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Alterssicherung in Deutschland | Rente | bpb.de

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Alterssicherung in Deutschland

Gerhard Bäcker

/ 15 Minuten zu lesen

Die Alterssicherung in Deutschland wird durch die gesetzliche Rentenversicherung dominiert. Seit 2001 ist das politische Ziel, diese durch Leistungen der privaten und betrieblichen Vorsorge zu ergänzen. Deshalb kann von einem Drei-Schichten-System gesprochen werden.

Im Alter nicht mehr arbeiten zu müssen und den Ruhestand genießen zu können, ist eine herausragende Leistung des Sozialstaats. Da infolge der altersbedingten Berufsaufgabe das Erwerbseinkommen und damit die wesentliche Quelle zum Bestreiten des Lebensunterhalts entfällt, bedarf es Einkommensübertragungen an die ältere Generation. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein waren es vor allem die Familien, die den Lebensunterhalt ihrer älteren Angehörigen durch Unterhaltsleistungen sicherten. Der Wandel von Familienstrukturen, der Trend zur Individualisierung der Lebensformen und das Bestreben, finanziell bestimmte persönliche Abhängigkeiten abzubauen, haben jedoch dazu geführt, dass sich familiäre Unterhalts- und Unterstützungsleistungen mittlerweile vor allem auf Leistungen zwischen (Ehe-)Partnern einerseits und zwischen Eltern und Kindern andererseits beschränken. Zudem bedeuten sinkende Geburtenraten, dass ein wachsender Teil der älteren Menschen überhaupt keine Kinder beziehungsweise weniger Kinder hat, von denen sie im Bedarfsfall im Alter unterstützt werden könnten. Angesichts der hohen und steigenden Lebenserwartung wird es im Familienverband nahezu unmöglich, den älteren Angehörigen über Jahrzehnte hinweg ein ausreichendes Einkommen und Lebensniveau zu garantieren.

Die in Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Bismarcksche Sozialversicherungspolitik mit der Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung 1889 ist als Reaktion auf diese Entwicklung zu verstehen. Die Rentenversicherung hat seitdem mehrere Krisenphasen der deutschen Geschichte überdauert und bildet den Kern des deutschen Sozialstaates. Trotz der Ausweitung der Leistungen, der abgesicherten Risiken und des Versichertenkreises sind die Grundstrukturen dieses Zweiges der Sozialversicherung erhalten geblieben. Allerdings war und ist für die Alterssicherung in Deutschland nicht allein die Rentenversicherung maßgebend. Typisch für das System der Alterssicherung ist vielmehr dessen Vielfältigkeit. Es gibt nicht "die" am Schreibtisch systematisch konstruierte Alterssicherung, sondern abhängig von der historischen Entwicklung, den gesellschaftlichen, sozialen und ökonomischen Umbrüchen sowie den politischen Entscheidungen und Kompromissen mehrere Systeme.

Grob sind vier Schichten der Alterssicherung zu unterscheiden. Der ersten Schicht sind die gesetzlichen, pflichtigen Regelsysteme zuzuordnen, die sich aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der Beamtenversorgung und den Alterssicherungseinrichtungen für bestimmte Gruppen von Selbstständigen und Freiberuflern zusammensetzen. Zur zweiten Schicht zählt die betriebliche Altersversorgung. Die dritte Schicht bildet die private Altersvorsorge. Als letztes soziales Netz wirkt die vierte Schicht – die nach dem Fürsorgeprinzip ausgestaltete Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Die erste Schicht stellt das mit Abstand bedeutendste Leistungssystem dar, sowohl hinsichtlich des Personenkreises als auch des Leistungsvolumens. Allerdings lässt sich in den vergangenen Jahren eine Gewichtsverschiebung in Richtung der individuellen Vorsorge und der betrieblichen Altersversorgung erkennen. Die Einführung der "Riester-Rente" im Jahr 2001 markiert den Paradigmenwechsel der deutschen Alterssicherungspolitik. Es ist gesetzlich vorgegeben, den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Jahr 2025 unter 20 Prozent und bis 2030 unter 22 Prozent des Bruttolohns zu halten. Damit dies erreichbar ist, folgen die Renten der Lohnentwicklung nur noch begrenzt – mit der Folge, dass das Versorgungsniveau der Rentenversicherung seit der Jahrtausendwende kontinuierlich gesunken ist. Durch den Ausbau der privaten Vorsorge und der betrieblichen Altersversorgung sollten – gefördert durch staatliche Zuschüsse und Steuererleichterungen – die auftretenden Versorgungslücken geschlossen werden. Die zweite und dritte Schicht sind damit zu einem festen Bestandteil der staatlichen Alterssicherungspolitik geworden. Aber auch die Grundsicherung nimmt an Bedeutung zu: Der Kreis der Älteren wächst, die Anspruch auf Grundsicherung haben, weil deren Einkommen nicht ausreicht, um das Existenzminimum abzudecken.

Das System der Alterssicherung hat aufgrund des hohen und demografisch bedingt steigenden Ausgabenvolumens eine zentrale gesellschaftliche und politische Bedeutung. Es geht immer auch um das Wechsel- beziehungsweise Spannungsverhältnis von sozialstaatlichen Generationen, denn die Einkommenslage der Älteren ist notwendigerweise mit einer Einkommensübertragung von der mittleren, erwerbstätigen Generation an die ältere Generation verbunden. Jede Form der Alterssicherung berührt insofern nicht nur die Lebenslage der älteren Generation, sondern auch die der nachrückenden und zahlenden Generation, die ihrerseits darauf vertrauen muss, im Alter ausreichend versorgt zu werden.

Gesetzliche Rentenversicherung

Die Rentenversicherung berührt nahezu die gesamte Bevölkerung in Deutschland: Über 90 Prozent der volljährigen Bevölkerung haben entweder durch Beitragsleistungen Ansprüche auf spätere Renten erworben oder beziehen bereits eine Rente. Die Rentenversicherung ist jedoch keine Erwerbstätigenversicherung oder gar Bürgerversicherung, sondern konzentriert sich in Fortführung der Tradition der Bismarckschen Sozialversicherung auf die Absicherung von Arbeiter:innen und Angestellten sowie – als Ausnahmen von der Regel – auf einzelne, kleinere Gruppen von Selbstständigen. Für andere Beschäftigten- und Berufsgruppen gelten andere Systeme der Regelalterssicherung. Zu nennen sind hierbei insbesondere die Beamtenversorgung, die Alterssicherung für Landwirte, die Künstlersozialversicherung und die berufsständischen Versorgungswerke.

Die Rentenversicherung ist, wie der Name sagt, nach Versicherungsprinzipien gestaltet. Im Unterschied zur Privatversicherung gibt es eine Pflichtmitgliedschaft und gesetzlich festgelegte Leistungen. Die Finanzierung erfolgt über Beiträge, 2022 belaufen sich diese auf 18,6 Prozent des Bruttolohns. Ergänzend treten steuerfinanzierte Zuschüsse des Bundes hinzu, die insgesamt rund 23 Prozent der Gesamteinnahmen ausmachen.

Es gilt das Umlageverfahren, das heißt die laufenden Ausgaben werden sofort durch entsprechende Einnahmen gegenfinanziert, nennenswerte Rücklagen oder gar einen Kapitalstock gibt es nicht. Die Beiträge richten sich bis zur Beitragsbemessungsgrenze nach dem Arbeitseinkommen und werden je zur Hälfte von den Versicherten und ihren Arbeitgebern gezahlt. Das Leistungsspektrum der Rentenversicherung umfasst die Zahlung von Altersrenten, Erwerbsminderungsrenten, Hinterbliebenenrenten sowie Maßnahmen der Rehabilitation.

