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Politisches System | bpb.de

Politisches System

Joachim Betz

/ 25 Minuten zu lesen

Indien ist die größte Demokratie der Welt, ihr föderales System wirkt stabilisierend und sie genießt große Akzeptanz in der Bevölkerung. Ein breites Spektrum an Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen vertritt die Interessen der gesellschaftlichen Gruppen. Justiz und Polizei sind unabhängig, leiden aber unter Überlastung und Korruption.

Der Sitz der nationalen indischen Volksvertretung in Neu-Delhi, hier zu Beginn der winterlichen Sitzungsperiode im November 2012 (© Reuters/ B Mathur)

Indien feiert sich gern als "größte Demokratie der Welt". Dieser Stolz ist – bei aller Kritik an Menschenrechtsverletzungen und der zeitweisen oder regionalen Aushebelung demokratischer Verfahren – durchaus gerechtfertigt, speziell in Anbetracht der Entwicklung, die andere Staaten nach ihrer Unabhängigkeit beschritten haben. Die Demokratie ist von allen wichtigen Gruppen als einzig legitime Herrschaftsform anerkannt, es gibt kaum politische Bewegungen, die Einfluss auf außerparlamentarischem Weg suchen, das Militär unterliegt strikter ziviler Kontrolle. Man kann allenfalls darüber streiten, ob die prozedurale Demokratie (also die formalen politischen Freiheiten) und die proklamierte politische Gleichheit auch ein ausreichendes Fundament von materieller Chancengleichheit geschaffen haben und ob sozioökonomische Ungleichheit sich nicht in stark unterschiedlichen politischen Einflusschancen niederschlägt.

Verfassung

Das politische System Indiens
© Bergmoser + Höller Verlag AG, Zahlenbild 874 521

Die Verfassung der Republik Indien atmet den Geist westlich-liberaler Staatstraditionen. Sie ist mit ihren 395 Artikeln eine der längsten Verfassungen der Welt; sie enthält das allgemeine Wahlrecht, einen Menschenrechtskatalog (darunter auch die Gleichheit vor dem Gesetz), das Verbot der Diskriminierung nach Religion, Kaste und Geschlecht sowie großzügige Rechtswegegarantien. Die Durchführung der Wahlen wurde in die Hände einer unabhängigen Wahlkommission gelegt. Den Dalits und Adivasi wurden Sonderrechte gewährt (Reservierungen im öffentlichen Dienst und bei den Ausbildungsplätzen der Hochschulen), die sie an die Mehrheitsbevölkerung heranführen sollen.
Eine Besonderheit der indischen Verfassung sind die Leitlinien des politischen Handelns, welche der Regierung vorgegeben werden, also etwa die Verpflichtung des Staates für die Wohlfahrt, Beschäftigung und Ausbildung seiner Bürger zu sorgen. Diese Prinzipien waren mangels Ausführungsgesetzen zunächst nicht gerichtlich einklagbar und sind daher oft als folgenlos belächelt worden. Zu Unrecht, denn in den vergangenen Dekaden zwang das Oberste Gericht die Regierung dazu, dem Recht auf Nahrung, Bildung und Beschäftigung durch einschlägige Programme Raum zu geben.

Demokratische Freiheiten und Wahlen

Die durch die Verfassung gewährten demokratischen Freiheiten unterliegen in Indien deutlichen, wenn auch oft nur zeitweiligen Beschränkungen. Ist die innere und äußere Sicherheit des Landes bedroht, kann der Staatspräsident auf Anraten des Premierministers Notstandsmaßnahmen ergreifen und die bürgerlichen Freiheiten aufheben. Dies bedarf nach Ablauf eines halben Jahres aber der Bestätigung durch beide Kammern des Parlaments. Im Übrigen kann der Präsident auch einen Unionsstaat unter Kuratel der Zentralregierung stellen, wenn Recht und Ordnung gefährdet sind oder die Landesregierung über keine Mehrheit mehr verfügt. Schließlich kann die Pressefreiheit im Interesse der Integrität des Staates und der öffentlichen Moral eingeschränkt werden und es kann Vorbeugehaft zur Abwehr interner Unruhen angeordnet werden.
Die Wahlbeteiligung in Indien ist angesichts des Umstands, dass man sich dafür registrieren lassen muss, recht hoch (bei den Wahlen zum Unterhaus 2014 über 66 Prozent, bei den 2016/17 stattgefundenen Wahlen zu den legislativen Versammlungen der Unionsstaaten bis zu 83 Prozent). Zwischen Frauen und Männern gibt es dabei kaum Unterschiede, Ärmere beteiligen sich häufiger als Wohlhabende, haben also offenbar den Eindruck, dass ihre Stimme Gewicht hat.

An der Freiheit der Wahlentscheidung ist nicht zu zweifeln. Die unabhängige Wahlkommission überwacht noch strenger als früher, welche Beeinträchtigungen der Wahl – etwa in Form von Gewalttätigkeiten, Stimmenkauf, Betrug oder Raub von Wahlurnen – Nachwahlen erfordern. Sie zwingt die Kandidaten, ihre Vermögensverhältnisse und ihren Bildungsstand offenzulegen sowie zu erklären, ob gegen sie Strafverfahren anhängig sind. Sie überwacht auch die Umsetzung ihres Verhaltenskodex, der die Verteilung von Wahlgeschenken durch die amtierende Regierung oder einzelne Amtsträger streng untersagt und die Ausgaben für die Wahlkampagne der Kandidaten beschränkt.

Auch weil die Grenzen für die Wahlkampfausgaben viel zu niedrig angesetzt wurden, war deren Deckelung nur begrenzt erfolgreich. Die politische Konkurrenz zwischen potenziellen Kandidaten und Parteien hat sich wegen deren Vervielfachung deutlich erhöht; das liegt nicht zuletzt daran, dass ein Wahlmandat auch finanziell attraktiv ist. Konsequenterweise drängen auch weniger seriöse Aspiranten in die Politik. Ein Fünftel der Unterhausabgeordneten ist in Strafrechtsprozesse verwickelt, darunter auch wegen schwerer Straftaten bis zum Mord. Die Neigung der Parteien, Kandidaten mit krimineller Karriere aufzustellen, liegt daran, dass diese finanziell potent sind und über einen "schlagkräftigen" Anhang verfügen. Sie sind in Wahlen eher erfolgreich als andere. Heute sind bereits verurteilte oder inhaftierte Politiker von der Kandidatur ausgeschlossen. Dem voraus ging eine längere Auseinandersetzung des Obersten Gerichts mit den Parteien, die diese Bestimmung zu blockieren versuchten.

Politische Institutionen

Gesetzgebende Gewalt

Die verfassungsmäßige Vorrangstellung der nationalen indischen Volksvertretung (geteilt in zwei Kammern, Unterhaus, Lok Sabha, und Oberhaus, Rajya Sabha) wird beschränkt durch die Gesetzgebungskompetenz der unionsstaatlichen legislativen Versammlungen, durch die Grundrechte und – zuletzt mit steigender Bedeutung – durch die in der Verfassung verankerten Leitprinzipien staatlichen Handelns (etwa das Recht auf Bildung), deren Durchsetzung das Oberste Gericht neuerdings nachdrücklich einfordert und überwacht.

Das Unterhaus zählt 545 Abgeordnete, die in Einerwahlkreisen bestimmt werden. Ein knappes Viertel der Wahlkreise ist den Vertretern der Dalits und der Adivasi vorbehalten, was die Parteien zur Aufstellung entsprechender Kandidaten zwingt. Die Legislaturperiode beträgt fünf Jahre, der Premierminister kann jedoch eine vorherige Auflösung beantragen und Neuwahlen ansetzen. Dem Parlament kommen die in westlichen Demokratien üblichen Funktionen wie Gesetzgebung und Kontrolle der Regierung zu und es verfügt dazu über die entsprechenden Mittel wie Misstrauensvotum, Genehmigung des Haushaltes oder des Ausnahmezustandes und das Ansetzen von Fragestunden. Wie in anderen parlamentarischen Systemen werden die Parlamentsmehrheit und die Regierung von derselben Parteienkoalition gestellt, was der Parlamentsmehrheit kooperative Zusammenarbeit mit der Regierung nahelegt.

Die Ausformulierung von Gesetzesvorschlägen obliegt weitgehend der Regierung bzw. der ihr nachgeordneten Bürokratie. Regierungsverordnungen sind vom Parlament zu bestätigen, internationale Abkommen dagegen nicht. Das Parlament ist auch nicht berechtigt, Untersuchungsausschüsse einzusetzen; seine Ausschüsse sind traditionell eher schwach. Abgeordnete verstehen sich in Indien eher als Vertreter ihrer Wahlkreise, für die sie Mittel zu mobilisieren versuchen, denn als Fürsprecher des Gemeinwohls.

