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Editorial | Nigeria | bpb.de

Nigeria Editorial Nigeria in fünf Büchern. Eine literarische Tour Facetten der Unsicherheit. Nigerias Herausforderungen auf dem Weg zum Frieden Der Fluch des Segens. Nigeria und das Öl Zwischen Hegemonialmachtfantasien und Staatsversagen. Nigerias Rolle in Westafrika Der Biafra-Krieg als globales Medien- und Protestereignis Ikone einer Debatte. Eine Rezeptionsgeschichte der "Benin-Bronzen" Nollywood. Schaufenster eines sich behauptenden Nigerias

Editorial

Anne-Sophie Friedel

/ 2 Minuten zu lesen

Die Bundesrepublik Nigeria ist mit rund 206 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern und einem Bruttoinlandsprodukt von über 432 Milliarden US-Dollar das bevölkerungsreichste Land und die größte Volkswirtschaft des afrikanischen Kontinents. Der westafrikanische Staat zählt global zu den wichtigsten Öl- und Gasproduzenten und beheimatet mit "Nollywood" die zweitgrößte Filmindustrie der Welt. Zugleich leben in Nigeria so viele Menschen in extremer Armut wie in keinem anderen Land. Nur ein Fünftel der Nigerianerinnen und Nigerianer hat Zugang zu sauberem Trinkwasser, 55 Prozent zu Elektrizität. Die Lebenserwartung bei Geburt liegt bei 54 Jahren.

Auch in der nunmehr vierten Republik seit der Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich 1960, mit der im Jahr 1999 Jahrzehnte der Militärherrschaft endeten, gelingt es Nigeria nicht, sein gewaltiges ökonomisches Potenzial zugunsten der breiten Bevölkerung auszuschöpfen. Korruption zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten. Im Zusammenspiel mit der Rivalität zwischen den drei größten der bis zu 400 ethnischen Gruppen – den Hausa im Norden, den Igbo im Südosten und den Yoruba im Südwesten –, die durch den föderalen Staatsaufbau nicht aufgefangen wird, behindern Klientelismus und Vetternwirtschaft dringende Reformen und untergraben die Handlungsfähigkeit des Staates.

Symptomatisch dafür ist die Sicherheitslage. Der Norden wird durch islamistische Terrormilizen wie "Boko Haram" und "Islamic State West Africa Province" destabilisiert, während sich quer durch Nigeria gewaltsam ausgetragene Landkonflikte zwischen sesshaften Bauern und nomadischen Hirten zuspitzen. Organisierte Kriminalität, Raubüberfälle und Entführungen sind vielerorts alltäglich. Mehr als 2,7 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht. Längst vermag der Staat es nicht mehr, sein Gewaltmonopol durchzusetzen. Und doch spielt Nigeria eine zentrale Rolle für die Stabilität der Region.