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Editorial | Schwarz und Deutsch | bpb.de

Schwarz und Deutsch Editorial Black Germany. Zur Entstehung einer Schwarzen Community in Deutschland Die "farbigen Besatzungskinder" der zwei Weltkriege Ostdeutsche of Color. Schwarze Geschichte(n) der DDR und Erfahrungen nach der deutschen Einheit Afrozensus. Intersektionale Analysen zu Anti-Schwarzem Rassismus in Deutschland Schwarze Körper in weißen Kunsträumen. Für eine Kultur des Kontakts Die Renaissance der Hautfarbe. Ein Gespräch über Kindheitserfahrungen, Identität und antirassistische Diskurse

Editorial

Julia Günther

/ 2 Minuten zu lesen

Heute leben rund eine Million Schwarze, afrikanische und afrodiasporische Menschen in Deutschland, ihre Familien teils seit mehreren Generationen. Dennoch werden viele auch heute noch regelmäßig mit Fragen nach ihrer "eigentlichen" Herkunft konfrontiert. Schwarz und Deutsch zu sein ist auch 2022 keine Selbstverständlichkeit. Die Zuschreibung von Fremdheit weist historische Kontinuitäten auf. An den Höfen der deutschen Feudalaristokratie in der Frühen Neuzeit galten Schwarze Bedienstete als exotische Statussymbole. Im Kaiserreich kamen vermehrt Menschen aus den Kolonien, und erste Schwarze Communities wurden in deutschen Städten sichtbar. Doch wiederholte rassistische Propagandakampagnen, insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg, gipfelten schließlich in der Vertreibung, Zwangssterilisierung und Ermordung Schwarzer Menschen im Nationalsozialismus.

Die Erinnerung an die Existenz einer Schwarzen deutschen Community verblasste bald nach 1945. In der Phase der Zweistaatlichkeit erlebten Schwarze Deutsche – etwa die Kinder von Besatzungssoldaten in der Bundesrepublik oder Schwarze Vertragsarbeiter und Studierende in der DDR – wieder Ausgrenzung und rassistische Übergriffe. In den 1980er Jahren wurden afrodeutsche Stimmen lauter, und Selbstorganisationen wie die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) wurden gegründet. Dennoch blieb Deutschlands Schwarze Vergangenheit weitgehend unbekannt und eine Auseinandersetzung mit Anti-Schwarzem Rassismus lange aus.

In den vergangenen Jahren ist – auch durch die transnationale Bewegung Black Lives Matter – etwas aufgebrochen: Die Aufarbeitung deutscher Kolonialverbrechen wird mittlerweile vehement gefordert, ebenso die Beschäftigung mit den Lebensrealitäten Schwarzer Menschen in Deutschland. Gleichzeitig stößt der Kampf um Sichtbarkeit an diskursive Grenzen. Der Grat zwischen einem verantwortungsvollen Umgang mit der Vergangenheit und Respekt füreinander auf der einen Seite und einer dogmatischen Aufladung identitätspolitischer Debatten auf der anderen ist schmal.