Seitdem ihre Geschichte mit dem Bau des postrevolutionären Jardin des Plantes (Botanischer Garten) in Paris Ende des 18. Jahrhunderts beziehungsweise mit der Gründung des Londoner Zoos 1828 eingeleitet wurde, dienten zoologische Gärten als temporale wie auch politische Marker. An ihnen lassen sich historische Verschiebungen und Transformationsprozesse im Übergang von einer feudalen zu einer bürgerlichen Gesellschaftsordnung ebenso ablesen wie die Evolution der modernen Nationalstaaten und ihrer imperialistischen Prägungen. Als spektakuläre Schaustätten spiegelten sie den Beginn des Zeitalters des Konsums und der Unterhaltungsindustrie um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert wider. Auf einer übergeordneten Ebene können Zoos daher als Symbolträger für Urbanität gelten. Seit ihrer Einrichtung standen sie für den locus primus, für den Schauplatz der zivilisierten Stadt, in dem die "Wildnis" und mit ihr die "Barbarei" sicher unter Verschluss gehalten wurden.
Zoos illustrierten zugleich gesellschaftliche Ein- und Ausschlussmechanismen. Einerseits zeigte sich, dass mit der Öffnung der Zoos für die Gesamtbevölkerung – in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war deren Besuch meist noch der gebildeten Oberschicht vorbehalten – Demokratisierungstendenzen verbunden waren, andererseits wurden Zoos zu Schaustätten der angewandten "Rassenkunde", in der Tiere – und über Tiere auch Menschen – typologisiert wurden. Der Versuch, imperialistisches Handeln zu legitimieren, fand in Zoos einen vortrefflichen Resonanzboden.
Ferner illustrierten sie eindrucksvoll den sich verändernden Stellenwert der Naturwissenschaften als akademische Leitdisziplin(en). Sie machten die Evolutionstheorien greifbar und präsentierten gleichzeitig bürgerliche beziehungsweise zivilisatorische Werte als vermeintliche Überwindung der äußeren wie der inneren Natur. Unter dem Eindruck dieses Wandels sind Zoos somit Indikatoren für politische Veränderungen, sie scheinen geradezu richtungsweisend für den oder die Epochenwechsel im langen 19. Jahrhundert zu stehen.
Mit dem Bau von zoologischen Gärten und der Ausstellung von Tieren wurde politischen Programmen und Ideologien physische Form gegeben. Dies blieb nicht auf das 19. Jahrhundert beschränkt. Als Topos nationalistischer Formgebung und neoimperialistischer Heilsvorstellungen einer kleinen Welt der Artenvielfalt sind Zoos bis heute wichtige Ausdrucksformen politischer Symbolizität geblieben. Die in ihnen eingesperrten Tiere fungierten dabei sowohl als Ausstellungsstücke, auf die verschiedene politische Ideen appliziert wurden, aber eben auch als historische Akteure, die Diskurse belebten.
Frühimperiale Schaustätten
Die Zurschaustellung von Tieren in zoologischen Gärten folgte institutionshistorisch den fürstlichen Menagerien, die mit der Präsentation des "exotischen Anderen" die persönliche Strahlkraft der Regent:innen unterstreichen helfen sollten. Dies zeigte sich etwa bei der diplomatischen Netzwerkbildung mit anderen Herrscherhäusern und wurde über die Fähigkeit, die eigene Position gegenüber Mensch und Tier durchzusetzen, dokumentiert. Tiere spielten eine entscheidende Rolle in der Kultur der gegenseitigen Verpflichtungen zwischen den Höfen, sie bildeten als Geschenke wichtiges diplomatisches Kapital. Fanden sich Formen der Menagerien bereits an antiken und mittelalterlichen Höfen, bildete die Sammelwut frühneuzeitlicher Herrscher:innen, die neben zumeist ausgestopften Tieren auch andere naturale und geologische Gegenstände sowie religiöse Artefakte und prämoderne Maschinen umfasste, eine deutliche Zäsur. In den sogenannten Wunderkammern und Kuriositätenkabinetten wurde der Versuch einer Systematisierung des Wissens unternommen. Parallel dazu wurde das Verlangen, mehr und exotischere Tiere lebend auszustellen, auch politisch befeuert, denn die "Sammlung lebender Raritäten aus allen Regionen der Welt diente der absolutistischen Selbstdarstellung und der Visualisierung des Herrschaftsstatus". Rare Tiere wie etwa Löwen, Tiger oder gar Elefanten zu bekommen und sie dann noch am Leben zu erhalten, galt als Beweis des Reichtums, aber eben auch der uneingeschränkten, absolutistischen Macht.