Die Rentenanwartschaften und die später ausgezahlten Renten sind beitrags- und leistungsbezogen und unterscheiden sich in ihrer Höhe nach jedem Einzelfall. Mindestrenten für alle kennt die Rentenversicherung nicht. Das grundlegende Prinzip ist vielmehr das der "Teilhabeäquivalenz". Die individuelle Höhe der Altersrente hängt danach unmittelbar von der Dauer der versicherungspflichtigen Beschäftigung und der entsprechenden Beitragszahlungen sowie von der Höhe des individuellen (beitragspflichtigen) Verdienstes in Relation zum Durchschnittsverdienst in den einzelnen Versicherungsjahren ab. Diese lebensdurchschnittliche relative Entgeltposition kommt in der Rentenformel durch die persönlichen Entgeltpunkte zum Ausdruck. So wird für ein jährliches Entgelt, das gerade dem allgemeinen Durchschnittsentgelt entspricht, ein Entgeltpunkt von 1,0 angerechnet, für ein Entgelt in Höhe von 70 Prozent des Durchschnitts ein Entgeltpunkt in Höhe von 0,7 und so weiter. Die im Verlauf der Erwerbs- und Versicherungsjahre erworbenen Entgeltpunkte werden addiert. Sie spiegeln damit die lebensdurchschnittliche Einkommensposition wider, die dann auf die Ruhestandsphase übertragen wird.

Diese Äquivalenzlogik bedeutet, dass Erwerbsverläufe, die durch eine geringe beziehungsweise durchbrochene Beschäftigungs- und Versicherungsdauer geprägt sind und/oder in denen nur eine niedrige individuelle Einkommensposition erreicht werden konnte, auch zu niedrigen Renten führen. Der Lohn- und Beitragsbezug der Rentenberechnung zielt auf den Lohnersatz nach einem langjährigen Arbeitsleben; es ist also keinesfalls ausgeschlossen, dass Renten den Bedarfssatz der Grundsicherung unterschreiten. Dass es zu einer Rente kommt, die unter dieser Schwelle liegt, ist vor allem dann wahrscheinlich, wenn – wie etwa häufig bei Frauen, die unbezahlte Sorgearbeit leisten – zuvor eine Beschäftigung im unteren Teilzeit- und Lohnsegment vorgelegen hat und/oder die Beschäftigungs- und Versicherungszeit kurz war.

Das Äquivalenzprinzip gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Denn die gesetzliche Rentenversicherung ist Teil der Sozialversicherung, deren Charakteristikum die Verbindung des Versicherungs- und Äquivalenzprinzips mit dem Prinzip des sozialen Ausgleichs (Solidarprinzip) ist. Die Elemente des sozialen Ausgleichs in der Rentenversicherung führen insofern zur einer Aufweichung und Modifikation der engen Kopplung zwischen der Stellung auf dem Arbeitsmarkt und der Höhe der individuellen Rentenanwartschaft. Zum einen werden auch Lebensphasen außerhalb der Erwerbstätigkeit oder bestimmte Lebensereignisse als rentenbegründend und -steigernd berücksichtigt, insbesondere Zeiten der Kindererziehung, der familiären Pflege sowie von Krankheit und Arbeitslosigkeit. Zum anderen werden in einzelnen Fällen Versicherungszeiten, in denen aus bestimmten schutzwürdigen Gründen nur gering verdient werden konnte, höher bewertet, so vor allem Zeiten der Berufsausbildung und einer erziehungsbedingten Teilzeitarbeit. Aktuelles Beispiel für die Bedeutung des Solidarprinzips ist die 2021 eingeführte sogenannte Grundrente: Langjährig Versicherte erhalten eine Aufstockung ihrer Entgeltpunkte, wenn sie im Niedriglohnsektor beschäftigt waren. Und für die Bezieher:innen von Erwerbsminderungsrenten sorgen Zurechnungszeiten dafür, dass die Zahl der Versicherungsjahre verlängert wird, um extrem niedrige Renten zu vermeiden, die sich bei einer Invalidität im frühen Alter errechnen würden.

