Mit dem Erstarken globaler Protestbewegungen für mehr Klimagerechtigkeit sind Forderungen nach Klimaschutz auf internationaler politischer Ebene sichtbarer geworden. Die EU-Kommission stellte Ende 2019 den "European Green Deal" vor, mit dem sich die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Global gesehen geht es darum, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und kommende Klimakatastrophen teilweise zu vermeiden. Die Ziele des Green Deals, unter anderem eine sozial gerechte Übergangspolitik in eine klimaneutrale Gesellschaft, sind mittlerweile auch im Europäischen Klimagesetz festgeschrieben, das 2021 beschlossen wurde.
In Deutschland haben insbesondere die Demonstrationen der "Fridays for Future"-Bewegung für ein verstärktes Bewusstsein für klimapolitische Fragen gesorgt, und erstmals seit fast zwei Jahrzehnten sind Bündnis 90/Die Grünen wieder an einer Bundesregierung beteiligt. Bei ihrem Antritt Ende 2021 kündigte die rot-grün-gelbe Koalition entsprechend eine aktive Klima-, Energie- und Verkehrswendepolitik an – allerdings ist aufgrund des Krieges in der Ukraine nicht sicher, wie viel Aufmerksamkeit sie der europäischen Green-Deal-Politik und ihrer Umsetzung und Vermittlung auf lokaler Ebene tatsächlich widmen wird.
Massenproteste für eine radikale Klimawende begünstigten 2019 auch den Wahlsieg der Sozialdemokraten in Dänemark. Gestützt von weiteren linken und liberalen Parteien schuf die Regierung noch im selben Jahr eine repräsentativ zusammengesetzte nationale Klimabürgerversammlung, die sie bei der Verfolgung klimapolitischer Ziele beratend unterstützen soll.
Übersetzung als demokratische Praxis
Der Vergleich mit Dänemark ist nicht nur auf der praktischen Ebene, sondern auch demokratietheoretisch interessant. Denn die Klimakrise und die Notwendigkeit zeitnaher politischer Entscheidungen stehen im Zentrum verschiedener normativer Demokratietheorien. So wird unter anderem diskutiert, ob und wie soziale Bewegungen demokratische Innovationen auf lokaler Ebene vorantreiben können, um sicherzustellen, dass Regierende neben Wahlen direkten öffentlichen Input von Bürger:innen erhalten. In verschiedenen Demokratiemodellen werden dabei unterschiedliche Lösungen bevorzugt: etwa Proteste, direktdemokratische Referenden oder deliberative, konsensorientierte Bürgerversammlungen.
Im Folgenden möchte ich aus demokratietheoretischer Perspektive das kritische "politische Übersetzungspotenzial" sozialer Bewegungen, die in Dänemark und Deutschland auf lokaler Ebene für die zeitnahe Umsetzung europäischer und internationaler Klimaziele eintreten, näher beleuchten. Grundlage meiner Überlegungen zu dieser "Übersetzungsarbeit" sozialer Bewegungen sind 30 qualitative Interviews mit Klimaaktivist:innen, die ich 2020/21 in Dänemark und Deutschland geführt habe.
Mit dem Demokratiemodell politischer Übersetzung stütze ich mich zudem auf frühere Forschungen zu lokaldemokratischen und transnationalen Prozessen der deliberativen Demokratie in Deutschland, Italien, Großbritannien und den USA.
Dänemark: Staatlich unterstützte Übersetzungsarbeit
In Dänemark haben in den vergangenen Jahren nicht nur größere Städte, sondern auch kleinere Kommunen lokal vernetzte Umweltaktivist:innen als zivilgesellschaftliche Berater:innen eingestellt, damit diese ihre Klima- und Verkehrswendepolitik begleiten und vermitteln. Einer von ihnen, Carsten Christiansen,
"Ich verstehe mich als Mediator oder Übersetzer. Ich versuche zuerst zuzuhören, zu verstehen. Dann versuche ich, interessierte Bürger:innen und Politiker:innen mit Wissen zu versorgen, was wir tun können, um den Green Deal umzusetzen. Beispielsweise bewarben wir uns für Fördergelder für Tiny Houses (…) Für konservative Bürger:innen könnten Tiny Houses etwas hippiehaft klingen, und die von der Stadtverwaltung könnten denken, dass es sich nicht so leicht umsetzen lässt. Ich veränderte dann die Debatte, indem ich argumentierte, dass es eine aktuelle Studie gibt, die besagt, dass Tiny Houses unserer Stadt erlauben würden, uns als eine grüne Stadt zu branden, und dann binde ich die lokalen politischen Parteien ein (…) Die Bürgermeisterin sagte von vornherein, sie wollte auch eine Bildungsdimension und einen Waldspielplatz, das setzte dann natürlich schon mal die Grenzen dessen, was machbar ist."
Sein Bewegungswissen im Zuhören und Konsensvermitteln als langjährig engagierter Klimaaktivist war eine Voraussetzung für Christiansens’ Anstellung als kommunaler Klimabotschafter. Weitere Interviews bestätigen, dass Klima- und Umweltaktivist:innen wie Christiansen ihr Selbstverständnis als klimapolitische Übersetzer in einem kooperativen Umfeld entwickeln, das ihre Arbeit fördert, jedoch auch Grenzen setzt, abhängig von der Konsensbereitschaft der Regierenden (wie hier der Bürgermeisterin).
Durch ihre Vermittlerrolle zwischen Entscheidungsträger:innen und Bürger:innen beeinflussen soziale Bewegungen und Klimaaktivist:innen in Dänemark aktiv die Umsetzung europäischer Klimaziele auf der lokalen Ebene. Alle von mir interviewten kommunal angebundenen Klimaübersetzer:innen in Dänemark berichten sowohl vom kritischen Einfluss ihrer Arbeit auf Stadtverwaltung und Politik als auch von auftretenden Übersetzungsschwierigkeiten dabei. So erzählt eine Klimaaktivistin Mitte 20 über ihre Arbeit als befristet angestellte Klimavermittlerin einer dänischen Großstadt:
"Ich fühle mich immer wie zwischen zwei Welten, hin- und hergerissen. Jetzt verdiene ich selbst Geld bei meiner Arbeit und mache das gleiche wie vorher [als freiwillige Klimaaktivistin in einer Umweltorganisation]. In meiner neuen Rolle bei der Stadt finde ich es immer noch schwierig, meinem Chef zu vermitteln, warum ein grüner Umschwung wichtig ist. Technische Dinge versteht er, doch gleichzeitig stellen zivilgesellschaftliche Gruppen ganz andere Fragen. Es ist, als ob ich in Interaktionen mit der Stadt und im Dialog mit Bürger:innen zwei unterschiedliche Sprachen sprechen muss. Und wir sollten dann [zwischen Stadt und Bürger:innen] übersetzen, das genau ist ja unsere Rolle. Es geht um verschiedene Denkweisen und auch um Bilder, beispielsweise auch seitens meiner Kolleg:innen gegenüber Bürger:innen (…) So, als ob wir wissen, was den Bürger:innen fehlt, sie brauchen nur die richtige Anleitung. Es sind auch unterschiedliche Narrative. Die Menschen sind sehr verbrauchsorientiert und die Kommune sehr technisch, und es ist teilweise ein bisschen schwer, zu übersetzen."
