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Energiequellen und Kraftwerke

Detlef Schulz Karen Schulz Detlef Schulz und Karen Schulz

/ 23 Minuten zu lesen

Energie wird aus verschiedenen Energieträgern gewonnen. Diese unterscheiden sich jeweils hinsichtlich ihrer Verfügbarkeit, der Methoden ihrer Gewinnung und der benötigten Kraftwerkstechnologien. Als Zukunftstechnologien werden Brennstoffzellen und Kernfusion gehandelt.

Karikatur (© picture-alliance / dieKLEINERT.de/ Martin Guhl)

Fossile, nicht erneuerbare Energieträger

Reserven, Ressourcen, Reichweite



Konventionelle Brennstoffvorkommen, zum Beispiel fließendes Erdöl oder frei strömendes Erdgas, können mit sogenannten klassischen Fördermethoden gewonnen werden. Unkonventionelle Vorkommen wie Ölsande oder Schiefergas erfordern hingegen alternative Vorgehensweisen. Für Ölsande müssen beispielsweise große Bodenmengen abgetragen und ausgewaschen werden. Um Schiefergas zu gewinnen, müssen Erd- oder Gesteinsschichten angebohrt werden, damit das Gas zur Oberfläche strömen kann.

Klassifizierung der nichterneuerbaren Energierohstoffe, Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Bei der Bewertung von Brennstoffvorkommen wird zwischen Reserven und Ressourcen unterschieden. Reserven sind mit hoher Genauigkeit bestätigte Vorkommen, die mit der heutigen Technik bei den aktuellen Preisen wirtschaftlich gefördert werden können. Ressourcen sind der Anteil des konventionellen und unkonventionellen Gesamtvorkommens, der nachgewiesen, aber momentan noch nicht wirtschaftlich abbaubar oder noch nicht genau erfasst ist. Die Ressourcen sind somit immer wesentlich größer als die Reserven. Sie können durch neue Technologien jedoch zu Reserven werden. Eine Schlüsselfunktion haben dabei zum Beispiel Tiefseebohrungen, um Erdöl und Erdgas zu gewinnen, oder das sogenannte Fracking (Hydraulic Fracturing, von engl. to fracture = aufbrechen = hydraulisches Aufbrechen, siehe  a. S. 19). Dabei wird ein Gemisch aus Wasser, Quarzsand und Chemikalien mit hohem Druck in die Gesteinsschicht eingebracht, das so Risse im Untergrund erzeugt und den Gasabfluss ermöglicht.
Um einschätzen zu können, wie lange ein Rohstoff unter den heute gegebenen Umständen und bei gleichbleibenden Verbrauch noch verfügbar ist, werden die momentanen Reserven durch die aktuelle Weltjahresfördermenge dividiert. Als Ergebnis erhält man statistische Reichweiten.

Kohle



Reichweite und Verwendbarkeit: Die statistische Reichweite von Kohle beträgt nach den Angaben von BP Statistical Review weltweit 112 Jahre, in der Russischen Föderation 471 Jahre und in Deutschland 216 Jahre. Die Ressourcen sind – global gesehen – sehr viel höher. Abhängig von der Entwicklung des Verbrauchs kann Kohle bei steigenden Preisen noch für Jahrhunderte ausreichend zur Verfügung stehen. Es wird zwischen Hartkohle (Steinkohle) und Weichbraunkohle unterschieden. Braunkohle ist der einzige auch in Deutschland in großem Umfang verfügbare Rohstoff. Steinkohle wird wegen der hohen Abbaukosten einheimischer Vorkommen mittlerweile fast ausschließlich importiert. Braun- und Steinkohle werden zur Strom- und Wärmeerzeugung in Dampfkraftwerken eingesetzt. Dabei handelt es sich um die momentan kostengünstigste Art der Stromerzeugung. Gleichzeitig treten bei der Kohleverbrennung die im Vergleich höchsten Emissionen auf. Daher sind die hohen Kohlevorräte unter Klimagesichtspunkten besonders kritisch zu bewerten. (siehe  a. S. 38 ff.)

Methoden der Gewinnung und des Transports: Während Braunkohle ausschließlich in offenen Tagebauen abgebaut wird, kann Steinkohle abhängig von der Tiefe der Lagerstätte sowohl im offenen Tagebau wie beispielsweise in Australien oder bei tieferen Vorkommen im Untertage-Abbau gefördert werden. Insbesondere beim Abbau in Tagebauen tritt ein erheblicher Flächenverbrauch auf, nach dem Ende der Förderung ist ein Rekultivierungsprozess über mehrere Jahrzehnte erforderlich. Der Kohletransport erfolgt per Bahn, mit Lastkraftwagen oder Schiffen.

Kreisprozess eines Dampfkraftwerks

Kraftwerkstechnologien: Die ersten kohlebefeuerten Dampfkraftwerke wurden 1882 von Thomas Edison in New York und London in Betrieb genommen. Seit dieser Zeit konnten der Druck und die Temperatur des Prozesses durch den Einsatz höher belastbarer Werkstoffe wesentlich gesteigert werden, wodurch der Wirkungsgrad auf bis zu 47 Prozent verbessert wurde. Im Dampfkraftwerk laufen drei Prozessschritte ab: Verbrennung und Verdampfung sowie Umwandlung der thermischen in mechanische Energie. Mit der Kohle wird Wasser erhitzt. Als Dampf strömt es durch Turbinen, wobei elektrische Energie erzeugt wird. Wird zusätzlich zur elektrischen Energie auch die Abwärme genutzt, steigt der Gesamtwirkungsgrad wesentlich an. Dies erfordert jedoch große Wärmeverbraucher wie Fernwärmenetze in einem Versorgungsradius von fünf bis zehn Kilometern. In diesem Fall spricht man von Heizkraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung. Heutige Dampfkraftwerke werden in Leistungsstufen, den sogenannten Blockgrößen, von 500 bis 900 MW gebaut.

Aufbau eines Dampfkraftwerks

Zur Feuerung moderner Dampfkraftwerke wird Kohle genutzt, die zuvor in Kohlemühlen zu Staub gemahlen wurde. Das bei der Verbrennung entstehende Abgas muss aufwändig behandelt werden. Dies erfolgt mit einer Rauchgasentschwefelungsanlage, einer Entstickung, das heißt einer Anlage zur Verringerung der Stickoxide, und Elektrofiltern zur Entstaubung.
Dampfkraftwerke benötigen für das Anfahren einige Stunden, da die Bauteile sich temperaturbedingt ausdehnen; der Kessel von 500-MW-Kraftwerken wird zum Beispiel um bis zu 30 cm höher. Deshalb werden Dampfkraftwerke zur Grundlastversorgung eingesetzt. Moderne Dampfkraftwerke, deren Bauteile entsprechend angepasst werden, können schneller zwischen Voll- und Teillast wechseln. Dadurch können sie auch wirtschaftlich sein, wenn sie nicht dauerhaft in der Grundlastversorgung eingesetzt werden. Weiteres Entwicklungspotenzial liegt in der Verbesserung des Wirkungsgrades sowie der Verringerung von Emissionen.


Kohlekraftwerke verursachen im Vergleich die höchsten Emissionen. Wesentlich ist hierbei die Abscheidung von Kohlendioxid. In Deutschland existiert ein Versuchskraftwerk zur CO2-Abscheidung im Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe bei Spremberg. Durch das Abscheiden des Kohlendioxids entstehen zwei wesentliche Probleme: Einerseits sinkt der Wirkungsgrad um bis zu zehn Wirkungsgradpunkte, vorrangig wegen der aufwändigen Aufbereitung der Verbrennungsluft, aber auch durch die Kühlung und Kompression des Abgases. Andererseits muss das komprimierte Gas gelagert werden. Projekte zur möglichen Verpressung von flüssigem Kohlendioxid sind bisher am Widerstand der Bevölkerung und schließlich auch in der Gesetzgebung gescheitert. Vor allem die Risiken der langfristigen Abdichtung solcher Lagerstätten werden kritisch gesehen und unter Fachleuten kontrovers diskutiert. Allerdings gibt es erste Erfolge, Kohlendioxid stofflich zu nutzen, indem es bei der Produktion von Dämmstoffen in der chemischen Industrie eingesetzt wird.

Erdöl



Reichweite und Verwendbarkeit: Die statistische Reichweite von konventionellem Erdöl liegt nach den Angaben von BP Statistical Review weltweit bei 54 Jahren, Kuwait verfügt über Vorräte für 97 Jahre, Iran für 96 Jahre. Bei konventionellem Erdöl wird etwa ab dem Jahr 2024 (bei der zusätzlichen Nutzung unkonventioneller Reserven etwa ab 2035) der "peak-oil“, das heißt der Zeitpunkt der maximalen Fördermenge, erreicht sein, wobei zu diesem Zeitpunkt sehr viele unterschiedliche Zeitangaben, zahlreiche fehlerhafte Prognosen und kontroverse Aussagen gemacht werden. Bisher haben sich trotz steigender Förderung die Reserven und Ressourcen jedoch durch die Ausschöpfung neuer unkonventioneller Vorkommen weiter erhöht. Es wird geschätzt, dass die Ressourcen von unkonventionellem Erdöl doppelt so groß sind wie die konventionellen Vorkommen.

Deutschlands Ölimporte

Erdöl wird wegen seiner hohen Energiedichte vorrangig zur Kraftstoffgewinnung eingesetzt. In Verbrennungskraftwerken zur Bereitstellung von Strom und Wärme sowie zur lokalen Wärmeerzeugung in Heizungsanlagen wird es dagegen aufgrund des schon lange anhaltenden Preisanstiegs immer weniger verwendet. Darüber hinaus ist Erdöl ein universell nutzbarer und deshalb stark nachgefragter Grundstoff in der chemischen Industrie, der zum Beispiel benötigt wird, um Plastik oder Kunstfasern herzustellen.