Das Oberhaus, die Vertretung der Bundesstaaten auf nationaler Ebene, ist politisch schwächer als das Unterhaus. Der Haushaltsplan kann nur vom Unterhaus verabschiedet werden, bei Konflikten zwischen beiden Kammern fällt in gemeinsamer Sitzung, die vom Staatspräsidenten einberufen wird, das zahlenmäßig größere Gewicht der Unterhausabgeordneten in die Waagschale. Das Oberhaus hat nämlich nur maximal 250 Mitglieder (derzeit sind es 245; davon 12 vom Staatspräsidenten ernannte, die anderen werden nach Bevölkerungsumfang der Unionsstaaten bestimmt), die für sechs Jahre gewählt, aber alle zwei Jahre zu einem Drittel erneuert werden. Verfassungsänderungen bedürfen ebenso wie einfache Gesetze der Zustimmung beider Häuser, das Oberhaus kann also durchaus blockieren, vor allem bei instabilen Mehrheitsverhältnissen.
Die Bedeutung des Parlaments leidet seit einigen Jahren darunter, dass die jeweils größte Oppositionspartei die parlamentarische Arbeit blockiert, weshalb sich die ohnedies nicht sehr zahlreichen Sitzungstage noch weiter auf unter 70 pro Jahr vermindert haben und Gesetzesvorschläge daher im Schnellverfahren durchgewunken oder durch exekutive Dekrete ersetzt werden. Für Fragestunden und Debatten bleibt neuerdings kaum noch Zeit. Das politische System wird daher faktisch von der Exekutive dominiert.

Exekutive

Die indische Verfassung verleiht dem Staatspräsidenten beachtliche Vollmachten. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, ernennt den Premierminister und auf dessen Rat die Minister, die Mitglieder der Wahlkommission und die Gouverneure. Er hat das Recht, den nationalen Ausnahmezustand auszurufen, kann Landesregierungen abberufen und die entsprechenden Bundesstaaten unter die Kontrolle der Zentralregierung stellen (president’s rule), jedoch ist hierzu die Zustimmung beider Häuser des Parlaments notwendig. Der Staatspräsident wiederum muss allen Gesetzen zustimmen, bevor sie in Kraft treten. Entscheidend ist, dass der Präsident in Ausübung seiner Funktionen dem Ratschlag des Premierministers und seines Kabinetts folgen soll. Unabhängigen Einfluss, etwa bei der Bestellung des Premierministers, kann er daher nur dann ausüben, wenn keine Partei(-enkoalition) über eine klare Mehrheit verfügt.

Eindeutiges politisches Machtzentrum ist der Premier, der zusammen mit dem Ministerrat die Regierungsgeschäfte führt und die Richtlinienkompetenz besitzt. Der Premierminister wird für jeweils fünf Jahre gewählt, verfügt über ein größeres Büro (Prime Minister’s Office), das sich zur Schaltzentrale der Macht entwickelt hat und auch die Geheimdienste beaufsichtigt. Wie das Kabinett arbeitet, ist freilich in den vergangenen Jahren stark durch die Koalitionsarithmetik bestimmt. Durch Koalitionen mit zahlreichen Parteien hat die Anzahl der Ministerien auf insgesamt über 70 zugenommen, wobei aber nur etwa die Hälfte der Minister auch dem Kabinett angehört. Die damit schwieriger werdende Koordination wird durch zahlreiche interministerielle Arbeitsgruppen und durch Gremien zur Koordination der Koalitionsparteien zu bewerkstelligen versucht.

Rechtsprechung

Indien verfügt über eine angesehene, weitgehend unabhängige, jedoch völlig überlastete Justiz. An der Spitze steht in jedem Bundesstaat das Hohe Gericht (High Court), darüber zentral das Oberste Gericht (Supreme Court) in Neu-Delhi. Das Oberste Gericht besteht zurzeit (de iure) aus 31 Richtern. Sie können nur durch Amtsenthebungsverfahren abgesetzt werden und ihr Gehalt ist festgesetzt; früher wurden sie vom Staatspräsidenten ernannt, nun werden sie, wie die Richter an den Hohen Gerichten, durch eine unabhängige Justizkommission bestimmt, die sich aus Vertretern der obersten Richter und des Justizministeriums zusammensetzt.

In der Anfangsphase beschränkte sich das Oberste Gericht auf die Auslegung der Verfassung und erkannte bei Verfassungsänderungen die Vorrangstellung des Parlaments an. Dies änderte sich ab Ende der 1960er-Jahre, als die Regierung zunehmend versuchte, ihre politischen Ziele über Verfassungsänderungen durchzusetzen. Im Jahr 1973 entschied das Oberste Gericht, dass die grundlegende Struktur der Verfassung der Kompetenz des Parlaments entzogen sei. Das ist bis heute so geblieben, überdies ist das Gericht seitdem zunehmend aktiver geworden und hat sich zu einer sehr machtvollen Institution entwickelt.
Bereits verfassungsgemäß obliegt ihm eine Fülle wichtiger Aufgaben: Es ist Hüter der Verfassung und der Grundrechte, entscheidet Streitfälle zwischen der Union und den Bundesstaaten oder zwischen den Bundesstaaten, ist oberste Appellationsinstanz in zivil- und strafgerichtlichen Fällen und berät den Staatspräsidenten in wichtigen verfassungsrechtlichen Fragen. Zudem hat es in einer Reihe spektakulärer Urteile den Staat auf den Schutz der Umwelt, die Gewährleistung seiner sozialen Pflichten (etwa bei der Grundbildung, Ernährungssicherung und Beschäftigung) und den Schutz der Bürgerrechte festgelegt, nach Aufsehen erregenden Korruptionsfällen für die Unabhängigkeit der zentralen Ermittlungsbehörde gesorgt und die Entkriminalisierung der Politik zu fördern versucht.
Das Oberste Gericht ist damit zum Hoffnungsträger bei der Durchsetzung sozial gerechter und einigermaßen korruptionsfreier Politik geworden, nach Aussagen mancher zum mächtigsten Gericht der Welt; es stößt sich allerdings an der zögerlichen Umsetzung seiner Urteile durch die Politik.

Popularklagen (public interest litigations) sind seit den 1980er-Jahren relativ häufig geworden; sie erlauben auch Bürgern und Institutionen, die nicht vom Klagegegenstand betroffen sind, die Oberen Gerichte um Klärung anzugehen. Beklagte Missstände finden sich meist in den Bereichen Gesundheit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung. Gerichte sind damit dort tätig geworden, wo andere staatliche Instanzen versagten; freilich haben sie ihre verfassungsrechtlichen Grenzen dadurch weit ausgereizt und ihre Kapazitäten überfordert.

Die notorische Überlastung der indischen Gerichte hat mit der Nichtbesetzung vieler Richterstellen zu tun, mit der Klagefreudigkeit indischer Bürger und den zahlreichen Verzögerungsmöglichkeiten bei Prozessen. Dazu kommen teilweise antiquierte und sich widersprechende Gesetze, eine Anwaltschaft, die von der Anzahl der Klagen und der Termine vor Gericht profitiert, und Richter, die bei unliebsamen Urteilen Versetzungen fürchten und die Urteilssprechung daher lieber ihrem Nachfolger überlassen. So sind derzeit bei indischen Gerichten insgesamt etwa 30 Millionen unerledigte Klagen anhängig, davon ein Viertel schon seit mindestens fünf Jahren. Vermutete oder tatsächliche Straftäter harren daher oft jahrelang im Untersuchungsgefängnis aus, die Hälfte davon bereits länger, als es der erwarteten Höchststrafe für das ihnen zur Last gelegte Delikt entsprechen würde.

Staatliche Verwaltung

Von der britischen Kolonialmacht übernahm Indien einen leistungsfähigen, hoch angesehenen Verwaltungsapparat (heutiger Name: Indian Administrative Service), der allerdings von Beginn an in einem Spannungsverhältnis zur parallel betriebenen Entwicklungsplanung und den Selbstständigkeitsbestrebungen der Bundesstaaten stand.
Das Bild der indischen Verwaltung wird aber nicht von diesem ziemlich professionellen Dienst bestimmt, sondern von den sehr viel stärker besetzten mittleren und unteren Rängen in den Verwaltungen des Bundes und der Länder. Diese leiden unter zunehmender Politisierung, Schwächung ihrer Unabhängigkeit sowie mangelnden Anreizen zur Leistungssteigerung und zur Rechenschaftspflicht gegenüber den Bürgern.
Im öffentlichen Dienst einschließlich der Staatsunternehmen sind in Indien etwa 30 Millionen Arbeitnehmer beschäftigt, die im Hinblick auf ihre Vergütung sowie die Sicherheit des Arbeitsplatzes zumindest in den unteren und mittleren Rängen zu den absolut Privilegierten gehören. An mangelnden finanziellen Reizen kann es also nicht liegen, wenn sich nur 15 Prozent der Bevölkerung mit den öffentlichen Leistungen zufrieden zeigen oder wenn regelmäßig Lehrer und Ärzte im Staatsdienst ihrem Arbeitsplatz fernbleiben und Leistungen oft nur bei zusätzlicher Bezahlung erbracht werden.

Einstellungen und Beförderungen im öffentlichen Dienst erfolgen im Wesentlichen nach politischen Kriterien, freilich auch nach Entrichtung entsprechender Zahlungen an Entscheidungsträger. In den oberen Rängen werden Beamte häufig versetzt, im Durchschnitt jedes Jahr einmal. Gründe hierfür sind Regierungswechsel, mangelnde Anpassung an Wünsche der jeweiligen Exekutive, aber auch die besondere Attraktivität bestimmter Posten, die jeder gern einmal besetzen würde.
So ist es denn kaum verwunderlich, wenn Indien in Bezug auf die Qualität der Regierungsführung eher hintere Ränge einnimmt. Ein besonderes Problem ist die weit verbreitete Bestechlichkeit der Staatsdiener: Viele Bürger zahlen Schmiergelder, wenn sie mit Stromversorgungsbetrieben, Bauämtern und Steuerinspektoren zu tun haben sowie Dienstleistungen oder Genehmigungen benötigen. Gegen mögliche Entlassungen korrupter Beamter schützt Artikel 311 der Verfassung, der deren Strafverfolgung von der Einwilligung des zuständigen Ministers abhängig macht.