Trotz ihrer Kritik an "technischen" Narrativen und Denkweisen der Stadtpolitik ist sie sich ihrer eigenen eingeschränkten Einflussmacht als städtische Klimaübersetzerin bewusst. Diese liegt in der Aufgabe der Klimaübersetzer:innen, die Umsetzung lokaler Pläne für Klimaneutralität seitens der Politik und der Verwaltung zu überwachen. So unterstützen Klimaübersetzer:innen beispielsweise zivilgesellschaftliche Vereine bei der Organisation kommunaler Bürgerklimaversammlungen. Auch überwachen sie die Umsetzung der von Bürger:innen auf diesen Veranstaltungen vorgetragenen Ideen für eine lokale Politik im Sinne des europäischen Green Deals. Eine Klimaübersetzerin aus Aarhus berichtet im Interview:
"Im Prinzip ist die Kommune offen für Leute von außen, doch der Klimaplan war dann doch etwas intransparent. Bei unseren Klimaversammlungen sollen die Menschen Input liefern, dann posten alle ihre Ideen, aber was passiert eigentlich mit ihrem Input? Der eigentliche Entscheidungsprozess und der politische Entscheidungsprozess [geschieht] im Anschluss an die Bürgerversammlung. (…) Es ist gut, also, dass da jemand aufpasst, dass nicht hinter verschlossenen Türen entschieden wird. Meine Kollegin und ich verstehen uns [hier] als Vermittlerinnen."
Wie in diesem Zitat anklingt, verstehen von mir interviewte dänische Klimaübersetzer:innen ihre Kernaufgabe als eine kritische Vermittlungsarbeit an der Schnittstelle zwischen Stadt und Bürger:innen, deren Aufgabe es ist, die Transparenz von Bürgerbeteiligungsverfahren zu stärken und darauf zu pochen, dass klimapolitische Anregungen von Bürger:innen von städtischen Verwaltungsangestellten und Politiker:innen bei politischen Entscheidungen einbezogen werden.
Bezüglich staatlicher Förderung bemerken alle Interviewpartner:innen in Dänemark, dass der Regierungswechsel 2019 der lokalen Klima- und Verkehrswendepolitik Rückenwind verliehen habe – allerdings eher rhetorisch als über Fördergelder. So sagt der Klimaübersetzer einer mittelgroßen Stadt in der Nähe von Kopenhagen:
"Die dänische Staatsregierung setzt auf eine klimafreundliche Politik, was sehr wichtig ist. Trotzdem habe ich bisher nicht viel staatliche Förderung gesehen, doch zumindest gibt die neue Regierung den Diskurs hin zu zeitnahen Entscheidungen für Klimaneutralität vor. (…) Aber das Geld kommt nicht von der Regierung, es sind die großen Stiftungen, es ist Geld von der Gesellschaft selbst, das einfacher zu ergattern ist."
Auch wenn sich hier zeigt, dass die staatliche Förderung in Dänemark als ausbaufähig eingeschätzt wird, lässt sich doch festhalten, dass dänische Städte eine institutionell eingebundene Klimaübersetzungsarbeit aktiv unterstützen. Die von einzelnen Kommunen als Berater:innen angestellten Aktivist:innen erleben ihre kritische politische Übersetzungsmacht zwischen Stadt und Bürger:innen dabei als spannungsreiche, Transparenz und Partizipation fördernde demokratische Vermittlungsarbeit.
Deutschland: Klimaübersetzung unter Spannung
Beim Vergleich zwischen Dänemark und Deutschland ist es zunächst wichtig, festzuhalten, dass in Deutschland insgesamt geringere Förderbudgets für städtische Klimapolitik zur Verfügung stehen.
Auf diesen strukturellen Nachteil weist auch eine überregional tätige Klimaübersetzerin aus Berlin hin, die in West- und Ostdeutschland für Klimabewegungen arbeitet:
"Ein Problem ist, dass deutsche Städte aufgrund der Bundesgesetzgebung so wenig politischen Gestaltungsspielraum haben. (…) Auch ein grüner Bürgermeister kann nicht so viel ändern, und auch im Gesamthaushalt größerer Städte ist gar nicht so viel Spielraum. Daher ist unsere Rolle, zu überzeugen, herauszufinden, was lokale zivilgesellschaftliche Gruppen wollen. (…) Da gibt es unterschiedliche Kulturen, das muss man echt vermitteln, da geht es um Übersetzung. Zum Beispiel haben sehr wenige der Menschen, die uns zu lokaler Energiewendepolitik konsultieren, bereits vorher mit dem Vorstand ihres Stadtwerks gesprochen."