Europäische Herrscherhäuser konkurrierten auch mit Blick auf die Imposanz der baulichen Präsentation ihrer tierlichen Schätze. Der Tower in London hatte bereits seit 1235 unter der Herrschaft Heinrichs III. ein Gehege, in dem Tiere als exotische Geschenke an den König ausgestellt wurden. Zur bekanntesten Menagerie wurde die im 17. Jahrhundert unter Ludwig XIV. gegründete Menagiere am Schloss von Versailles, die auch durch ihre sternförmige Anordnung der Tiergehege den universellen Herrschaftsanspruch des Sonnenkönigs hervorheben und damit Frankreichs politische und kulturelle Hegemonie unterstreichen helfen sollte. Als eine Sammlung von Tieren war sie aber gleichzeitig auch "erlebbares und komprimiertes Abbild des Tierreiches als Teil der Welt". Eine Welt, die wohlgemerkt den Anschein erwecken sollte, gänzlich unter französischer Herrschaft zu stehen. Auch die Habsburger Monarchie hatte sich Mitte des 18. Jahrhunderts ein mit Tieren belebtes Denkmal gesetzt. Bei der Menagerie der Habsburger Sommerresidenz, dem Wiener Schloss Schönbrunn, orientierte man sich stark an der absolutistischen Architektur Versailles: "Zentraler Punkt und beliebter Aufenthaltsort des Kaisers war der Pavillon", von dem aus er sich "im Mittelpunkt der belebten Welt stehend fühlen" konnte. Die auf Geheiß des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. auf der Pfaueninsel bei Potsdam gegründete Menagerie war gestalterisch das Projekt des Garten- und Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné, der ebenfalls die Sichtachsen als elementare Bestandteile der Herrschaftsinszenierung umsetzte. Die Pfaueninsel war somit eine späte Erscheinung in der genealogischen Entwicklung der Menagerien, auch weil sie bereits Elemente des modernen Zoos aufgriff. Der 1844 in Berlin eröffnete Zoologische Garten trug ebenfalls die Handschrift Lennés. Allerdings dienten diese Tierausstellungen nicht im selben Maße als Mikrokosmos der absolutistischen Herrschaft, sondern repräsentierten den Einzug in das Zeitalter der Wissenschaften, in der Herrschaft weniger expressiv zur Schau gestellt wurde.
Der Enthusiasmus für exotische Tiere wurde jedoch nicht nur von europäischen Herrschern geteilt. Die Ming-Dynastie verfügte bereits im 14. Jahrhundert über ausgewiesene Jagdgärten und Menagerien. Für das 15. Jahrhundert sind erste Reisen über den indischen Ozean zur Beschaffung afrikanischer Tiere wie Löwen, Leoparden, Zebras und Giraffen nachgewiesen. Auch im japanischen Shogun-Reich wurden zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert zahlreiche Tiere importiert, häufig mithilfe der chinesischen Handelsverbindungen, die tief bis nach Europa und Afrika reichten. Dennoch können die zoologischen Gärten eher als eine logische Weiterentwicklung der europäischen Menagieren gedeutet werden, wo absolutistische Herrschaft mit einem aus der Aufklärung übernommenen Wissens(schafts)verständnis gepaart wurde, das gleichzeitig erste Züge eines bürgerlichen Zivilisationstopos aufwies.
Exotismus und Naturbeherrschung
Der Anspruch, die Natur wissenschaftlich zu erkunden, zu erforschen und zu taxonomieren charakterisierte die Entwicklungsphase der Zoos in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Begleitet wurde diese Entwicklung durch die Gründung naturkundlicher Gesellschaften, in denen eine Kultur wissenschaftlichen Faktenschaffens sich mit der ästhetischen Darstellung und Vermittlung von "Natur" überlagerte. Wie schon bei Menagerien verband sich auch hier eine politische Ordnungsfunktion, die Tiere praktisch wie symbolisch als Modelle, Instrumente oder als Regulatoren und Transformatoren gesellschaftlichen Wandels zur Aushandlung und Festschreibung von gesellschaftlichen Ordnungen heranzog, mit der Verbreitung wissenschaftlichen Wissens. Ordnungen und Klassifizierungen schienen sich in der spezifischen ästhetischen Präsentation von Tieren spontan zu offenbaren, gelenkt höchstens von einer höheren Natur, einem höheren Wesen.
Des Weiteren bedienten die zoologischen Gärten bürgerliche Bedürfnisse mit einer angemessenen Mischung aus Bildung und Unterhaltung und brachten erhebliches Prestige für die Städte. Als Magneten städtischen Lebens wurden ihnen städteplanerisch attraktive Räume zugeteilt, in der sich Ideen über die räumliche Ausstellung von Tieren sehr gut umsetzen ließen. Der Londoner Zoo wurde beispielsweise am Rand des an die Stadt angrenzenden Regents Park angesiedelt, der Berliner Zoologische Garten am Rand des Tiergartens, der Zoo von Antwerpen zentral in der Stadt. Zoos wurden damit auch zum kennzeichnenden Element städtischen Infrastrukturwandels. Zoos bezeugten, so fasst es die Historikerin Dorothee Brantz zusammen, "dass der städtische Raum nicht unbedingt die Abkehr von der Natur darstellte, sondern vielmehr auch zur Schaffung eines neuartigen Naturverständnisses beitrug". Dieses Naturverständnis wurde in städtischen Institutionen kondensiert. Zum Ende des Jahrhunderts wurden Zoos urbane Fluchtorte, die für Familienausflüge genutzt wurden, um etwa den ökologischen und sozialen Nachwirkungen der Industrialisierung zu entfliehen. Die ländlichen Konnotationen, die in den Städten des ausgehenden 19. Jahrhunderts trotz der zunehmenden Industrialisierung durchaus noch spürbar waren, führten innerhalb der urbanen Gesellschaft geradezu zur Verherrlichung von Natur als Bildnis idealisierten Lebens. Neuere Forschungen zeigen aber auch, dass die Institution Zoo mit einer städtischen Vergnügungskultur eng verzahnt war und somit als "konstitutives Element der modernen Stadtgeschichte" aufgefasst werden muss.
Während der Zugang zunächst meist begrenzt war, in London etwa auf die Mitglieder der London Zoological Society, in Antwerpen auf die der Königlichen Gesellschaft für Zoologie und in Berlin auf diejenigen, die Aktien am Zoo besaßen, gab es bald Bemühungen, sie für die breite Öffentlichkeit und vor allem die Arbeiterklasse zu öffnen. Andere Zoos waren von Beginn an für alle Schichten zugänglich. Dies traf vor allem auf den Pariser Jardin des Plantes zu, der bereits nach der Auflösung der Versailler Menagerie 1793 zum Dreh- und Angelpunkt sowohl der Volksbelustigung, aber eben auch der wissenschaftlichen Forschung wurde. Die Größen der französischen Naturforschung gaben sich hier ein Stelldichein, unter ihnen Georges Cuvier und Jean-Baptiste de Lamarck. Auf Grundlage der jeweils etablierten wissenschaftlichen Lehrmeinungen boten Zoologische Gärten sowie die teils zeitgleich gegründeten Naturkundemuseen im 19. Jahrhundert Klassifikationen und Ordnungsschemata an, um die großen Mengen neuentdeckter und altbekannter Spezies möglichst vollständig zu sortieren.
Zoos wie Museen wurden überdies als Orte zivilisatorischen Fortschritts gedeutet, in denen die Natur sowohl gezähmt als auch geschätzt wurde. Die Darstellung des "wilden" Tieres in der künstlichen beziehungsweise pseudo-natürlichen Umgebung des Zoos wirkte sich so erfolgreich aus, dass man sich von der Öffnung weitere zivilisatorische Erfolge und Einsichten in die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der Zeit versprach, die immer schon mit gesellschaftspolitischen Konsequenzen einhergingen. Dies traf insbesondere für die Evolutionstheorie zu. Charles Darwin und Alfred Russel Wallace frequentierten den Londoner Zoo regelmäßig für Tierbeobachtungen "im Feld". Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert griffen zahlreiche europäische Staaten das Evolutionsprinzip als Teil ihrer Fortschrittserzählung auf. In den Zoos wurden fortan auch Experimente an den Schädeln von Affen vorgenommen, um auf die langsame Progression der Evolution hinzuweisen, den Menschen aber durchaus in die zoologische Hierarchisierung mit einzubeziehen. Der Berliner Zoodirektor Ludwig Heck etwa arbeitete an einer zoologischen Rassenlehre. Inwieweit die Vermittlung "naturkundlicher" und "rassen-"politischer Gedankengebilde auch beim Publikum ankam, ist noch nicht ausreichend erforscht beziehungsweise wird durchaus infrage gestellt. Die Intention der Zooleitungen war indes eindeutig: Der Zoo sollte unterhalten und gleichsam in einer Art und Weise belehren, die sowohl den wissenschaftlichen wie politischen Diskursen der bürgerlichen Gesellschaft folgte.
Ein Platz an der Sonne mit Tieren
Die Frage nach der natürlichen Selektion, die im Gewand des Sozialdarwinismus auch gesellschaftlich angewendet wurde, mag sich also vielleicht nicht für jede:n in der Betrachtung von Zootieren gezeigt haben, durch die Verkuppelung mit kolonialistischen Diskursen, die in den europäischen Zoos vor allem architektonisch Einzug fanden, wurde die vermeintliche Überlegenheit "des" europäischen Menschen dennoch ein viel zitierter Topos. Während also die Betrachtung des Absolutismus und der Aufklärung dabei hilft, die Gründungen von Zoos historisch einzuordnen, kann die weltweite Ausbreitung des Konzepts "Zoo" am besten durch imperialistische Bestrebungen vor allem in der Phase des Hochimperialismus bis zum Ersten Weltkrieg erklärt werden. Zoos bildeten hier "Schaufenster in die real existierenden Imperien". Der von der kolonialen Aufteilung der Welt und vor allem Afrikas durch europäische Staaten profitierende Tierhandel machte zudem den Zugriff auf immer mehr und immer exotischere Tiere möglich.
Den Zoo als Sinnbild und Repräsentant kolonialer und imperialer Stärke zu nutzen, wurde vor allem in London offensiv gefordert und gefördert. Kolonialbeamte waren dazu angehalten, immer mehr Tiere als "Geschenke" in die Metropole des Empires zu schicken. Immerhin, so wurde auch von der London Zoological Society hervorgehoben, befand sich ein Siebtel der Erde unter britischer Herrschaft – und so sollte auch deren Fauna unter der "bedächtigen Hand" britischer Forscher:innen erkundet und in den Wissenshorizont der Metropole zurückgeholt werden, wo sie im Zoo gewürdigt werden könnte. Zoologische Gärten bezeugten somit nicht nur die Weitläufigkeit des Gebietes unter britischer Herrschaft, der Besitz von exotischen Tieren zementierte auch die kraftvolle Symbolik der Dominanz über "kolonisierte Völker". Die Versuche, diese exotischen Tiere zu akklimatisieren und an britische Verhältnisse zu gewöhnen, wurde demnach als patriotischer Akt gewertet und die Zähmung des Tieres als etwas betrachtet, das auch mit der indigenen kolonialen Bevölkerung zu geschehen hätte. Über den 1838 in Amsterdam gegründeten Artis Zoo wurde ebenfalls und wirkmächtig der "Erfolg" niederländischer Kolonialbestrebungen artikuliert. Auch in Berlin, der Hauptstadt des 1871 gegründeten Deutschen Reiches, sollten die Bestrebungen des "Nachzüglers" im Kolonialgeschehen gewürdigt werden. Dieser Anspruch wurde vor allem durch neue Bauten erfüllt, mit denen exotisierende Weltsichten reproduziert wurden. Es war das "Reich des Fremdländischen", das hier gezeigt