Methoden der Gewinnung und des Transports: Aus unterirdischen Lagerstätten an Land oder offshore direkt mit Pumpen flüssig gefördertes, das heißt frei fließendes Erdöl wird als konventionell bezeichnet. Unkonventionelles Erdöl ist nur schwer fließfähig und wird zum Beispiel in Kanada, wo die größten Vorkommen bekannt sind, in großen Mengen aus abgebaggerten Ölsanden oder Ölschiefern ausgewaschen. Unkonventionelles Erdöl erweitert die konventionellen Reichweiten beträchtlich, allerdings werden hierbei enorme Flächen verbraucht. Der Transport von Erdöl erfolgt in Pipelines, Tankschiffen und Tanklastkraftwagen.

Kraftwerkstechnologien: Das erste deutsche Ölkraftwerk ging 1960 in Betrieb. Große Ölkraftwerke funktionieren im Prinzip ähnlich wie Dampfkraftwerke, wobei Öl als Brennstoff genutzt wird. Die Blockleistung kann bei bis zu 1000 MW liegen. Allerdings werden Ölkraftwerke wegen des hohen Brennstoffpreises in Deutschland nicht mehr gebaut. Bestehende Ölkraftwerke werden als Reservekraftwerke mit einigen hundert Benutzungsstunden pro Jahr zur Spitzenlastabdeckung, das heißt also in den Stunden des Tages, wo besonders viel Strom verbraucht wird bzw. die Nachfrage nach Strom am größten ist, eingesetzt. In Ländern mit eigenen Ölvorkommen wird diese Kraftwerksart auch zur Grundlastabdeckung genutzt.
Kleinere Ölkraftwerke, deren Leistung bis 10 MW reicht, werden als Blockheizkraftwerke betrieben, die alternativ auch mit Erdgas befeuert werden können. Da hierbei hohe Abgastemperaturen auftreten, kann ein Dampfkraftwerksprozess nachgeschaltet werden. Hierdurch kann der Gesamtwirkungsgrad auf bis zu 58 Prozent gesteigert werden. Durch Kraft-Wärme-Kopplung lässt sich der Wirkungsgrad noch weiter erhöhen.

QuellentextFracking – überall möglich?

Bedingungen für die Schiefergas-Revolution in den USA:



GEOLOGIE
1. Die Felder sind breit, liegen nicht besonders tief in nicht allzu schwierigem Gestein, was darauf schließen lässt, dass sie technisch leichter förderbar sind. Ein Großteil des Schiefergases hat einen sehr hohen Flüssiganteil, der die Wirtschaftlichkeit der Förderung drastisch verbessert.
2. Es stehen viele Daten für die Bohrungen zur Verfügung, die es Unternehmern erlauben, die erfolgversprechendsten Gebiete zu erschließen.

GESETZESLAGE

So funktioniert Fracking am Beispiel USA

1. Das Energiegesetz von 2005 schließt Fracking explizit vom Clean-Water-Gesetz der Umweltschutzagentur (EPA) aus ("Cheney-Halliburton Schlupfloch").
2. Das Energiegesetz von 1980 bietet Subventionen in Höhe von 50 Cent pro [Million British Thermal Units] MMBTU. Mit diesem Gesetz wurde auch eine "Intangible Drilling Cost Expensing Rule" eingeführt, durch die mehr als 70 Prozent der Entwicklungskosten gedeckt sind. Das ist von größter Bedeutung für kleine Firmen mit begrenztem Cash-Flow (engl., Geldfluss, eigenerwirtschaftete Mittel – Anm. d. Red.). 3. Aufgrund der Eigentumsrechte in den Vereinigten Staaten gelten Schiefergas-Vorkommen als Eigentum des Grundbesitzers. Damit sind finanzielle Anreize geschaffen, die es erleichtern, Schiefergas-Bohrungen auf Privatbesitz tätigen zu können. Zudem ist die amerikanische Bevölkerung an Öl- und Gasbohrungen in nächster Nähe ihres Wohnorts gewöhnt.
4. Pipeline-Zugang basiert auf dem Prinzip des "common carriage". Gasproduzenten verfügen also über einen gewissen Zugang zu vorhandenen Pipelines, was die Wirtschaftlichkeit der Schiefergas-Produktion erhöht.
5. Die USA sind ein "Rohstoffbeschaffungs-Gasmarkt", das heißt, es gibt viele Käufer und Verkäufer und eine gute Preistransparenz. Gas ist leicht zu verkaufen.

INDUSTRIE
1. Die Industrie wird von kleinen Unternehmen dominiert, die sogenannten "Momma and Poppa"-Unternehmen.
2. Der Hauptteil der Arbeit wurde von der dynamischen, sehr wettbewerbsfähigen Zulieferindustrie erledigt. Auf dem Höhepunkt der Operationen auf dem Barney Feld im Jahr 2008 waren 199 Bohranlagen in Betrieb.
3. Es gibt eine Tradition, Explorationslizenzen für große Felder mit relativ vagen Arbeitsvorschriften zu vergeben. Genau das wird für die Exploration mit Schiefergas-Vorkommen gebraucht. [...]

Was eine Schiefergas-Revolution in Europa behindern könnte:



GEOLOGIE
1. Die vorhandenen Felder sind kleiner, liegen tiefer und in schwierigem Gestein, oft mit hohem Tongehalt, was ein Fracking erschwert. Wie weit die Vorkommen Flüssiganteile enthalten, ist noch nicht bekannt.
2. Es stehen nur sehr begrenzte Bohrdaten zur Verfügung.

GESETZESLAGE
1. Es gibt sehr strenge Vorschriften bezüglich Umwelt und Wasser. So fordern die polnische und die britische Umweltbehörde eine vollständige Offenlegung der bei Fracking verwendeten Flüssigkeiten. In den bestehenden einschlägigen Regulierungen für Erdöl werden unkonventionelle fossile Energieträger nicht einmal erwähnt. Rechtliche Unsicherheiten verlangsamen eine Förderung.
2. Finanzielle Anreize für eine Exploration von Schiefergas sind – mit Ausnahme kleinerer Fördermittel in Ungarn – nicht vorhanden. Die britische Regierung erwägt derzeit Steuererleichterungen für die Förderung.
3. Staaten besitzen die Eigentumsrechte für die Felder, es gibt keine finanziellen Anreize für Grundbesitzer, Vorkommen ausbeuten zu lassen – obgleich diese Bohrungen mit erheblichen Belastungen verbunden sind. Onshore-Öl- und Gasbohrungen sind in Europa nicht üblich. Positiv (vor allem für die betroffenen Kommunen) fällt ins Gewicht, dass die Exploration von Schiefergas auch Arbeitsplätze schaffen könnte.
4. Es gibt das Prinzip von "Drittpartei-Zugängen". Ist eine Pipeline ausgelastet, muss jeder Gasversorger eine eigene Pipeline bauen, um Zugang zu den Märkten zu erhalten.
5. Kontinentaleuropa ist ein "Projekt-Beschaffungsmarkt" mit wenig Käufern und Verkäufern und geringer Preistransparenz. Die Transaktionskosten bei Gasverkäufen sind hoch.

INDUSTRIE
1. Dieser Industriezweig wird weitgehend von großen Unternehmen dominiert.
2. Die Zulieferindustrie ist ein amerikanisch dominiertes Oligopol. 2010 gab es in ganz Westeuropa nur 34 Onshore-Förderinseln. Die Kosten für die Bohrung eines Schiefergas-Brunnens sind in Polen dreimal so hoch wie in den USA, was auf den fehlenden Wettbewerb auf diesem Gebiet hinweist.
3. Lizenzen für Abbauflächen werden eher für kleine Gebiete und mit strengen Arbeitsvorschriften ausgegeben. […]

Paul Stevens, "Auf dem Weg ins goldene Gaszeitalter?", in: IP "Rohstoff-Revolution" vom März/April 2013, S. 12 f.
Externer Link: https://zeitschrift-ip.dgap.org/de/ip-die-zeitschrift/archiv/jahrgang-2013/maerz-april/auf-dem-weg-ins-goldene-gaszeitalter

Erdgas



Reichweite und Verwendbarkeit: Die statistische Reichweite von konventionellem Erdgas beträgt nach den Angaben von BP Statistical Review weltweit 64 Jahre und beispielsweise in den GUS-Staaten 96 Jahre. In Europa ist das Fördermaximum für Erdgas bereits überschritten. Die Ressourcen von unkonventionellem Erdgas werden auf 1,5-mal so groß wie die konventionellen Vorkommen geschätzt. Erdgas ist ein universell nutzbarer Energieträger. Es wird zur Strom- und Wärmeerzeugung in schnell anfahrbaren Gaskraftwerken zur Spitzenlastabdeckung eingesetzt. Auch zur lokalen Wärmeerzeugung in Heizungsanlagen ist es stark nachgefragt. Darüber hinaus wächst der Bedarf für Gas als Treibstoff für Kraftfahrzeuge.

Methoden der Gewinnung und des Transports: Konventionelles Erdgas wird aus unter hohem Druck stehenden unterirdischen Lagerstätten an Land oder offshore gefördert. Als unkonventionell wird Erdgas dann bezeichnet, wenn es nicht selbstständig aus dem Bohrloch strömt. Dies kann je nach den umgebenden Schichten Kohleflözgas oder Schiefergas sein. Es wird aus tiefen Erdschichten durch Fracking gewonnen, das auch in der Geothermie eingesetzt wird. Die Nutzung von Schiefergas birgt hohes wirtschaftliches Potenzial. Durch die zusätzliche Nutzung von unkonventionellem Gas decken beispielsweise die USA ihren Gasbedarf zu einem Drittel des Weltmarktpreises selbst ab. Gleichzeitig können durch Gasimporte politische Abhängigkeiten verringert werden. Der Transport erfolgt als komprimiertes Gas in Pipelines (CNG-Compressed Natural Gas) oder in bei tiefen Temperaturen verflüssigter Form (LNG-Liquified Natural Gas) in speziell isolierten Gastankschiffen.

