Wie fortgeschritten die Arbeitsmarktintegration von Einwanderern ist, welche Faktoren sie hemmen oder fördern, und welchen Beitrag Kommunen leisten können, um der Benachteiligung vieler Einwanderer am Arbeitsmarkt zu begegnen, sind Fragen, die Wissenschaft, Politik und Gesellschaft seit Langem beschäftigen. Wir versuchen im Folgenden eine Antwort, indem wir zunächst den schillernden Begriff der "Integration" präzisieren und – mit einem besonderen Fokus auf der Stadt Stuttgart – die Gruppen näher beschreiben, die derzeit das Integrationsgeschehen prägen. Anschließend diskutieren wir die Faktoren, die die Arbeitsmarktintegration von Eingewanderten und ihren Nachkommen fördern oder hemmen können, um abschließend, wiederum am Beispiel Stuttgarts, Ansatzpunkte zur Förderung ihrer Integration auf kommunaler Ebene vorzustellen.
Was bedeutet eigentlich Integration?
Der Begriff "Integration" wird im wissenschaftlichen Diskurs nicht einheitlich verwendet. Im Bereich der empirisch-quantifizierenden Forschung wird darunter häufig das Ausmaß verstanden, in dem Einwanderer das Wissen und die Fähigkeit besitzen, ein erfolgreiches Leben im Zielland zu führen.
Wer genau dabei zur Mehrheitsgesellschaft oder zur Minderheit gezählt wird, hängt unabhängig von der Definition von Integration immer von der jeweiligen Fragestellung ab. Hier kann zwischen "Ausländern", das heißt: Personen mit ausländischem Pass, und Inländern im rechtlichen Sinn unterschieden werden. Häufig interessiert man sich aber auch unabhängig von der Staatsbürgerschaft allgemeiner für Personen mit "Migrationshintergrund" und grenzt diese von Personen ab, deren Eltern schon in Deutschland geboren wurden. Migrationshintergrund bedeutet, dass jemand entweder selbst aus dem Ausland nach Deutschland eingewandert ist (die sogenannte erste Einwanderergeneration) oder in Deutschland als Kind eines zugewanderten Elternteils geboren wurde (die sogenannte zweite Einwanderergeneration), die deutsche Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erworben hat oder als ethnische/r Deutsche/r ("Spätaussiedler") nach Deutschland gekommen ist. Diese auch in der amtlichen Statistik verwendete Abgrenzung wird bisweilen kritisch betrachtet, weil sie das "Anderssein" oder das "nicht wirklich Dazugehören" selbst von hier geborenen Personen betont. Allerdings lässt sich hier anführen, dass die Erfahrung von Migration – sei es der eigenen Person oder der eigenen Eltern – häufig ein lebenschancenprägendes Ereignis darstellt. Eine Unterscheidung zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund kann daher sinnvoll und gerechtfertigt sein, nicht zuletzt, um anhaltende Benachteiligungen zu identifizieren. Innerhalb des Personenkreises mit Migrationshintergrund kann weiter zwischen verschiedenen Herkunftsgruppen oder Herkunftsregionen wie etwa EU-Migranten und Drittstaatenangehörigen unterschieden werden.
In empirischen Studien zum Integrationsgeschehen werden verschiedene Integrationsdimensionen unterschieden; eine zweifellos als wünschenswert erachtete "Angleichung" zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund im Hinblick auf ihre Situation auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt oder im Bildungssystem ("strukturelle Integration") kann zunächst einmal unabhängig von dem Erlernen einer neuen Sprache ("kognitive Integration"), dem Knüpfen von Kontakten zu Einheimischen ("soziale Integration") oder der Identifikation mit dem Zielland ("identifikative Integration") betrachtet werden.