werden sollte, indem man "ethnographisch-architektonische" Bedeutungszumessungen forcierte, beispielsweise, indem man das Straußenhaus in Form einer ägyptischen Tempelanlage inszenierte. Der Versuch, auf der großen politischen Weltbühne mitzuspielen, wurde vom Zoo begleitet. Er galt als Schaustätte, auf der "Deutschlands neue Rolle in der Welt" gezeigt werden sollte. Dies zeigte sich auch in der Architektur und der Anordnung der Tiere. Noch mehr als in Berlin war es jedoch der Hagenbeck’sche Tierpark in Stellingen bei Hamburg, der den Traum von den Kolonien performativ umsetzte. Durch sogenannte Völkerschauen, in denen zunächst Nordeuropäer:innen, dann aber vor allem Polynesier:innen und Afrikaner:innen mitsamt der ihnen vertrauten Tierwelten und angeblich typischen Artefakten in Panoramalandschaften platziert wurden, sollte einerseits "Authentizität" erzeugt werden. Andererseits wurde der politische Anspruch formuliert, diese Menschen zu beherrschen. Die "Darsteller:innen" wurden vor Ort meist von den Tierhändlern oder deren Agenten rekrutiert, wobei besonders darauf geachtet wurde solche Menschen auszuwählen, die das exotisierte Ideal am ehesten trafen. Bis zum Ersten Weltkrieg "boomte das Geschäft mit ‚exotischen‘ Menschen in Europa".
Über 400 solcher Ausstellungen tourten durch die zoologischen Gärten oder andere öffentlich zugängliche Orte, 100 von ihnen organisiert von Carl Hagenbeck, einem Tierhändler und Gründer des Hamburger Tierparks. Durch die Darstellung von exotisierten Menschen in Interaktion mit ihrer Umwelt und vor allem mit Tieren, die dabei keinesfalls nur Staffage waren, sondern zentral für die performative Umsetzung der Idee von Kolonie standen, wurde in Europa etwas präsentiert, was schon längst Teil der europäischen Kolonialpolitik war. Präsentiert wurde die Idee eines immer schon zum Teil imaginären Kolonialreiches, ein Modell, das gleichzeitig für eine Vergangenheit und eine wieder angestrebte Zukunft stand. Der Zoo fungierte hier als "Erinnerungsort" deutscher Kolonisationsunternehmungen, als Teil einer "zeitgeistabhängige[n] Erinnerungskonstruktion".
Diese Performanz des Authentischen war auch dadurch möglich, dass Carl Hagenbeck eine neue Art der Zurschaustellung der Tierwelt vorschlug. Die sogenannte Panoramaausstellung verzichtete weitgehend auf Käfige und Gitter und suggerierte durch ein mehr oder weniger geschicktes Verstecken von Gräben, die beispielsweise Raub- von Beutetieren trennte, die Immersion in den Raum der Tiere.
Allerdings zeigt ein globalhistorischer Blick, dass in europäischen Zoos zwar die Verbindung zwischen kolonialer Peripherie und Metropole ganz besonders deutlich zutage trat, dass sie aber in ein größeres geopolitisches Setting eingebunden waren, in denen es einen florierenden Tierhandel zwischen unterschiedlichen, auch nicht-europäischen Imperien gab, die sich gegenseitig in ihrer Suche nach den exotischen Tieren ausstachen und bekämpften, aber eben auch unterstützen und austauschten. Das Resultat waren einerseits Zoogründungen in den Kolonien selbst, so beispielsweise 1862 in Melbourne, 1876 in Kalkutta, 1883 in Adelaide, wobei Letzterer das vermeintlich Heimische zum Fremden machte und sich um die Akklimatisierung europäischer Tiere in Australien bemühte. Andererseits versuchten asiatische und amerikanische Zoos, sich über die Zurschaustellung von Tieren eigene Profile zu geben und damit explizit den europäischen imperialen Bemühungen ihre eigenen Interessen entgegenzustellen. Der Ueno Zoo in Tokyo, 1882 gegründet, kann als Versuch gelesen werden, bestimmte Elemente der "westlichen" Tierdarstellung zu imitieren und zugleich die imperialen Interessen Japans zu unterstreichen. Amerikanische Zoos standen ihrerseits prototypisch für die zunehmende Kapitalisierung des Tierhandels. Viele von ihnen profitierten von Firmen wie der Carl Hagenbecks. Präsentiert wurde zudem die Idee der amerikanischen Frontier, an der zur Zeit der Zoogründungen um die Jahrhundertwende ein beispielloses Massaker an der endemischen Fauna ablief, vor allem an Bisons und Wölfen. Zoos konservierten daher auch die Vorstellung der eigenen naturalen Endlichkeit.