Gasturbinenprozess

Kraftwerkstechnologien: Etwa ab 1935 begann die industrielle Nutzung von Gasturbinen, 1940 setzte ein Kraftwerk im schweizerischen Neuenburg die erste Gasturbine ein. Ein Gasturbinen-Kraftwerk beinhaltet die Brennstoffzufuhr, die Gasturbine und den angekoppelten elektrischen Generator. Ein Luft-Erdgas-Gemisch wird entzündet. Bei der Verbrennung in Gasturbinen-Kraftwerken werden Temperaturen von bis zu 1500°C erreicht. Die heißen Abgase – ein Gemisch aus Kohlendioxid, Wasserdampf und Stickstoff – durchströmen dann eine Turbine, dabei wird ihre thermische Energie in mechanische Bewegungsenergie und über den angeschlossenen Generator in Strom gewandelt. Der Wirkungsgrad moderner Gasturbinen-Kraftwerke beträgt bis zu 40 Prozent, sie werden bis zu einer Leistung von 375 MW gebaut. Im Vergleich zu Kohlekraftwerken weisen sie geringere Investitionskosten und höhere Brennstoffkosten auf. Sie sind schnell anfahrbar und werden vorrangig als Spitzenlastkraftwerke eingesetzt. Zur Nutzung der hohen Abgastemperaturen kann ein Dampfkraftwerksprozess nachgeschaltet werden, der den Gesamtwirkungsgrad abhängig von der Kraftwerksgröße auf bis zu 58 Prozent erhöht. Auch hier kann der Wirkungsgrad durch Kraft-Wärme-Kopplung weiter gesteigert werden. Das Entwicklungspotenzial von Gaskraftwerken liegt vorrangig im Einsatz hochtemperaturfester Materialien für die Brennkammer und die Turbinenschaufeln.

Kernbrennstoffe

Kernkraftwerke in Deutschland

Reichweite und Verwendbarkeit: Als Kernbrennstoffe stehen die chemischen Elemente Uran (chem. Formel U) und Thorium zur Verfügung, die natürliche Bestandteile der Erdkruste sind. Uran ist der einzige momentan verwendete Kernbrennstoff, Thorium wird nicht kommerziell eingesetzt. Die globalen Uranvorräte sind sehr umfangreich, es ist keine Verknappung zu erwarten. Ihre Reserven unterscheiden sich von den Ressourcen im Gegensatz zu anderen Brennstoffen nur anhand des Förderpreises. Alle bekannten und sicher geschätzten Vorräte, die bei Kosten von bis zu 130 US-Dollar je Kilogramm U gewinnbar sind, betragen 4,59 Millionen Tonnen und würden ausreichen, den gegenwärtigen Verbrauch von jährlich 68 435 Tonnen U für 67 Jahre zu decken. Zusätzliche sekundäre Vorräte würden weitere 0,25 Mio. t U oder 3,6 Jahre hinzufügen. Die gesamte Reichweite beträgt damit etwa 70 Jahre. Kernbrennstoffe werden vorrangig zur Stromerzeugung eingesetzt. Wegen ihrer militärischen Nutzbarkeit müssen ihre Herstellung und ihr Verkauf streng kontrolliert werden. In Kernreaktoren wird das Uran beim Betrieb in Plutonium umgewandelt, das als spaltbares Material für den Bau von Kernwaffen eingesetzt werden kann. Plutonium war beispielsweise das Spaltmaterial der am 9. August 1945 auf Nagasaki abgeworfenen Atombombe.

Methoden der Gewinnung und des Transports: Uran kommt als Erz in der Erdkruste vor. Es kann als Gestein im Tagebau oder Tiefbau abgebaut sowie im "Lösungsbergbau“ mit Schwefelsäure aus dem Erz gelöst werden. Durch eine chemische Aufbereitung entsteht der wegen seiner gelben Farbe sogenannte Yellowcake, der in trockener Form 70 bis 80 Prozent Uran enthält. Durch einen Brennvorgang wird Uranoxid erzeugt, dass in gesicherten Behältern per Bahn, Schiff oder Lkw transportiert wird. Beim Abbau und der Aufbereitung von Uran treten Gefährdungen durch Schwermetallverbindungen im Abraumgestein auf.

Kraftwerkstechnologien: Die Chemiker Otto Hahn und Fritz Straßmann entdeckten im Dezember 1938 die Spaltung des Urankerns. Die Physiker Lise Meitner und Otto Frisch lieferten 1939 die erste physikalisch-theoretische Deutung. Das erste Kernkraftwerk der Welt wurde 1954 im russischen Obninsk in Betrieb genommen, es gilt aber wegen seiner geringen Leistung von nur fünf MW nicht als kommerziell nutzbar. Im Jahr 1955 wurde im englischen Calder Hall das erste kommerzielle Kraftwerk mit einer Leistung von 55 MW eingeschaltet.

Kernkraftwerk mit Druckwasserreaktor

Ein Kernkraftwerk funktioniert prinzipiell wie ein Dampfkraftwerk. Die Verdampfung des Wassers im Reaktor erfolgt durch die Energie einer gesteuerten Kernspaltungs-Kettenreaktion. Die heute vorherrschenden Reaktortypen Siedewasserreaktor und Druckwasserreaktor sind eine Weiterentwicklung militärisch genutzter U-Boot-Reaktoren. Beim Siedewasserreaktor befinden sich der Reaktor, die Dampfturbine und der Kondensator in einem gemeinsamen Kreisprozess, das Wasser wird bereits im Reaktorbehälter verdampft. Der Druckwasserreaktor verfügt über zwei getrennte Kreisläufe für den Reaktor und den Turbinenbereich, die Verdampfung erfolgt über einen Wärmetauscher. Somit ist beim Druckwasserreaktor der kontaminierte Kontrollbereich wesentlich kleiner und der Überwachungsaufwand geringer. Während anfangs wegen ihrer einfachen Bauweise vorzugsweise Siedewasserreaktoren errichtet wurden, haben sich inzwischen wegen ihres kleineren Kontrollbereichs Druckwasserreaktoren durchgesetzt.

Kernkraftwerk mit Siedewasserreaktor

Im von Wasser durchflossenen Reaktorbehälter befinden sich in bis zu 250 Rohren die Brennstäbe, die aus angereichertem Uran bestehen. Ein Beschuss des Urans mit Neutronen kann eine Kernspaltungs-Kettenreaktion verursachen, wenn die Geschwindigkeit der Neutronen gering genug ist. Durch die Kernspaltung wird das Wasser erhitzt, der Dampf treibt eine Turbine an und erzeugt über den angetriebenen Generator Strom. Prinzipiell kann die Leistung von Kernkraftwerken relativ schnell verändert werden. Wegen des vergleichsweise geringen Druck- und Temperaturniveaus liegt der Wirkungsgrad von Kernkraftwerken bei nur 30 Prozent. Das Entwicklungspotenzial von Kernkraftwerken ist nahezu ausgeschöpft, da der Druck- und Temperaturbereich nicht ohne Weiteres erhöht werden kann. Zu beachten ist, dass die Kühlung der Brennstäbe stets garantiert sein muss, da auch abgeschaltete Brennstäbe Wärme entwickeln. Ein Ausfall der Kühlung kann zu einem starken Temperaturanstieg und damit zur Gefahr einer Kernschmelze führen.

Während bei anderen klassischen Kraftwerkstechnologien oft die Abgasemissionen problematisch sind, ist bei der Kernenergie das Hauptproblem die sichere Lagerung der hoch radioaktiven Abfälle. Abhängig vom zu lagernden Stoffgemisch können sich Halbwertszeiten, das heißt Zeitspannen, in denen die radioaktiven Stoffe die Hälfte ihrer Strahlungswirksamkeit verlieren, von bis zu einigen zehntausend Jahren ergeben. Während der vergleichsweise kurzen Nutzungsdauer der bisherigen Endlager in Morsleben in Sachsen-Anhalt und ASSE II bei Remlingen im Kreis Wolfenbüttel traten bereits vielfältige technische Probleme auf, die eine dauerhaft sichere Lagerung in Frage stellen.

Quellentext14 Staaten, 132 Reaktoren

Die Atomkraft liefert rund 30 Prozent des in der Europäischen Union verbrauchten Stroms. Von den 27 EU-Staaten betreiben nur 14 Atomkraftwerke, darunter allerdings alle größeren Länder. Es handelt sich um insgesamt 132 Reaktoren. Die Mehrheit der 480 Millionen Europäer, rund 70 Prozent, lebt daher in einem Land, in dem Atomkraft produziert wird.
Frankreich hat mit 58 Reaktorblöcken die meisten AKW in der EU und mit 78 Prozent den höchsten Atomstrom-Anteil. Das Durchschnittsalter der Anlagen liegt bei mehr als 25 Jahren. Altmeiler wie Fessenheim und Cattenom sind besonders störanfällig. 2007 begann der Bau eines neuen Reaktors in Flamanville. Seine Kosten sind explodiert, die Fertigstellung verzögert sich um vier Jahre.
Belgien hat sieben AKW und produziert damit 54 Prozent seines Stroms. Das Land will aus der Atomkraft aussteigen, Zieldatum ist 2025.

