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Umgang mit Verschwörungserzählungen

Pia Lamberty

/ 3 Minuten zu lesen

Im Gespräch mit Menschen, die an Verschwörungserzählungen glauben, sollte man klar in der eigenen Haltung, aber respektvoll im Umgang bleiben, bei extremen und menschenverachtenden Aussagen aber dennoch klare Grenzen ziehen. Eine Checkliste hilft, Unwahrheiten im digitalen Raum zu erkennen.

Corona…Virus der Spaltung (© Thomas Plaßmann / Baaske Cartoons)

Verschwörungsideologien im eigenen Umfeld


Wenn es darum geht, mit Verschwörungsgläubigen zu diskutieren, wissen viele Menschen oft erst einmal nicht, wie sie reagieren sollen. Für Angehörige ist es besonders schwierig, wenn die eigenen Eltern oder nahestehende Menschen plötzlich überall dunkle Mächte am Werk sehen und für rationale Argumente immer weniger zugänglich werden. Diskussionen enden dann häufig in Streit über die Weltanschauung und das zuvor vertraute Gegenüber wird einem zunehmend fremder.

Häufig hilft es da, erst einmal durchzuatmen und versuchen zu verstehen, welche Rolle diese Haltung für die Person spielt. Diese Weltsicht hat oft eine Funktion für diese, bedeutet vielleicht eine Art Heilsversprechen – auch wenn das von außen manchmal schwer nachzuvollziehen ist. Wichtig ist, bereits früh dagegen einzutreten und nicht erst dann, wenn sich das Weltbild des Gegenübers bereits verfestigt hat.

Dabei sollte man klar in der Haltung, aber respektvoll im Umgang sein. Wer sich über andere nur lustig macht oder sich über sie erhebt, wird wahrscheinlich wenig Erfolg haben, die andere Person zu erreichen. Manchmal können es auch recht einfache Fragen sein, die einen Nachdenkprozess anstoßen. Wenn im Gespräch mit Betroffenen Verallgemeinerungen über komplexe Gruppen fallen gelassen werden, kann es helfen, an dieser Stelle einzuhaken. Nehmen wir einmal das Beispiel "die Wissenschaft": Die Institutionenlandschaft und die Menschen, die unter diesem Begriff zusammengefasst werden, sind alles andere als homogen und zudem international verteilt. Eine Verschwörung, etwa zum Klimawandel, müsste daher Millionen von Menschen auf der ganzen Welt miteinschließen.

In jeder Diskussion sollten allerdings klare Grenzen gezogen werden. Es gilt, Antisemitismus, Rassismus und extreme Positionen als solche klar zu benennen und sich dagegen zu positionieren.

Fake News entlarven: Verschwörungserzählungen im digitalen Raum

Ein Großteil der Menschen hat auf die eine oder andere Weise bereits Falschmeldungen und Verschwörungserzählungen im digitalen Raum wahrgenommen. Unwahrheiten können sich dabei teilweise rasend schnell online verbreiten – und wenn sie einmal in der Welt sind, ist es oft schwer, sie wieder einzufangen und richtigzustellen. Dabei stehen Menschen zunächst oft vor der Frage, woran sie seriöse Quellen eigentlich erkennen können.

1. Quelle: Bewerten Sie die Herkunft und Qualität der Quelle. Ist es ein YouTube-Video von einem Kanal, der, wenn man sich die Playlist anschaut, schon öfter durch die Verbreitung von verschwörungsideologischen Inhalten aufgefallen ist? Gibt es ein Impressum auf der Webseite, das einem mehr Informationen gibt? Haben Sie eine Sprachnachricht über WhatsApp erhalten und wissen eigentlich gar nicht, wer die Person ist?

2. Argumentation: Schauen Sie sich die Argumentation genau an. Versuchen Sie, den Kern der Nachricht auf die folgenden Faktoren herunterzubrechen: Wer berichtet was genau von wo und wann? Wird viel mit Suggestivfragen gearbeitet, die zwar Emotionen hervorrufen, aber eigentlich kaum einen Informationswert haben? Falschnachrichten arbeiten oft genauso.

3. Intention: Manche Texte werden mit einer klaren Absicht geschrieben. Das ist nicht immer falsch oder verkehrt, nur sollte man sich das als Rezipientin oder Rezipient deutlich klar- machen. Falschnachrichten arbeiten häufig mit Beschuldigungen gegenüber Einzelpersonen oder Gruppen und emotionalisieren die Information. Analysen haben immer wieder gezeigt, dass Fake News oft genutzt werden, um menschenfeindliche Inhalte zu transportieren.

4. Glaubwürdigkeitsanalyse: Eine häufig angewandte Argumentation ist die des angeblich "unterdrückten Wissens". Dabei wird gerne behauptet, dass die Position bestimmter Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler kein Gehör fände. Selbst wenn es unbestreitbar auch in der Wissenschaft Machtgefälle gibt, wird bei solcher Argumentation oft komplett ignoriert, wie Wissenschaft funktioniert. Wenn jemand also den Prozess der wissenschaftlichen Qualitätssicherung unterläuft, sich der kritischen Prüfung und Diskussion der Fachwelt entzieht und nur eine PDF-Datei auf seiner eigenen Homepage hochlädt, ist diese Person vermutlich nicht "unterdrückt", sondern ihre Arbeit entspricht einfach nicht den wissenschaftlichen Standards.

5. Kontext: Man sollte sich insbesondere Bilder und Videos genau daraufhin anschauen, in welchem Kontext sie entstanden sind. Die Bilder sind vielleicht nicht falsch, können jedoch aus dem eigentlichen Zusammenhang gerissen worden sein. Das kann sowohl zeitliche als auch örtliche Gegebenheiten betreffen. Mit einer umgekehrten Bildersuche lässt sich oft schon prüfen, ob das Bild nicht einen ganz anderen Ursprung hatte. In Bezug auf YouTube-Videos kann der YouTube DataViewer helfen, das Ursprungsvideo zu finden.

6. Belege: Aussagen werden bei seriösen Texten durch externe Quellen unterlegt. Fake News arbeiten oft so, dass Aussagen nur durch Beiträge von den eigenen oder befreundeten Seiten belegt werden.

Pia Lamberty ist Doktorandin am Lehrstuhl Sozial- und Rechtspsychologie der Universität Mainz. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Verschwörungsmentalität und Verschwörungsglauben, Kognitive Verzerrungen, Psychologische Reaktionen auf Terrorismus und Repräsentationen von Geschichte und Intergruppenbeziehungen. Zum Thema Verschwörungsmythen, auch in Hinblick auf deren Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, hat sie schon verschiedene Veröffentlichungen vorgelegt. Darunter zuletzt 2020 gemeinsam mit Katharina Nocun: Fake Facts. Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen.