Sanktionen gehören seit über einem Jahrhundert zu den beliebtesten außenpolitischen Instrumenten. Besonders in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg versprachen Politiker wie US-Präsident Woodrow Wilson, dass Sanktionen den Krieg als Mittel der Konfliktlösung ablösen würden. Sie sollten eine „economic, peaceful, silent, deadly remedy“ bieten – eine Alternative zu den Schrecken militärischer Gewalt. Tatsächlich haben Sanktionen ihren Platz in der internationalen Politik gefunden, insbesondere als Mittel, um Staaten für völkerrechtswidriges Verhalten zu bestrafen und sie zu Verhaltensänderungen zu bewegen.
Doch ist dieses Instrument tatsächlich so friedlich und effektiv, wie ursprünglich erhofft? Sanktionen haben sich über die Jahrzehnte weiterentwickelt, und während sie oft als diplomatische Alternative zu Kriegen gesehen werden, erinnern die Mittel, durch die sie angewendet werden, in ihrem Kern an Techniken der wirtschaftlichen Kriegsführung. Nicht zuletzt werden Sanktionen auch als economic warfare bezeichnet. Anhand von jüngeren Beispielen lässt sich erkennen, dass Sanktionen nicht nur enormen ökonomischen Schaden für Regierungen und Volkswirtschaften anrichten, sondern auch schwere humanitäre Folgen für die Bevölkerung des Ziellandes haben können. Wie effektiv sind Sanktionen als außenpolitisches Instrument, und zu welchem Preis werden sie eingesetzt?
Was sind Sanktionen?
Sanktionen sind wirtschaftliche oder diplomatische außenpolitische Instrumente, die gegen Staaten, Organisationen oder Einzelpersonen verhängt werden, um sie zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen oder sie für Normverletzungen zu bestrafen. Klassische Wirtschaftssanktionen, wie das Handelsembargo der Vereinigten Staaten gegen Kuba oder die Sanktionen der Vereinten Nationen gegen das Apartheidsregime in Südafrika, waren vor allem im Kalten Krieg von Bedeutung. Solche umfassenden Sanktionen sind jedoch zunehmend in den Hintergrund getreten. Stattdessen setzt man heute vermehrt auf „smarte“ Sanktionen, die gezielt gegen Einzelpersonen oder bestimmte Wirtschaftssektoren gerichtet sind. Im Rahmen von Listing-Verfahren werden dabei Namenslisten von politischen und wirtschaftlichen Eliten erstellt, um deren Vermögen auf ausländischen Konten einzufrieren oder sie daran zu hindern, Reisen zu tätigen. Hierzu gehören auch sogenannte Luxussanktionen im Rahmen allgemeiner Einfuhrverbote: Das Regime von Baschar al-Assad in Syrien durfte beispielsweise lange keinen Kaviar, Trüffel oder teure Autos und Luxusbekleidung aus der EU kaufen; Russlands Oligarchen mussten auch auf Pferde, Musikinstrumente oder Pelze verzichten. Diese sogenannten targeted sanctions wurden in den 1990er Jahren im Rahmen von Initiativen wie dem Interlaken-Prozess entwickelt, um die verheerenden Auswirkungen umfassender Wirtschaftssanktionen auf die Bevölkerung zu mindern und stattdessen verantwortliche Regierungseliten direkt zu treffen.
In den vergangenen Jahren haben vor allem Finanzsanktionen aufgrund der zunehmend vernetzten globalen Finanzwelt enorm an Bedeutung gewonnen. Der internationale Zahlungsverkehr, der über SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) abgewickelt wird, kann beispielsweise genutzt werden, um Staaten von globalen Finanzströmen abzuschneiden. Diese Art der „Finanzkriegsführung“ oder weaponized interdependence wird besonders von den USA genutzt, um Sanktionen sowohl innerhalb des eigenen Staatsgebiets als auch in unbeteiligten Drittstaaten durchzusetzen. Sogenannte secondary sanctions zielen darauf, Personen und Firmen außerhalb des amerikanischen Staatsgebiets allein durch die Marktmacht der USA zum Abbruch aller wirtschaftlichen Beziehungen mit sanktionierten Entitäten zu zwingen. So haben beispielsweise unter der ersten Trump-Administration viele europäische Banken ihre Verbindungen zu iranischen Firmen aufgegeben – aus Angst, nicht mehr auf dem wichtigen US-Markt tätig sein zu können.
Sanktionspraktiken
Die USA sind bis heute unbestritten der Hauptakteur im Bereich der internationalen Sanktionspolitik. Mit ihrer wirtschaftlichen und politischen Macht sind sie in der Lage, umfangreiche Sanktionen zu verhängen, die nicht nur den Zugang zu US-Märkten einschränken, sondern auch den internationalen Handel treffen. Auch die Europäische Union ist ein bedeutender Akteur, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent. Die EU ist die einzige Regionalorganisation, die regelmäßig Sanktionen gegen Staaten außerhalb ihrer Mitgliedschaft verhängt – in der Regel im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen oder undemokratischen Entwicklungen wie Wahlmanipulation oder Militärputschen. Diese Praxis bringt ihr des Öfteren durchaus berechtigte Kritik ein: Zu Hause wird mit Autokraten wie dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán weit weniger harsch umgegangen als mit entsprechenden Regimen in der südlichen Nachbarschaft.
Andere regionale Organisationen, insbesondere in Afrika und Lateinamerika, setzen Sanktionen oft auch in Form von Suspendierungen ihrer eigenen Mitglieder ein. Diese Art von Sanktionen zielt meist darauf, die betroffenen Staaten innerhalb der Gemeinschaft zu stigmatisieren und dadurch Druck auf sie auszuüben, demokratische und rechtsstaatliche Standards wiederherzustellen. Besonders wirkungsvoll sind diese Suspendierungen jedoch selten. So suspendierte die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) zuletzt ihre Mitglieder Mali, Guinea, Burkina Faso und zuletzt auch Niger aufgrund von Militärputschen. Die Organisation amerikanischer Staaten (OAS) versuchte wiederum, Autokraten wie Nicolás Maduro in Venezuela oder Daniel Ortega in Nicaragua Einhalt zu gebieten. Vermehrt reagierten suspendierte Staaten mit einem Rückzug aus besagten Organisationen: Mali, Burkina Faso und Niger erklärten ihren sofortigen Austritt, genauso Venezuela und Nicaragua. Auch Russland kam seiner Suspendierung aus dem Europarat mit einer Austrittserklärung zuvor. Die ECOWAS gab allerdings schnell nach und hob alle Sanktionen wieder auf. Eine Verbesserung der politischen Verhältnisse in diesen Ländern gab es mithin nicht.
Sanktionen werden meist von Demokratien oder internationalen Organisationen gegenüber autokratischen Regimen verhängt, um diese zu demokratischen Wahlen und der Einhaltung von Menschenrechten zu bewegen. Weniger häufig, aber oft wesentlich medienwirksamer und erfolgreicher, sind Sanktionen, die auf Abrüstung zielen, wie dies in Nordkorea oder dem Irak der Fall war. Autokratische Regime hingegen greifen oft auf Gegensanktionen zurück, die regelrechte Sanktions- beziehungsweise Handelskriege auslösen können. Russland reagierte beispielsweise auf die Sanktionen westlicher Staaten nach der Krim-Annexion 2014 mit einem Embargo von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Gütern. Grundsätzlich sind Sanktionen damit immer hoch politisch: Einflussreiche, strategisch wichtige Staaten werden für ähnliche Vergehen wesentlich seltener zum Ziel von Sanktionen als kleine Staaten im Globalen Süden.