Die Slowakei betreibt vier Reaktoren russischer Bauart, der Atomstromanteil beträgt 54 Prozent. Zwei weitere AKW sind am Standort Mochovce im Bau, der nahe an der Grenze zum atomstromfreien Österreich liegt. Das erzeugt Konflikte mit Wien. Fertigstellung ist für 2013 respektive 2014 geplant.
Ungarn hat vier AKW im russischen Design, alle am Standort Paks, und 43 Prozent Atomstrom. Zwei neue Anlagen sind in Planung, der Anteil an Strommix soll auf 60 Prozent steigen. Die Mehrheit der Bürger (62 Prozent) hat sich in einer Umfrage gegen den Neubau ausgesprochen. Slowenien betreibt mit dem Nachbarland Kroatien gemeinsam einen Reaktor in Krško, Hersteller: die US-Firma Westinghouse. Er liefert 41 Prozent des Stroms. Seine Laufzeit soll verlängert werden.

Schweden betreibt zehn AKW, die 39 Prozent des Stroms produzieren. Nach dem Harrisburg-Unfall beschloss das Land in einem Referendum den Atomausstieg. 2010 revidierte das Parlament die Entscheidung. Neue Reaktoren können künftig alte ersetzen. 57 Prozent der Bürger sprachen sich laut einer Umfrage gegen neue AKW aus.
Tschechien hat sechs Reaktoren russischer Bauart am Netz, der Atomstromanteil beträgt 33 Prozent. Besonders umstritten ist der Standort Temelin, nahe der Grenze zu Bayern und Österreich gelegen. Hier sollen zwei weitere Blöcke entstehen.
Bulgarien produziert mit seinen zwei (von ehemals sechs) noch aktiven russischen Reaktoren in Kosloduj 33 Prozent des Stroms. Vier besonders störanfällige Blöcke wurden als Bedingung für den EU-Beitritt abgeschaltet. In diesem Jahr wurde der seit 1985 geplante Bau von zwei neuen Reaktoren am Standort Belene gekippt.

Finnland betreibt zwei AKW und hat 32 Prozent Atomstromanteil. Das Land war das erste, das 2005 nach einem fast 20-jährigen faktischen Baustopp in der EU wieder ein neues AKW in Angriff nahm – das erste vom französisch-deutschen Typ EPR mit verbesserten Sicherheitseinrichtungen. Allerdings liegt die Fertigstellung aktuell um fünf Jahre hinter dem Plan. Die Kosten verdoppelten sich auf rund sechs Milliarden Euro.
Spanien hat acht Reaktoren, die knapp 20 Prozent des Stroms produzieren. Spaniens Ex-Premier Zapatero kündigte 2004 und 2008 den Ausstieg aus der Atomkraft binnen 20 Jahren und einen beschleunigten Umstieg auf erneuerbare Energien an. Konkrete Ausstiegsschritte gab es aber nicht. Unter den Eindruck der Finanz- und Wirtschaftskrise verlängerte Madrid 2011 dann sogar die AKW-Laufzeiten – von 40 auf 60 Jahre.
Rumänien betreibt zwei Reaktoren kanadischer Bauart am Standort Cernavoda. Der Plan, dort zwei weitere Anlagen zu bauen, entpuppte sich als schwierig. Die Regierung hat bisher keine Investoren dafür gefunden. Angeblich hat ein chinesisches Unternehmen Interesse signalisiert.

Deutschland hat noch neun AKW am Netz, sie liefern 18 Prozent des Stroms. Als Folge einer Sicherheits-Neubewertung nach Fukushima wurden die acht Meiler der älteren AKW-Generationen stillgelegt. Der Ökostrom-Anteil liegt inzwischen bei 25 Prozent.
Großbritannien hat noch 16 AKW, der Atomstromanteil beträgt 16 Prozent. 2011 und 2012 wurden drei Reaktoren stillgelegt. Die Regierung plant den Neubau von AKW, ein Argument ist der Klimaschutz. Ob sich Investoren finden, ist noch offen. [...] Laut einer Umfrage befürworten 80 Prozent der Briten den Atomausbau.
Die Niederlande haben ein AKW in Betrieb. Die fast 39 Jahre alte Anlage liefert vier Prozent des Stroms. Pläne für neue Reaktoren wurden inzwischen aufgegeben.

Joachim Wille, "Kernenergie in Europa", in: Frankfurter Rundschau vom 5. Oktober 2012

Erneuerbare Energiequellen

Windenergie

Entstehung und Nutzbarkeit: Windenergie entsteht aus Temperatur- und Druckunterschieden von Luftmassen. Die nutzbare Leistung des Windes hängt vorrangig von der Windgeschwindigkeit ab. Darüber hinaus wird sie von der Luftdichte, der Rotorkreisfläche sowie vom Leistungsbeiwert, das heißt von der Art der Aerodynamik, beeinflusst.
Kraftwerkstechnologien: Bereits ab 1891 wurden in Dänemark Windenergieanlagen zur Versorgung netzferner Regionen mit elektrischer Energie aufgebaut. Die wissenschaftlichen Grundlagen für die systematische Nutzung der Windenergie wurden in den 1920er-Jahren gelegt. Die erste Großanlage mit 1250 kW entstand im Jahr 1941 in den USA. Ab 1975 wurde die Stromerzeugung aus Windenergie international vorangetrieben. In Deutschland begann die industrielle Nutzung von Windenergieanlagen mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1990, das die Abnahme und Vergütung von elektrischer Energie regelte. Seit 2000 gilt das Erneuerbare-Energien-Gesetz, dass im Schnitt alle vier Jahre überarbeitet wird. Hierin wurden der vorrangige Netzanschluss erneuerbarer Energien sowie garantierte Vergütungssätze festgeschrieben, was zu einem starken Ausbau geführt hat.

Aufbau einer Windkraftanlage

Das Funktionsprinzip von Windenergieanlagen besteht in der Umwandlung der Windenergie über Rotorblätter in mechanische Bewegungsenergie. An den Rotor ist ein elektrischer Generator gekoppelt, der die Energie direkt oder über leistungselektronische Wandler in das Netz einspeist. Die Anströmungseigenschaften der Rotorblätter können durch drehbare Achsen an die Windgeschwindigkeit angepasst werden. Neben der Anlage befindet sich der Transformator, der bei Einzelanlagen den Anschlusspunkt zum öffentlichen Netz der Mittelspannung bei beispielsweise 20 kV bildet. Oft werden viele Anlagen in einem Windpark konzentriert, dann erfolgt der Netzanschluss über eine größere Schaltanlage am Hochspannungsnetz bei 110 kV oder bei sehr großen Windparks auch auf der Höchstspannungsebene 220 kV oder 380 kV.

Installierte Leistung bis 2012

Für die Erzeugung elektrischer Energie wird der Windgeschwindigkeitsbereich von vier bis 20 Meter pro Sekunde (=14-72 km/h) genutzt, bei höheren Geschwindigkeiten schalten die Anlagen zum Schutz der Mechanik ab. Anlagen auf See werden für höhere Windgeschwindigkeiten dimensioniert. Im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien wird oft deren energetische Amortisation diskutiert. Damit ist der Zeitraum gemeint, in dem eine Anlage so viel Energie produziert hat, wie für ihre Herstellung aufgewendet wurde. Klassische Kraftwerkstechnologien können sich nie energetisch amortisieren, da während ihres Betriebs ständig neuer energiehaltiger Brennstoff zugeführt werden muss. Windenergieanlagen amortisieren sich abhängig von der mittleren Windgeschwindigkeit an ihrem Standort innerhalb von drei bis sieben Monaten.

Eine Nutzung der Windenergie ist sowohl an Land (onshore) als auch auf dem Meer (offshore) möglich. Offshore-Installationen sind wesentlich kostenintensiver, dafür ist ihre Energieausbeute höher. Heutige Leistungen ausgeführter Anlagen reichen bis zu sieben MW, es besteht noch Entwicklungspotenzial bis oberhalb von zehn MW.

QuellentextOffshore ohne Anschluss …

[...] Ungefähr 35 Kilometer nördlich von Helgoland entsteht Nordsee Ost, einer der ersten großen Meereswindparks in deutschen Gewässern, unter der Regie und Eigentümerschaft des Energiekonzerns RWE und seiner Tochtergesellschaft RWE Innogy. 48 Windturbinen sollen sich hier einmal drehen, die jeweils eine Leistung von 6,15 Megawatt haben. [...] Direkt angrenzend wird derzeit der Windpark Meerwind gebaut, für den die Beteiligungsgesellschaft Blackstone verantwortlich ist. Und ein Stück weiter nördlich soll ein dritter Park (Amrumbank West) entstehen, der Eon gehört. Zusammen kämen sie auf gewaltige fast 1000 Megawatt Leistung.
Doch noch dreht sich dort keine einzige Turbine. Sie werden stattdessen schon seit Monaten auf diversen Hafen- und Fabrikgeländen in Bremerhaven gelagert, zusammen mit den Türmen und Rotorblättern. [...]
Denn es fehlt die entscheidende Komponente eines jeden Offshore-Windparks: die große Umspannstation, die den vom Wind erzeugten Wechselstrom in Gleichstrom umwandelt und in Richtung Land weiterleitet. [...]

Der Transport von Menschen und Teilen, die benötigten Schiffe mit einem Charterpreis von teilweise 100 000 Euro täglich, die aufwendigen Verankerungen am Boden, der Lärmschutz beim Rammen der Stahlpfähle, das Überwachen der Umweltvorgaben, die engen Zeitfenster auf hoher See – all das macht die Projekte unberechenbar und teuer. Mindestens 1 Milliarde Euro muss für einen deutschen Offshore-Windpark veranschlagt werden. Wenn gebaut werden kann, dann muss es rund um die Uhr sein; zwei Teams auf der "Victoria Mathias" wechseln sich derzeit im Zwölf-Stunden-Takt ab.
[...] Windturbinen mit einer Gesamtkapazität von 10 000 Megawatt will die Regierung bis zum Jahr 2020 in der Nord- und Ostsee haben. Aber [...] [w]irklich gebaut – und das schließt alle Vorarbeiten an Land mit ein – wird derzeit nur an Projekten mit einer Gesamtkapazität von 2700 Megawatt. Längst müssten zur Erreichung des Ausbauziels Investoren und Finanzierungszusagen für weitere Parks gefunden sein. Doch [...] will niemand frisches Kapital in die Hand nehmen, bevor die angekündigte Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) feststeht. Gebaut wird lediglich dort, wo Kapital und Netzzusagen sicher sind. [...]
Bis 2017 können Investoren noch von einem Modell profitieren, das ihnen in den ersten acht Betriebsjahren eine überproportional hohe Vergütung von 19 Cent je Kilowattstunde sichert. Dieses sogenannte Stauchungsmodell sei nötig, um die Meereswindparks überhaupt anzustoßen, mit den ersten Projekten zu lernen, Kosten zu verringern und später günstiger bauen und betreiben zu können, heißt es in der Branche. [...] Aber wenn die Politik nicht bald handele, drohe von 2017 an das nächste Loch in der Bautätigkeit, heißt es warnend auch im Energiekonzern ENBW.