Ursachen der Korruption im öffentlichen Dienst sind der immer noch umfangreiche staatliche Unternehmensbesitz, die zahlreichen Eingriffsmöglichkeiten der Verwaltung in die Wirtschaft, der Mangel an Transparenz des Verwaltungshandelns, die fehlende Kompetenz der Antikorruptionsbehörden zur eigenständigen Ermittlung und Ahndung von Delikten, die geringe Gefahr der Delinquenten, entdeckt zu werden, und die Kosten des Postenerwerbs im öffentlichen Dienst, die während der Amtszeit wieder hereingeholt werden müssen. Keineswegs mangelt es aber an Behörden zur Bekämpfung von Korruption, allenfalls an deren Ausstattung und Kompetenzen. Hauptleidtragende der Korruption sind die Armen in der Gesellschaft, denn die Reichen können sich private Dienste leisten.

Es gibt seit Jahren deutliche Bemühungen, den Problemen von Korruption und mangelndem Leistungseinsatz der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst zu begegnen. So haben Nichtregierungsorganisationen deutliche Leistungssteigerungen bei der Verwaltung und im Bildungswesen erzielt, indem sie Bewertungsbögen an die Nutzer ausgaben und die Ergebnisse veröffentlichten. Manche Landesregierungen knüpfen die Bezahlung der Lehrer an ihre Präsenz, die Landesregierung von Karnataka hatte einen Stopp von Beamtentransfers verordnet und das 2005 in Kraft getretene Gesetz zum Recht auf Information erlaubt den Bürgern Akteneinsicht in Verwaltungsvorgänge.
Noch mehr Bewegung brachten spektakuläre Korruptionsfälle zur Zeit der letzten Koalitionsregierung unter Premierminister Singh (2009–14). Dabei ging es um die Vergabe von Mobilfunklizenzen an private Anbieter, bei der sich ein Minister bereicherte. Weitere Skandale waren überzogene Rechnungen bei der Ausrichtung der Commonwealth-Spiele wenig später und insbesondere das sogenannte Coalgate, bei dem Lizenzen für die Ausbeutung von Kohlelagerstätten zu billig an nahestehende Unternehmer vergeben wurden.

Als Folge bildete sich 2011 eine rasch wachsende soziale Bewegung, die sich für neue gesetzliche Regelungen zur Verhinderung von Korruption und für die Einsetzung eines Ombudsamtes stark machte. Dieses sollte einschlägige Beschwerden gegen alle Amtsträger (also auch Mitglieder der Regierung sowie Abgeordnete) entgegennehmen, untersuchen und auch durch Sondergerichte verfolgen.

Die meisten etablierten Parteien trachteten danach, diese Initiative zu verwässern. Infolgedessen beschnitt das Ende 2013 verabschiedete Gesetz die Kompetenzen des Ombudsamtes merklich: So unterliegt das Militär nicht seiner Zuständigkeit, der Korruption Bezichtigte müssen vor der Einleitung von Untersuchungen erst gehört werden und die Untersuchungen selbst obliegen dem zentralen Polizeiapparat. Auch steht die vollständige Besetzung des Amtes immer noch aus, einer von acht Amtsträgern ist noch nicht ernannt. Dennoch stellt diese Einrichtung einen großen, für viele Beobachter zu großen Wandel dar. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen entstand aus der Antikorruptionsbewegung eine neue Partei, die Aam Aadmi Party (AAP), die bei den Landtagswahlen in Delhi 2015 einen spektakulären Wahlsieg einfuhr. Bereits 2014 versprach die neue Regierung Modi, zügig Abhilfe zu schaffen, etwa durch die Zusammenlegung von zahlreichen staatlichen Prüfagenturen und die elektronische Bearbeitung von Anträgen, die die Korruption vermindern sollen. Zwangsläufig dauert es aber relativ lange, bis eine etwas träge Verwaltung tatsächlich effektiver wird.

QuellentextOffensive für eine bargeldlose Zukunft

Das Dorf Dhasai liegt im indischen Bundesstaat Maharashtra, etwa 140 Kilometer östlich der Küstenmetropole Mumbai. Die Exkursion führt zum Tante-Emma-Laden des Ortes und das Lernziel ist der richtige Gebrauch eines Stücks Plastik. Vor ihrem Aufbruch in der Schule bekommen die Mädchen und Jungen aus Dhasai von ihrer Lehrerin einige Instruktionen. Dann geht es […] in die Ortsmitte, wo das Geschäft von Swapnil Patkar liegt. Dort können die Dorfbewohner ihren kompletten Haushaltsbedarf decken: Haarwaschmittel, Kekse, Zucker, Kugelschreiber. Jedes der Kinder macht einen kleinen Einkauf […]. Aber die Schüler zahlen nicht mit ihrem Taschengeld. Sie zahlen mit einer Geldkarte, die ihre Lehrerin ihnen in die Hand gedrückt hat. Der Ausflug ist Teil eines gewaltigen Reformprojekts, mit dem die indische Regierung die Wirtschaft des Landes umstülpen will. Seit Premierminister Narendra Modi im […] November [2016] in einer beispiellosen Blitzaktion die 500- und 1000-Rupien-Noten aus dem Verkehr gezogen hat, die mehr als 85 Prozent der zirkulierenden Geldmenge ausmachten, versucht Indien, den Zahlungsverkehr zu digitalisieren. Die entwerteten Scheine werden zwar durch neue ersetzt, aber das eigentliche Ziel ist es, die Rolle des Bargelds in der Wirtschaft stark zu reduzieren. [...]

Das Regierungsprojekt cashless economy hat zwei Nahziele: Es soll die grassierende Korruption bekämpfen und die Steuerhinterziehung erschweren. Beide Phänomene profitieren von der Dominanz des Bargelds. Immobiliengeschäfte, bei denen Koffer voller Scheine den Besitzer wechseln, ohne dass die Transaktion irgendeine kontrollierbare Spur hinterlässt, sind zum Inbegriff einer wuchernden Schwarzgeldwirtschaft geworden. Aber bei der Reformanstrengung geht es um mehr: um eine Art befreienden Modernisierungsschock.

Kann das gelingen – in einem Land, in dem zwar die IT-Industrie auf den globalen Märkten des 21. Jahrhunderts konkurriert, aber zugleich zahllose Bauern und Tagelöhner in einer ökonomischen Vorzeit leben?
In den bürgerlichen Wohnvierteln von Delhi und anderen großen Städten sind die Zukunftsideen und das ganze technokratische Weltbild des Premierministers hochpopulär: So will das aufstrebende Indien sein und in der Welt gesehen werden. […]

Trotzdem ist der Weg zur "finanziellen Inklusion", wie das offizielle Ziel der Digitaloffensive lautet, für viele Inder unvorstellbar lang. […] Eine Weltbank-Studie aus dem Jahr 2015 hat festgestellt, dass bloß 15 Prozent aller erwachsenen Inder über ein aktives, für Transaktionen verwendetes Konto verfügten. Im Rahmen einer Regierungsinitiative wurden in den vergangenen beiden Jahren mehr als 270 Millionen neue Konten eröffnet – gebührenfrei und ohne Mindesteinlage –, davon fast 170 Millionen auf dem Land. Doch deswegen sind die Leute noch lange nicht ins moderne Finanzsystem integriert.

In Mumbai, dem indischen Hafen- und Wirtschaftszentrum, liegt am Rande des riesigen Slumgebiets Dharavi ein Gelände, das wie eine Müllhalde aussieht. […] Für die 53-jährige Witwe Hanumanti Kamble ist diese Wüstenei ihre Geschäftsgrundlage. Sie sucht aus dem Müll Mumbais Metall- und Plastikteile heraus und verkauft sie an Altwarenhändler weiter. […] Für Kunststoff bekommt sie 15 bis 20 Rupien pro Kilogramm (umgerechnet etwa 20 bis 30 Euro-Cent), für Metall 100 Rupien.

Als die indische Regierung im November die alten 500- und 1000-Rupien-Scheine aus dem Verkehr zog (und es noch nicht genug neue Banknoten gab), war das ein schwerer Schlag für das Recycling-Business. Die Fahrer, die den Müll anliefern, die Hilfskräfte, die Kleinunternehmerin Kamble beschäftigt, der Teeverkäufer für die Erfrischung zwischendurch: Sie alle wollen bar bezahlt werden. Für einen Monat lag das Geschäft komplett danieder. Es hat sich inzwischen wieder erholt – dank neuer Geldscheine, nicht wegen irgendwelcher Digitalfortschritte. [...]

Solche prekären Existenzen, in denen sich Menschen mit Müll ihren Lebensunterhalt verdienen, sind in Indien keine Seltenheit. In der Welt der Armen gelten sie als normal. [...] Bauarbeiter, Hausangestellte, Rikscha-Fahrer, Nachtwächter, Straßenhändler und Erntehelfer bilden in Indien einen gigantischen Kosmos der "informellen Ökonomie", in dem die meisten Leute [...] ohne festes Gehalt, ohne Bankdarlehen, ohne Einkommensteuern, ohne Rentenansprüche [leben]. Der Anteil der Beschäftigten in der informellen Ökonomie an der indischen Bevölkerung wird auf bis zu drei Viertel geschätzt. Das, was auch "nicht organisiertes" Arbeiten genannt wird, ist nicht die Ausnahme – sondern die Regel.