Effektivität von Sanktionen
Die Frage nach der Effektivität von Sanktionen ist seit Langem umstritten. Während einige Fälle wie die Sanktionen zur Verhinderung nuklearer Aufrüstung gegen den Iran und Nordkorea als Erfolg gewertet werden, gibt es zahlreiche prominente Beispiele, in denen Sanktionen gescheitert sind. Kuba etwa hat es geschafft, dem Embargo der USA über Jahrzehnte hinweg standzuhalten. Auch der Irak unter Saddam Hussein oder Zimbabwe unter Robert Mugabe konnten die umfangreichen internationalen Sanktionsregime wiederholt nutzen, um ihre Macht sogar zu stärken.
Während Sanktionen zu Zeiten des Kalten Krieges deshalb als wenig geeignetes außenpolitisches Instrument galten, zielte eine neuere Welle der Forschung ab den 1980er Jahren darauf, präzisere Daten zu erheben, um Faktoren wie Kosten, Dauer und Art der Sanktionen zu quantifizieren. Viele der noch heute am meisten genutzten Datensätze entstanden zu dieser Zeit und legten damit die Grundlage für eine systematischere Erforschung von Erfolgsbedingungen. Diese Studien zeigen unterschiedliche Faktoren auf, unter denen Sanktionen wirksam sein können. Ein zentraler Schlüsselfaktor für den Erfolg scheint die Fähigkeit des Sanktionssenders zu sein, dem sanktionierten Staat erhebliche wirtschaftliche Kosten aufzuerlegen. Je höher die Kosten für das Zielland, so die scheinbar logische Schlussfolgerung, desto eher wird die Bevölkerung Druck auf ihre Regierung ausüben und diese schließlich an den Verhandlungstisch zwingen. Harte Sanktionen, schneller Erfolg? Die Praxis zeigt etwas anderes: Selbst kostenreiche Sanktionen scheitern – wenn das Zielland in der Lage ist, das Narrativ über die Sanktionen zu kontrollieren.
Ein prominentes Beispiel dafür sind die Sanktionen gegen den Irak in den 1990er Jahren. Nach dem Angriff auf Kuwait sah sich Iraks Präsident Saddam Hussein einem Wirtschaftsembargo der Vereinten Nationen gegenüber. In veränderter Form sollte das Sanktionsregime der UNO bis 2003 in Kraft bleiben – ebenso wie Saddam Hussein an der Macht. Diesem gelang es nämlich, mit manipulierten Daten die gegen sein Land verhängten Sanktionen als humanitäres Desaster darzustellen. Wissenschaftler der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen schätzten auf Grundlage der Daten des irakischen Ministeriums für Landwirtschaft die Kindersterblichkeit im Land in den 1990er Jahren auf mehr als eine halbe Million. Das Kinderhilfswerk UNICEF errechnete später mithilfe dieser Daten sogar, eine Million Kinder seien den Sanktionen im Irak zum Opfer gefallen. Die Zahlen fanden Eingang in vielerlei Medienberichterstattung, unter anderem auch auf der Titelseite der „New York Times“. In einem berüchtigten Interview des Fernsehsenders CBS mit US-Außenministerin Madeleine Albright befand diese gar, dieser Preis sei gerechtfertigt gewesen. Später bereute sie ihre Aussage zutiefst: „My reply had been a terrible mistake, hasty, clumsy and wrong.“ Erst später stellte sich heraus, dass Saddam Hussein mithilfe dieser Propaganda geschickt die internationale Presse und Politik für sich gewonnen hatte und damit zumindest den Medienkrieg dominierte.
Zudem gilt: je präziser die Forderungen der Sanktionssender und je klarer die Ziele, desto höher die Erfolgsaussichten. Breit gefasste Sanktionen ohne klare Bedingungen laufen Gefahr, das Gegenteil zu bewirken und das betroffene Regime zu stabilisieren. Ein Paradebeispiel ist das Rally-around-the-flag-Phänomen, bei dem sich die Bevölkerung eines sanktionierten Staates aus nationalem Stolz hinter ihrer Regierung versammelt, anstatt sie zu schwächen.
