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Das Recht am Wasser | Wasser | bpb.de

Wasser Editorial Am Anfang war das Wasser Trinkwassersicherung in Deutschland Das Recht am Wasser Wasser auf die Mühlen der Entwicklungsziele Wasser und Sicherheit. Zwischen Konflikt und Kooperation Risiko Starkregen. Stadtplanung im Zeichen des Klimawandels Kongo: Konturen einer Flussbiografie

Das Recht am Wasser

Anne-Barbara Walter

/ 14 Minuten zu lesen

Wasser gilt als "Gold des 21. Jahrhunderts": Es ist sowohl Wirtschaftsgut als auch Grundlage allen Lebens. Und es wird immer knapper. Obwohl das Recht auf einwandfreies und sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung seit 2010 als Menschenrecht verbrieft ist, haben laut UN-Weltwasserbericht rund 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer sicheren Trinkwasserversorgung; 2025 könnten bereits drei Milliarden Menschen in Ländern mit ernster Wasserknappheit leben. Während weltweit immer weniger sauberes Wasser zur Verfügung steht, steigt der Verbrauch kontinuierlich: Die Vereinten Nationen rechnen mit einem Anstieg von etwa einem Prozent pro Jahr. Die Ursachen für die zunehmende Knappheit sind neben dem Klimawandel das Bevölkerungswachstum, das Wirtschaftswachstum und ein verändertes Konsumverhalten.

Zwar ist Deutschland im internationalen Vergleich ein wasserreiches Land, aber auch hier treten bereits zeitlich und lokal begrenzte Engpässe auf, die sich in Zukunft mehren könnten. Angesichts dieser Problemlage ist es unerlässlich, den Umgang mit diesem zentralen Rohstoff zu verbessern, damit genug da ist für die Ökosysteme, für den Grundbedarf aller Menschen, für die Landwirtschaft sowie für die industrielle Verwendung. Hierbei rücken vor allem verschiedene Regulierungs-, Eigentums- und Nutzungsfragen in den Fokus, um privatwirtschaftliche und gesellschaftliche Bedürfnisse und Interessen in Einklang zu bringen.

Was passieren kann, wenn der Wassermarkt dem freien Wettbewerb ohne staatliche Regulierung überlassen wird, zeigt das Beispiel Chile, dessen Wasserversorgung seit 1981 zu nahezu 100 Prozent privatisiert worden ist: Die Wasserrechte konzentrieren sich dort mittlerweile in den Händen weniger Großunternehmen, der Spekulationsmarkt boomt, und die Folgen der extremen Dürre, unter der das Land leidet, werden dadurch noch verschärft – was das teure Gut vor allem für die ärmere Landbevölkerung zunehmend unerschwinglich macht.

Von derlei Zuständen sind Europa und Deutschland (noch) weit entfernt, aber das Recht am Wasser beziehungsweise die Liberalisierung der Wassermärkte wird weltweit immer wieder kontrovers diskutiert. Auf europäischer Ebene wurde im Dezember 2020 eine Neufassung der EU-Trinkwasserrichtlinie verabschiedet, die – vor allem infolge der ersten erfolgreichen europäischen Bürgerinitiative "Right2Water" – das Menschenrecht auf den Zugang zu sauberem Trinkwasser in europäisches Recht übersetzt und entsprechende Maßnahmen der Mitgliedstaaten anstoßen soll (etwa die vermehrte Errichtung öffentlicher Wasserspender). Bereits 2013 hatte die Bürgerinitiative erreicht, dass die Wasserwirtschaft von der EU-Konzessionsrichtlinie ausgenommen blieb, wodurch eine umfassende Liberalisierung des Wassermarktes verhindert wurde. Gleichwohl gibt es immer wieder begründete Befürchtungen, dass sich das einmal ändern könnte.

In Deutschland ist Wasser ein Gemeingut, dessen Gebrauch prinzipiell allen offensteht, jedoch einer behördlichen Genehmigung bedarf, wenn die Nutzung über den Gemeingebrauch hinausgeht. Wie dieses Recht am Wasser in der Bundesrepublik im Einzelnen geregelt ist – unter welchen Bedingungen es genutzt werden kann, wie die wasserrechtliche Benutzungsordnung aufgebaut ist und wie auf ihrer Grundlage verschiedene Nutzungsansprüche in Einklang gebracht werden können –, soll im Folgenden dargelegt werden. Zunächst aber wird ein Blick auf die gegenwärtige Lage des Wasservorkommens und Wasserverbrauchs in Deutschland geworfen.