Wie in Dänemark wird politische Übersetzung also als eine auf Dialog zielende Vermittlungsarbeit zwischen "unterschiedlichen Kulturen", zwischen zivilgesellschaftlichen Gruppen, Parteien und gewählten Entscheidungsträger:innen aufgefasst. Anders als im nördlichen Nachbarland bedeutet lokale Klimaübersetzung in Deutschland aber meist unbezahlte zivilgesellschaftliche Arbeit in einem konfliktreichen politischen Umfeld.
In größeren wie kleineren Städten berichten die Interviewten von tiefen ideologischen Gräben und "Glaubenskämpfen" zwischen Zivilgesellschaft, politischen Parteien und kommunalen Verwaltungen. In einem Umfeld mit fehlenden institutionellen Förderungsmitteln und fehlender Kompromissbereitschaft lernen unabhängige lokale Klimaübersetzer:innen, Vorschläge von Bürger:innen für Klima, Energie, und Verkehrswendepolitiken nur hinter vorgehaltener Hand zu vermitteln, wie ein seit 20 Jahren aktiver Klimaaktivist aus einer großen Industriestadt in Westdeutschland berichtet:
"Man braucht Gespür dafür, was man sagt, was man weglässt. Bei politischen Parteien muss ich aus strategischen Gründen manche Sachen nicht gleich erwähnen. (…) In Bezug auf klimapolitische Ziele unserer Stadt haben wir einen komplett durchdachten Forderungskatalog, aber den kommunizieren wir nicht nach außen, vor allem nicht gegenüber den Politikern. Wir sind zuverlässiger Kooperationspartner für die Politik, und das heißt auch, dass es sehr, sehr wichtig ist als politischer Akteur ernst genommen zu werden."
Die Gesamtheit meiner Interviews mit den ehrenamtlich engagierten Klimaübersetzer:innen in Deutschland spiegelt die Zurückhaltung eines Teils der städtischen Entscheidungsträger:innen wider, was die Umsetzung der internationalen klimapolitischen Vorgaben und den Dialog mit der Zivilgesellschaft angeht. So berichtet die Mehrzahl der Interviewten von Lernprozessen im Umgang mit politischen Institutionen, wie diese Klimaübersetzerin aus einer deutschen Großstadt:
"Ich bin, (…) auch aufgrund meines Berufs als Wissenschaftlerin, oft wie eine Brücke zwischen Menschen, doch mein Wissen wurde in unserer Stadt nicht nur positiv genutzt. Vor zwei Jahren rief mich der Bürgermeister an, um sich mit mir zu treffen. Es war ein gutes Gespräch, doch dann wurde ich von Politikern blockiert, am Telefon war plötzlich immer besetzt, und dann wurde ich von einer Dezernentin angerufen, und dann sagte sie, was das soll, dass ich Ideen bezüglich der Klimapolitik direkt mit dem Bürgermeister entwickle. (…) Mittlerweile bemerke ich, wie da interne politische Konflikte mitspielen."
Statt wie in Dänemark rasch "Brücken" zwischen Bürger:innen und kommunalen Entscheidungsträger:innen aufzubauen, müssen die in Deutschland aktiven Klimaübersetzer:innen oftmals die Erfahrung machen, dass sie ihre politische Überzeugungsarbeit auf ein verwaltung- und parteipolitisch belastetes politischen Umfeld einzustellen haben. In den von mir untersuchten Städten wählten Klimabewegungen nach dem Scheitern ihrer Vermittlungsgesuche mit der Stadtverwaltung oder Bürgervertreter:innen oftmals direktdemokratische Mittel wie den sogenannten Klimaentscheid, den es mittlerweile in über 70 deutschen Städten gibt.