Die Summe der persönlichen Rentenpunkte lässt noch keine Auskunft zu über die Höhe der (Brutto-)Renten. Um einen Zahlbetrag zu erhalten, wird diese relative Größe in der Rentenformel deshalb mit einer absoluten, in Euro bezifferten Größe verknüpft. Es handelt sich dabei um den "aktuellen Rentenwert". Er soll die aktuelle Lohn- und Gehaltssituation aller versicherungspflichtig Beschäftigten wiedergeben und wird jährlich angepasst, um sicherzustellen, dass die Renten(anwartschaften) aus den zurückliegenden Jahren nicht ständig an Wert verlieren. Dieses Prinzip der dynamischen Rente prägte die Rentenversicherung nicht von Anfang an, sondern wurde 1957 im Rahmen der Adenauer’schen Sozialreformen eingeführt.

Der aktuelle Rentenwert beträgt in den westdeutschen Bundesländern 34,19 Euro. Dies bedeutet, dass beispielsweise 45 Entgeltpunkte zu einer monatlichen Bruttorente von 1368 Euro führen. Von den Bruttorenten gehen noch die Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung ab; vorgezogene Altersrenten werden durch Abschläge gekürzt. Da sich der aktuelle Rentenwert auf alle Renten bezieht, sowohl auf die neu festgestellten Renten als auch auf die Renten im Bestand, hat seine Höhe eine elementare Bedeutung – nicht zuletzt für das gesamte Leistungs- und Ausgabevolumen der Rentenversicherung. Um das als "Rentenniveau" definierte Verhältnis zwischen Renten und Arbeitnehmerentgelten festzustellen, werden die durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelte mit den Nettorenten in Beziehung gesetzt. Zu betonen ist dabei, dass sich die Höhe der Rente nach der lebensdurchschnittlichen Einkommensposition bemisst und nicht nach dem letzten Einkommen, wie dies bei der Beamtenversorgung der Fall ist.

Betriebliche Altersversorgung

Zur betrieblichen Altersversorgung zählen die betriebliche Altersversorgung in der Privatwirtschaft und die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Während die betriebliche Altersversorgung in der Privatwirtschaft weit überwiegend auf freiwilligen Zusagen der Arbeitgeberseite beruht, bezieht die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und vergleichbarer Bereiche durch tarifvertragliche Regelungen ein. Charakteristisch für beide ist, dass ihre Leistungen die gesetzliche Rente aufstocken.

Die Betriebsrente knüpft an das Arbeitsverhältnis an. Um die Leistungen im Anspruchsfall auszahlen zu können, muss ein entsprechender Kapitalstock gebildet worden sein; die betriebliche Altersversorgung beruht damit auf dem Kapitaldeckungsverfahren. Da die betriebliche Altersversorgung in aller Regel freiwillig erfolgt und die Unternehmen die Art der Versorgung selbst bestimmen können, ergeben sich unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der erfassten Beschäftigten, der abgedeckten Risiken, der Rentenberechnung und -anpassung und der Finanzierung.

Zu unterscheiden ist zwischen direkten Leistungszusagen und Beitragszusagen. Leistungszusagen sind Zusagen auf regelmäßige Zahlung einer vorab definierten Rente, die sich je nach Vereinbarung unterschiedlich berechnen kann, aber insgesamt von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängt. Bei Beitragszusagen verpflichtet sich die Arbeitgeber:in, Beiträge zum Aufbau eines Altersvorsorgekapitals zu zahlen. Die Höhe der Versorgungsleistung ist nicht definiert, sondern hängt allein vom Anlageerfolg ab. Die Risiken des Kapitalmarkts tragen bei Leistungszusagen also die Betriebe, bei Beitragszusagen die Beschäftigten.