Wasser in Deutschland

Gemittelt über viele Jahre haben wir in Deutschland ein potenzielles Wasserdargebot von 188 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Das Wasserdargebot ist eine Größe des regionalen Wasserkreislaufs und beziffert die Menge an Grund- und Oberflächenwasser, das theoretisch nutzbar ist. In seine Berechnung fließen der Niederschlag, die Verdunstung sowie die Zuflüsse nach und die Abflüsse aus Deutschland ein. Neben dem über viele Jahre gemittelten Wasserdargebot zeigt das jährliche Dargebot starke witterungsbedingte Schwankungen. So lagen die erneuerbaren Wasserressourcen 2018 bei 119 Milliarden Kubikmetern.

Die Wasserentnahmen sind über die vergangenen Jahrzehnte deutlich zurückgegangen. Das liegt an der Wasserkreislaufführung in der Industrie, an der Reduzierung von Kühlwasser für Kraftwerke und an Einsparungen bei der öffentlichen Wasserversorgung, die mit 2,8 Prozent aber nur einen kleinen Bruchteil der erneuerbaren Wasserressourcen entnimmt. Auch in privaten Haushalten ist der Verbrauch erheblich zurückgegangen: von 144 Litern pro Person und Tag im Jahr 1991 auf 123 Liter 2016.

Abbildung 1: Anteile der öffentlichen Wasserversorgung, des Bergbaus und des verarbeitenden Gewerbes, der Energieversorgung und der Landwirtschaft an der Wasserentnahme 2016 (© Umweltbundesamt)

Bisher gibt es in Deutschland flächendeckend keinen Wasserstress. Man spricht von Wasserstress, wenn die gesamte Wasserentnahme eines betrachteten Jahres mehr als 20 Prozent des langjährigen mittleren Wasserdargebots beträgt. 2016 waren es in Deutschland 12,8 Prozent. Trotz des insgesamt ausreichenden Wasserdargebots gibt es regionale Unterschiede in der Wasserverfügbarkeit. Dies hat sich auch 2018 und 2019 gezeigt, als es an der einen oder anderen Stelle lokale oder regionale Engpässe gab. Dies liegt zum einen an unterschiedlichen klimatischen Bedingungen; zum anderen konnte teilweise nicht auf zusätzliche örtliche Reserven zugegriffen werden, da bei diesen die Nitratwerte zu hoch waren. Dies ist in der Regel ein Ergebnis zu intensiver landwirtschaftlicher Düngung. Weitere aufeinander folgende trockene Sommer und zu wenig Niederschlag im Winter hätten in jedem Fall negative Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit. Hiervon könnten die Landwirtschaft, die Wasserversorgung, die Wasserführung in Gewässern, Ökosysteme wie Feuchtgebiete und Wälder und weitere wasserbezogene Nutzungen wie die Schifffahrt betroffen sein. Häufigere trockene Sommer bedeuten auch, dass der Bedarf zur Bewässerung in der Landwirtschaft steigen wird. Derzeit hat die Bewässerungslandwirtschaft in Deutschland mit einer Wasserentnahme von rund 1,3 Prozent der gesamten Entnahmemenge zwar nur eine geringe Bedeutung (zum Vergleich: Weltweit entfallen 69 Prozent der jährlichen Wasserentnahmen auf die Landwirtschaft), die Beregnungsbedürftigkeit wird deutschlandweit jedoch tendenziell zunehmen.