Der Bereich der strukturellen Integration gilt aus der Perspektive der Ungleichheitsforschung als besonders wichtig, gerade weil in vielen westlichen Einwanderungsländern ein substanzieller Teil der Migrantinnen und Migranten ein niedriges Bildungsniveau aufweist. Bildung und Beruf sind wiederum entscheidend für Lebenschancen in anderen Bereichen, von der Lebenserwartung bis hin zur Lebenszufriedenheit. Es spricht auch viel dafür, dass eine erfolgreiche Teilhabe am Arbeitsmarkt die sprachliche, soziale und identifikative Integration fördert. Hier spielen die mit der Erwerbsarbeit verbundenen Gelegenheiten, die Sprache des Ziellandes zu sprechen, Kontakte mit Einheimischen zu knüpfen und geteilte Werte, Normen und Bräuche kennenzulernen, eine wichtige Rolle. Es gibt aber auch den umgekehrten Zusammenhang: Sprachkenntnisse, Kontakte und auch normative Orientierungen fördern den Einstieg in und den Aufstieg am Arbeitsmarkt.
Integrationsgeschehen in Deutschland – und in Stuttgart
In der Bundesrepublik leben derzeit gut 1,6 Millionen Personen mit Migrationshintergrund, dies entspricht etwa 20 Prozent der Wohnbevölkerung Deutschlands. Viele Einwanderer wohnen bereits recht lange im Land, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der EU-Bürgerinnen und -Bürger mit ausländischer Staatsangehörigkeit beträgt 23 Jahre, die der Einwanderer aus der Türkei sogar rund 32 Jahre.
In Stuttgart hatten 2019 rund 45 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund (1999 waren es noch 36 Prozent)
Heute prägen verschiedene Gruppen die in Deutschland lebende Bevölkerung mit Migrationshintergrund, vor allem die als sogenannte Gastarbeiter Zugewanderten und ihre Nachkommen, die ethnisch deutschen Spätaussiedler und die im Zuge der EU-Osterweiterung nach Deutschland Gezogenen. Hochqualifizierte Einwanderer sowie die in vielen Fällen lediglich temporär in Deutschland lebenden und Freizügigkeit genießenden EU-Bürger werden im öffentlichen Diskurs häufig gar nicht als Einwanderer wahrgenommen. Sie werden eher als "international Mobile" betrachtet, deren Integration nicht weiter thematisiert oder gar problematisiert wird.
Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist allerdings seit dem Zuzug der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter nicht nur hinsichtlich ihrer Zusammensetzung nach Herkunftsländern heterogener geworden, sondern auch bezüglich ihres Qualifikationsniveaus. So ist der Anteil derer, die über einen tertiären Bildungsabschluss verfügen, nicht nur im Zeitverlauf deutlich angestiegen.
In Stuttgart setzt sich die Bevölkerung mit Migrationshintergrund aus vielen verschiedenen Nationalitäten zusammen. Die größten Ausländergruppen waren 2019 Personen mit einer Staatsbürgerschaft der Nachfolgestaaten Jugoslawiens, gefolgt von Türken und Italienern. Auch hier dominieren also die ursprünglich als sogenannte Gastarbeiter in die Industriestadt Stuttgart gezogenen Herkunftsgruppen und ihre Nachkommen. Spätestens in den 1980er Jahren haben bei diesen Herkunftsgruppen allerdings familiäre Migrationsmotive an Bedeutung gewonnen, ab den 1990er Jahren die Fluchtmigration, etwa aus den Krisengebieten des Balkans, und ab 2000 die Zuwanderung im Zuge der EU-Personenfreizügigkeit. Personen aus Polen etwa machen in Stuttgart nur einen kleinen Teil von unter 3 Prozent der ausländischen Bevölkerung aus.
Obwohl sich das Zuzugsgeschehen nach Stuttgart derzeit diversifiziert, ist die "Bestandsbevölkerung" also noch stark von den ursprünglich als Gastarbeiter zugezogenen Herkunftsgruppen geprägt. Dies schlägt sich auch in ihrem Qualifikationsniveau nieder. Laut Zensus 2011 hatten beispielsweise 18 Prozent der Stuttgarterinnen und Stuttgarter mit Migrationshintergrund keinen Schulabschluss; bei Deutschen ohne Migrationshintergrund war dies nur bei 2 Prozent der Fall.
Was fördert, was hemmt die Arbeitsmarktintegration?
