Soziale, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen für die Gesellschaft rücken zunehmend ins Zentrum öffentlicher Debatten. Themen wie beispielsweise die Erderwärmung, Naturkatastrophen, Armut oder der Mangel an Bildungsmöglichkeiten werden seit Langem diskutiert. Diese und andere Herausforderungen – und das Fehlen von entsprechenden Lösungen – werden auch in der aktuellen Corona-Pandemie immer deutlicher. So zeigt sich beispielsweise, dass Armut mit einem verstärkten Expositionsrisiko für das Virus einhergeht und nicht nur krisenbedingte finanzielle, sondern etwa auch psychologische Probleme bei den ohnehin stark betroffenen Personen verstärkt.
Zugleich ist beispielsweise im Zuge der Diskussionen um den Klimawandel, um Fridays For Future (FFF) oder die Black-Lives-Matter-Bewegung deutlich geworden, dass das Bewusstsein der Gesellschaft für die sozialen und ökologischen Herausforderungen steigt. Verstärkt wird nach zukunftsorientierten und nachhaltigen Maßnahmen verlangt, die diese Herausforderungen adressieren und ein gesellschaftliches Umdenken veranlassen sollen. Diese Erwartung richtet sich nicht nur an den einzelnen Menschen, der durch sein gezieltes Verhalten bereits einen Beitrag im Kampf gegen die Herausforderungen leisten kann, sondern sie richtet sich insbesondere auch an die Unternehmen, die maßgeblich zur Entwicklung und Gestaltung der Zukunft beitragen können und sollen. Doch wie können Unternehmen einerseits wirtschaftlich und andererseits im gleichen Zuge sozial und nachhaltig agieren? In der Vergangenheit stand für Unternehmen vor allem die Profitmaximierung im Zentrum ihrer Aktivitäten; die Lösung gesellschaftlicher Probleme wurde hingegen meist dem Staat zugeschrieben und nicht in den unternehmerischen Kontext eingebunden. Jedoch mangelt es staatlichen Akteuren mitunter sowohl an der notwendigen Flexibilität als auch zu einem gewissen Grad an Innovationsfähigkeit, um angemessen und zeitnah auf gesellschaftliche Herausforderungen reagieren zu können. Die Bundesregierung hat die Bedeutung von Innovationen für die wirtschaftliche Entwicklung erkannt und in den vergangenen Jahren im Rahmen von Projektförderungen und Ausschreibungen zunehmend die Gründung neuer, innovativer Unternehmen unterstützt. Ein Thema, das jedoch erst kürzlich vermehrt in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt ist und das sich auf andere Aspekte als den ökonomischen Mehrwert konzentriert, war in der Wirtschaft bisher nur wenig präsent: "Social Entrepreneurship". In den vergangenen Jahren zog das Konzept "sozialen Unternehmertums" jedoch vermehrt Aufmerksamkeit auf sich. Es gilt als eine Unternehmensform, die das Potenzial besitzt, gängige Muster neu zu denken, soziale und ökologische Aspekte zu kombinieren und diese in unternehmerischen Aktivitäten zu verankern.
Der folgende Beitrag widmet sich dem Phänomen Social Entrepreneurship (im Folgenden auch als "Sozialunternehmertum" bezeichnet) näher und beleuchtet einerseits, wie Sozialunternehmer*innen versuchen, mit ihren Gründungen einen sozialen und nachhaltigen Mehrwert zu schaffen, und andererseits die Schwierigkeiten, mit denen sie aufgrund ihrer sozialen Orientierung konfrontiert sind. Im Zentrum des Beitrags steht die Frage, was Social Entrepreneurship ausmacht, welche Hürden Sozialunternehmen überwinden müssen, um eine gesellschaftliche Veränderung hervorzurufen, und welche Bedeutung ihnen insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie beigemessen werden sollte. Zudem wird diskutiert, welche Unterstützung zukünftig geboten ist, um sozialunternehmerische Aktivitäten zu fördern, wie dadurch die Weichen für die Gründung von Sozialunternehmen gestellt werden können und ein Beitrag zu einer besseren Zukunft geleistet werden kann.
Was ist Social Entrepreneurship?
Social Entrepreneurship bezeichnet die Nutzung von marktbasierten Methoden, um innovative und nachhaltige Lösungsvorschläge bereitzustellen, die primär das Ziel verfolgen, einen sozialen oder ökologischen Mehrwert zu schaffen.