Abbildung 2: Wasserentnahme der öffentlichen Wasserversorgung, des Bergbaus und des verarbeitenden Gewerbes, der Energieversorgung und der Landwirtschaft, in Milliarden Kubikmetern (© Umweltbundesamt)

Neben der Landwirtschaft gehören die Wasserentnahmen des verarbeitenden Gewerbes, der öffentlichen Wasserversorgung, der Energieversorgung und des Bergbaus zu den wichtigsten Wassernutzungen in Deutschland. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes haben diese fünf Nutzergruppen 2016 zusammen rund 24 Milliarden Kubikmeter Wasser aus den Grund- und Oberflächengewässern entnommen. Größter Wassernutzer sind die Energieversorger. Sie entnahmen 12,7 Milliarden Kubikmeter Wasser für die Eigenversorgung und nutzten dies zum Beispiel für Kühlwasser. Bergbau und verarbeitendes Gewerbe ergeben zusammen den zweitgrößten Wassernutzer mit einer Entnahme von rund 5,8 Milliarden Kubikmetern für industrielle Zwecke. Auf die öffentliche Wasserversorgung entfielen etwa 5,2 Milliarden Kubikmeter. Die Wasserentnahmen für die landwirtschaftliche Beregnung sind in Deutschland mit etwa 0,3 Milliarden Kubikmetern bisher gering (Abbildungen).

Zukünftig wird die Konkurrenz um die knapper werdende Ressource Wasser zunehmen. Deshalb müssen wir zum einen über eine gerechte Verteilung und sinnvolle Priorisierungen nachdenken; zum anderen sind alle Gewässernutzer:innen aufgefordert, die Wasserressourcen zu schonen, das heißt das entnommene Wasser so effizient wie möglich zu verwenden und die Gewässer und das Grundwasser nicht zu verschmutzen.

Grenzen des Eigentums

Für die Bürger:innen der Bundesrepublik folgt bereits aus dem Grundrecht auf Leben und Gesundheit des Art. 2 Grundgesetz (GG) und dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG ein Anspruch auf sichere, qualitativ angemessene Versorgung mit Trinkwasser als Bestandteil des zu sichernden Existenzminimums. Die der Allgemeinheit dienende Wasserversorgung, die sogenannte öffentliche Wasserversorgung, ist gemäß §50 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) allerdings auch ausdrücklich Aufgabe der Daseinsvorsorge. Sie obliegt in den Bundesländern den Gemeinden beziehungsweise den eigens dafür eingerichteten öffentlichen Zweckverbänden und ist ihnen in der Regel als Pflichtaufgabe zugewiesen.

Insofern haben die Kommunen in ihrem Gebiet die Bevölkerung sowie die gewerblichen und sonstigen Einrichtungen ausreichend mit Trink- und Betriebswasser zu versorgen. Unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben entscheiden die Gemeinden selbst, wie die Trink- und Brauchwasserversorgung zum Wohle der Bürger:innen vor Ort ausgestaltet und organisiert wird. Dabei können sich die Kommunen durchaus der Hilfe privater Unternehmen bedienen, solange sie die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen.

In Deutschland werden die wichtigsten Grundsätze zum Gewässereigentum und zu den Grenzen des Grundeigentums im Zusammenhang mit Einwirkungen auf Gewässer in §4 WHG geregelt. In ihm werden gemäß Art. 14 GG (Schutz des Eigentums) auch Inhalt und Schranken des Eigentums konkretisiert, und er berücksichtigt, welche Regelungsbefugnisse bei den Ländern bleiben.

Fließgewässer und Grundwasser

Nach §4 Abs. 2 WHG sind das Wasser eines fließenden oberirdischen Gewässers und das Grundwasser nicht eigentumsfähig. Das Gewässereigentum an Fließgewässern beschränkt sich auf das Gewässerbett. Das WHG entfaltet diesbezüglich auch eine Sperrwirkung gegenüber abweichenden landesrechtlichen Regelungen.

Eine Ausnahme bilden nach §4 Abs. 1 WHG die Bundeswasserstraßen, die sich im Eigentum des Bundes befinden und den wasserstraßenrechtlichen Vorschriften unterliegen. Hierdurch treffen den Bund allerdings auch sämtliche wasserrechtliche Verpflichtungen, die sich aus dem Gewässereigentum ergeben, etwa die Gewässerunterhaltung. Hierzu gehören die Erhaltung der Ufer, der Schiffbarkeit und der ökologischen Funktionsfähigkeit (§39 WHG).