Fragt man nach den Faktoren, die die Arbeitsmarktintegration von Eingewanderten und ihren Nachkommen beeinflussen, lassen sich zwei wichtige Ebenen unterscheiden. Zum einen sind hier die Merkmale der Migrantinnen und Migranten selbst zu nennen, zum anderen die Charakteristika des Aufnahmekontexts. Bei Letzterem ist nicht nur an die nationalen, sondern auch an die kommunalen Integrationsbedingungen zu denken.
Die Ressourcen und Motivationen der Migranten selbst haben entscheidenden Einfluss auf die Arbeitsmarktintegration. Aus ihrem Herkunftsland bringen sie Fähigkeiten und Wissen mit, dazu zählen Bildungsabschlüsse und Berufserfahrung. Diese Faktoren werden oft als "Humankapital" bezeichnet.
Auch der Aufnahmekontext spielt eine wichtige Rolle für die Arbeitsmarktintegration. Hierunter sind zum einen die allgemeinen Merkmale des Arbeitsmarkts zu verstehen. Wie gut gelingt generell der Einstieg in den Arbeitsmarkt für Personen, die ihren Bildungsabschluss im Ausland erworben haben? Andere Merkmale des Arbeitsmarkts, wie etwa die Arbeitslosenquote, können sich regional stark unterscheiden. Sie beeinflussen nicht nur, wie erfolgreich die Jobsuche ist, sondern auch das Ausmaß an ethnischer Diskriminierung, das arbeitssuchende Migrantinnen und Migranten oder Personen mit Migrationshintergrund erfahren. Diese sind bei der Jobsuche oft weniger erfolgreich – selbst, wenn sie hoch motiviert sind, ähnliche Qualifikationen wie Einheimische aufweisen und sich auf ähnliche Stellen bewerben. Auf der Herkunft basierende Diskriminierung bei der Einstellung wurde in vielen experimentellen Studien erforscht. Dazu werden fiktive Bewerbungen, die sich nur durch die – anhand des Namens oder eines Fotos angedeutete – Herkunft der Bewerberin oder des Bewerbers voneinander unterscheiden, auf dieselbe Stellenausschreibung eingereicht. In einer Studie zur Diskriminierung beim Zugang zu Praktikumsstellen fanden Forscher heraus, dass gebürtige Deutsche häufiger Rückmeldungen bekamen als türkische Bewerber, sowohl bei Frauen als auch bei Männern.
Kommunales Handeln – Beispiele aus der Modellstadt Stuttgart
Ausgehend von diesen Einflussfaktoren der Arbeitsmarktintegration lassen sich wichtige Ansatzpunkte für politisches Handeln identifizieren, gerade auf der kommunalen Ebene, auf der Integration letztlich stattfindet.
Bei vielen Neuzuwanderern erschweren fehlende oder nicht ausreichende deutsche Sprachkenntnisse den Einstieg in den Arbeitsmarkt. Hier besteht ein wichtiger Ansatzpunkt für politische Interventionen. In Deutschland ist das Sprachkursangebot bereits sehr umfangreich, auch berufsbezogene Sprachkurse werden angeboten.
Um Neuzugewanderte zu erreichen, ist der einfache Zugang zu Informationen entscheidend. In Stuttgart sind diese auf einer zentralisierten Plattform zumindest auf Deutsch und Englisch verfügbar. Hier finden Neubürgerinnen und -bürger Informationen darüber, wie man sich behördlich registriert, eine Wohnung und Kinderbetreuung findet, die "mitgebrachten" Qualifikationen anerkennen lässt und an Deutschkursen teilnimmt. Im Sinne einer "Willkommenskultur" ist diese Website einladend und ansprechend gestaltet und ermutigt Neuankömmlinge, Termine zu vereinbaren, um Hilfe zu bekommen. Diese Plattform kann als ein Hinweis darauf gelten, wie stark sich das Selbstverständnis Deutschlands gewandelt hat: Einwanderung wird nicht mehr prinzipiell abgewehrt (die vielzitierte Parole "Deutschland ist kein Einwanderungsland" stand 1982 im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP), sondern ihre aktive Gestaltung und die Integration der Zugewanderten wird als wichtiger Auftrag betrachtet. Beispielhaft hierfür sind viele der seit 2018 in Stuttgart entstandenen Initiativen im Bereich des "Empowerment VON Geflüchteten FÜR Geflüchtete".