Für die deutschen Küstenstädte wie Bremerhaven, die sich auf die Offshore-Industrie gestürzt haben, wäre das der nächste herbe Schlag, sagt Andreas Nauen, der Vorstandsvorsitzende des Turbinenherstellers Repower Systems. Sein Konzern gehört zu den wenigen, die überhaupt solche Meerwindanlagen liefern können, und würde naturgemäß gerne mehr davon verkaufen. Rund 50 dieser 6-Megawatt-Anlagen hat Repower im vergangenen Jahr abgesetzt, 100 könnten in der Werkshalle in Bremerhaven gefertigt werden. Stattdessen wird die Kapazität dazu genutzt, Windturbinen für die Nutzung an Land zu bauen. Aber das hat nicht die gleiche Qualität, der Preiskampf der Hersteller ist an Land viel ausgeprägter. Bis zu 750 von 4300 Mitarbeitern (inklusive Leiharbeiter) werde Repower in den kommenden Monaten nach Hause schicken müssen, sagt Nauen. Schlimmer trifft es Betriebe, die jetzt eigentlich schon die Vorarbeiten für die nächsten Parks erledigen sollten. Der Cuxhavener Fundamentehersteller CSC hat wegen Auftragsmangels dichtge- macht, die Wettbewerber von Weserwind in Bremerhaven suchen händeringend nach Folgeaufträgen. [...]

Dabei will die Politik die Energiewende längst parteiübergreifend. Doch nicht jede Partei und nicht jedes Bundesland finden den Ausbau der Stromerzeugung auf hoher See gleichermaßen wichtig – zumal damit auch das Problem fehlender Leitungen quer durch die Republik verbunden ist. [...] [A]uch in der Windenergiebranche herrscht keineswegs Einigkeit; Turbinenhersteller, die wie Enercon oder General Electric nur Anlagen für die Nutzung an Land bauen, haben andere Ziele als die Offshore-Produzenten Repower und Siemens.

Holger Paul, "Baustelle auf See", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. Juni 2013

Quellentext… onshore – ein Erfolgsmodell

[...] Reußenköge, an der Nordseeküste zwischen Husum und Niebüll gelegen, zählt gerade einmal 330 Einwohner. Auf einen Quadratkilometer kommen, statistisch gesehen, sieben Einwohner. Reußenköge hat kein Zentrum, nicht einmal eine Kirche, sondern besteht aus in die platte Landschaft geduckten Höfen. Ohne Nachbarn, von Deichen ringsum geschützt. Die Deiche sind die einzigen Erhebungen weit und breit. Und natürlich die siebzig Windräder, die sich hier drehen. Reußenköge ist immer noch eine selbstständige Gemeinde. Auch das hat mit den Windrädern zu tun. Denn Windenergie hat die Gemeinde wohlhabend gemacht. [...].
Das Land hier ist "windhöffig". Das klingt nett, aber es meint tüchtigen Wind, unangenehmen Wind, der oftmals als Sturm daherbraust. [...] Damit muss man erst einmal leben können. Und vor allem leben wollen. Wirtschaftlich jedoch lohnt sich der Wind. [...] Schleswig-Holstein ist gegenwärtig dabei, die Fläche der sogenannten Windeignungsgebiete von bislang 0,8 Prozent der Landesfläche auf 1,5 Prozent zu erweitern. Das ändert die Regionalpläne des Landes. Darüber wird, nicht nur in Reußenköge, öffentlich informiert und diskutiert. Bürgerbeteiligung heißt das. Am Ende muss sie mit Unterschriftenlisten dokumentiert werden. [...]

Die Windkraft wird in Reußenköge seit Anfang der achtziger Jahre genutzt. Die erste Anlage hatte eine Leistung von 55 Kilowattstunden. Sie war vom Besitzer aus dem Cecilienkoog für die Versorgung seines Gehöftes gebaut worden. [...] Zehn Jahre später gab es das sogenannte Stromeinspeisegesetz, wieder zehn Jahre später das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Reußenköge nutzte seine Chance. Längst stehen die Anlagen nicht mehr am Haus, sondern in fünf Windparks. Park sechs soll folgen. Mit 200 bis 250 Kilowattstunden fing es an. Moderne Anlagen heute haben eine Leistung von zwei Megawatt. Die Gemeinde produziert 140 Mal mehr Strom, als sie selbst benötigt, wobei der Eigenbedarf bei 2,8 Millionen Kilowattstunden im Jahr liegt.

Die Idee des Bürgerwindparks stammt zwar nicht aus Reußenköge, aber doch aus Nordfriesland. Sie ist denkbar einfach: Akzeptiert werden Windkraftanlagen von den Nachbarn viel leichter, wenn sie selbst etwas davon haben. Und in Reußenköge war von Anfang an klar, Investoren von außerhalb sollten nicht zum Zuge kommen, sondern die Bewohner selbst. [...] 28 Gesellschafter für die Bürgerwindparkgesellschaft gab es am Anfang, heute sind es 200. Wer sich beteiligen will, muss 10 000 Euro einzahlen und für weitere 20 000 Euro bürgen.
[...] Seit die Windkraft in Deutschland aber ihre gesetzliche Grundlage hat, geben die Banken auch bereitwillig Kredit. Den Bürgern gehören die Windkraftanlagen, nicht jedoch das Land, auf dem sie stehen. Dafür zahlen sie Pacht. All das hat sich in Reußenköge längst eingespielt. Die kleine Gemeinde hat einen Haushalt von zwei Millionen Euro und Rücklagen von einer Million Euro. Schulden kennt Reußenköge nicht. [...]

Reußenköge hat mit dem Windgeld Radwege von Nord nach Süd über knapp zwölf Kilometer sowie von Ost nach West über 2,6 Kilometer gebaut und dabei auch noch Nachbargemeinden wie Ockholm unterstützt. [...] Für die neue Turnhalle im nahen Bredstedt spendierte die Gemeinde 40 000 Euro, um Sportgeräte kaufen zu können. "Die werden schließlich auch von unseren Kindern genutzt." Auf der Einwohnerversammlung kündigt der Bürgermeister an, künftig werde jede Familie mit 200 Euro im Jahr pro Kind unterstützt. Außerdem seien bis Jahresende alle Haushalte mit Breitband versorgt. [...]
"Wir haben hier den Strukturwandel ein wenig aufgehalten", sagt der Bürgermeister. 70 Landwirtschaftsbetriebe gab es früher in Reußenköge, 22 sind es noch heute. Durch die Windkraftanlagen jedoch haben sich neue Firmen angesiedelt, Handwerksbetriebe und zwei Planungsbüros. Nach Reußenköge pendeln inzwischen viele, die hier Arbeit gefunden haben. [...]

Frank Pergande, "Die den Wind ernten", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Oktober 2012

Solarenergie

Entstehung und Nutzbarkeit: Außerhalb der Erdatmosphäre wirkt die sogenannte extraterrestrische Sonnenstrahlung mit 1367 Watt pro Quadratmeter. Die Einstrahlung auf der Erdoberfläche ist wegen der atmosphärischen Dämpfungseigenschaften geringer und liegt im Bereich von rund 1000 Watt pro Quadratmeter. Bei der Einstrahlung wird zwischen der diffusen, das heißt indirekten, durch Wolken abgeschwächten, sowie der direkten Strahlung unterschieden. Letztere liefert in Deutschland nur in den Monaten März bis Oktober wesentliche Beiträge. Solare Strahlung lässt sich thermisch zur Aufheizung und in Kopplung mit anderen Prozessen zur Stromerzeugung bzw. mit dem photovoltaischen Effekt, das heißt mit der Umwandlung von solarer Strahlung in Elektronen, auch direkt zur Stromerzeugung nutzen.

Kraftwerkstechnologien: Obwohl der photoelektrische Effekt bereits 1839 entdeckt und ab den 1950er-Jahren an photovoltaischen Zellen geforscht wurde, begann wegen der im Vergleich hohen Kosten und geringen Wirkungsgrade die industrielle Nutzung der Photovoltaik in Deutschland erst nach der Einführung des Stromeinspeisungsgesetzes im Jahr 1990. Zur direkten Wandlung von solarer Strahlungsenergie in elektrische Energie wird der photoelektrische Effekt genutzt: Dotierte, das heißt gezielt mit anderen Materialien verunreinigte Halbleiter setzen bei der Bestrahlung mit Licht Ladungsträger frei. Meist wird dafür dotiertes Silizium genutzt. Solarzellen können monokristallin, polykristallin oder in Dünnschichttechnologie aufgebaut sein. Typische Wirkungsgrade sind: 14 bis 18 Prozent für monokristalline, 13 bis 16 Prozent für polykristalline und zehn bis 12 Prozent für Dünnschichtzellen. Die einzelnen Zellen werden in Modulen zusammengeschaltet, da jede einzelne nur eine geringe Spannung von 0,6 bis 0,7 Volt liefert. Eine Photovoltaikanlage besteht aus dem aus Modulen aufgebauten Solargenerator, dem nachgeschalteten Wechselrichter sowie einer Sicherheitsschnittstelle zum Netz. Die Module liefern abhängig von der Einstrahlungsleistung eine elektrische Leistung. Da es sich um Gleichspannung handelt, muss noch eine Anpassung an den Wechselstrom im Netz erfolgen. Diese Aufgabe übernimmt der Wechselrichter. Mit der Sicherheitsschnittstelle wird gewährleistet, dass die Anlage bei einem Netzausfall abschaltet. Durch die Verschaltung vieler Module sind nahezu unbegrenzte Anlagenleistungen realisierbar; hierbei tritt jedoch ein hoher Flächenverbrauch auf.