[…] Indien muss sich aus dieser Rückständigkeit herausentwickeln, wenn es seiner Milliardenbevölkerung ein menschenwürdiges Leben bieten will. So weit ist nichts verkehrt an Modernisierungsprojekten wie der Digitaloffensive. […] [Doch] [m]an wird Indien nicht verändern können, wenn man seine Wirklichkeit nicht wahrhaben will.

Jan Roß, "Bares wird Rares", in: Die Zeit Nr. 18 vom 27. April 2017

Noch schlechter als das Ansehen der allgemeinen Verwaltung ist in Indien das der Polizei. Diese unterliegt rechtlich weitgehend der Zuständigkeit der Unionsstaaten, daneben existieren aber noch eine Reihe zentralstaatlicher, paramilitärischer Verbände. Die Ursachen mangelnder Effektivität der Polizei sind ihre völlig unzureichende Ausstattung mit Personal sowie die massive Politisierung des Dienstes und damit ihre Komplizenschaft in politischen Auseinandersetzungen, bei denen die Polizei (auf Geheiß der Landesregierung) oft untätig bleibt wie bei den Übergriffen auf die Muslime in Gujarat 2002. Berichte über falsche Anschuldigungen, schleppende Aufnahme von Anzeigen vor allem von armen Indern oder Frauen, Misshandlungen und Folterungen von Personen im Polizeigewahrsam oder den Schutz krimineller Elemente durch die Polizei sind an der Tagesordnung.
Die Aufklärungsquote von Verbrechen ist dagegen bestürzend niedrig. Eine Direktive des Obersten Gerichts von 2006 sieht die Auswahl (und nicht Ernennung) der Polizeichefs durch unabhängige Kommissionen aus den Reihen der erfahrenen Kräfte sowie die Trennung von Abteilungen zur Ermittlung und Strafverfolgung vor und räumt den Kommissionen das Recht zum Vorgehen gegen korrupte Polizisten ein. Die Umsetzung dieser Direktive wurde von den meisten Unionsstaaten verzögert.

Föderalismus

Ein bedeutsamer Faktor der politischen Stabilität Indiens ist die Tatsache, dass das Land eine der wenigen funktionierenden Föderationen weltweit darstellt. Zwar werden das Rechtswesen und die Spitze der Verwaltung einheitlich geführt, die Unionsstaaten sind auch auf Transfers der Zentrale zur Finanzierung ihrer Aufgaben angewiesen, und die Zentralregierung verfügt mit dem Instrument des president’s rule über erhebliche Durchgriffsrechte gegenüber den Unionsstaaten. Trotz dieser Einschränkungen verfügen die Landesregierungen aber über breite Kompetenzen bei der Bereitstellung und Verteilung basisnaher öffentlicher Leistungen und Subventionen, bei der Landverteilung und der Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst. Das ist eine wesentliche Ursache dafür, dass Wähler bei den unionsstaatlichen Wahlen oft regional verankerte Parteien bevorzugen.

Konflikte in Indien 2016 (© Conflict Barometer 2016, Heidelberger Institut für internationale Konfliktforschung)

Die Schaffung neuer Bundesstaaten oder teilautonomer Gebiete innerhalb derselben ist in Indien eine bevorzugte politische Strategie gewesen, um dem Begehren nach kultureller Identität regionaler Kräfte entgegenzukommen, separatistische Eliten politisch zu beteiligen und regionale Konflikte zu befrieden. Diese Probleme konnten nach der Unabhängigkeit zunächst durch die Einbindung regionaler Eliten in die Partei- und Staatsführung bearbeitet werden, da die Kongresspartei auf allen Ebenen des politischen Systems dominierte. Schon bald aber entstanden Bewegungen, die eigene, sich mit den sprachlichen Grenzen deckende Bundesstaaten forderten, um damit auch den eigenen Landeskindern bessere Aufstiegschancen bieten zu können.

Nach anfänglichem Zögern – aus Angst vor Zerfallstendenzen der Union – gab die Regierung nach, verordnete 1953 die Neuschaffung des Staates Andhra (heute Andhra Pradesh) und setzte eine Kommission zur staatlichen Neugliederung ein, deren Bericht ab 1956 zur Schaffung neuer, sprachlich relativ homogener Bundesstaaten führte. Nach der Abtrennung Haryanas vom Bundesstaat Punjab im Jahr 1966 stellten die Sikhs im Punjab die Mehrheit. Auch auf die militanten, separatistischen Kräfte im Nordosten reagierte die indische Regierung parallel zu militärischen Maßnahmen mit der Schaffung neuer Staaten (Nagaland, Meghalaya und Mizoram), die aus dem Staat Assam herausgeschnitten wurden. Im Jahr 2000 wurden drei neue Bundesstaaten geschaffen, um den politischen Bestrebungen der Adivasi Rechnung zu tragen (Chhattisgarh, Uttarakhand und Jharkhand), 2014 wurde Telangana aus Andhra Pradesh herausgelöst.

Die Schaffung neuer Unionsstaaten hat nicht immer den politischen Frieden gefördert, weil sie oftmals Minderheiten in der neuen Mehrheit schuf. Es konnte jedoch erreicht werden, dass die meisten Regionalkonflikte nur noch auf kleiner Flamme schwelen und die einstmaligen Rebellen oft die Landesregierungen führen. Beschwerden richten sich nun gegen diese statt nach Delhi. Wo sich die Schaffung neuer Unionsstaaten verbot, weil die rebellierenden Gruppen (etwa die Bodos in Assam) über ein zu geringes Siedlungsgebiet verfügten, wurde der Konflikt durch die Gewährung begrenzter lokaler Autonomie weitgehend beigelegt.

Das föderale System Indiens wurde bis zum Ende der 1960er-Jahre respektvoll behandelt, Nehru veranlasste nur einmal die Entlassung der kommunistischen Landesregierung Keralas. Seine Nachfolger (vor allem seine Tochter Indira Gandhi) zeigten aber eine starke Neigung, ihnen missliebige Landesregierungen zu Fall zu bringen. In Staaten, in denen Oppositionsregierungen an der Macht waren oder gegnerische Parteien die Wahlen zu gewinnen drohten, wurden etwa Straßenproteste organisiert oder durch Handgelder Überläufer gewonnen. Angesichts damit erwiesener Unfähigkeit der Regierungen, Ruhe und Ordnung zu sichern und mehrheitsfähig zu bleiben, hatte der Gouverneur eine Handhabe zur Entlassung. Schlimmer noch, die Bundesregierung verschärfte nicht selten durch politische Manipulationen zum Zwecke kurzfristigen Stimmengewinns militante Konflikte.

Seit 1989 hat der Föderalismus jedoch wieder an Profil gewonnen; vor allem das Oberste Gericht schränkte den Missbrauch der seit 1950 über einhundertmal verfügten Direktverwaltung von Unionsstaaten ein. Nach einem Urteil von 1994 muss die Zentralregierung die Gründe der Verfügung darlegen, die gerichtlich aufgehoben werden kann; überdies hat sich der Staatspräsident entsprechenden Ansinnen mehrfach verweigert. Nicht zuletzt sind die Koalitionsregierungen in Neu-Delhi auf das Wohlwollen ihrer kleineren regionalen Partner angewiesen.

Haushaltsdefizit der Zentralregierung und der Unionsstaaten (© IMF, Article IV Consultations, verschiedene Jahre)

Die Finanz- und Steuerbeziehungen zwischen Zentrale und Unionsstaaten einerseits und zwischen den Unionsstaaten andererseits wurden und werden durch ein kompliziertes System des vertikalen und horizontalen Finanzausgleichs und der Teilung des Steuerkuchens geregelt. Gemäß der Verfassung wurden der Zentrale die attraktiveren, aufkommensstarken Steuern (vor allem die Einkommen- und Körperschaft- sowie zentrale Umsatzsteuern) zugewiesen, den Unionsstaaten der Rest (vornehmlich Einkünfte aus der Grund-, Alkohol- und Tabaksteuer). Das reicht aber bei Weitem nicht aus, um den Unionsstaaten die Finanzierung ihrer umfänglichen Aufgaben zu ermöglichen.

Um die erhebliche Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen, wurden auf dem Weg einer alle fünf Jahre eingesetzten Finanzkommission die Einkünfte aus zentral erhobenen Steuern vertikal und horizontal neu verteilt, seit der Verfassungsänderung 2000 alle diese Einkünfte. Dazu kommen noch Zuweisungen an die Einzelstaaten für die Umsetzung einer Vielzahl (zeitweise über 200) zentral geplanter, aber unionsstaatlich durchgeführter Programme, etwa für die Bekämpfung von Tuberkulose. Im Zeitablauf stieg der Anteil der auf die Staaten verteilten Steuern deutlich (ab 2015 auf 42 Prozent), gleichzeitig reduzierten sich die Zuweisungen für die zentral bezuschussten Programme etwas. Im Ergebnis stellt sich die Finanzsituation der Unionsstaaten also zwar besser dar als früher, sie bleiben aber nach wie vor von der Zentralregierung abhängig. Die Zuweisungen seitens der Finanzkommission orientierten sich zunächst fast völlig am unterschiedlichen Bevölkerungsumfang der Staaten, mittlerweile auch an ihrer relativen Rückständigkeit, an der Qualität ihres Finanzmanagements und letztlich auch an der jeweiligen Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen. Dieses komplizierte System des Finanzausgleichs hat nur begrenzt zu einer Angleichung der Leistungsfähigkeit der Staaten geführt, die ärmeren hängen nach wie vor zu über der Hälfte ihrer Ausgaben am Tropf der Zentralregierung.