Übersetzung ohne Konsens: Bürgerentscheide
Bürgerbegehren wie der Klimaentscheid sind ein direktdemokratisches Instrument, um über das Erreichen einer bestimmten Unterschriftenanzahl ansässiger Bürger:innen ein Stadtparlament dazu zu verpflichten, über bestimmte klimapolitische Forderungen zu entscheiden. Anders als in Dänemark, wo Städte mit Bürgerklimaversammlungen Foren für aktive Übersetzungsarbeit eingerichtet haben, arbeiten Klimaübersetzer:innen in Deutschland zunehmend über politischen Druck und verbinden Protest und soziale Bewegungen mit direktdemokratischen Kampagnen.
Eine gewisse Offenheit für die Thematik bei den Lokalpolitiker:innen ist dabei allerdings notwendig, denn je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Regeln, wie Referenden verwendet werden können. Mehrere Bundesländer bauen zusätzlich zu benötigten Unterschriften rechtliche Barrieren für das Zustandekommen von Referenden auf. Daher tauschen sich lokale Klimaaktivist:innen mit Expert:innen für direktdemokratische Referendumskampagnen aus, sammeln Unterschriften von Bürger:innen und kommen auf diese Weise letztendlich auch ins Gespräch mit lokaler Verwaltung und Politik. Eine Mitarbeiterin des Vereins Bürgergehren Klimaschutz beschreibt dies als "Wechselspiel zwischen Konsens- und Konfliktkultur":
"Das Tolle an Bürgerbegehren ist, dass sie helfen, bei Dingen, die der Stadtrat NICHT will. Da geht’s um Interessenkonflikte. (…) Das Spannende (…) ist, dass die Zivilgesellschaft viele Leute außerhalb der grünen Bubble überzeugen muss, sonst kommt man nicht auf das Quorum benötigter Unterschriften. Weiter kommt es auf Kooperation der Stadt an, denn die müssen es umsetzen. Das heißt noch nicht, dass es auch umgesetzt wird, wenn es durchgeht. Daher sind Verhandlungen mit dem Stadtrat immer wichtig."
Für soziale Bewegungen und Klimaaktivist:innen in Deutschland bietet der Klimaentscheid eine Alternative zu Bürgerversammlungen – wenn die Stadt keinen Willen zum Dialog mit zivilgesellschaftlichen Gruppen zeigt. Dennoch deuten weitere Interviews darauf hin, dass Bürgerentscheide sozialen Bewegungen ein robustes Mittel bieten, um politischen Dialog zu erwirken und somit Möglichkeiten für die eigentliche Übersetzungsarbeit zu eröffnen. Über eine mehrjährige Kampagnenarbeit könnten Klimaübersetzer:innen dabei häufig ein Umdenken seitens der Stadtpolitik erreichen, so eine Klimaübersetzerin:
"Der Klimaplan [erarbeitet von einer Klimabürgerversammlung] ist an sich ist nichts als ein Stück Papier, während ein Bürgerbegehren zu einem direktdemokratischen Klimaentscheid immer verbindlich ist. (…) Der Erfolg dieser Klimaentscheide lässt sich nicht direkt messen. Aber Kassels Kohlekraftwerk geht nach der lokalen Klimaentscheid-Kampagne fünf Jahre früher vom Netz, und Mannheim wird jetzt doch keine Gasenergieanlage starten – mit Sicherheit hat das auch mit den lokalen Bürgerinitiativen Klimaentscheid zu tun, doch der genaue Zusammenhang ist schwer messbar. In Hamburg wurde ein Energiewerk abgeschaltet."
Während in Deutschland dialogische Versuche der Klimaübersetzung zunächst häufig am Widerstand von lokalen Politiker:innen oder Stadtverwaltungen scheitern, eröffnen direktdemokratische Referendumsverfahren die Möglichkeit, Bürger:innen in einen langfristig angelegten politischen Dialog zu Themen der Klimapolitik einzubinden.
