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Editorial | bpb.de

Editorial

Martin Schiller

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Am 7. September 1949 konstituierte sich in Bonn der Deutsche Bundestag und nahm seine Arbeit als gesetzgebende Gewalt der jungen Bundesrepublik auf. Nach den institutionellen Krisen der Weimarer Republik und den Menschheitsverbrechen der NS-Diktatur waren die ersten Schritte in der parlamentarischen Demokratie ebenso voraussetzungsvoll wie essenziell. Die 410 Abgeordneten mussten in Zeiten großer Unsicherheit Vertrauen in ein System schaffen, das vom mühsamen, zuweilen frustrierenden Ausloten politischer Kompromisse lebt, in dem die Grundrechte geachtet werden und das Regierungshandeln stets einem kritischen Korrektiv unterliegen sollte.

Parlamente gelten als "Herzkammern der Demokratie", ob auf Landes-, Bundes- oder auf europäischer Ebene. Die direkt vom Volk gewählten Abgeordneten sind für die Dauer einer Legislatur damit betraut, Gesetze in Ausschüssen und Plenarsitzungen auszuhandeln und zu verabschieden. Im Sinne der Gewaltenteilung kontrollieren sie die Regierung und können diese, je nach politischen Mehrheitsverhältnissen, stützen oder stürzen. Zugleich sind Parlamente immer auch Projektionsflächen für gegensätzliche politische Interessenlagen, etwa beim Zuschnitt von Wahlgesetzen, bei der Kompetenzverteilung im Föderalstaat oder in der Außen- und Sicherheitspolitik.

Inhärent ist der freiheitliche Charakter einem Parlament jedoch nicht. Seine Arenen können leicht zur Bühne autoritärer oder gar gewaltbereiter Kräfte werden. Um es davor zu schützen, müssen seine Mitglieder unverzagt um das Vertrauen in die demokratische Ordnung werben – und zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern dafür kämpfen.