Sozialunternehmer*innen sehen sich häufig mit dem Problem konfrontiert, erklären zu müssen, was ein "Social Start-up" beziehungsweise ein Sozialunternehmen ausmacht und wie es sich von einer traditionellen Gründung unterscheidet. Dem liegt ein Denken in traditionellen Strukturen zugrunde, welches eine Unternehmensgründung stets mit einer Gewinnerzielungsabsicht koppelt. Viele Studien zeigen, dass die Motivation der traditionellen Unternehmer*innen meist darauf fußt, sich mithilfe von ökonomischen Mitteln von gängigen Hierarchie-Strukturen abzukapseln und Autonomie zu gewinnen. Die Gewinnerzielungsabsicht steht dabei im Zentrum der unternehmerischen Aktivitäten. Die Gründung von Sozialunternehmen hingegen unterscheidet sich dahingehend von traditionellen Gründungen, dass diese zusätzlich zur Gewinnerzielungsabsicht vor allem darauf zielen, einen sozialen Mehrwert für die Gesellschaft und die Umwelt zu schaffen.
Studien zeigen, dass sich nicht nur die Zielsetzung der beiden Unternehmensformen voneinander unterscheidet, sondern auch die Motivation der Gründenden. Trotz ihrer Gemeinsamkeiten, wie etwa ihrer Offenheit für Wandel und ihrer Risikoaffinität, zeigt der bisherige Stand der Forschung, dass insbesondere persönliche, wertebasierte Charakteristika die Intention zur Gründung eines Sozialunternehmens vorantreiben. So zeigen Sozialunternehmer*innen verstärkt die Fähigkeit zur Empathie und Mitgefühl und werden zumeist von einem prosozialen Verhalten geleitet. Dieser prosoziale Charakter gilt als zentrales unterscheidendes Merkmal zwischen traditionellen und sozialen Unternehmer*innen.
Beispiele aus der Praxis
Obwohl das Interesse am Thema Social Entrepreneurship in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist, ist es kein gänzlich neues Konzept. Beispiele von Unternehmen, die sich dem Ziel der Schaffung eines gesellschaftlichen Mehrwerts gewidmet haben, gab es schon in der Vergangenheit. Muhammad Yunus gilt als der wohl bekannteste Sozialunternehmer. 1983 gründete er in Bangladesch die Grameen Bank, die sich dafür einsetzt, Mikrokredite an Menschen ohne finanzielle Sicherheiten zu vergeben. Anders als andere, traditionelle Banken verlangt Muhammad Yunus mit der Grameen Bank keine Einkommenssicherheiten der Kreditnehmenden, sondern vertraut darauf, dass die Personen auf Grundlage einer individuellen Bindung und aktiven Einbeziehung in die Tätigkeiten der Bank ihre Schulden begleichen und auch entsprechende Zinsen bezahlen. So verfolgt die Bank das Ziel, Armut zu verringern und Menschen eine Chance zu geben, ihrer schlechten finanziellen Situation zu entkommen.
Auch in Deutschland steigt das Interesse für das Thema Social Entrepreneurship. Bekannte Sozialunternehmen aus Deutschland sind beispielsweise "Ecosia", "Discovering Hands" und "Kuchentratsch".
Ecosia wurde 2009 von Christian Kroll gegründet. Hierbei handelt es sich um eine ökologische Suchmaschine. Das Unternehmen setzt sich mithilfe der Suchmaschine für die Umwelt ein, indem es Werbeanzeigen zur Erwirtschaftung seiner Gewinne nutzt, die dann wiederum in gemeinnützige Organisationen reinvestiert werden, die sich für die Umwelt engagieren. So finanzierte das Unternehmen mithilfe seiner Suchmaschine bereits das Pflanzen von mehr als 100 Millionen Bäumen.
Discovering Hands widmet sich der Früherkennung von Brustkrebs. 2011 von Frank Hoffmann gegründet, setzt das Unternehmen darauf, blinde Frauen, die über einen besonders guten Tastsinn verfügen, für Brustkrebsuntersuchungen auszubilden. Im Rahmen einer neunmonatigen Ausbildung zu Medizinisch-Taktilen Untersucherinnen (MTUs) werden die Mitarbeiterinnen geschult und für ihre zukünftige Tätigkeit befähigt. Blinde Frauen gelten auf dem Arbeitsmarkt aufgrund ihrer Beeinträchtigung als schwer vermittelbar und haben doch gerade wegen dieser Beeinträchtigung einzigartige Fähigkeiten. Das Sozialunternehmen nutzt diese Kombination in seinem Geschäftsmodell und leistet mit seiner unternehmerischen Tätigkeit einerseits einen Beitrag zur Brustkrebsvorsorge und bietet andererseits blinden Frauen eine Berufsalternative im Gesundheitssystem.