Lokale Selbstverwaltung

Das unabhängige Indien erbte von der britischen Kolonialmacht lediglich Ansätze einer effektiven, demokratischen Lokalverwaltung. Die Gemeinden und Distrikte verfügten nur über geringe Mittel zum Bau von Straßen, Schulen und zur Gesundheitsfürsorge, zudem unterstanden sie einer von oben eingesetzten Administration, der nur zögerlich gewählte Räte zur Seite gestellt wurden.
Nach der Unabhängigkeit änderte sich daran zunächst wenig, obwohl Vorkehrungen für die Wiederbelebung der alten Dorfräte auf Druck Gandhis in die Verfassung aufgenommen wurden. Die Umsetzung gestaltete sich aber zumeist zäh und die sich ausbildenden Gemeinde- und Distrikträte wiesen in Kompetenzen und Finanzzuweisung erhebliche Unterschiede auf. Ihr Spielraum wurde zudem durch den Aufbau einer Parallelverwaltung zur lokalen Entwicklung beschränkt.

Im Jahr 1977 erhielten Distrikträte die Kontrolle über alle staatlichen Entwicklungsaktivitäten auf unterer Ebene; einen Durchbruch zu echter demokratischer Selbstverwaltung brachten aber erst die Verfassungsänderungen aus den Jahren 1993/94. Diese fordern von den Unionsstaaten die Einrichtung von basisdemokratischen Dorfversammlungen sowie gewählten, nicht mehr so leicht abzusetzenden Dorf-, Kreis- und Distrikträten, lassen aber bei der tatsächlichen Macht- und Funktionsübertragung einen gewissen Spielraum. Die Räte sollten für 29 entwicklungsorientierte Aufgabenbereiche zuständig werden, begrenzt eigene Steuern und Abgaben erheben dürfen und Anspruch auf staatliche Finanzzuweisungen haben. Bei ihrer Wahl sind nun auch Parteien zugelassen. Ein Drittel der Sitze ist für Frauen reserviert, wie üblich knapp ein Viertel der Sitze für die Dalits und Adivasi.

Diese Dezentralisierung brachte eine enorme Politisierung auf lokaler Ebene. Eine echte dritte Ebene der Regierungsgewalt ist dadurch aber nicht entstanden, weil die Räte nicht für die lokale Polizei und die Gerichte zuständig wurden, die Länder ihre Entscheidungen blockieren können und bisher nur die wenigsten Länder ihnen alle vorgesehenen Aufgaben auch übertragen haben (Ausnahmen: Karnataka und Kerala). Auch die Frage, inwieweit diese Dezentralisierungsmaßnahme einen Demokratisierungsschub auslöste, muss differenziert betrachtet werden, denn sie stärkte zum Teil auch die bestehende ökonomische Machtverteilung auf lokaler Ebene.

Gesellschaftliche Organisationen

Parteien

Wie in anderen demokratischen Staaten sind Parteien auch in Indien unverzichtbar, um gesellschaftliche Interessen zu bündeln, Wähler zu mobilisieren, politisches Führungspersonal zu rekrutieren und dem Regierungshandeln eine Richtung zu geben. Die formale Anerkennung der Parteien erfolgt durch die Wahlkommission, wobei zurzeit sechs nationale und 39 auf Ebene der Bundesstaaten vertretene Parteien anerkannt sowie über 400 andere registriert sind. Diese Unterscheidungen beruhen auf dem unterschiedlichen Stimmengewicht und der geografischen Verbreitung der Parteien und sind im Wesentlichen für die Zuteilung kostenfreier Sendezeiten in den staatlichen Medien von Belang. Von den Parteien wird verlangt, dass sie sich demokratischen Prinzipien verpflichten, verfassungskonform handeln, ein Statut besitzen und interne Wahlen durchführen. Die enorme Vielzahl der Parteien sollte nicht vergessen lassen, dass es nur auf die Wenigsten ankommt: Bei der jüngsten Unterhauswahl traten zwar 464 Parteien an, aber nur 37 konnten Sitze erringen, davon lediglich acht im zweistelligen Bereich.

Die bis unlängst ansteigende Fragmentierung des Parteiensystems ist frappierend für ein Mehrheitswahlsystem, das eigentlich die Konzentration auf wenige Parteien fördert. Das Rätsel löst sich teilweise, wenn man die Situation auf der unionsstaatlichen Ebene betrachtet; dort herrschen bis auf wenige Ausnahmen Zweiparteien- oder Parteienblocksysteme vor. Diese oft regional beschränkten Parteien werden aber von den Wählern auch beim Urnengang zum Unterhaus bevorzugt, der also eine Addition der Landtagswahlen darstellt. Natürlich spielen bei der Fragmentierung auch tiefer liegende Ursachen eine Rolle, insbesondere die Unfähigkeit der Kongresspartei ab Ende der 1960er-Jahre, die Eliten aufstrebender gesellschaftlicher Gruppen aufzunehmen, sowie die Zuspitzung ethnischer und kastenbezogener Konflikte seit Mitte der 1980er-Jahre.

Indische Parteien sind insgesamt recht stark an Mitgliedern, Schätzungen zu deren Anzahl liegen bei 30 Millionen und mehr. Es muss aber bedacht werden, dass die Anforderungen an die normale Mitgliedschaft in Bezug auf Zeit und Beitrag gering sind und nur von deutlich weniger zahlreichen "aktiven Mitgliedern" mehr verlangt wird. Diese stellen auch das Gros der Wahlkampfunterstützer. Die nationalen Parteien sind jeweils horizontal in sogenannte frontal organizations, also zum Beispiel Jugend- und Frauenverbände, und vertikal vom Ortsverein bis zur nationalen Exekutive gegliedert. Höchstes Organ ist formal der Parteitag bzw. -kongress, faktisch aber das Präsidium. Die Auswahl für die Nominierung von Kandidaten für das Unterhaus und die legislativen Versammlungen erfolgt durch eigene Wahlkommissionen, die sich aus den Führungspersönlichkeiten der Parteien zusammensetzen. Eine Besonderheit indischer Parteien sind sogenannte Parliamentary Boards, die die Fraktionen kontrollieren sollen, ein Hinweis auf deren Unterordnung unter den Parteiapparat.

Die Parteien verfügen auch über enge Beziehungen zu parteinahen Gewerkschaften, Bauern- und Kulturverbänden. Am deutlichsten fällt dies bei der hindu-nationalistischen BJP ins Auge, die aus dem Nationalen Freiwilligenverband (Rashtriya Swayamsevak Sangh, RSS) hervorgegangen ist, der die Partei immer noch fernsteuert. Dazu gehören der Hindu-Weltrat (Vishva Hindu Parishad, VHP), die Gewerkschaft Baharatiya Mazdoor Sangh und die militante Jugendorganisation Bajrang Dal, alle mit millionenstarker Mitgliedschaft. Ähnlich gut vernetzt ist die kommunistische Partei, die Communist Party of India (Marxist) (CPM), mit ihrer engen Verbindung zum Gewerkschaftsverband Congress of Indian Trade Unions. Schwächer ist die Kongresspartei aufgestellt, die lediglich über einen mitgliederstarken Gewerkschaftsverband – den Indian National Trade Union Congress – verfügt, die restlichen Verbindungen in die organisierte Gesellschaftswelt aber etwas vernachlässigt. Diese Organisationen im Vorfeld dienen den Parteien als wichtige Vehikel der Wählerbeeinflussung und -mobilisierung in Wahlkämpfen.

QuellentextLeitkultur Hinduismus

Rakesh Sinha thront […] inmitten von Zeitungsstapeln und leicht vergilbten Büchern hinter einem brandneuen Laptop auf einem Schreibpodest […]. Auf seinem Schreibtisch in einem Hinterhaus von Hauz Khas, einem Stadtviertel der gehobenen Mittelklasse in Indiens Hauptstadt Delhi, laufen die Fäden der "India Policy Foundation" zusammen, der Denkfabrik der indischen Massenorganisation Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS), dem hindunationalistischen, paramilitärisch organisierten Reichsfreiwilligenkorps.Die Dachorganisation "Sangh Parivar", zu der alle hindunationalistischen Organisationen inklusive der regierenden "Bharatiya Janata Party" (BJP) gehören, betreibt laut Kritikern seit der Amtsübernahme von Narendra Modi als Premierminister im Jahr 2014 einen kompletten Umsturz traditioneller Werte. "Wir erleben gegenwärtig eine Kulturrevolution, die eine radikale Neudefinition dessen anstrebt, was es bislang bedeutete, Inder zu sein", sagt in der Hauptstadt Delhi der Journalist Maseeh Rahman. In seinem Büro hegt Rakesh Sinha, einer der Chefplaner der RSS, kaum Einwände. "Das Wort Kulturrevolution gefällt mir wegen der blutigen Begleitumstände damals in China nicht", sagt der Professor, "ich würde sagen: Wir erleben die Geburt des wahren Indischseins."

In Delhi werden Straßen mit islamischen Namen zugunsten hinduistischer Figuren umgetauft. Neue Schulbücher beschreiben das im 17. Jahrhundert vom Mughal-Herrscher Shah Jahan zu Ehren seiner Lieblingsgemahlin Mumtaz Mahal errichtete, weltbekannte Taj Mahal in der Stadt Agra als großartiges Zeugnis religiöser, nämlich hinduistischer Baukunst. Unter den Fittichen der RSS entstand gar ein Dharam Sanand (Parlament der Religionen), bei dessen regelmäßigen Treffen Sadhus (heilige Männer) dem vielschichtigen Hindu-Glauben mit seinen Tausenden von Gottheiten eine Art Hierarchie geben wollen.