Seit 2002 können Beschäftigte einen Teil ihres Arbeitsentgelts für die betriebliche Altersvorsorge aufwenden. Diese Verwendung von Teilen des Gehalts für unbare Leistungen wird als Entgeltumwandlung bezeichnet und kann bis zu einer Höhe von 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch genommen werden. Bis zu diesem Betrag werden Beiträge an Pensionsfonds, Pensionskassen oder Direktversicherungen nicht nur steuer- sondern auch beitragsfrei gestellt. Umgewandelt wird also ein Teil des Bruttoentgelts. Der Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung unterliegt einem Tarifvorbehalt, der den Anstoß für eine Fülle von speziellen Tarifverträgen gegeben hat. Verträge finden sich vor allem in den großen Industriebranchen mit einer hohen Zahl von Beschäftigten. Die Tarifverträge legen fest, welche tariflichen Einkommensbestandteile umgewandelt werden können sowie ob und auf welche Weise sich ein Arbeitgeber an der Finanzierung beteiligt.

Private Altersvorsorge

Eine weitere Möglichkeit, nach Beendigung der Berufstätigkeit ein Einkommen zu beziehen, besteht in der privaten Altersvorsorge. Wer im jüngeren und mittleren Alter Geld spart und so Vermögen ansammelt, kann darauf hoffen, dass sich diese Bestände durch Wertzuwächse wie Zinseffekte oder Kurssteigerungen von Wertpapieren kontinuierlich erhöhen. Altersvorsorge durch Vermögensbildung richtet sich nach den individuellen Entscheidungen, Präferenzen und Möglichkeiten, ist also freiwillig und wird über Kapital- und Versicherungsmärkte organisiert. Da die Lebensdauer und damit der Zeitraum für die Auflösung des Kapitalstocks nicht kalkulierbar sind, bleibt für den Einzelnen unsicher, welche Höhe der Vermögensbestand im Alter erreichen muss. Diese durch die reine Vermögensbildung nicht abgedeckten sogenannten biometrischen Risiken lassen sich durch Versicherungen wie Risikolebensversicherung, kapitalbildende Lebensversicherung oder private Rentenversicherung ausgleichen.

Seit der Rentenreform 2001 ist es zum ausdrücklichen Ziel der staatlichen Sozialpolitik geworden, neben der betrieblichen auch die private, kapitalmarktabhängige Alterssicherung auszuweiten. Um das zu erreichen, wird die individuelle Vorsorgefähigkeit und -bereitschaft durch staatliche Fördermaßnahmen gestärkt.

Förderungsfähig sind bestimmte Produkte im Rahmen der privaten Altersvorsorge – und zwar solche, die im Alter eine lebenslange Auszahlung vorsehen. Zudem müssen Anbieter zum Beginn der Auszahlungsphase mindestens die Summe der eingezahlten Beträge und erhaltenen Zulagen garantieren. Diese Nominalgarantie schließt jedoch nicht aus, dass es infolge eines Anstiegs des Preisniveaus zu einem Realverlust kommt, also die Kaufkraft der Renten sinkt.

Die öffentliche Förderung einer zugelassenen Form der privaten Altersvorsorge besteht aus zwei Komponenten: Sonderausgabenabzug und Altersvorsorgezulage. Hierbei gilt die sogenannte Günstigerprüfung: Fällt die steuerliche Ersparnis durch den Sonderausgabenabzug größer aus als die Zulage, wird der Differenzbetrag vom Finanzamt erstattet beziehungsweise mit der Steuerschuld verrechnet. Voraussetzung für die Zahlung der Zulagen ist, dass ein Mindesteigenbeitrag geleistet wird. Seit 2008 liegt dieser bei 4 Prozent des rentenversicherungspflichtigen Vorjahresbruttoeinkommens. Von der Förderung profitieren vom Prinzip her vor allem Personen mit Kindern und einem niedrigen Einkommen, da der erforderliche Sparbeitrag bereits mit einem relativ geringen Eigenanteil erreicht wird. Neben der Zulagenförderung können die zum förderfähigen Personenkreis gehörenden Steuerpflichtigen ihre privaten Altersvorsorgebeiträge bis zu bestimmten Höchstbeträgen als Sonderausgaben geltend machen, was sich für Besserverdienende als sehr vorteilhaft erweist.

Lebensstandardsicherung?