Das 2014 von Katharina Mayer gegründete Unternehmen Kuchentratsch verfolgt das primäre Ziel, Selbstbestimmung im Alter zu fördern und mit wirtschaftlichem Handeln zu kombinieren. Hierfür setzt die Sozialunternehmerin auf selbstgebackenen Kuchen von Senior*innen. Ihnen wird so ermöglicht, Kontakte zu knüpfen, gegen die Einsamkeit anzukämpfen und sich gleichzeitig ein zusätzliches Einkommen zur Rente zu sichern. Die gebackenen Kuchen werden vom Unternehmen in Cafés und über einen Onlineshop vertrieben.
Sozialunternehmertum rückt inzwischen nicht nur in den Fokus von Gründenden. Auch viele Unterstützende treiben das Thema voran und setzen sich für diese Form des Unternehmertums ein. So tragen Initiativen wie das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. oder Ashoka maßgeblich zum Bekanntheitsgrad des Konzepts bei. Sie unterstützen Sozialunternehmen unter anderem durch die Bereitstellung von Netzwerken und den Zugang zu Startkapital. Zudem bieten deutschlandweit einige Universitäten inzwischen Kurse an, die dazu beitragen sollen, Studierende für die Gründung von Sozialunternehmen zu sensibilisieren und sie entsprechend zu befähigen.
Herausforderungen und Hindernisse
Nun könnte man meinen, dass Sozialunternehmer*innen aufgrund ihres wichtigen Beitrags für die Gesellschaft und des enormen Mehrwerts, den sie schaffen, erfolgreicher sein sollten als traditionelle Neugründungen von Unternehmen. Dem ist allerdings nicht so. Gerade sie sehen sich mit Herausforderungen konfrontiert, die für traditionelle Unternehmer*innen gar nicht oder nur in geringem Umfang gelten.
Obwohl Sozialunternehmer*innen viele Persönlichkeitsmerkmale mit traditionellen Unternehmer*innen teilen, zeigt sich, dass sie wegen ihrer prosozialen Motivation häufig besonderen Herausforderungen gegenüberstehen. Zwar geht die prosoziale Einstellung oft mit erfolgsversprechenden Faktoren wie einer verbesserten Lösungsorientierung und einer gesteigerten Kreativität einher, häufig kämpfen Sozialunternehmer*innen aber mit einer verzerrten Wahrnehmung. So identifizieren sie sich mitunter zu stark mit ihren Unternehmenszielen und handeln im Unternehmensprozess emotional, obwohl eine rationalere Herangehensweise langfristig aus ökonomischer Perspektive profitabler wäre. Zudem sehen sich Sozialunternehmer*innen in ihren Handlungen häufig wegen ihres Wunsches, anderen zu helfen und das Allgemeinwohl zu verbessern, mit negativen Gefühlen wie Druck und Verpflichtung konfrontiert.
Darüber hinaus sind Sozialunternehmer*innen auf politische und institutionelle Unterstützung angewiesen, um ihre Unternehmen erfolgreich gründen zu können. Studien zeigen, dass insbesondere an dieser Stelle Sozialunternehmen zu kämpfen haben. So verdeutlicht der Deutsche Social Entrepreneurship Monitor (DSEM) 2019 die Unzufriedenheit der Sozialunternehmer*innen mit der Unterstützung durch die Politik. Die durch die Bundesregierung zur Verfügung gestellte Förderung wurde von ihnen durchschnittlich nur mit der Note 4,6 bewertet (1 = sehr gut, 6 = ungenügend). Vor diesem Hintergrund wird insbesondere auch eine fehlende Lobbyarbeit beklagt, die benötigt würde, um in der Politik für ihre Anliegen zu werben und Sozialunternehmer*innen den Weg zu ebnen. Außerdem wünscht man sich konkrete Maßnahmen zur Förderung des Sozialunternehmertums.