Zur Sicherung einer funktionsfähigen Wasserbewirtschaftung, vor allem der öffentlichen Wasserversorgung, ist das unterirdische Wasser einer vom Grundstückseigentum getrennten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterstellt (§4 Abs. 3 Nr. 1 WHG). Diese ordnet das unterirdische Wasser der Allgemeinheit zu und gibt dem Grundstückseigentümer prinzipiell kein Recht, darauf zuzugreifen. Jeder Zugriff auf das Grundwasser ist somit von einer behördlichen Genehmigung abhängig. Die Maßstäbe, die die Behörden bei der Entscheidung über ein Benutzungsvorhaben anzulegen haben, enthält im wesentlichen §6 WHG, der die allgemeinen Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung festlegt. Demnach sind die "Gewässer nachhaltig zu bewirtschaften", um unter anderem "ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten und zu verbessern (…), Beeinträchtigungen auch im Hinblick auf den Wasserhaushalt der direkt von den Gewässern abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete zu vermeiden (…), sie zum Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch im Interesse Einzelner zu nutzen (…) [und] möglichen Folgen des Klimawandels vorzubeugen".

Erlaubnis und Bewilligung sind zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden (§12 WHG). Schädliche Gewässerveränderungen sind etwa Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz oder anderen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine beabsichtigte Gewässerbenutzung – etwa das Entnehmen und Ableiten oder das Aufstauen und Absenken von Wasser – auch bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen, zum Beispiel bei Gemeinwohlverträglichkeit, nicht zwingend zugelassen werden muss. Nutzungsinteressenten haben mithin keinen Rechtsanspruch auf Genehmigung ihres Vorhabens. Ausnahmen über den Gemein- und Anliegergebrauch räumen sowohl das WHG als auch die Landeswassergesetze ein. Soll ein Gewässer ausgebaut werden, bedarf es einer Planfeststellung oder Plangenehmigung (§68 WHG).

Diese Regelungssystematik entspricht der Zielsetzung des WHG, eine geordnete Bewirtschaftung des ober- und unterirdischen Wassers nach Menge und Beschaffenheit herbeizuführen. Das WHG gewährt also einem Grundstückseigentümer prinzipiell nicht das Recht, auf das im Untergrund seines Grundstücks vorhandene Wasser einzuwirken. So, wie seine Befugnisse an den Grundstücksgrenzen enden, endet seine Rechtsstellung in der Tiefe dort, wo er mit dem Grundwasser in Berührung kommt.

Stehende Gewässer

Die Eigentumsfähigkeit stehender Gewässer ist nicht bundesrechtlich geregelt. Hier bleibt es also bei den landesrechtlichen Vorgaben. Die Länder können auf Grundlage von §4 Abs. 5 WHG das Eigentum am Wasser der stehenden oberirdischen Gewässer, also beispielsweise der Seen, Teiche und Weiher, eigenständig regeln. Dies führt dazu, dass das Wasser dieser Gewässer in Ermangelung einer abweichenden Regelung dort zum Grundeigentum gehört, wo die Landeswassergesetze von dem "Eigentümer eines Gewässers" sprechen oder sonst pauschal das Eigentum an einem Gewässer zusprechen. Wird hingegen "das Wasservolumen eines oberirdischen Gewässers" ohne weitere Einschränkung vom Grundeigentum ausgenommen, folgt daraus, dass auch das Wasser der stehenden oberirdischen Gewässer nicht zum Grundeigentum gehört. Das Gleiche gilt, wenn das Gewässereigentum ausdrücklich auf das Gewässerbett beschränkt wird. Der Begriff "Gewässerbett" erstreckt sich dabei sowohl auf fließende als auch auf stehende Gewässer.

Gemein-, Eigentümer- und Anliegergebrauch

Prinzipiell gestattet ist die Benutzung oberirdischer Gewässer im Rahmen des Gemeingebrauchs (§25 WHG). Unter Gemeingebrauch versteht man das jedermann eingeräumte Recht, oberirdische Gewässer im Rahmen ihrer Zweckbestimmung ohne behördliche Zustimmung in bestimmter Weise zu nutzen. Das heißt, dem Gemeingebrauch unterliegende Gewässerbenutzungen bedürfen keiner Bewilligung. Nach Maßgabe der Landeswassergesetze gehören zum Gemeingebrauch zum Beispiel das Baden, Waschen, Schöpfen mit Handgefäßen, Viehtränken, der Eissport sowie das Befahren mit kleinen Fahrzeugen ohne Motorantrieb (zum Beispiel Ruder- oder Paddelboote). Der Gemeingebrauch umfasst nicht das Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer. Er verleiht auch kein Recht auf Zugang zu einem Gewässer über Grundstücke, die anderen gehören. Landeswassergesetze und das Naturschutz- und Landespflegerecht können darüber hinaus Sonderregelungen über das Betreten von Uferrandstreifen oder den Zugang zu oberirdischen Gewässern enthalten.