Zoo und Nation
Indem sich amerikanische Zoos, allen voran der 1891 gegründete National Zoological Park in Washington D.C. und der 1899 gegründete Bronx Zoo, auf die Nation bezogen, um im globalen Handelskarussell der exotischen Tierarten federführend und kapitalstark mitzumischen, zeigten sie auch ihre wirtschaftlichen und militärischen Ambitionen auf. Nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898 kamen die Streitkräfte dem Wunsch der Zoos nach immer neuen Tieren gerne nach. Auch die sich vom britischen Weltreich loslösenden Dominions von Kanada bis Neuseeland drückten ihre Unabhängigkeit durch zahlreiche neue Zoogründungen beziehungsweise der Konsolidierung und Neuorientierung bereits bestehender, kolonialer Zoos aus.
Insbesondere die zwei Weltkriege und die mit ihnen aufkommenden Systemfragen machten Zoos zu Orten, an denen über den Status der Nation neu verhandelt wurde. Tiere wurden hierbei nicht selten als "patriotische Bürger" angesehen, die für die jeweils eigene Sache standen. So auch in Berlin: Hier wurde unter dem Eindruck nationalsozialistischer Herrschaft ein "Deutscher Zoo" erschaffen, der – abweichend vom zoologisch-systematischen Konzept der restlichen Anlage – eine "deutsche" Landschaft konzipieren sollte. Die neuen Tieranlagen ordneten sich einer nationalen geografischen Systematik unter. Mittelpunkt des "Deutschen Zoos" waren die im August 1937 eröffneten Felsengehege für Bären und Wölfe. Diese Spezies wurden als besonders vital gedeutet und bebilderten den Illusionsraum großgermanischer Mythologie.
Kalter Krieg und Pandadiplomatie
Dass einzelne Spezies in den Fokus eines politischen Narratives von Zoo und Nation rücken konnten, zeigt, wie wichtig es ist, sie auch als wirkmächtige Akteure einer Geschichte des Zoos zu berücksichtigen. Waren dies im 19. und frühen 20. Jahrhundert vor allem Elefanten, Giraffen, Löwen, Primaten und Seelöwen, die vor allem von der zooeigenen Historiografie berücksichtigt wurden, steht eine andere Tierart für die Zeit des Kalten Krieges und für die Zeit der Systemannäherung nach 1989: der Panda.
Dass Tiere als diplomatische Währung genutzt wurden, war dabei keineswegs neu. Als beispielsweise der US-Justizminister Robert Kennedy 1962 den Berliner Zoo besuchte und als Geschenk einen Weißkopfseeadler als politische Ikone der USA mitbrachte, wollte er damit auch die politische Verbundenheit der USA mit Westdeutschland symbolisch untermauern. Der Adler fungierte hier durchaus schon als Element einer Kultur des Kalten Krieges, die eine universale Werteordnung in die Alltagspraktiken einzuflechten versuchte und Antikommunismus mit einer Zelebrierung des westlichen, eher noch der amerikanischen Lebensweise verband. Nicht der Weißkopfseeadler, sondern der Panda wurde jedoch zum Goldstandard des diplomatischen Geschenkes. Waren die ersten Pandas in den 1930er Jahren noch über international agierende Tierhändler nach Europa gelangt, verstand es die Volksrepublik China nach ihrer Gründung 1949 sehr bald, sich mit einer sehr kontrollierten Ab- beziehungsweise Leihgabe der Tiere als formidabler Handelspartner zu zeigen und eine Öffnung Richtung Westen zu signalisieren. Als es dem deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt 1980 gelang, zwei Pandas – Bao Bao and Tjen Tjen – für den Berliner Zoo zu sichern, war damit der Weg frei, auch andere diplomatische Wege zwischen Ost und West zu beschreiten.
