Europa ist nicht nur Alltag außerhalb der Schule, sondern gehört auch zum Schulalltag. Nicht selten wird bereits nach wenigen Schritten im Schulfoyer oder in der Schulaula sichtbar, dass die Schule verschiedenartige Kontakte ins europäische Ausland pflegt und mit diesen werbend Besucherinnen und Besucher der Schule begrüßt oder sogar als Europaschule zertifiziert ist. Für die Schülerinnen und Schüler erscheint Europa aber vor allem im Fachunterricht.
Hier sind die Fremdsprachen zu nennen, die mittlerweile auch fester Bestandteil des Grundschulunterrichts sind. Der Beginn des Unterrichts in der zweiten Fremdsprache wurde im Gymnasium und als Wahlpflichtfach in Realschulen und Gesamtschulen von der 7. in die 6. Jahrgangsstufe vorverlegt, um dem Sprachlernvermögen in früheren Jahren Rechnung zu tragen. Nicht selten ergänzen Fremdsprachenassistentinnen bzw. Fremdsprachenassistenten in ihrer Muttersprache den Fremdsprachenunterricht.
Der Literaturunterricht versucht Querlinien aufzuzeigen, so zum Beispiel, wenn Shakespeare auch im Deutschunterricht angesprochen wird, eventuell direkt verknüpft mit der Kunstepoche, die die jeweilige Autorin bzw. den jeweiligen Autor beeinflusst hat. Nicht selten sind Künstlerinnen und Künstler mit ihrer Kunst in mehreren europäischen Ländern präsent, beispielsweise weil sie gereist sind.
Musik und Musikunterricht haben im klassischen Genre, aber auch bei der Rock- und Popmusik, bei Rap, Hip-Hop und elektronischer Musik sowie anderen modernen Richtungen die nationalen Grenzen seit Langem überwunden.
In den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern wie beispielsweise Geschichte, Erdkunde, Sozialkunde, Gesellschaftslehre werden Themen unter europäischer Perspektive fachlich analysiert. Es wird dabei verstärkt auf fächerverbindendes Unterrichten geachtet, damit die Komplexität der europäischen Dimension heutiger Lebenswirklichkeiten besser verstehbar wird.
Ein Schüleraustausch mit einer ausländischen Schule hat lange Tradition im Nachkriegsdeutschland und zeigt, wie ähnlich, aber auch wie vielfältig europäische Kulturen sein können. Selbstverständnis durch Fremdverstehen schafft interkulturelle Kompetenz: Wenn eine Schülerin Einblick in die Lebensverhältnisse eines Nachbarlandes erlangt, regt dies an zu Fragen zum eigenen Lebensstandard und damit auch zum Verständnis für Nöte und Forderungen anderer. Auf diese Weise werden Solidarität und Empathie gefördert.
Die europäische Integration hat Schulpartnerschaften von Finnland bis Portugal, von Irland bis Russland und von Dänemark bis in die Türkei vorangetrieben. Hier haben die EU-Institutionen frühzeitig Förderprogramme zur Unterstützung der Partner vor Ort initiiert (z. B. ERASMUS+-Programm).
Auch Auszubildende können im Ausland anerkannte Teile ihrer Berufsausbildung absolvieren.
In vielen Schulen werden die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer bilingual (= zweisprachig) angeboten. An manchen Schulen kann sogar ein Doppel-Abschluss erworben werden, wie beispielsweise das deutsche Abitur und das französische Baccalauréat.
Rahmenbedingungen für die Qualität der Europaerziehung sind Kenntnisse der Lehrkräfte über Europa und ihre Einstellungen zu Europa, die Verankerung des Themas im Schulprofil, die Stellung des Themas in der politischen Öffentlichkeit (kommunal, national und international) und die Haltungen der Kinder und Jugendlichen gegenüber Europa.
Konkrete Inputs, die den Unterricht unmittelbar erreichen, entspringen oft tagesaktuellen Krisen, deren Regelung oder sogar Lösung von Europa erwartet wird, wie beispielsweise die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie, die Bewältigung von internationalen Finanzkrisen, der Umgang mit Geflüchteten oder die Klimapolitik.
Die analytische Qualität des jeweiligen Unterrichts und die von der Lehrkraft transportierten Haltungen beeinflussen die Haltung der Kinder und Jugendlichen zu Europa nachhaltig.
Schule erzieht im Idealfall die Schülerinnen und Schüler zu selbstbewussten und handlungsfähigen europäischen Bürgerinnen und Bürgern.
Schulprofil/Profilschulen/Europaschulen
Die in vielen Bundesländern geförderte Entwicklung von Schulprogrammen verschafft dem Thema Europa vermehrte Aufmerksamkeit. "Europa" lässt sich gut zum Mittelpunkt eines umfassenden Schulprofils mit regelmäßigen Projekttagen machen. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich die Teilnahme an europäischen Wettbewerben und an bi- oder multinationalen Projekten.
In der Sekundarstufe II eignet sich "Europa" als Rahmen, um Fächer zu neuen Schwerpunkten (Profilen) zu verbinden, wie zum Beispiel: "Kultur" (Latein, Geschichte, Bildende Kunst, Englisch/Französisch, Musik) oder "Handlungsfeld Europa" (Erdkunde, Sozialkunde, Englisch/Französisch).
Auch strukturelle Veränderungen im Schulwesen, wie der Ausbau der Ganztagsschulen und inklusiven Schwerpunktschulen, eröffnen für Schulen erweiterte Möglichkeiten: Europa-Arbeitsgemeinschaften können das Nachmittagsangebot in Ganztagsschulen unterstützen.