Italien gilt als Sehnsuchtsland der Deutschen: Einmal über die Alpen, und schon ist die Landschaft schöner, das Wetter besser, das Essen leckerer, und die Menschen sind herzlicher. Den Traum einer Italienreise erfüllen sich seit den 1950er Jahren immer mehr deutsche Urlauberinnen und Urlauber – 2024 werden 6,5 Millionen erwartet. Jenseits von Klischees und einer beiderseitigen Verklärung ist das Wissen übereinander jedoch ausbaufähig: „Man schätzt bzw. achtet sich, aber kennt sich doch nicht wirklich“, heißt es in einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung von 2021. Eine Gelegenheit, sich besser kennenzulernen, ist die Frankfurter Buchmesse 2024: Italien ist Ehrengast.
Nach der Corona-Pandemie, von der Italien besonders heftig getroffen wurde, beherrscht vor allem die rechte Regierungskoalition unter Giorgia Meloni die Schlagzeilen der hiesigen Italien-Berichterstattung. Der Amtsantritt der ersten Ministerpräsidentin in der Geschichte der Republik im Herbst 2022 wurde durchaus mit Sorge beobachtet, gilt ihre Partei Fratelli d’Italia doch als postfaschistisch – also als Nachkommin des historischen Faschismus. Während sich auf europäischer Ebene bislang wenig davon zeigt, wird in Italien leidenschaftlich über Melonis Reformvorhaben gestritten. Insbesondere in dem Versuch, das Regierungssystem umzubauen und durch eine Stärkung der jeweiligen Parlamentsmehrheit die Machtverhältnisse zugunsten der Exekutive zu verstetigen, sehen viele einen Angriff auf die Verfassung.
Wie in Deutschland ist die politische Debatte auch in Italien stark von den Themen Flucht und Migration geprägt. Seit Jahren gehört Italien zu den Ländern, an dessen Küsten die meisten Flüchtlinge ankommen. Lange Zeit wurden die Hilfegesuche aus Südeuropa von den nördlichen EU-Staaten ignoriert. Ob die Wahrnehmung eines wachsenden Migrationsdrucks im Norden die Solidarität mit dem Süden stärkt? Im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem behält Italien eine Schlüsselstellung.