Hindunationalisten haben in einigen Bundesstaaten nicht nur den Konsum, sondern auch das Schlachten von Rindern verboten – wohl wissend, dass viele Metzger des Landes und die lederverarbeitende Industrie zu einem Großteil in den Händen der Muslime liegt. Selbsternannte Kuhwächter lynchten und verprügelten muslimische Inder oder Dalits (früher Unberührbare) wegen der bloßen Unterstellung, gegen die Verbote verstoßen zu haben.

Hindutva nennen Indiens Hindunationalisten ihre Idee, die eigenen religiösen und gesellschaftlichen Regeln Indiens religiösen und ethnischen Minderheiten als Leitkultur aufzuzwingen. "Toleranz", so begründet Rakesh Sinha die geringe Duldsamkeit gegenüber Andersdenkenden, "verursacht Aggressivität."

Der Indien-Experte Christophe Jaffrelot bezeichnete die Ideologie der radikalhinduistischen RSS mit ihren rund 40.000 Ortsvereinen als "indische Form des Faschismus". Die Historikerin Romila Thapar warnt: "Faschismus in Indien ist möglich." Der hindunationalistische Vordenker Rakesh Sinha wischt solche Warnungen beiseite und beschreibt ungerührt die Pläne seiner Sangh Parivar: "In zehn Jahren werden wir ein einheitliches Zivilrecht für alle Inder haben statt verschiedener Regeln für Minderheiten", erläutert er den Hindutva-Plan, dem auch Premier Narendra Modi als einstiger RSS-Freiwilliger verpflichtet ist, "wir werden Familien stärken und der Hinduismus wird zu den wichtigsten Soft-Power-Faktoren der Welt gehören." […]

Willi Germund, "Die radikalhinduistische Offensive", in: Frankfurter Rundschau vom 26. August 2016

Die meisten indischen Parteien weisen keine klar konturierte programmatische Ausrichtung auf. Die Kongresspartei betont stärker als die BJP die Trennung von Religion und Politik und den Schutz der Minderheiten, die BJP will gerade dieses nicht, auch nicht die Beibehaltung des Sonderstatus von Kaschmir, sondern die Schaffung einer möglichst homogenen indischen Kulturnation. Die Kommunisten fallen aus dem Mainstream etwas heraus, sie bestehen weiter auf strikt blockfreier Politik und der Kontrolle des Kapitals (heben aber trotzdem die positive Rolle der Privatwirtschaft hervor), auch fordern sie die Durchsetzung von Mindestlöhnen und umfangreichen Landreformen. Die programmatischen Unterschiede werden oft bei Regierungsbeteiligung oder aus erforderlicher Rücksicht auf Koalitionspartner abgemildert und haben Allianzen zwischen eigentlich sehr unterschiedlichen Parteien zum Zweck des Machtgewinns bisher nicht verhindert.

Diese Tatsache hängt auch damit zusammen, dass die für die Entstehung der europäischen Parteiensysteme maßgeblichen gesellschaftlichen Konfliktlinien zwischen Stadt und Land, Kapital und Arbeit, Kirche und Staat in Indien nur schwach ausgeprägt oder durch staatliche Politik erst entstanden bzw. verschärft worden sind. Beispielsweise begünstigte die weitgehende Rücksichtnahme auf die religiösen Minderheiten den Aufstieg der BJP und die Favorisierung der Schwerindustrie im Entwicklungsprozess gab bäuerlichen und regionalen Parteien Auftrieb. Indische Parteien mobilisieren in der Regel eindeutig nach Kastenzugehörigkeit. Dies nahm seinen Ausgang mit südindischen Protestparteien gegen die Vorherrschaft der Brahmanen, setzte sich fort über die Bildung der Regionalparteien, die vor allem die niederen Kasten politisch mobilisierten, und mündete in Bemühungen der nationalen Parteien, Vertreter bisher an der Herrschaft wenig beteiligter Kasten in die Führung aufzunehmen oder diese für Wahlämter zu rekrutieren. Als Folge dieser Vorgänge gewannen die lange Zeit politisch marginalisierten Schichten erheblich an Einfluss, weshalb keine Partei es sich heute leisten kann, bei der Aufstellung von Kandidaten Kastenkriterien nicht zu berücksichtigen.

Die innerparteiliche Demokratie lässt in Indien noch Wünsche offen. Die Kleinparteien sind praktisch Eigentum ihres despotischen Führers und in den nationalen Parteien wird nur ein Teil der Führungsriege gewählt, der Rest ernannt. In der Kongresspartei fanden zwanzig Jahre lang gar keine parteiinternen Wahlen statt, heute werden zumeist von der Führung ausgesuchte Kandidaten von der Basis bestätigt. Bei der BJP sieht es nicht besser aus. Auf Parteitagen werden die von der Führung eingebrachten Anträge meist einstimmig verabschiedet. Dagegen ist bei den Kommunisten, die ja dem Ideal des demokratischen Zentralismus huldigen, Debatte und Dissens in wichtigen Fragen möglich, nach der Entscheidungsfindung wird aber eiserne Parteidisziplin verlangt.

Indische Parteien besitzen nur eine schwache Finanzierungsbasis. Sie können ihren Wahlkreiskandidaten daher nur einen Zuschuss zu den Wahlkampfkosten gewähren, den Rest müssen diese über Freunde und Spender selbst mobilisieren. Die Geldgeber wiederum werden nach der Wahl Erkenntlichkeit fordern. Nur Wohlhabende oder solche Personen, an deren Kandidatur die Parteien ein gesteigertes Interesse haben, können sich deshalb den Wahlkampf leisten. Die Parteien finanzieren sich im Übrigen durch zum Teil sehr hohe "Parteisteuern" ihrer Mandatsträger, Bewerbungsgebühren und steuerlich bis zu einer bestimmten Höhe abzugsfähige Spenden sowie mehr oder weniger verdeckte Schutzgelderpressung.

Quellentext"Muskelmänner" in Indiens Politik

Wollte man ein Lexikon über Wahlen in Indien verfassen, dürfte der Begriff "Bahubali" nicht fehlen. [...] Das Wort hat seine Ursprünge im alten Sanskrit und ist in mehrere indische Sprachen eingeflossen. Ins Deutsche kann man es am ehesten mit "Muskelmann" übersetzen. Doch geht es nicht um Boxer oder Bodybuilder. Die Rede ist von mächtigen Männern, denen die Justiz im Nacken sitzt. Leute, die im Ruf stehen, Ganoven zu sein. Viele von ihnen kandidieren […] bei den Wahlen für […] regionale Parlamente. "Das ist ein schwerwiegendes Problem", sagt der pensionierte Armeegeneral Anil Verma, Leiter der "Association for Democratic Reforms". Die nicht staatliche Organisation kämpft dafür, Wahlprozesse zu verbessern, und hat eine Analyse über "kriminelle Hintergründe" von Kandidaten veröffentlicht.

Früher halfen "Bahubali" den Politikern im Wahlkampf mit Geld oder dadurch, dass sie den Gegner einschüchterten. Auch das kommt noch vor, doch inzwischen gehen viele Ganoven gleich selbst in die Politik. Wie stark die Kandidatenlisten von mutmaßlichen Kriminellen durchsetzt sind, lässt sich ziemlich genau beziffern: Jeder, der in Indien bei einer Wahl antritt, muss eine eidesstattliche Erklärung abgeben, ob und welche Strafverfahren gegen ihn anhängig sind. […] Eine Kandidatur ist in Indien nur nach einer rechtskräftigen Verurteilung verboten, nicht aber, so lange ein Verfahren noch laufe. "Manche Fälle ziehen sich zehn oder zwanzig Jahre hin", sagt Verma. Die Justiz ist völlig überlastet. […]

Die besten Chancen haben oft die sogenannten Bahubali:
Manche Wähler fühlen sich eingeschüchtert und stimmen schon aus Angst für einen Kandidaten, der sonst das Dorf bestrafen könnte. Andere sind beeindruckt von Männern, die sich mit Härte durchsetzen. Wieder andere freuen sich über Geschenke und bedanken sich mit ihrer Stimme. [...]

Der Analyst Verma spricht von den Defiziten der staatlichen Bürokratie auf dem Land, wegen derer Ärmere oft nicht zu ihrem Recht kommen. Manchmal erhalten sie nicht mal Bezugskarten für subventionierte Nahrungsmittel und suchen deshalb Hilfe bei lokalen Politikern. Sie wählen einen Paten, in der Hoffnung, dass er ihnen beisteht. Auf dem Land spielt auch eine Rolle, welcher Kaste ein Kandidat jeweils angehört. "Wenn die stimmt, ist manchem egal, wie viele Verfahren einer im Nacken hat", so Verma. Was zähle, sei der Gedanke: Der Mann ist einer von uns.

In Fernsehshows verteidigen sich zwielichtige Kandidaten gerne, dass sie als Politiker eben mit Schmutz beworfen würden, man ihnen nur etwas anhängen wolle. Solche schmutzigen Kampagnen gibt es, doch dass stets nur leere Anschuldigungen im Spiel seien, bezweifelt Verma. "Immerhin haben Polizei und Gerichte schon Indizien gesammelt, wenn es zu einem Verfahren kommt." Angehörige der Mittelklasse sehen im Ganoventum, das sich der Politik bemächtigt, ein zunehmendes Problem. Doch die sozialen Verhältnisse auf dem Land, kombiniert mit der Schwäche der Verwaltung, lassen kriminellen Kräften viel Raum. Die Parteien sehen gerne weg, solange ein Kandidat nur die nötigen Stimmen für sie sammeln kann. [...]