Prinzip einer netzgekoppelten Photovoltaikanlage

Photovoltaische Anlagen in Mitteleuropa weisen abhängig von der Einstrahlung und dem Material am jeweiligen Standort eine energetische Amortisationszeit von zwei bis drei (Dünnschicht) bzw. drei bis fünf Jahren (polykristallin) auf. Das Entwicklungspotenzial dieser Kraftwerkstechnologie ist noch lange nicht ausgeschöpft, insbesondere der Erhöhung der Wirkungsgrade kommt eine große Bedeutung zu. Industriell eingesetzte konzentrierende solarthermische Anlagen nutzen nur den direkten Strahlungsanteil, bei dem die Sonnenstrahlung in einem Brennpunkt konzentriert wird. Diese Technologie spielt in Deutschland keine Rolle, da sie erst ab einer direkten Sonneneinstrahlung von 1700 kWh/m² und Jahr sinnvoll einsetzbar ist. Bereits 1912 wurden Parabolrinnen zur Dampferzeugung für eine 45-kW-Dampfmotorpumpe in Ägypten eingesetzt. Die industrielle Nutzung zur Stromerzeugung begann 1984 in den USA, seither wurden weltweit rund 15 Projekte umgesetzt. Das solare Parabolrinnenkraftwerk besteht aus Reihen von Parabolrinnen, die der Sonne nachgeführt werden. Ein nachgeschaltetes Dampfkraftwerk erzeugt über den angetriebenen Generator Strom. Es sind Kraftwerksleistungen im Bereich von 10 MW bis 300 MW realisierbar.

Solarthermische Kraftwerksprinzipien

Bei solaren Turmkraftwerken wird die Sonnenstrahlung über zweiachsig nachgeführte Spiegel auf das Absorberfenster einer Turmkonstruktion fokussiert. Hinter dem Absorber wird Luft erhitzt, die eine nachgeschaltete Gasturbine mit Generator antreibt und Strom erzeugt. Gebaut wurden bisher zwei Versuchsanlagen in Kalifornien und Südspanien sowie ein kommerziell nutzbares Kraftwerk in Südspanien, in den USA sind mehrere Anlagen im Bau. Mit dieser Bauart sind Kraftwerksleistungen zwischen 10 MW und 1000 MW erreichbar. Eine andere Ausführung solarthermischer Kraftwerke sind die Dish-Stirling-Systeme. Sie bestehen aus einem zweiachsig nachgeführtem Parabolspiegel (Dish), in dessen Brennpunkt sich eine Wärmekraftmaschine, der Stirling-Motor, befindet. Er setzt die Wärme in Bewegungsenergie um und treibt einen elektrischen Generator an. Es sind Leistungen bis zu 250 kW möglich. Diese Kraftwerksart ist vorrangig für netzferne Versorgungen konzipiert.

QuellentextSolartechnik für den Sonnengürtel

[D]as Vorhaben, Strom aus den menschenleeren, aber sonnenreichen Wüsten Nordafrikas, erzeugt mithilfe spektakulärer Spiegelparks, in die Steckdosen deutscher Haushalte und Betriebe fließen zu lassen [...] erweist sich [...] als reichlich teuer. [...] [D]ie solarthermische Stromerzeugung [...] CSP [Concentrated Solar Power] beruht auf der Konzentration von Sonnenstrahlen mithilfe von Spiegeln. So entsteht enorme Hitze, mit der Wasserdampf erzeugt werden kann. Damit lässt sich eine Turbine antreiben, wie in gewöhnlichen Dampfkraftwerken – nur dient eben die Urkraft der Sonne als Energiequelle. Trotzdem ist das Interesse an der Errichtung der großen solarthermischen Kraftwerke mit ihren riesigen Spiegeln, tonnenschweren Stahlgerüsten, langen Hitzeabsorbern und ausgewachsenen Turbinenhäusern gering geblieben [...] – während Förderprogramme den Weltmarkt für die kleinteiligen Photovoltaik-Anlagen rasch wachsen ließen. [...]

CSP, die alternative Technik der Solarstromerzeugung, hat einen wichtigen Vorteil: Die mithilfe der Spiegel erzeugte Hitze lässt sich in speziellen Wärmespeichern einige Stunden lang konservieren. Deshalb können thermische Solarkraftwerke auch nachts Strom liefern – dann, wenn aus Solarzellen keine einzige Kilowattstunde kommt.
Der Nachteil der Spiegeltechnik: Sie funktioniert in Ländern wie Deutschland nicht, sondern nur im Sonnengürtel der Erde. [...] Da solarthermische Kraftwerke, anders als Photovoltaik-Anlagen, obendrein nicht scheibchenweise errichtet oder als kleine Einheiten auf Hausdächer geschraubt werden können, sondern immer Großprojekte sind, kostet ihre Vorfinanzierung viel Geld. Die Folge: Der Markt stagnierte – und die Solarthermie geriet im Vergleich zur Photovoltaik ins Hintertreffen. [...]

Weil CSP-Strom rund um die Uhr zur Verfügung steht und damit regelbar ist, ließen sich mit seiner Hilfe die Fluktuationen des daheim erzeugten Wind- und Sonnenstroms ausgleichen, so die CSP-Anhänger. 15 Prozent des Strombedarfs, hoffen sie, könne der Wüstenstrom beisteuern, im Jahr 2050.
So viel, wenn überhaupt etwas, werden die Spiegelkraftwerke indes nur liefern, wenn die Rund-um-die-Uhr-Versorgung aus Nordafrika inklusive Transport billiger ist als die Erzeugung und Speicherung von Wind- oder PV-Strom, zu Hause oder in der Ferne. [...]
Tatsächlich steht außer Zweifel, dass die Solarthermie noch deutlich billiger werden kann. Sinkende Kosten versprechen vor allem Turmkraftwerke, die aussehen, als gehörten sie zur Kulisse eines Science-Fiction-Films. Drei solcher Anlagen stehen bereits in Andalusien. Hunderte Spiegel, Heliostaten genannt, richten dabei die Sonnenenergie auf die Spitze eines Turmes und lassen extrem hohe Temperaturen entstehen. Bei der üblichen Parabolrinnentechnologie lenken gekrümmte Spiegel die Sonnenkraft auf lange und teure Rohre aus Stahl und Glas, in denen Thermoöl zirkuliert.

Der Austausch dieses öligen Wärmeträgers durch Salz verspricht weitere Kostensenkungen, zumal Salz ohnehin bereits als Wärmespeicher für die Nachtstunden dient. Kostensenkungen von 40 Prozent und mehr seien durchaus drin, sagt Robert Pitz-Paal, Direktor des Instituts für Solarforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Rund 10 Cent pro Kilowattstunde teurer dürfe solarthermischer Strom am Ende nicht sein, soll er konkurrenzfähig werden, so der Experte. Heute kostet er mehr als doppelt so viel.
Das Problem: Je häufiger die Solarthermie wegen der aktuell bestehenden Kostennachteile bei Investitionsentscheidungen das Nachsehen hat, desto weniger wahrscheinlich wird die Erschließung der Potenziale zur Kostensenkung. [...]
Sollte der Stern der Solarthermie untergehen, wäre das nicht einmal eine Premiere. Schon 1916 sollte im damaligen Deutsch-Südwestafrika eine Demonstrationsanlage entstehen. Der Erste Weltkrieg kam dazwischen – und das aufkommende Erdölzeitalter.

Fritz Vorholz, "Wüstenstrom, eine Fata-Morgana?", in: DIE ZEIT Nr. 18 vom 26. April 2012

Wasserkraft

Entstehung und Nutzbarkeit: Wasserkraft wird in Form ihrer bewegten Masse für die Energieerzeugung nutzbar. Die Ressourcen sind abhängig von den Niederschlagsmengen und den geologischen Bedingungen unterschiedlich verteilt. In Norwegen werden beispielsweise 99 Prozent der elektrischen Energie aus Wasserkraft gewonnen, in Deutschland sind es drei Prozent.

Kraftwerkstechnologien: Bereits im Jahr 1880 baute man in England das erste Wasserkraftwerk zur Erzeugung elektrischer Energie, 1896 entstand an den Niagarafällen in den USA das erste Großkraftwerk. Die industrielle Nutzung begann mit der Entwicklung effektiver Turbinen Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Aufbau eines Wasserkraftwerks ist vergleichsweise sehr einfach, es besteht aus einer Wasserturbine mit angekoppeltem elektrischem Generator. Zur Inbetriebnahme der Wasserturbinen brauchen nur Schieber geöffnet zu werden. Deshalb kann ein Wasserkraftwerk in ein bis zwei Minuten angefahren werden. Wasserkraftwerke lassen sich nach Bauart und Wasserspeicherung unterscheiden. Laufwasserkraftwerke sind Fließkraftwerke und stellen prinzipiell eine Staustufe in einem Fluss dar. Sie nutzen die anfallende Wassermenge und können abhängig von der Größe bei hohen Leistungen Wirkungsgrade bis 94 Prozent erreichen.
Speicherkraftwerke, auch Talsperrenkraftwerke genannt, nutzen das zufließende Wasser nicht unmittelbar. Es wird in Zeiten mit geringem Stromverbrauch gesammelt und in Zeiten mit hohem Leistungsbedarf genutzt.
Pumpspeicherwerke weisen hingegen einen oberen und unteren Speichersee auf. In Schwachlastzeiten wird das Wasser mit preiswerter elektrischer Energie in den oberen Speicher gepumpt. In Zeiten erhöhten Stromverbrauchs wird die potenzielle Energie des Wassers über Turbinen und Generatoren in elektrische Energie gewandelt, indem es in den unteren See abfließt. Bei großen Anlagen sind Wirkungsgrade bis 90 Prozent in einer Speicherrichtung erreichbar. Pumpspeicherwerke werden als Interner Link: Spitzenlastkraftwerk und zur Netzregelung eingesetzt.