Sozialunternehmen kämpfen aber nicht nur mit einem Vertretungs- und Abgrenzungsproblem gegenüber herkömmlichen Unternehmen, sondern auch mit einem Mangel an geeigneten Rechtsformen für ihr Geschäftsmodell. In Deutschland existiert derzeit keine Rechtsform, welche die duale Mission, die die Sozialunternehmen verfolgen, abbildet. Diese grenzen sich in ihren Geschäftsmodellen ja nicht nur von traditionellen Unternehmen, sondern auch von gemeinnützigen Organisationen ab. Wenn sie eine gewinnorientierte Rechtsform wählen, lassen sich soziale und finanzielle Ziele und Methoden nur schwer miteinander vereinbaren und kombinieren. So profitieren sie als gewinnorientierte Organisationen nicht von etwaigen Steuererleichterungen für ihre sozialen Bemühungen, haben keinen Zugang zu Spenden und können nicht auf ehrenamtliche Mitarbeitende zugreifen, die ihr Engagement hauptsächlich in gemeinnützigen Vereinen ausüben. Häufig sehen Sozialunternehmer*innen sich daher gezwungen, eine komplexe Unternehmensstruktur aufzubauen, die beispielsweise eine Stiftung mit einer gewinnorientierten Rechtsform (zum Beispiel einer GmbH) kombiniert, um so immer noch ein soziales Anliegen ausweisen zu können und von dessen Vorteilen zu profitieren. Entscheiden sich die Sozialunternehmer*innen für eine Rechtsform aus dem gemeinnützigen Bereich, zum Beispiel für eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG) oder einen eingetragenen Verein (e.V.), fehlt es ihnen wiederum an Möglichkeiten der Generierung von Gewinnen und der Gewinnausschüttung.
Obgleich Sozialunternehmen immer häufiger gegründet werden und die Wahrnehmung innerhalb der Gesellschaft für diese Art des Unternehmertums zunimmt, sehen sich Sozialunternehmer*innen auch mit einem mangelnden Zugang zu Fremdkapital konfrontiert. Dies liegt zum einen an der Schwierigkeit der Rechtsformwahl, zum anderen spielt auch die Intention von Geldgebern eine große Rolle. Während traditionelle Unternehmen überwiegend von Kreditgebenden und Investor*innen finanziert werden, gestaltet sich diese Möglichkeit für Sozialunternehmen schwierig.
Vor diesem Hintergrund setzen Sozialunternehmer*innen vermehrt auf die Nutzung von Crowdfunding-Plattformen als alternative Finanzierungsoption für ihr Unternehmen. Im Rahmen von Crowdfunding-Kampagnen stellen sie ihr Produkt oder ihre Dienstleistung und den geplanten Mehrwert für die Gesellschaft vor. Im Idealfall investieren Interessenten, bei denen es sich meist nicht um professionelle Investor*innen handelt, dann kleinere Beträge in die vorgestellten Unternehmen und erhalten, sobald das Unternehmen entsprechende Umsätze erwirtschaftet, eine Gegenleistung in Form von Produkten, Dienstleistungen oder kleineren Geschenken.
Ein weiteres Hindernis für den Erfolg des Sozialunternehmertums liegt in der Wahrnehmung der Legitimität dieser Unternehmensform. Dadurch, dass Sozialunternehmer*innen sich für eine duale Mission einsetzen und mit ihrem Handeln bestehende Praktiken in der Wirtschaft, aber auch in der Gesellschaft neu zu gestalten versuchen, fällt es anderen schwer, sie in einer bestimmten Kategorie zu verorten. So sind sie weder dem bekannten sozialen Engagement, noch dem gängigen wirtschaftlichen Handeln zuzuordnen und gelten somit als "anders". Sozialunternehmer*innen kämpfen damit, dass die Gesellschaft diese Unternehmensform nicht wirklich begreift, was teilweise so weit geht, dass sogar ihre Daseinsberechtigung angezweifelt wird. Der Diskurs um ihre vermeintlich mangelnde Legitimität erschwert es den Sozialunternehmer*innen, einen langfristigen gesellschaftlichen Wandel mit voranzureiben; eher zwingt er sie dazu, ihre Legitimität zunächst unter Beweis stellen zu müssen. Mitunter machen sich einige Sozialunternehmen hier die gängige Vorstellung von "Helden" und "Schurken" zunutze und versuchen, ihre eigene Position in ein positives Licht zu rücken. Sie stellen sich als Helden im Kampf gegen die gesellschaftlichen Herausforderungen dar, um sich so besser von anderen Unternehmen abzugrenzen und den Mehrwert, den sie bieten, zu unterstreichen.