Arne Perras, "Indische Muskelspiele", in Süddeutsche Zeitung vom 11./12. März 2017

Verbände

Indien kennt nicht die schlagkräftigen Gewerkschaften und Unternehmerverbände westlicher Industriegesellschaften – bedingt vor allem durch den Stand und Charakter der indischen Entwicklung. Der Staat hielt bis Anfang der 1990er-Jahre die Spitzenpositionen der Wirtschaft besetzt und die Privatwirtschaft in Abhängigkeit, schützte ihre Gewinne freilich auch durch Fernhalten ausländischer Konkurrenz sowie durch staatliche Aufträge und Subventionen. Kleinbetriebe genossen eine gesonderte Behandlung, waren also kaum für eine gemeinsame Strategie "des Kapitals" zu mobilisieren.

Im Übrigen war und ist die Unternehmerschaft durch Zugehörigkeit zu verschiedenen Verbänden (der eher kosmopolitisch orientierten ASSOCHAM, der Associated Chambers of Commerce and Industry of India, der wirtschaftsnationalistischen FICCI, der Federation of Indian Chambers of Commerce and Industry, und der jüngeren, marktorientierten CII, der Confederation of Indian Industry) gespalten. Natürlich hat die wirtschaftliche Liberalisierung diese Lage etwas verändert, die Unternehmerverbände sind selbstbewusster geworden, sie haben ihre Lobbytätigkeit intensiviert und in Einzelfragen durchaus Erfolg gehabt. Die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik stellen sie jedoch nur punktuell infrage.

Auch die organisierte Arbeiterschaft in Indien verfügt nur über mäßiges politisches Gewicht. Das Gewerkschaftswesen ist extrem zersplittert. Nur ein kleiner Teil der Arbeitnehmer (etwa neun Prozent) ist in der sogenannten organisierten Wirtschaft beschäftigt, also den Betrieben mit mehr als zehn Arbeitskräften, die den Arbeitsgesetzen und der Überprüfung ihrer Einhaltung unterliegen, hiervon wiederum nur etwa die Hälfte bei den größeren Privatunternehmen. Von diesen Beschäftigten hat wiederum ein Drittel keinen regulären Arbeitsvertrag und nur die Hälfte ist gewerkschaftlich organisiert, in der Wirtschaft insgesamt nur etwa sechs Prozent.

QuellentextEinsatz für die Rechte von Haushaltsangestellten

Offiziell arbeiten in Indien vier Millionen Menschen als Hausangestellte. Die "National Platform for Domestic Workers" (NPDW), ein Zusammenschluss von Organisationen, der für die Rechte Hausangestellter eintritt, geht von weit höheren Zahlen aus. Schätzungen zufolge arbeiten allein in Neu-Delhi bis zu einer halben Million junger Frauen als Bedienstete bei reicheren indischen Familien, oftmals unter schlechten Bedingungen und für schlechte Bezahlung. Im Durchschnitt verdienen diese Vollzeitkräfte zwischen 8.000 und 10.000 Rupien, das sind umgerechnet zwischen 110 und 140 Euro im Monat. Der von der Regierung festgelegte Mindestlohn für ungelernte Arbeiter in Neu-Delhi liegt aber bei 13.350 Rupien im Monat.

Das ["Domestic Worker Forum" (DWF)] […] ist ein Zusammenschluss ehemaliger Dienstmädchen und Gewerkschafter, die sich für die Rechte der Maids stark machen. […] Prince Varghese [Projektkoordinator] und die anderen Aktivisten [beim DWF] sehen diese Arbeit nicht grundsätzlich als ausbeuterisch und schlecht, sondern auch als Chance an – solange die Bedingungen stimmen.
Gewerkschaften und Verbände behaupten gar, die gesamte indische Wirtschaft könnte profitieren, wenn dieser Dienstleistungssektor reguliert werden würde. Doch im Moment bedeutet dieses Vakuum für die Frauen vor allem: Unsicherheit. […]

So gesehen hatte Neelima Tirkey Glück – […] [n]ach […] Jahren als Maid kündigte sie, gründete eine Familie – und machte ihr Engagement zum Beruf. Mittlerweile ist sie eine der zehn Anführerinnen beim "Domestic Worker Forum", die den Arbeitskampf in Neu-Delhi organisieren. Die Gruppe trifft sich jeden Montag zum Austausch in den Räumen der Organisation, die von kirchlichen Trägern unterstützt wird.
Im DWF sind rund 4.000 Arbeiterinnen organisiert. Neelima Tirkeys Aufgabe ist es, in ihrem Gebiet – Nord- und Nord-West-Delhi – für die Hausangestellten da zu sein. Sie nimmt Beschwerden entgegen, ermutigt sie, erklärt, was sie sich nicht gefallen lassen müssen, und begleitet sie bei Bedarf zum Arbeitsplatz. "Die häufigsten Probleme", erklärt Tirkey, "sind schlechte Bezahlung, fehlender Kündigungsschutz, kein freier Tag und des Diebstahls beschuldigt zu werden." Und Frauen, die selbst Kinder haben, sehen sie in der Regel nur selten, weil ihnen die langen Arbeitszeiten in Verbindung mit meist unbezahltem Urlaub keine andere Wahl lassen. […]

Das Erstaunliche: Bereits 2011 haben Hausangestellte bei der International Labour Conference einen ersten großen Sieg errungen. Die Konvention für die Rechte von Hausangestellten der "International Labour Organization" (ILO) wurde von einer Mehrheit der Mitgliedsstaaten verabschiedet. Auch Indien hat die Konvention für mehr Rechte der Hausangestellten unterschrieben – aber noch nicht umgesetzt. Ohne ein nationales Gesetz hätten Hausangestellte aber nach wie vor kaum Hoffnung auf Gerechtigkeit, so die "National Platform for Domestic Workers" [...]. Aktivistin Tirkey sagt, Gesetze seien gut und wichtig und die ILO-Konvention sei hilfreich für ihre Arbeit. Es gebe bereits einen Entwurf, der vieles enthält, um das Leben der Maids zum Besseren zu wenden: Die Forderung nach sozialer Absicherung, einer 48-Stunden-Woche, Mindestlohn, Lohnausgleich für Überstunden, einen freien Tag pro Woche und 15 Urlaubstage im Jahr. Auch eine angemessene private Unterbringung im Haus soll den Maids per Gesetz zugesichert werden. Über den Gesetzentwurf soll demnächst im Parlament debattiert werden. Sollte tatsächlich ein Beschluss fallen, bleibt auch für Neelima Tirkey die traurige Gewissheit, dass Gesetze in Indien nicht immer eingehalten werden.

So habe ihre Gruppe in den vergangenen drei Jahren bei 150 Rettungsaktionen Frauen aus Haushalten befreit, in denen sie diskriminiert oder gar verbal oder körperlich misshandelt wurden. Im gleichen Zeitraum wurden aber nur fünf Arbeitgeber angezeigt. "Die Reichen und Mächtigen wissen sich zu helfen", erklärt Projektkoordinator Prince Varghese. "Genau deshalb braucht es Initiativen wie unsere, in der sich Hausangestellte organisieren können. Das Ziel ist, den Maids eine Stimme zu geben und ihnen das Selbstbewusstsein zu vermitteln, sich gegenüber ihren Arbeitgebern zu behaupten."

Die wichtigste Errungenschaft des "Domestic Worker Forums" sieht Neelima Tirkey darin, dass die Frauen und ihre Arbeit überhaupt sichtbar gemacht werden und ihnen eine Stimme gegeben wird: "Das Kollektiv macht die einzelnen Frauen stärker. Den Arbeiterinnen helfen zu können, das macht mich stolz und glücklich."

Lea Gölnitz, "Geordneter Aufstand", in: Frankfurter Rundschau vom 15. November 2017

Die Gewerkschaftsmitglieder verteilen sich auf zwölf verschiedene Dachverbände unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung und sind bis auf zwei Ausnahmen parteipolitisch gebunden. Da bereits sieben Mitglieder eine Gewerkschaft gründen können und die meisten Parteien wie auch einzelne Politiker eine Gewerkschaft halten, ist deren Gesamtzahl enorm (ca. 50.000), ihre durchschnittliche Mitgliederstärke (800) und Finanzkraft angesichts äußerst geringer Mitgliedsbeiträge aber sehr bescheiden. Infolge ihrer Zersplitterung und politischen Anbindung kämpfen die Gewerkschaften zwangsläufig fast ebenso stark gegen- wie miteinander. Lohnverhandlungen beziehen den Staat als dritten Partner ein und münden meist in Schiedssprüchen.

Das Streikrecht ist begrenzt durch das Erfordernis vorheriger staatlicher Streitschlichtung, teilweise ausgesetzt bei essenziellen Diensten sowie innerhalb zahlreicher spezieller Wirtschaftszonen. Entsprechend ist die Streikaktivität seit Jahren deutlich rückläufig. Die Arbeitskräfte im formellen Wirtschaftssektor sind im Vergleich zum Rest der indischen Gesellschaft privilegiert; das förderte lange die Tendenz der Gewerkschaften, sich eher um die Bedürfnisse der dortigen Arbeitnehmer zu kümmern als um die Arbeitskräfte im unterbezahlten informellen Bereich.