Biomasse

Aufkommen und Verwendbarkeit: Aus Pflanzen und anderer Biomasse kann, zum Beispiel durch Verbrennung, Strom erzeugt werden. Zu den für Biomassekraftwerke geeigneten biogenen Festbrennstoffen gehören holzartige und halmartige Energiepflanzen wie Getreidepflanzen oder mehrjährige Gräser. Weitere Beispiele sind Holz aus schnellwachsenden Kulturen wie Pappeln und Weiden sowie Ernterückstande von Waldrestholz oder Stroh. Aber auch organische Nebenprodukte wie Industrierestholz oder organische Abfälle wie Gülle oder Klärschlamm stellen biogene Brennstoffe dar. Biomasse kann sehr vielfältig eingesetzt werden: als Feststoff in Heizkraftwerken mit Wasser-Dampf-Kreislauf, als Biogas in Gasturbinen zur Strom- und Wärmeerzeugung oder als Bioethanol bzw. Biodiesel, der Treibstoffen beigemischt wird.

QuellentextBiomasse – ein umstrittener Rohstoff

Die energetische Nutzung von Biomasse ist umstritten. Es besteht eine Konkurrenz zwischen stofflicher, thermischer und elektrischer Nutzung. Eine stoffliche Nutzung erfolgt in der Holz- und Papierverarbeitung sowie bei Agrarprodukten in der Nahrungsmittelindustrie. Wenn nicht gleichzeitig die Produktivität erhöht oder zusätzliche Fläche genutzt werden kann, verdrängt der Anbau von Energiepflanzen Nahrungsmittelpflanzen. Beispielsweise wird inzwischen sehr viel Mais und weniger Weizen angebaut, auch der Anbau von Hafer ist deutlich zurückgegangen. Durch die Erzeugung von Biotreibstoffen in den USA und Brasilien sinkt weltweit das Angebot an Nahrungsmitteln, wodurch deren Preise steigen. Auch der Beitrag der Biomasse zum Klimaschutz ist zu hinterfragen, da Energiepflanzen viel Wasser benötigen, die natürliche Vielfalt reduzieren und ihr Anbau dazu führen kann, dass Regenwälder in den Tropen abgeholzt werden.

Kontrovers diskutiert werden außerdem mögliche Spekulationen auf Agrarprodukte: Erst durch ein verknapptes Angebot werden Gewinne erzielt, was wiederum zu weiteren Preissteigerungen führen würde. Wegen der geringen Lagerhaltung im Bereich der Biomasse ist dieser Effekt nur kurzfristig wirksam. Die Nutzung von Nebenprodukten der Biokraftstoffe in Deutschland verringert wesentlich den Import von Soja-Futtermitteln für die Viehhaltung. Die bestehende Flächenkonkurrenz zu Nahrungsmitteln kann dadurch vermindert werden, dass bisher ungenutzte bzw. vor allem auch landwirtschaftlich weniger wertvolle Flächen für den Anbau von Energiepflanzen erschlossen werden und darüber hinaus der Ertrag pro Fläche weiter erhöht wird. Zusätzlich kann durch die energetische Nutzung von anderweitig wertloser Biomasse der "zweiten Generation" von Pflanzenreststoffen oder der "dritten Generation" von Algenprodukten ein grundlegend positiver und nachhaltiger Effekt erzielt werden.

Methoden der Gewinnung und des Transports: Feste Biomasse wird mit Spezialmaschinen geerntet. Der Transport erfolgt vorrangig mit Lastkraftwagen. Energiereiches Pyrolyseöl als Zwischenprodukt oder auch Pflanzenöle werden mit speziellen Tanklastkraftwagen oder mit der Bahn transportiert.
Kraftwerkstechnologien: Biomasse kann auf drei Arten zur Strom-, Wärme- und Treibstofferzeugung genutzt werden:

  • Die erste Art, die thermochemische Energiewandlung, erfolgt durch direkte Verbrennung mit Hilfe eines Sauerstoffüberschusses, durch Vergasung unter Sauerstoffmangel oder Verflüssigung bzw. Pyrolyse unter Sauerstoffabschluss.

  • Bei der zweiten Art, den physikalisch-chemischen Verfahren, wird aus ölhaltiger Biomasse ein Flüssigenergieträger gewonnen. Auf diese Weise ist es möglich, ölhaltige Saat durch Pressung zum Beispiel in einer Ölmühle und Extraktion mit Lösemitteln zu einem Pflanzenöl umzuwandeln. Dieses ist ein Ausgangsstoff für Biodiesel und kann direkt in umgerüsteten Dieselmotoren verwendet werden. Biodiesel ist ein Ester, der aus Pflanzenölen hergestellt wird. Ester entsteht aus der Reaktion einer Säure mit Alkohol unter Abspaltung von Wasser.

  • Zur dritten Art der Energieumwandlung zählen die biochemischen Verfahren. Sie werden eingesetzt, um aus zucker-, stärke- und zellulosehaltiger Biomasse Alkohol zu erzeugen und um Biogas zu gewinnen.

Energiepflanzen für Teller, Trog und Trank

Um höhere Gesamtwirkungsgrade zu erzielen, werden Biomassekraftwerke meist mit Kraft-Wärme-Kopplung betrieben. In Deutschland hat die Nutzung von Biomasse noch ein hohes Potenzial. Vor allem die Biokraftstoffe der "zweiten Generation“ (Pflanzenreststoffe) werden dabei eine große Rolle spielen, da sie weniger in Nutzungskonkurrenz zu anderen Verwertungsarten treten. Während bei der Erzeugung von Biokraftstoffen der ersten Generation nur die Frucht selbst für die Kraftstoffproduktion genutzt wird, findet bei Kraftstoffen der zweiten Generation fast die gesamte Pflanze Verwendung. Biokraftstoffe der "dritten Generation“ entstehen aus der Nutzung von Algen zur Kraftstofferzeugung. Im Flugbereich werden bereits Testflüge mit Algenkraftstoff geplant. Ein großer Vorteil der Stromerzeugung aus Biomasse ist, dass damit teilweise Schwankungen bei der Windenergieeinspeisung ausgeglichen werden können.

Geothermie

Entstehung und Nutzbarkeit: Energie lässt sich auch durch Nutzung der natürlichen Erdwärme (Geothermie) gewinnen. Vorrangig speist die Erdwärme sich aus radioaktiven Zerfallsprozessen im Erdinneren. Die einfachste Form der Nutzung ist an natürliche Gegebenheiten wie Heißwasser- und Heißdampfreservoirs gebunden. Diese können direkt für Heizzwecke eingesetzt werden. Das vorhandene Temperaturniveau wird über einen Wärmetauscher zur Dampferzeugung genutzt, um Dampfturbinen anzutreiben. Wegen der hohen Erschließungskosten muss für den wirtschaftlichen Betrieb die Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzt werden. Deshalb werden nutzbare Standorte neben ihrem Temperaturpotenzial vorrangig so ausgewählt, dass über Heiznetze eine ausreichende Anzahl von Wärmeverbrauchern angeschlossen werden kann.

Kraftwerkstechnologien: Es wird zwischen oberflächennaher Nutzung und Tiefengeothermie unterschieden. Die oberflächennahe Nutzung erfolgt mit Erdwärmepumpen; eine direkte Wärmenutzung flüssiger Wärme- bzw. Kältespeicher (Aquiferen) erfordert starke Temperaturanomalien. Im italienischen Larderello wurde bereits im Jahr 1904 ein Geothermiekraftwerk errichtet. Inzwischen sind dort 21 geothermische Kraftwerke mit einer elektrischen Gesamtleistung von über 560 MW installiert. Bei einer Bohrtiefe von vier Kilometern wird eine Dampftemperatur von 350°C erreicht. Solche hydrothermalen Lagerstätten können bis zu großen Tiefen von einigen Kilometern genutzt werden. Wenn keine natürlichen Heißwasserquellen vorhanden sind, kann Wasser zum Aufheizen in eine Tiefenbohrung verpresst und wieder an die Erdoberflache gepumpt werden. Das Wasser erhitzt sich beim Durchströmen des heißen Tiefengesteins. Mit geothermischen Kraftwerken ist eine kontinuierliche Stromerzeugung möglich, weshalb diese Technologie wie auch die Biomassenutzung gut geeignet ist, den wetterabhängig schwankenden Windstrom auszugleichen. Weltweit sind mehr als 470 geothermische Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von über 9000 MW installiert, der Hauptteil davon in den USA.

In Deutschland ging im Jahr 2003 das erste Kraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 230 kW in Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern in Betrieb; es wurde bereits seit 1994 als Heizkraftwerk betrieben. Dieses Kraftwerk wird mit 98°C heißem Wasser aus einer 2250 Meter tiefen Bohrung gespeist. Im Jahr 2007 hat in Landau in der Pfalz ein Geothermiekraftwerk mit einer Bohrtiefe von 3400 Metern und einer elektrischen Leistung von 3,8 MW den Betrieb aufgenommen. Neue Anlagen wurden auch 2009 im bayerischen Unterhaching mit 3580 Metern und 3,4 MW sowie in Bruchsal mit 2500 Metern und 550 kW fertiggestellt.