Will man die Leistungsfähigkeit der skizzierten Teilsysteme der Alterssicherung bewerten, so geht es vor allem um die Fragen, ob und inwieweit die Ziele der Armutsvermeidung einerseits und der Lebensstandardsicherung andererseits erreicht werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Absenkung des Leistungs- beziehungsweise Rentenniveaus Versorgungslücken im Alter aufgerissen hat. Eine Lebensstandardsicherung kann seitdem nur noch durch eine Aufstockung der gesetzlichen Rente durch Leistungen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge erreicht werden. Dieser Paradigmenwechsel erweist sich bislang allerdings als wenig erfolgreich, machen doch die vorliegenden empirischen Befunde deutlich, dass nur ein kleinerer Teil der Beschäftigten tatsächlich betrieblich und/oder privat ausreichend, frühzeitig und zugleich dauerhaft vorsorgt.

Zwar wurden bis 2017 gut 16 Millionen Riester-Verträge abgeschlossen. Aber seitdem setzt ein kontinuierlicher Rückgang ein, vor allem weil die Produkte hinsichtlich der Abschluss- und Vertriebskosten ausgesprochen teuer sind und die Renditen angesichts der dauerhaften Niedrigzinsphase zugleich gegen Null tendieren. Mittlerweile ist jeder fünfte Vertrag ruhend gestellt. Auch der Verbreitungsgrad der betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft ist lückenhaft. Ende 2019 wiesen knapp 54 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einschließlich öffentlicher Dienst eine Anwartschaft auf. Besonders lückenhaft ist die Absicherung bei Beschäftigten in kleinen und mittleren Betrieben sowie im Dienstleistungssektor.

Zudem ist ungewiss, wie hoch die Renten aus der zweiten und dritten Schicht in den nächsten Jahren ausfallen werden. Denn die in einem Jahr gemessene Zahl von Riester-Verträgen oder Betriebsrentenanwartschaften lässt noch keine Aussage über den Zeitverlauf zu: Seit wie vielen Jahren bestehen Anwartschaften oder Verträge? Werden sie bis zum Renteneintritt kontinuierlich bedient? Ist eine Anpassung der Renten an die Einkommens- und Preisentwicklung vorgesehen? Lässt sich überhaupt kalkulieren, mit welchen Renditen gerechnet werden kann?

Im Ergebnis zeigt sich, dass es bei kapitalgedeckten Altersvorsorgeleistungen angesichts der unwägbaren Entwicklung auf den internationalen Kapitalmärkten und der Verschiedenartigkeit der Anlagen- und Altersvorsorgeformen nicht möglich ist, ein definiertes Sicherungsziel vorzugeben. Private Altersvorsorge und die betriebliche Altersversorgung können ein öffentliches, im Umlageverfahren finanziertes System ergänzen, nicht aber ersetzen. Dies gilt insbesondere, solange diese Systeme auf Freiwilligkeit basieren. Aus diesen Gründen ist es nachvollziehbar, dass in der Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung festgehalten ist, das Rentenniveau nicht weiter abzusenken.

Ein ausreichend hohes Rentenniveau ist auch erforderlich, damit die Altersrenten nach einer langen Beschäftigungs- und Versicherungsdauer zumindest das Bedarfsniveau der vorleistungsunabhängigen Grundsicherung überschreiten. Nur so kann gewährleistet werden, dass sich die Beitragszahlung auch "lohnt". Ist das nicht der Fall, droht ein Legitimations- und Akzeptanzverlust der Rentenversicherung.

Vermeidung von Altersarmut?

Zu hinterfragen ist, ob ein Teil der älteren Menschen in Deutschland so niedrige Renten bezieht, dass von Armut gesprochen werden muss. Niedrige Renten sind kein automatischer Ausdruck von Altersarmut. Eine Bewertung der Einkommenslage im Alter lässt sich sinnvoller Weise nur unter Berücksichtigung der gesamten Einkommen auf der Ebene des Haushalts vornehmen. Bei einer solch umfassenden Analyse erweist sich die Einkommenslage im Alter als weit weniger dramatisch als bei einem ausschließlichen Bezug auf die individuellen Altersrenten.