Auch Sanktionen, die von multilateralen Koalitionen oder internationalen Organisationen verhängt werden, haben eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit, da sie auf einer breiten internationalen Unterstützung basieren. Diese multilateral getragenen Sanktionen erschweren es dem sanktionierten Staat, sogenannte black knights zu finden – Staaten oder Akteure, die die Auswirkungen der Sanktionen durch wirtschaftliche oder politische Unterstützung abmildern können. Ein Beispiel hierfür sind die Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Nordkorea, die in weiten Teilen sogar von China mitgetragen wurden und damit wesentlich effektiver sind als einseitige Maßnahmen einzelner Staaten. Zudem bieten internationale Organisationen durch ihre institutionelle Struktur und Expertise Mechanismen, um die Wirkung von Sanktionen zu überwachen und anzupassen. Diese regelmäßigen Überprüfungen sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die Sanktionen nicht nur ihre ursprünglichen Ziele erreichen, sondern auch auf sich ändernde geopolitische oder wirtschaftliche Realitäten reagieren können.
Neben der tatsächlichen Verhängung von Sanktionen spielt auch die Androhung von Sanktionen und die damit verbundene Abschreckung eine wichtige Rolle. In vielen Fällen reicht die glaubwürdige Drohung aus, um ein bestimmtes Verhalten zu ändern, ohne dass es zur tatsächlichen Umsetzung der Sanktionen kommen muss. Inwieweit die Androhung von Sanktionen heute noch greift, ist umstritten. Russland beispielsweise hatte bereits nach der Annexion der Krim 2014 begonnen, seine Abhängigkeit vom westlichen Finanzsystem deutlich zu verringern und seine Währungsreserven zu verdoppeln, um zukünftigen Sanktionen besser standhalten zu können.
Humanitäre Konsequenzen
Sanktionen sind nie ohne Kosten – vor allem für die Zivilbevölkerung. Sanktionen treffen oft die schwächsten und ärmsten Teile der Bevölkerung am härtesten, während die Eliten meist in der Lage sind, deren Auswirkungen abzufedern. Auch ohne die Manipulation von Daten durch das irakische Regime und trotz Hilfsprogrammen wie dem „Oil-for-food“-Programm der Vereinten Nationen kann das dortige Sanktionsregime mit Fug und Recht als „the worst outcome in the name of global governance“ bezeichnet werden. Selbst bei smarten Sanktionen bleibt die Skepsis vieler Wissenschaftler deshalb bestehen. Untersuchungen zeigen, dass gezielte Sanktionen oft zu einem Anstieg von Repressionen und Menschenrechtsverletzungen, zu mehr Korruption sowie zu einer allgemeinen Verringerung der Lebenserwartung im Zielland führen. Da Regierungen sanktionierter Länder versuchen, die Bevölkerung stärker zu kontrollieren, um das Regime zu festigen, haben Sanktionen oft genau den gegenteiligen Effekt, als intendiert. Zudem wälzen Eliten die Kosten der Sanktionen auf die Bevölkerung ab. Während politische Eliten Güter einfacher substituieren und auf Vermögen im befreundeten Ausland zurückgreifen können, muss die Bevölkerung die Konsequenzen eines verknappten Angebots an Medikamenten, Lebensmitteln oder Arbeitsplätzen tragen.
Hinzu kommt, dass viele Sanktionen zwar in der Hoffnung verhängt werden, dass sie rasche Erfolge bringen, eine schnelle Wirkung jedoch meistens ausbleibt. Ein signifikanter Anteil der internationalen Sanktionen bleibt über viele Jahre hinweg bestehen, auch wenn sie keine sichtbaren Fortschritte mehr bringen. Dies führt nicht nur zu einer Belastung der internationalen Beziehungen, sondern birgt auch das Risiko, dass sich Sanktionen als dauerhafter Zustand festsetzen, ohne dass sie effektiv gesteuert oder angepasst werden. Dies ist besonders problematisch in Fällen, in denen Sanktionen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch schwerwiegende humanitäre Folgen haben. Zudem verstärkt es das negative Bild von Sanktionen als ineffektives und schädliches außenpolitisches Instrument. Damit wirken selbst gezielte Sanktionen auf lange Zeit ähnlich wie umfassende Embargos. Die Finanzsanktionen gegen den Iran durch die US-Regierung 2018 trafen das Land deshalb nach nur wenigen Jahren der Erholung mit voller Breitseite.