Anders als für das Grundwasser sieht das Gesetz für oberirdische Gewässer zudem die Möglichkeit des Eigentümer- und Anliegergebrauchs vor (§26 WHG). Im Anschluss an den geltenden Gemeingebrauch werden hier zusätzliche Befugnisse für Grundstückseigentümer:innen und Anlieger:innen normiert. Der Eigentümergebrauch ist dabei Ausfluss des grundsätzlich zum bürgerlichen Recht gehörenden Eigentumsrechts an Gewässern. Der Anliegergebrauch ist öffentlich-rechtlicher Natur und eine Art erweiterter Gemeingebrauch: Er gewährt dem Eigentümer eines an ein Gewässer grenzenden Grundstücks ein ebenfalls nicht von einer behördlichen Entscheidung abhängiges Recht zur Nutzung eines Gewässers für den eigenen Bedarf. Allerdings dürfen andere Personen durch den Eigentümergebrauch nicht beeinträchtigt werden, und es dürfen dadurch keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten sein. Grundsätzlich vom Eigentümergebrauch ausgeschlossen ist das Einbringen und Einleiten von Stoffen. Das ihnen verliehene Gebrauchsrecht können Eigentümer:innen einem gewissen Personenkreis überlassen, etwa Pächter:innen und Mieter:innen.

Wie Eigentümer:innen das Wasser nutzen, ist ihnen überlassen. Allerdings begrenzen die Wassergesetze der Länder üblicherweise auch die Entnahme von Wasser im Rahmen des Eigentümergebrauchs so, dass sich eine kommerzielle Nutzung auf diesem Wege von vorherein verbietet. So wird zum Beispiel der Umfang der Entnahme generell an eine behördliche Gestattung geknüpft, oder die zuständige Wasserbehörde kann den Eigentümergebrauch im Einzelfall beschränken oder verbieten, um zu verhindern, dass andere beeinträchtigt werden oder dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Wassers, eine wesentliche Verminderung der Wasserführung oder eine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts eintritt. Wer also, wie etwa Mineralwasserfirmen, größere Mengen Wasser zur kommerziellen Nutzung entnehmen möchte, braucht dafür immer eine wasserrechtliche Genehmigung.

Nutzungskonflikte

Die Ressource Wasser unterliegt also seiner eigenen Nutzungsordnung. Das Wasser wird strikt reglementiert, und die Verwaltung hat, gemessen an den Zielen des WHG, die Nutzungsinteressen am Wasser zu steuern. Das beschriebene Gestattungsregime ist dabei ein Instrument der Präventivkontrolle. Alle Nutzungen, die in den Wasserhaushalt eingreifen und teilweise miteinander konkurrieren, sind miteinander in Einklang zu bringen und gegebenenfalls mit dem Grundsatz der Gemeinwohlverträglichkeit zu begrenzen.

Konkurrenzen bei der Nutzung des Wassers finden sich in Deutschland zum Beispiel zwischen der Landwirtschaft, dem Kiesabbau und der Wasserversorgung. Immer häufiger kommen auch Auseinandersetzungen zwischen Mineralwasserunternehmen und der Wasserwirtschaft hinzu. In diesem Konflikt geht es um die Frage, wer bei der Nutzung lokaler Wasserressourcen den Vorrang hat: die öffentliche Trinkwasserversorgung oder die privatwirtschaftliche Mineralwasserbranche. Bislang werden derartige Verteilungskämpfe und Nutzungskonkurrenzen eher noch mit anderen Weltregionen in Verbindung gebracht. Angesichts knapper werdender Ressourcen, klimabedingt steigender Wassernachfrage und bereits sichtbar werdender Schäden an wasserabhängigen Ökosystemen (Wäldern und Feuchtgebieten) kommen solche Konflikte aber zunehmend auch bei uns vor.