Die langjährige Begünstigung der industriellen Entwicklung brachte es mit sich, dass eine Aktionseinheit zwischen Unternehmerorganisationen, Gewerkschaften und Bauernverbänden selten zustande kam. Wie bei den Gewerkschaften sind die Bauernverbände nach parteipolitischer Anbindung, Region, nach Kasten und Einkommen der organisierten Bauern gespalten und haben sich nur selten zu gemeinsamem Handeln durchringen können. Der Versuch Ende der 1980er-Jahre, eine umfassende Bauernorganisation und eine ihr angeschlossene Partei zu gründen, scheiterte. Kollektive Aktionen waren dann möglich, wenn durch Erhöhung der staatlichen Inputpreise (etwa für Dünger), der Abnahmepreise oder durch die Folgen des indischen Beitritts zur Welthandelsorganisation die Bauernschaft insgesamt Einkommensverluste befürchten musste. Das politische Gewicht der Landwirtschaft hat seit den wirtschaftlichen Reformen erkennbar abgenommen; wohlhabender gewordene Bauern haben die Landwirtschaft teilweise verlassen, die anderen führen eine prekäre Existenz und haben für politische Betätigung wenig Zeit.

Neben diesen klassischen zivilgesellschaftlichen Organisationen entstanden eine Unzahl von Nichtregierungsorganisationen (Non-Governmental Organizations, NGOs), Selbsthilfegruppen und sozialen Bewegungen. Indien wurde schon als "nicht offizielle Welthauptstadt der NGOs" bezeichnet. Schätzungen zufolge gibt es dort 1,5 Millionen NGOs, hauptsächlich in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Umwelt und Gemeindeentwicklung. Sie finanzieren sich aus Spenden Einzelner und von größeren Unternehmen in Indien (die neuerdings dazu verpflichtet sind), Zuschüssen der Entwicklungshilfe sowie Beiträgen des indischen Staates.

Quellentext"Mutter Ganges" – Indiens Kloake

"So sieht das Ergebnis unserer Bemühungen seit dem Jahr 1993 aus", sagt Rakesh Jaiswal. Der Vorsitzende der Umweltschutzinitiative Eco Friends in der indischen Stadt Kanpur am Ufer des Ganges steht vor zwei Betonkanälen und rümpft die Nase. Das Wasser in den Rinnen, das aus einer 30 Jahre alten Kläranlage zu einem Bewässerungssystem für Ackerflächen in der Umgebung der Stadt geleitet wird, riecht ziemlich übel. Es trägt auch eine grauweiße Schaumkrone. "Wir haben Gerichtsurteile erwirkt, um den Ganges sauber zu bekommen. Wir haben Kampagnen geführt und verwesende Leichen aus dem Ganges geholt", sagt Jaiswal, "aber der Ganges ist heute noch dreckiger als vor drei Jahrzehnten. Wir geben auf. Eco Friends macht dicht." […] [D]er 57-jährige Jaiswal und seine verbliebenen Mitstreiter […] sind nach einem knappen Vierteljahrhundert vergeblicher Mühen in Kanpur, das dank mehr als 400 Ledergerbereien als eine der schmutzigsten Städte Indiens gilt, so niedergeschlagen, dass nicht einmal ein milliardenteures Vorhaben von Indiens Regierung […] zur Säuberung des Ganges neuen Mut macht.

Drei Milliarden Euro sollen aufgebracht werden, um den 2500 Kilometer langen Fluss, von dessen Wasser etwa 500 Millionen der 1,3 Milliarden Inder leben, von einer der schlimmsten Kloaken der Welt wieder in einen Fluss zu verwandeln, der den Namen verdient. Die Regierung in Neu-Delhi […] ist eifrig um den Nachweis bemüht, dass ihr Vorhaben umgesetzt wird.

"Ich habe bislang nichts gesehen, was die Lage verbessert", sagt Jaiswal […] dennoch gut zwei Jahre, nachdem [Premierminister Narendra] Modi bei seinem Amtsantritt […] den Indern versprach, Ma Ganga, Mutter Ganges, die Wasserqualität zu verschaffen, die Indien benötigt. [...]

Der Ganges, so glauben Indiens Hindus, besitzt selbstreinigende Kräfte. Der Mythos stirbt spätestens nahe der Stadt Haridwar. "In der Trockenzeit erreicht kein einziger Wassertropfen aus dem Himalaya mehr Kanpur", sagt Jaiswal von Eco Friends. Stattdessen schwappt die Brühe des Yamuna-Flusses, der auf der Höhe der Hauptstadt Delhi fast kein Leben mehr enthält, im Flussbett. Papierfabriken und Zuckerraffinerien sowie Gerbereien leiten ihre Abwässer in den heiligen Fluss.

Der Ganges nimmt bis zu seiner Ankunft in der Bucht von Bengalen täglich rund zehn Milliarden Liter Abfall auf und gehört damit zu den dreckigsten Flüssen der Welt. Etwa 25 Prozent stammen aus Industrieabwässern. [...]

Kanpur [...] gab alleine rund 100 Millionen Euro für ein Kanalisationssystem aus. "Aber alle Pläne wurden nur zur Hälfte umgesetzt", sagt Jaiswal, der gescheiterte Umweltschützer der Stadt. […]
Ein paar Hundert Meter weiter staut sich in einem Abwasserkanal der Dreck, der eigentlich in den Ganges fließen soll. Es herrscht Monsun und Mutter Ganga nutzt die Gelegenheit zu einem Hochwasser. Der Schmutz wird verdünnt und die flüssigen Gifte aus den Gerbereien stauen sich für ein paar Wochen in den Seitenarmen.

Nur in Varanasi, rund 250 Kilometer flussabwärts, hat der Ganges auch in der Regenzeit kaum eine Chance. In der Pilgerstadt werfen Tausende von gläubigen Hindus täglich ihre Gaben in den Fluss – und jährlich die Asche von 30.000 Toten, die in der heiligen Stadt kremiert werden.

Willi Germund, "Indiens Kloake", in: Frankfurter Rundschau vom 7. Oktober 2017

Die Schwerpunkte der NGOs orientierten sich an "Modewellen" im internationalen Diskurs, aber auch an den jeweils besonderen Defiziten der Staatstätigkeit in Indien. Ihre Tätigkeit wurde sehr lange in einem äußerst freundlichen Licht gesehen (Basisnähe, besondere Effizienz, Distanz zur Politik), aber mittlerweile geraten auch die Schattenseiten in den Blick: Etliche NGOs sind Zweigstellen politischer Parteien oder politischer Amtsträger, unterstützen auch deren mitunter problematische Agenda (das gilt vor allem für NGOs im hindu-nationalistischen Umfeld), etliche sind bloße Ableger von Religionsgemeinschaften. Es ist auch richtig, wie vor allem die indischen Kommunisten hervorheben, dass NGOs im Wesentlichen die gebildeten Mittelschichten rekrutieren. Die indische Regierung, der vor allem die Tätigkeit vom Ausland finanzierter NGOs stets ein Dorn im Auge war, nutzt neuerdings den Foreign Exchange Regulation Act von 1976 wieder intensiver, um deren Zugang zu externen Mitteln schärfer zu kontrollieren oder gar (wie bei Greenpeace) zu unterbinden.

Nichtsdestoweniger gibt es eine ganze Reihe indischer NGOs, die sich um die Förderung des Gemeinwohls verdient gemacht haben und noch machen. Frauenverbände sind seit den 1970er-Jahren zunehmend aktiv; sie demonstrieren gegen Mitgiftmorde und pränatale Geschlechtsbestimmungen und engagieren sich allgemein für Gleichberechtigung. Umweltverbände wie das Chipko Andolan Movement setzten sich gegen die Abholzung der Wälder ein, die Narmada Bachao Andolan protestierten ab 1983 gegen Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen beim Bau des Sardar-Sarovar-Damms am Narmada-Fluss. Später wurden NGOs auch beim Kampf gegen Korruption sowie beim Schutz der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte aktiv, speziell auch beim Kampf gegen die Diskriminierung der Dalits.

Zuweilen wurde die Arbeit der NGOs durch bedeutende Erfolge belohnt: So erreichte die Association for Democratic Reforms durch ein Urteil des Obersten Gerichts, dass Kandidaten für die Parlamentswahlen ihr Vermögen, ihren Bildungsstand und eventuell anhängige Strafverfahren gegen sie selbst offenlegen mussten; die Organisation Mazdoor Kisan Shakhi Gangathan war maßgeblich am Zustandekommen des 2005 in Kraft getretenen Right to Information Act beteiligt; der Kerala Sasthra Sahitya Parishat erreichte, dass das Silent Valley in Kerala unter Naturschutz gestellt und der geplante Staudammbau verhindert wurde. Schließlich setzte sich die Ekta Parishad für die Rechte von Kleinbauern und Landarbeitern ein, insbesondere für die Rückerstattung von Land, das den Adivasi genommen wurde.

Fussnoten

Professor Dr. rer. soc. Joachim Betz, Jahrgang 1946, war Leitender Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Asien-Studien des GIGA (German Institute of Global and Area Studies / Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien) und ist Prof. emeritus für Politische Wissenschaft an der Universität Hamburg.
Seine fachlichen Schwerpunkte sind Politik und Wirtschaft Südasiens, Verschuldung, Rohstoffpolitik, Globalisierung und Entwicklungsfinanzierung.