Fazit
Aus demokratietheoretischer Perspektive zeigen meine Ergebnisse die vermittelnde Rolle sozialer Bewegungen bei der Umsetzung internationaler Klimaziele mithilfe lokaldemokratisch engagierter zivilgesellschaftlicher Klimaübersetzer:innen auf. In Dänemark haben Kommunen konsenserprobte Klimaaktivist:innen als zivilgesellschaftliche Vermittler:innen eingestellt und Bürgerklimaversammlungen zu einem festen Bestandteil lokaler Verfahren der deliberativen, konsensorientierten Demokratie gemacht. In Deutschland engagieren sich freiwillige und hauptamtliche Klimaübersetzer:innen hingegen in sozialen Bewegungen außerhalb der Stadtparlamente und haben direktdemokratische Bürgerbegehren zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf den Weg gebracht, in deren Rahmen ebenfalls zivilgesellschaftliche Übersetzungsarbeit geleistet wird – die aber zugleich mit verbindlichen Forderungen an die lokalen gewählten Entscheidungsträger:innen verknüpft ist.
Bezüglich der Debatte um Demokratie und Polarisierung von Klimapolitik in Europa zeigen diese Ergebnisse, wie Klimaübersetzer:innen in den untersuchten Städten politische Konflikte nutzen, um mehr Partizipationsmöglichkeiten für Bürger:innen anzuregen und mithilfe deliberativer Bürgerversammlungen oder direktdemokratischer Bürgerbegehren Mitspracherechte zu Klimaschutzthemen einzufordern. Die institutionell erwünschten Einflussmöglichkeiten sozialer Bewegungen als zivilgesellschaftliche Klimaübersetzer:innen auf kommunaler Ebene sind in Deutschland im Vergleich zu Dänemark insgesamt geringer. In Dänemark nutzen Städte aktiv das Wissen sozialer Bewegungen und binden erfahrene Aktivist:innen als Klimaübersetzer:innen institutionell ein. Unter Bedingungen von fehlendem Konsens in Sachen Klimapolitik und fehlendem Interesse an zivilgesellschaftlichem Dialog haben sich in den von mir untersuchten deutschen Städten unabhängige, konfliktorientierte zivilgesellschaftliche Übersetzungsmodelle der lokalen Demokratie auf Basis von Kampagnen- und Aufklärungsarbeit außerhalb von Institutionen entwickelt.
Die politische Übersetzungsarbeit von institutionell geförderten Klimaübersetzer:innen unter Vorbedingungen eines breiteren gesellschaftlichen Konsens halfen dänischen Industriestädten wie Aarhus, international eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung europäischer und internationaler Klimaziele einzunehmen. Während dänische Städte dabei sämtliche Kosten für Bürgerbeteiligungsverfahren zu Klimaschutzthemen übernehmen, tragen in Deutschland oft unabhängige zivilgesellschaftliche Vereine die Kosten für die Beantragung und Formulierung von Bürger:innenbegehren. Dass die frühere Greenpeace-Geschäftsführerin Jennifer Lee Morgan nun als Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt Teil der Bundesregierung ist, könnte ein Fingerzeig für deutsche Städte sein, mit Klimaaktivist:innen zusammenzuarbeiten. In einer Zeit vorhersehbarer Klimakatastrophen könnte die kritisch vermittelnde Übersetzungsfähgkeit sozialer Bewegungen die demokratische Legitimität, Handlungsfähgikeit und Resilienz von Kommunen nachhaltig stärken – wobei es hierfür auch den politischen Willen und Förderungsmöglichkeiten für Städte benötigt, um zivilgesellschaftliche Klimaübersetzung wie in Dänemark zu institutionalisieren. So sollte zukünftige Forschung im internationalen Vergleich ermitteln, ob und inwieweit zivilgesellschaftliche Klimaübersetzer:innen auch in polarisierten lokalpolitischen Kontexten eine Vertrauenskultur für Dialog gelingende Kooperation fördern kann, um dem Zeitdruck klimapolitischer Fragestellungen für die Demokratie zu begegnen.