Bereits am Scheitelpunkt des Kalten Krieges waren zuvor politische Marker gesetzt worden. So hatte das Pandaweibchen Chi Chi 1958 auf ihrem Weg nach London mehrere Wochen im Ost-Berliner Tierpark verbracht, der damit einen politisch bedeutsamen Prestigeerfolg gegenüber der Konkurrenz im Westen verbuchen konnte. In den 1950er und 1960er Jahren beschenkte China vor allem Zoos des Ostblocks, insbesondere in der Sowjetunion und in Nordkorea. Die Überlassung von zwei Pandas an den Washingtoner National Zoo 1972 wird daher gerne als erstes Zeichen des politischen Tauwetters gelesen. Pandas waren aber auch Devisenbringer erster Wahl. Ab den 1980er Jahren wurden die Tiere nur noch verliehen, zu stattlichen Preisen.
Artenerhaltung als neoimperialistisches Projekt?
Zootiere in ihrer Rolle als politische Diplomaten waren nicht austauschbar, sondern prägten ein kompliziertes System von Angebot und Nachfrage, Symbolkraft und Seltenheit. "Die Letzten ihrer Art" sehen zu können, wurde zu einem attraktiven Slogan des Zooerlebnisses. Tatsächlich wurde bereits ab der Wende zum 20. Jahrhundert die Erhaltung von Spezies als eine neue Aufgabe der zoologischen Gärten formuliert. Es wurde gezielt auch mit der Verpaarung von seltenen Arten begonnen, zum Teil begleitet von kruden Rückzüchtungsprogrammen bereits ausgestorbener Spezies, etwa dem Auerochsen. Im Nachklang des Zweiten Weltkrieges kam es zu einem klaren Paradigmenwechsel in der Politik der Zoos. Während es in vielen Teilen der Welt zu Dekolonialisierungsbestrebungen kam, verschob sich der Status der "wilden" Tiere vom Sammlungs- zum Schutzobjekt. Das 1975 in Kraft getretene Washingtoner Artenschutzabkommen verbot den Handel mit bedrohten Tierspezies, insbesondere westliche Zoos reagierten einerseits mit der Ausweitung von ausgefeilten Nachzuchtversuchen und andererseits mit der Einmischung in lokale Schutzinitiativen, insbesondere in Afrika. Bereits in den 1950er Jahren hatte der bekannte Frankfurter Zoodirektor Bernhard Grzimek dort eine Reihe von Filmen gedreht, in denen er über eine "geschickte Verknüpfung kolonialer Bilder und Traditionen mit aktueller Zeitkritik und mit dem Anliegen eines wissenschaftlich begründeten Naturschutzes" der lokalen Bevölkerung im Grunde die Fähigkeit absprach, effektiven Schutz der Tiere betreiben zu können. Dieser Topos, der sich in den 1950er Jahren vor allem auf den Schutz von Elefanten konzentrierte, hat heute im Rhinozeros eine neue flagship species gefunden. Elaborierte Nachzuchtprogramme mit direktem Eingriff in die endemische Fauna gibt es beispielsweise in australischen Zoos. Inwieweit hier Ideen von globalen öffentlichen Gütern, bei denen (bestimmte) Tiere als eine Art gemeinsames Menschheitserbe gehandelt werden – ein Argument, das auch schon Grzimek vorgebracht hatte – letztendlich dazu dienen, den politischen Einfluss in den (ehemaligen) Kolonien aufrechtzuerhalten beziehungsweise deren neokoloniale Imprägnierung zu verschleiern, ist Bestandteil eines politischen Diskurses, der bis heute währt. Zoos und ihre zukünftige (politische) Rolle sind zentral für diese Diskussion.