Leistungen der Grundsicherung im Alter müssen aktuell 3 Prozent der älteren Bevölkerung beziehen; das Armutsrisiko ist also noch begrenzt, wiewohl die absoluten und relativen Empfängerzahlen in den vergangenen Jahren einen merklichen Anstieg aufweisen. Diese Befunde sagen indes noch nichts über die zukünftigen Entwicklungen aus. Denn die gegenwärtige Verteilungsstruktur der Renten ist ein Spiegelbild von teilweise bereits sehr lange zurückliegenden Erwerbsmustern und -verläufen. In welchem Maße es in Zukunft zu einer wachsenden Zahl von Niedrigrenten kommt, hängt im Wesentlichen davon ab, wie sich die Erwerbsbiografien der in den Rentenbezug nachrückenden Kohorten entwickeln werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass von niedrigen Entgeltpunkten am Ende des Arbeitslebens in erster Linie Langzeitarbeitslose, nicht abgesicherte Selbstständige, Zugewanderte sowie Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen und in Niedriglohnbranchen betroffen sind und sein werden. Das Risikomaß wächst, wenn die kritischen Positionen und Phasen über eine längere Zeit andauern und nicht durch "bessere" Phasen überkompensiert werden.

Weder die private Vorsorge noch die betriebliche Altersversorgung decken für diesen Personenkreis die Sicherungslücken ab. Gerade jene Beschäftigte, die aufgrund ihrer Erwerbsbiografie nur geringe Rentenansprüche zu erwarten haben, sind am wenigsten in der Lage, mit ihrem ohnehin geringen Einkommen noch zusätzlich vorzusorgen. Insofern wirkt die ergänzende Altersvorsorge in einem hohen Maße sozial selektiv.

Grenzen der Finanzierbarkeit?

Unstrittig ist, dass infolge des demografischen Wandels immer mehr Menschen im Rentenalter immer weniger Menschen im Erwerbsalter gegenüberstehen werden. Das führt zu Finanzierungsproblemen. Bei einem gegebenen Rentenniveau müssen die Beitragssätze und/oder die Bundeszuschüsse steigen. Diese Probleme dürfen allerdings nicht dramatisiert werden. Denn die Finanzierbarkeit der Rentenversicherung lässt sich nicht allein aus dem Ungleichgewicht von "älterer" Bevölkerung und Bevölkerung "im erwerbsfähigen Alter" ableiten. Hinsichtlich der Stärke der aktiven Generation kommt es nämlich nicht auf die Zahl der Erwerbsfähigen, sondern auf die Zahl der tatsächlich Erwerbstätigen an, und zwar insbesondere der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Wenn es dazu kommt, dass sich die Frauenerwerbstätigenquote weiter erhöht und die Erwerbsbeteiligung im Alter weiter ansteigt, und wenn es gelingt, die in Deutschland lebenden Migrant:innen auch zu einem hohen Maße in den Arbeitsmarkt zu integrieren, nimmt die Entwicklung der Beitragszahler:innen einen anderen Verlauf als die Entwicklung der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Diese Abhängigkeit des Umlageverfahrens von der Entwicklung des Arbeitsmarktes ist der entscheidende Grund dafür, dass der aktuelle Beitragssatz zur Rentenversicherung mit 18,6 Prozent deutlich niedriger liegt als zwischen 2000 und 2010. Ein hohes und steigendes Beschäftigungsniveau und gute Arbeit sind insofern grundlegende Voraussetzungen für finanzierbare Renten.