Sozialunternehmen können sich nicht alleine anhand finanzieller Indikatoren messen lassen. Sie versuchen deshalb häufig, auch ihre gesellschaftliche Wirkung (den "Impact" ihres Tuns) zu messen, um so die finanzielle Unterstützung, die sie erhalten, zu rechtfertigen, und zu evaluieren, inwieweit sie ihre Ziele auch wirklich erreichen. Die gesellschaftliche Wirkung meint hier jene positiven Ergebnisse unternehmerischen Handelns, die einen Mehrwert für die Gesellschaft und/oder die Umwelt bieten.
Wichtigkeit sozialunternehmerischer Aktivitäten
Insbesondere in der aktuellen Corona-Pandemie wurde die Bedeutung von prosozialem Verhalten, Empathie und Solidarität deutlich. Gerade zu Beginn der Pandemie konnte man ein zunehmendes soziales Engagement beobachten. So wurden beispielsweise vermehrt Hilfestellungen wie Einkaufsgänge für Ältere oder auch ehrenamtliche Unterstützung in Krankenhäusern angeboten. Über dieses soziale Engagement hinaus konnten auch sozialunternehmerische Aktivitäten beobachtet werden. So haben sich beispielsweise deutschlandweit viele Personen bei "WirVsVirus", einem Hackathon der Bundesregierung, engagiert. Im Rahmen dieser gemeinnützigen, kollaborativen Softwareentwicklungskonferenz haben innerhalb von 48 Stunden rund 28.361 Personen an der Entwicklung von innovativen und kreativen Lösungen für Herausforderungen mitgearbeitet, die durch die Corona-Pandemie aufgekommen sind. Insgesamt entstanden so mehr als 1.500 Lösungen mit gesellschaftlichem Mehrwert.
Die Entwicklungen der Pandemie geben Anlass zur Vermutung, dass uns nachhaltige Veränderungen bevorstehen, die mit einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel verbunden sein werden. Nicht zuletzt gilt dies auch für die sich abzeichnende deutliche Verschlechterung der mentalen Gesundheit in der Gesellschaft, die unter anderem auf die geltenden Kontaktbeschränkungen und die damit einhergehende soziale Isolation zurückzuführen sind.
Handlungsempfehlungen
Doch wie können Sozialunternehmer*innen in ihrem Handeln bestärkt werden? Zunächst wäre es wohl wichtig, sich davon frei zu machen, dass der ökonomische Gewinn das einzige Erfolgskriterium für Unternehmen ist. Das Allgemeinwohl kann und sollte auch ein Teil von wirtschaftlichem Handeln sein. Sozialunternehmer*innen selbst sollten sich über den Zusammenhang zwischen ihrer prosozialen Motivation und den daraus resultierenden emotionalen Hürden im Klaren sein. Sie sollten ihr Handeln nicht ausschließlich von ihren positiven Emotionen leiten lassen, sondern auch rationalem Kalkül folgen, das langfristig zu größerem Erfolg führt.
Erste Weichen zur Förderung des Sozialunternehmertums wurden von der Bundesregierung bereits gestellt, etwa durch die erstmalige Thematisierung sozialen Unternehmertums im letzten Koalitionsvertrag; nach eigenem Bekunden will die Regierung die Unterstützung und Förderung sozialer Innovationen weiter angehen. Dennoch bedarf es weiterer Fördermaßnahmen. Ein wichtiger Schritt läge in der Einführung einer geeigneten Rechtsform, die das ökonomische Handeln und die soziale Mission der Unternehmen gleichermaßen abbildet und steuerrechtlich fördert.
Betrachtet man den Bildungssektor, wird deutlich, dass zwar an den Universitäten Sozialunternehmertum und die entsprechenden Fertigkeiten teilweise gelehrt und gefördert werden, dass aber kaum Schüler*innen für diese Art des Wirtschaftens sensibilisiert werden. Ein weiterer Schritt wäre daher, Sozialunternehmertum auch im Curriculum unserer Schulen zu verankern. Auch Konsument*innen können ihren Beitrag zur Förderung leisten, indem sie ein Bewusstsein dafür entwickeln – und ihren Konsum dahingehend ausrichten –, welcher gesellschaftliche Mehrwert etwa mit dem Kauf von Produkten von Sozialunternehmen verbunden ist.
Schließlich ist es wichtig, den Sozialunternehmer*innen selbst Wertschätzung für ihr Engagement entgegenzubringen. Ihre Legitimität sollte nicht länger infrage gestellt werden. Es bedarf weiterer Aufklärung und Sensibilisierung für das Thema, damit die Beweggründe und die Ziele der Sozialunternehmer*innen deutlicher werden und ihr Mut zur positiven gesellschaftlichen Veränderung gewürdigt und nachhaltig bestärkt wird.