Ein Beispiel hierfür ist die Auseinandersetzung um die Treuchtlinger Firma Altmühltaler Mineralwasser im Jahr 2019: Nach Bürgerprotesten entschied das zuständige Landratsamt, die Pläne der Firma, im Probebetrieb zusätzlich 300000 Kubikmeter Tiefengrundwasser zur Mineralwasserproduktion zu entnehmen, nicht zu genehmigen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die öffentliche Wasserversorgung Vorrang vor privatwirtschaftlichen Interessen habe. Die fachliche Prüfung hatte im Vorfeld ergeben, dass eine Entnahmesteigerung nicht vertretbar sei, vielmehr die Gefahr der Übernutzung bestehe.

Ausblick

Die deutsche Wasserwirtschaft steht vor zahlreichen Herausforderungen. Eine bedeutende davon ist der Klimawandel. Wasserknappheit wird saisonal und regional auch in Deutschland zunehmend zu einem Problem. Mehr Nutzer:innen als heute werden zukünftig um eine knapper werdende Ressource konkurrieren. In Deutschland unterliegt das Wasser einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung. Gewässerbenutzungen werden bereits strikt reglementiert, und die Verwaltung hat die Aufgabe, die Nutzungsinteressen am Wasser gemäß der Bewirtschaftungsziele des WHG zu steuern. Das deutsche Wasserrecht bietet an sich die geeigneten Instrumente, um die konkurrierenden Nutzungs- und Schutzinteressen im Sinne der Allgemeinheit auszubalancieren.

Um die neuen Herausforderungen zu meistern, ist dennoch eine Neujustierung vonnöten. Neben einer Schärfung rechtlicher Vorgaben bedarf es weiterer zu kombinierender Instrumente sowie einer übergeordneten nationalen Strategie. Mit dem Ziel, diese vorzubereiten und möglichst viele Aspekte einzubeziehen, hat das Bundesumweltministerium 2018 gemeinsam mit dem Umweltbundesamt einen nationalen Wasserdialog mit verschiedenen Stakeholdern initiiert. Im Rahmen dieses Dialogs wurden die aktuellen und absehbaren Herausforderungen – Klimawandel, demografischer Wandel, geändertes Konsumverhalten, Landnutzungsänderungen, technologische Veränderungen – gründlich analysiert und Ziele sowie Handlungsempfehlungen formuliert. Die für die Nutzungskonkurrenzen wichtigsten Kernbotschaften des Dialogs sind:

  • Drohenden Nutzungskonkurrenzen und -konflikten um Wasser muss angesichts der häufiger auftretenden Dürreperioden frühzeitig, flexibel und unter Beteiligung aller Interessengruppen begegnet werden. Dafür sollen die zuständigen Behörden regionale Konzepte für Maßnahmen der Klimaanpassung und für die Festlegung von Nutzungsprioritäten von Grund- und Oberflächengewässern erarbeiten.

  • Investitionen in die Infrastruktur der Wasserwirtschaft sollen deren Resilienz (Widerstandsfähigkeit) steigern und sie klimaneutral machen. Dies erfordert von der Kommune bis zur Bundesebene neue strategische Ansätze (zum Beispiel die Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit) sowie Finanzierungs- und Förderkonzepte.

  • Die Vorrangstellung der Trinkwasserversorgung in Konkurrenz zu anderen Wassernutzungen ist klarzustellen.

  • Um die Funktionsfähigkeit der wasserabhängigen Ökosysteme zu erhalten, die Nutzungsansprüche an Oberflächengewässer und Grundwasserressourcen zu erfüllen sowie die Resilienz gegenüber den klimatischen Änderungen zu erhöhen, ist der regionale Wasserhaushalt zu sichern und zu erhalten.

Die Ergebnisse werden Grundlage für die erste nationale Wasserstrategie sein, die noch 2021 vom Bundesumweltministerium vorgelegt werden soll. Die Lösung der drängender werdenden Nutzungskonkurrenzen einschließlich der Wasserversorgung darf nicht allein den Marktkräften überlassen werden, sondern bedarf der staatlichen Steuerung, um auch Mittellosen den Zugang zu Wasser zu ermöglichen und die vom Wasser abhängige Natur zu bewahren.

ist Juristin (LL. M.) und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Umweltbundesamt in Dessau, Fachgebiet "Übergreifende Angelegenheiten Wasser und Boden". E-Mail Link: anne-barbara.walter@uba.de