Mittel- und längerfristige demografische Berechnungen müssen also mit Annahmen über die Entwicklung von Arbeitsmarkt, Arbeitslosigkeit und versicherungspflichtiger Beschäftigung kombiniert werden. Einen demografischen Determinismus gibt es nicht. Gleichwohl: Auch unter Annahme einer günstigen Beschäftigungsentwicklung ist mit höheren Belastungen der erwerbstätigen Generation zu rechnen. Daran ändern auch andere Finanzierungsverfahren nichts: Auch eine Ausweitung der kapitalfundierten privaten und betrieblichen Vorsorge hat ihren Preis. Denn die Sparbeträge bei der Riester-Rente wie auch die arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung im Rahmen der Entgeltumwandlung sind mit Einkommensabzügen verbunden, allerdings ohne Beteiligung der Arbeitgeber. Es gilt die Einsicht, dass sich die Folgewirkungen des demografischen Wandels nicht durch andere Alterssicherungssysteme und Finanzierungsverfahren wegdefinieren oder wegreformieren lassen. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, diese demografischen Belastungen gerecht zu verteilen und bei der jüngeren Generation Zustimmung und Akzeptanz für einen solidarischen Sozialstaat zu finden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Gerhard Bäcker/Ernst Kistler, Die Geschichte der Rentenversicherung in Deutschland, 30.1.2020, Externer Link: http://www.bpb.de/289604.

  2. Dazu Gerhard Bäcker/Gerhard Naegele/Reinhard Bispinck, Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland, Bd. 2, Wiesbaden 2020, S. 952ff.

  3. Vgl. u.a. Winfried Schmähl, Gründe für einen Abschied von der "neuen deutschen Alterssicherungspolitik" und Kernpunkte einer Alternative, in: Reinhard Bispinck et al. (Hrsg.), Sozialpolitik und Sozialstaat, Wiesbaden 2012, S. 391–412, hier S. 394.

  4. Siehe Deutsche Rentenversicherung Bund, Rentenversicherung in Zahlen 2021, Berlin 2021.

  5. Franz Ruland, Die Bedeutung des Äquivalenzprinzips in der Rentenversicherung, in: Deutsche Rentenversicherung 2/2013, S. 101–111, hier S. 102.

  6. Vgl. Bäcker/Naegele/Bispinck (Anm. 2), S. 985.

  7. Vgl. Anne Langelüddeke/Felix Wilke, Zunehmende Ungleichheiten bei der Altersvorsorge?, in: Deutsche Rentenversicherung 3/2021, S. 262–268, hier S. 262ff.

  8. Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Entwicklung der privaten Altersvorsorge, 20.12.2021, Externer Link: http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Rente/entwicklung-riester-vertraege.pdf?__blob=publicationFile&v=8.

  9. Vgl. dass., Alterssicherungsbericht 2020, Berlin 2020, S. 160.

  10. Vgl. Uwe Fachinger/Harald Künemund/Martin Schulz, Kapitalgedeckte Altersversorgung – Ihr Beitrag zur Lebensstandardsicherung, in: Uwe Fachinger/Winfried Schmähl (Hrsg.), Absicherung im Alter. Diskurse und Perspektiven, Münster 2015, S. 303–350, hier S. 303ff.

  11. Vgl. Gerhard Bäcker, Rentenversicherung oder Kapitalmarkt?, in: Florian Blank/Markus Hofmann/Annelie Buntenbach (Hrsg.), Neustart in der Rentenpolitik, Baden-Baden 2020, S. 25–45, hier S. 37ff.

  12. Vgl. Ingo Schäfer, Die Illusion von der Lebensstandardsicherung. Eine Analyse der Leistungsfähigkeit des "Drei-Säulen-Modells", in: Schriftenreihe der Arbeitnehmerkammer Bremen 1/2015, S. 30ff.

  13. Vgl. im Detail Bruno Kaltenborn, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung: Ein statistisches Kompendium, Deutsche Rentenversicherung Bund, DRV-Schriften 118/2019. Statistisch erfasst werden nur diejenigen, die auch einen Antrag stellen. Tatsächlich ist von einer hohen Dunkelziffer der Nicht-Inanspruchnahme auszugehen.

  14. Vgl. Bäcker/Naegele/Bispinck (Anm. 2), S. 1066ff.

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ist Senior Professor am Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen.
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