Außergewöhnliche Krisen erfordern außergewöhnliche politische Maßnahmen – das haben die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine auf Neue bestätigt. Auch der Klimawandel steht für eine Krise ungewöhnlichen Ausmaßes, doch die dagegen ergriffenen Maßnahmen reichen offensichtlich nicht aus, um den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg auf ein verträgliches Maß zu begrenzen: Die Weltorganisation für Meteorologie prognostiziert mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit, dass die 1,5-Grad-Schwelle bereits bis 2026 überschritten wird. Der wachsende Handlungsdruck setzt auch die Demokratie unter Druck, denn demokratische Verfahren brauchen Zeit – aber "der Planet wartet nicht", wie der Vorsitzende des Nachhaltigkeitsrates kürzlich betonte.
Bereits heute sorgen energie- und klimapolitische Vorhaben, etwa der Ausbau der erneuerbaren Energien, für heftige Debatten. Der besonnene Austausch von Argumenten und der demokratisch organisierte Interessenausgleich erweisen sich dabei vielfach als schwierig. Wie sollen sie gelingen, wenn sich der Druck noch weiter erhöht, weil viel mehr in immer kürzerer Zeit notwendig wird? Wie lassen sich "angemessen drastische", also ausreichende Maßnahmen rechtzeitig beschließen und umsetzen, ohne demokratische Standards zu vernachlässigen? Und wie weit darf Protest für oder gegen mehr Klimaschutz gehen?
Trotz allem sind Befürchtungen, es drohe eine "Ökodiktatur", überzogen – signalisiert der Begriff doch vielmehr den Versuch, klimapolitische Maßnahmen als per se undemokratisch zu diskreditieren. Gleichwohl ist es notwendig, noch stärker in demokratische Vermittlungsarbeit zu investieren, um die Bevölkerung ernst- und auf dem Transformationspfad wirklich "mitzunehmen" – vor allem auf kommunaler Ebene, wo Konflikte um konkrete Vorhaben in der Regel ausgetragen werden. Wenn schon das Corona-Virus eine "demokratische Zumutung" war, dürften mit den sich wandelnden ökologischen Tatsachen weitere bevorstehen.