Als Ausbauziel wird für die deutsche Geothermie eine Gesamtleistung von 280 MW bis zum Jahr 2020 angestrebt. Laut einer Studie im Auftrag des Bundestags könnte der aktuelle Energiebedarf Deutschlands mit Geothermie von der rein rechnerischen Angebotsseite mehr als 600-mal gedeckt werden, wenn die Erschließung und Nutzung dieser Energieform aus tieferen Erdschichten gelänge. Für den Bau von Geothermiekraftwerken stellen die kostenintensiven Tiefenbohrungen den größten Risikofaktor dar. Die Stromerzeugungskosten liegen noch weit über den Kosten anderer Energieträger; die Realisierung von Geothermieanlagen ist daher momentan nur durch staatliche Förderung möglich. Bei ungeeigneten Bodenstrukturen können bei geothermischer Nutzung hohe Risiken auftreten. In Staufen im Breisgau kam es im Jahr 2007 bei Geothermiebohrungen zu Hebungen im Stadtgebiet, weil sich Gipsschichten in Reaktion mit Wasser ausdehnten. Zur Heizungsunterstützung für Eigenheime können Wärmepumpen mit oberflächennaher Erdwärmenutzung eingesetzt werden.

Zukunftstechnologien

Brennstoffzellen

Prinzip einer Brennstoffzelle

Das Prinzip der Brennstoffzelle, das heißt die Energiegewinnung aus Wasserstoff, wurde bereits 1839 von William Robert Grove entdeckt. Im Jahr 1954 entwickelte Francis T. Bacon den Prototyp einer alkalischen Hochdruckzelle. Ab 1966 begann mit der Anwendung von Niedertemperaturbrennstoffzellen in Raumfahrtprogrammen die industrielle Nutzung, die sich anfangs langsam entwickelte, inzwischen aber als marktnah bezeichnet werden kann. Im Jahr 2009 waren weltweit bereits insgesamt 9800 MW elektrische Leistung aus Brennstoffzellen in Kleinkraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung, in Wasserstoff-Pkws und Bussen sowie in kleineren Schiffen und Unterseebooten installiert.
Das Potenzial von Brennstoffzellen ist noch sehr hoch, da ihr theoretisch möglicher Wirkungsgrad im Bereich von 95 Prozent bei geringen Temperaturen und 70 Prozent bei hohen Temperaturen technisch noch lange nicht ausgeschöpft ist.

Kernfusion

Zukunftsenergie Kernfusion

Der neuseeländische Physiker Ernest Rutherford konnte im Jahr 1917 – und damit vor der Entdeckung der Kernspaltung – erste Fusionsreaktionen im Labor nachweisen, sein australischer Assistent Mark Oliphant führte 1934 die erste gezielte Reaktion im Labor durch. Bei der Kernfusion verschmelzen zwei Atomkerne, zum Beispiel die Isotope des Wasserstoffs Deuterium und Tritium. Da Deuterium auf verschiedenen Wegen erzeugt werden kann, ist kein Uran mehr als Brennstoff notwendig. Bei der Fusion wird eine im Vergleich zu anderen Reaktionen enorm große Energiemenge freigesetzt. Der Vorteil der Kernfusion gegenüber der Kernspaltung liegt in der wesentlich höheren Energieausbeute pro Brennstoffmenge. Eine solche Reaktion läuft auf der Sonne und allen anderen leuchtenden Sternen ab. Sie findet in einer Wolke aus Plasma statt. Plasma ist eine Mischung aus allen drei Aggregatzuständen fest, flüssig und gasförmig und wird deshalb oft als vierter Aggregatzustand bezeichnet. Die Probleme bei der technischen Umsetzung ergeben sich aus der hohen Reaktionstemperatur von 100 Millionen°C sowie insbesondere aus einer noch höheren Zündtemperatur des Prozesses von bis zu 400 Millionen°C.

Die Kernfusion wird seit den 1930er-Jahren intensiv erforscht. Zuerst wurde die unkontrollierte Fusion bei der Entwicklung der Wasserstoffbombe militärisch eingesetzt, 1952 wurde die erste Wasserstoffbombe im Pazifik gezündet. Seitdem wurde intensiv an der kontrollierten Fusion gearbeitet, doch erst im Jahr 1991 gelang im Joint European Torus (JET), einer europäischen Forschungseinrichtung im englischen Oxfordshire, eine nur zwei Sekunden dauernde Kernfusion, bei der zwei MW erzeugt wurden und ein Vielfaches der produzierten Energie aufgewendet werden musste. Im südfranzösischen Forschungszentrum Cadarache wird am International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER) gearbeitet. Ziel ist, dass die Fusionsreaktion von Deuterium und Tritium sich energetisch selbst versorgt und somit ein kontinuierlicher Prozess abläuft, bei dem über einige Minuten eine Leistung von 500 Megawatt erzeugt werden soll. Das Plasma soll dabei durch Magnetfelder gehalten werden, die durch gekühlte elektrische Spulen erzeugt werden. Es wird erwartet, dass bis zur industriellen Anwendung noch 50 bis 80 Jahre intensiver Forschung erforderlich sind.

Auch bei der Kernfusion tritt eine erhebliche radioaktive Strahlung auf, dadurch können hohe gesundheitliche Risiken auftreten. Für Deuterium und Tritium existieren bisher kaum Rückhaltungstechnologien, wodurch diese Strahlungsanteile bisher nur mit großem Aufwand beherrschbar sind. Das gilt nicht nur für Kernkraftwerke, sondern vor allem für militärische Anlagen. Von Oak Ridge, Hanford und Savannah River in den USA, wo Tritium für Wasserstoff-Bomben produziert wurde, sind gravierende Probleme bekannt, zum Beispiel die Verseuchung des Grundwassers und die sogenannten Tritium-Bluter. Gleichzeitig tritt wie bei der Kernspaltung, wenn auch in vergleichsweise geringerem Umfang, das Problem der atomaren Endlagerung auf.

Verfügbarkeit von Kraftwerksarten

Um eine sichere Versorgung zu gewährleisten, müssten Kraftwerkstechnologien möglichst rund um die Uhr Energie bereit stellen können. Diese maximale Benutzungsstundenzahl von 8760 Stunden pro Jahr (das heißt 365 Tage, 24 Stunden lang) wird von Dampfkraftwerken annähernd erreicht. Nur für planmäßige Wartungsarbeiten, die meist während der Sommermonate bei geringerem Leistungsbedarf stattfinden, werden sie vom Netz genommen. Um eine Reserve für die Regelung der Netzfrequenz und Netzspannung vorzuhalten, werden Dampfkraftwerke circa zehn Prozent unterhalb ihrer Nennleistung betrieben. Die Vollbenutzungsstunden werden ermittelt, indem die eingespeiste Energiemenge durch die Nennleistung dividiert wird. Sie geben an, wie viele Stunden im Jahr ein Kraftwerk umgerechnet bei Nennlast betrieben wurde. Zum technischen Vergleich von Kraftwerkstypen werden die technisch möglichen Vollbenutzungsstunden herangezogen. In der Praxis kann die Anzahl der Vollbenutzungsstunden durch schwankende Energiepreise oder geringere vertraglich vereinbarte Energiemengen weit unterhalb dieser Werte liegen. Bei Wind- und Photovoltaikanlagen weichen die maximal möglichen Benutzungsstunden stark von den Werten fossil befeuerter Kraftwerke ab. Windkraftanlagen an Land erreichen ihre Nennleistung nur an wenigen hundert Stunden im Jahr. Photovoltaikanlagen speisen abhängig von Jahreszeit und Sonnenstand tageszeitabhängig mit einem Spitzenwert in den Mittagsstunden ein.

Stromgestehungskosten und Emissionen von Kraftwerkstypen

Um bewerten zu können, welchen Beitrag Kraftwerkstechnologien zur Versorgungssicherheit leisten, wird die Höhe der gesicherten Leistung verwendet. Dabei handelt es sich um den Leistungswert, der garantiert zur Verfügung gestellt werden kann. Weil sie elektrische Energie nur wetterabhängig in das Netz einspeisen können, liegt die gesicherte Leistung von Windkraftanlagen bei 20 Prozent und von Photovoltaikanlagen bei elf Prozent. Bis zur angestreben emissionsarmen Energieversorgung mit 80 bis 95 Prozent aus erneuerbaren Energien werden noch einige Jahrzehnte fossile Reserve-Kraftwerke benötigt. Nach optimistischen Prognosen sind dies schätzungsweise noch circa 25 bis 30 Jahre. Pessimistischere Schätzungen gehen dagegen von einem dauerhaften Bedarf an Reserve-Kraftwerken aus. Mit dem weiteren Ausbau der wetterbedingt fluktuierend einspeisenden erneuerbaren Energien gewinnt die flexible Erzeugung elektrischer Energie auch bei konventionellen Technologien an Bedeutung. Bei Dampfkraftwerken bedeutet dies, dass bei der Kombination mehrerer Kraftwerksblöcke ein besser regelbarer Block mit kleinerer Leistung gebaut wird. Dadurch wird das gesamte Kraftwerk in seinem Leistungsbereich besser regelbar. Gleichzeitig lassen sich moderne Kraftwerke insgesamt besser in ihrer Leistung einstellen.

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Prof. Dr.-Ing. habil. Detlef Schulz leitet die Professur für Elektrische Energiesysteme an der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg und ist Sprecher des Forschungsschwerpunkts „Nachhaltige Energieversorgung“. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Netzintegration erneuerbarer Energien, Smart Grids und Flugzeugbordnetze.
Kontakt: E-Mail Link: detlef.schulz@hsu-hh.de

Dr. Karen Schulz leitet ein selbstständiges Ingenieurbüro für energietechnische Lösungen in Hamburg. Ihre fachlichen Schwerpunkte sind die Biomasse und deren Netzintegration.