Selbst wenn Sanktionen irgendwann aufgehoben werden, bleiben ihre langfristigen Folgen oft tief in den betroffenen Gesellschaften und Regionen verankert. Sanktionen fördern beispielsweise die Kriminalisierung von Gesellschaften, da sich unter Sanktionsregimen häufig ein florierender Schwarzmarkt, Schmuggelaktivitäten und kriminelle Netzwerke bilden, um Restriktionen zu umgehen. Unter den Sanktionen gegen das damalige Jugoslawien etwa entwickelte sich eine regelrechte Schattenwirtschaft, die auf Schmuggel und illegale Handelsströme angewiesen war. Die langfristige Zersetzung von Rechtsstaatlichkeit und das Erstarken informeller Wirtschaftsstrukturen und organisierter Kriminalität wirkten noch Jahre später nach.
Nicht zuletzt besteht das Risiko, dass die wirtschaftlichen und politischen Schäden, die Sanktionen anrichten, zur dauerhaften Marginalisierung ganzer Gesellschaftsteile führen. Selbst nach der Aufhebung von Sanktionen bleibt es für sanktionierte Länder schwierig, in die Weltwirtschaft reintegriert zu werden, da Investoren und Handelspartner oft zurückhaltend bleiben. Die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Stabilität und das Aufholen verpasster Entwicklungsmöglichkeiten stellen enorme Herausforderungen dar, die sich oft über Jahrzehnte hinziehen und den Aufbau nachhaltiger Strukturen behindern können.
Sanktionen als normatives Instrument?
Trotz all dieser Herausforderungen bleiben Sanktionen ein wichtiges Instrument internationaler Diplomatie. Sie signalisieren, dass es rote Linien gibt, die in der internationalen Ordnung nicht überschritten werden dürfen, und setzen damit klare Grenzen. Sie bieten auch eine symbolische Funktion: Indem Staaten Sanktionen verhängen, zeigen sie ihren eigenen Bevölkerungen und der Welt, dass sie aktiv gegen Rechtsverstöße vorgehen.
In der aktuellen geopolitischen Lage, die zunehmend von Polarisierung und der Konkurrenz zwischen liberalen Demokratien und autokratischen Regimen geprägt ist, gewinnen Sanktionen als symbolisches Instrument weiter an Bedeutung. Autokratien wie Russland oder China stellen die westlich geprägte liberale internationale Ordnung zunehmend infrage und nutzen ihre wachsende wirtschaftliche und geopolitische Macht, um alternative normative Ordnungen zu etablieren, in denen Menschenrechte und Demokratie nur Randplätze einnehmen. Die Sanktionen gegen Russland im Zuge des Angriffskrieges gegen die Ukraine waren somit nicht nur ein Mittel, um den Aggressor wirtschaftlich zu schwächen, sondern auch, um eine Botschaft der internationalen Ächtung zu senden.
Sanktionen als Mittel der Bestrafung und Stigmatisierung sind jedoch durchaus problematisch, werden sie doch weder uniform auf alle Normverstöße angewandt noch stets selbst beachtet. Länder des Globalen Südens sehen Sanktionen deshalb kritisch und betrachten sie als Instrument westlicher Dominanz. Gleichzeitig instrumentalisieren autokratische Regime Sanktionen, um innenpolitische Legitimität zu gewinnen, während sie die Kosten auf die Bevölkerung abwälzen. Dennoch bleibt die normative Wirkung von Sanktionen in der internationalen Politik relevant. Sie zeigen, dass es trotz aller geopolitischen Spannungen Grenzen für das Verhalten von Staaten gibt, die nicht überschritten werden dürfen. Sanktionen sollten jedoch nicht als Allheilmittel betrachtet werden. In vielen Fällen sind sie weit weniger erfolgreich als erhofft, die humanitären Kosten jedoch unverhältnismäßig hoch.