 25. Mai 1871 im Deutschen Reichstag, dass "der Schlachtenruf des Pariser Proletariats ‚Krieg den Palästen, Friede den Hütten, Tod der Not und dem Müßiggange!‘ der Schlachtruf des gesamten europäischen Proletariats" sein werde.

Bis 1917 war die Pariser Kommune der zentrale Erinnerungsort für die europäische Arbeiterbewegung, die für eine sozialistische Revolution kämpfte. Hier wurde schon deutlich, dass zwischen einer bürgerlichen und einer sozialistischen Revolution grundlegende Unterschiede bestehen (siehe Tabelle S. 6).

Idealtypischer Vergleich der bürgerlichen und der sozialistischen Revolution

Karl Marx und Friedrich Engels, die maßgeblichen Theoretiker des Marxismus, schrieben 1848 im "Kommunistischen Manifest": "Auf Deutschland richten die Kommunisten ihr Hauptaugenmerk, weil Deutschland am Vorabend einer bürgerlichen Revolution steht und weil es diese Umwälzung unter fortgeschrittenen Bedingungen der europäischen Zivilisation überhaupt und mit einem viel weiter entwickelten Proletariat vollbringt als England im 17. und Frankreich im 18. Jahrhundert, die deutsche bürgerliche Revolution also nur das unmittelbare Vorspiel einer proletarischen Revolution sein kann." Damals wussten sie noch nicht, dass die deutsche Revolution 1848 scheitern und dass sie kein Vorspiel für Kommendes sein würde.

QuellentextDie rote Fahne

[…] [D]ie Ereignisse überstürzen sich, alle Ereignisse scheinen in Feuerbrillanten gefasst, die Straße ist die Atmosphäre des Tages, so spricht Marx. Aber er spricht auch von dem Katzenjammer, der den bürgerlichen Revolutionen folgt. Hüten wir uns vor einem Katzenjammer.

Diese Revolution muss nicht nur hinwegschwemmen alle Reste und Ruinen des Feudalismus, sie muss nicht nur brechen alle Zwingburgen des Junkertums […], ihre Losung heißt nicht nur Republik, sondern sozialistische Republik! Ihr Banner ist nicht die schwarzrotgoldene Fahne der bürgerlichen Republik von 1848, sondern die rote Fahne des internationalen sozialistischen Proletariats, die rote Fahne der Kommune von 1871 und der russischen Revolution von 1905 und 1917. Die Umwälzung im Deutschen Reiche muss unter diesem Zeichen die Bahn frei machen für den Sozialismus. Aus dem Schutt und den Trümmern des Weltkrieges muss das revolutionäre, siegreiche Proletariat die neue Wirtschaft errichten. Dazu bedarf es der politischen Macht und der wirtschaftlichen Kräfte. […]

Die Rote Fahne, Zentralorgan des Spartakusbundes, vom 10. November 1918

Erst 70 Jahre später kam es in Deutschland zu einer erfolgreichen Revolution; was ihr Ziel sein sollte, war allerdings unter den politischen Kräften, die sie trugen, von Anfang an umstritten. Während viele Sozialdemokraten auf die unvollendete Revolution von 1848 rekurrierten, sahen die Kommunisten in der bolschewistischen Revolution von 1917 ihr Vorbild.

1952 in München geboren, lebt heute in Berlin. Er ist apl. Professor für Neuere Geschichte an der Universität Potsdam und hat zahlreiche Bücher zur Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts publiziert, zuletzt "Nacht über Europa. Kulturgeschichte des Ersten Weltkriegs" (2014) und "Rosa Luxemburg. Ein Leben" (2018).