So wichtig auf Einwanderer zugeschnittene Maßnahmen sind, die größte Herausforderung besteht wohl darin, zu verhindern, dass sich ethnische Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt in der Folgegeneration fortsetzen. Angesichts der gerade in Deutschland engen Verknüpfung von Bildungserfolg und Arbeitsmarktintegration spielt der Abbau von herkunftsbedingten Bildungsungleichheiten eine entscheidende Rolle. "Herkunftsbedingt" bezieht sich dabei nicht nur auf die ethnische Herkunft, sondern auch auf die soziale, das heißt, auf den sozioökonomischen Status der Eltern.
Mit der Verbesserung der Startchancen benachteiligter Kinder sollte möglichst früh im Lebenslauf begonnen werden, da Kompetenzunterschiede bereits zum Zeitpunkt der Einschulung ausgeprägt sind. In Stuttgart hatten 2019 rund 60 Prozent der Kinder unter sechs Jahren einen Migrationshintergrund – der Förderung von Sprache und Bildung in den Kindertageseinrichtungen kommt auch daher große Bedeutung zu. Durch regelmäßige Sprachstandserhebungen und die Vergabe zusätzlicher Mittel an Kindertagesstätten mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund wird die Sprachförderung gezielt eingesetzt und an Förderbedürfnisse angepasst. Hinzu kommt der vermehrte Einsatz von Personal mit Migrationshintergrund, die Möglichkeit für Grundschulen, den städtischen Qualitätsentwicklungsfonds zur Weiterentwicklung der Qualität der Bildungsangebote zu nutzen, und die verstärkte Ermutigung der Eltern, sich einzubringen. In Kursen wie "Mama lernt Deutsch" wird über die Vermittlung von Sprachkenntnissen hinaus beispielsweise auch das Bildungssystem den Teilnehmenden nähergebracht und die Zusammenarbeit mit der Schule gefördert. Das Elternseminar der Stadt Stuttgart bietet eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung von Eltern in ihrem Erziehungsauftrag. Begleitet werden solche Maßnahmen durch ehrenamtliches Engagement, beispielsweise mithilfe des Vereins "Leseohren", der Vorleseveranstaltungen für Kinder organisiert und auch Lesepaten für verschiedene Muttersprachen anbietet.
Beim Übergang von der Schule in den Beruf werden vor allem Hauptschüler durch Bildungspaten gefördert, nach dem Motto "Kein Abschluss ohne Anschluss!"
Fazit
Dieser kurze Ein- und Überblick sollte gezeigt haben, dass die Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten von vielen Faktoren abhängt. Neben den individuellen Merkmalen der Zugewanderten selbst spielt auch der Aufnahmekontext eine wichtige Rolle, und hier ist wiederum die kommunale Ebene entscheidend. Dort findet Integration im Alltag statt, und auch wenn viele der hier diskutierten Einflussfaktoren der Integration auf kommunaler Ebene kaum gesteuert werden können, bieten sich vielfältige Ansatzpunkte zur Förderung eines gleichberechtigten Miteinanders. Stuttgart hat als Stadt diese Herausforderung in vielerlei Hinsicht vorbildlich angenommen, und in zahlreichen Projekten wird respektvoll und auf Augenhöhe zusammengearbeitet. Auch wenn es weiterhin viel zu tun gibt und sich ständig neue Herausforderungen stellen – zuletzt etwa der weitgehend unerwartete Zuzug einer großen Zahl Geflüchteter –, zeigt sich vor Ort besonders beeindruckend, welche Entwicklung Deutschland in den letzten Dekaden genommen hat: weg von einer Integrationspolitik, die man sicher an vielen Stellen als "paternalistisch-folkloristisch" bezeichnen konnte und hin zu kommunalem Handeln, das sich dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe verpflichtet fühlt – in dem Bewusstsein, dass diese letztlich im Interesse aller liegt.