Die Prognosen des Weltklimarats IPCC sind deutlich: Der Klimawandel schreitet unaufhörlich voran, es wird auch in Deutschland wärmer und trockener.
Große Städte sind mit ihrer baulichen Dichte und dem gerade im Innenstadtbereich oftmals hohen Versiegelungsgrad sowie geringer Durchgrünung meist stärker betroffen. Ein ungünstiges Zusammenspiel von Sonneneinstrahlung, Gebäudeeigenschaften und menschengemachter Wärmefreisetzung führt dazu, dass die Durchschnittstemperatur bis zu zehn Grad Celsius über der des Umlands liegt und auch nachts nur eine geringere Abkühlung stattfinden kann. Es bilden sich sogenannte Hitzeinseleffekte aus. Diese können ganze Innenstadtbereiche betreffen oder sehr lokal auf einzelne Gebäude oder Straßenzüge beschränkt sein.
Mit der Hitze geht Trockenheit einher. Bislang herrscht kein flächendeckender Wasserstress in Deutschland, es gibt jedoch regionale Unterschiede bei der Wasserverfügbarkeit.
Die Entsiegelung und Begrünung von Flächen zur Versickerung und Kaltluftentstehung ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Klimaanpassung – gleichzeitig müssen die Bewässerung des zusätzlichen Grüns und der Erhalt von vorhandenem Grün sichergestellt werden. Wenn es lange trocken ist, steht außerdem weniger Trinkwasser zur Verfügung, Grundwasserpegel sinken, und es fehlt damit zum Beispiel an Löschwasser. Gleichzeitig steigt der Wasserbedarf, weil fehlendes Niederschlagswasser durch Trinkwasser ersetzt wird, beispielsweise bei der Bewässerung.
Visionen gegen Verletzbarkeit
Wenn klar ist, inwieweit ein Ort potenziell von Klimafolgen betroffen ist, kann die spezifische Verletzbarkeit, die Vulnerabilität, einer Stadt festgestellt werden: Inwiefern und wo können Hitze und Trockenheit oder Überflutungen Schaden anrichten? Besonders vulnerabel sind beispielsweise soziale Einrichtungen, die sich in Hitze-Hotspots befinden. In sozialen Einrichtungen halten sich vor allem Bevölkerungsgruppen auf, die sich aufgrund gesundheitlicher Vorbelastungen, ihres Alters oder sonstiger Hilflosigkeit kaum oder gar nicht vor den gesundheitlichen Folgen der Hitzebelastung schützen können.
Weiterhin sind Städte an vielen Stellen so gestaltet, dass sich wenige Möglichkeiten zur Versickerung und damit auch zum Halten oder zur kühlenden Verdunstung von Wasser bieten. Auch Verschattung fehlt vielerorts, beispielsweise auf Plätzen oder an Haltestellen. Dadurch ist es nicht nur heiß, sondern Bewohner*innen und Besucher*innen sind UV-Strahlung ausgesetzt. Mit der steigenden Anzahl der Sonnentage und aufgrund anderer klimawandelbedingter Ursachen steigt das Risiko für hitzebedingte Leiden und gesundheitliche Schäden wie Hautkrebs.
Strategien, Konzepte und Maßnahmen zum Umgang mit Hitze und Trockenheit existieren ebenso wie gute Beispiele aus Kommunen in Deutschland oder Europa. Viele Lösungen wurden in Pilotprojekten, mit Fördergeldern und Unterstützung durch Ingenieurbüros und Forschungsinstitute entwickelt. Wichtig ist es, Kommunen für die breite Umsetzung dieser Lösungen zu befähigen. Es ist sinnvoll, die Themen Hitze und Trockenheit bei allen kommunalen Entscheidungen zu berücksichtigen, sei es in der Bauleitplanung, bei der Sanierung von Liegenschaften oder bei der Planung und dem Betrieb von Kindertagesstätten und Seniorenheimen. Kommunale Verwaltung und Politik sind gefragt, aber auch alle privaten Akteur*innen, die (Grün-)Flächen und Gebäude besitzen oder vulnerable Bevölkerungsgruppen versorgen. Die Vision einer klimaresilienten Entwicklung hilft bei der Umsetzung in der Breite. Häufig angewandt werden etwa das sogenannte Schwammstadt-Konzept sowie die Priorisierung von sogenannten blau-grünen Infrastrukturen beziehungsweise von naturbasierten Lösungen.
Schwammstadt, wasserbewusste Stadtentwicklung und blau-grüne Infrastrukturen
Eine Möglichkeit, die kommunale Infrastruktur an die Folgen der Klimakrise anzupassen, ist die Orientierung am Konzept der Schwammstadt oder der wasserbewussten Stadtentwicklung (Abbildung).
Nicht jede Kommune mag das Schwammstadtprinzip so konsequent umsetzen können oder wollen wie beispielsweise die niederländische Stadt Rotterdam.
Dreifache Innenentwicklung und multifunktionale Flächennutzung
Frei- und Grünraum stehen häufig jedoch nur begrenzt zur Verfügung. Der Baudruck lässt aktuell an vielen Orten neue Wohn- und Gewerbegebiete entstehen. Um Außenflächen zu schonen und den Flächenverbrauch zu reduzieren, ist Nachverdichtung beziehungsweise Innenentwicklung das Gebot der Stunde. Dabei werden vorrangig Brachflächen und leerstehende Gebäude entwickelt, Baulücken geschlossen, Häuser aufgestockt und Flächen im Bestand bebaut, beispielsweise Hinterhöfe. Die dadurch entstehenden kurzen Wege und der effiziente Ressourceneinsatz tragen durchaus zum Klimaschutz bei. Ein Konflikt entsteht jedoch, wenn dadurch Flächen zur Kaltluftproduktion und Schneisen zur Frischluftversorgung von Quartieren bebaut werden. Im Baubestand konkurrieren die Ansprüche der Klimaanpassung ohnehin mit anderen Infrastrukturen – an der Oberfläche vor allem mit Verkehrsflächen, unterirdisch mit Leitungen zur Ver- und Entsorgung. Es bleibt wenig Raum für mehr Grün, und bestehende Bäume leiden unter zu kleinen Pflanzgruben sowie stark verdichteten und versiegelten Böden.
Teilweise können solche Konkurrenzen aufgelöst oder zumindest abgemildert werden, beispielsweise durch die Begrünung von Gebäuden. Gründächer und begrünte Fassaden kühlen das Gebäude, versickern und verdunsten Wasser, binden Feinstaub und bieten außerdem Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Ein Dachgarten kann außerdem von Hausbewohner*innen genutzt werden. Viele Kommunen versuchen bereits nach dem Prinzip der dreifachen Innenentwicklung frühzeitig und integriert zu planen – also erstens durch bauliche Verdichtung, zweitens durch Vermehrung von Stadtgrün sowie drittens durch die Förderung raumsparender Mobilität, insbesondere durch Bevorzugung des öffentlichen Nah-, Rad- und Fußverkehrs. Das Zusammendenken mit dem Thema nachhaltige Mobilität bietet nicht nur Synergien für den Klimaschutz, sondern auch für die Klimaanpassung: Weniger Fahrbahnen und Stellplätze ermöglichen mehr entsiegelte Räume oder aber zumindest eine klimasensible Gestaltung solcher Flächen.
Gegenmaßnahmen
Kommunen können vorsorgen – sofern sie sich strategisch aufstellen und geeignete Maßnahmen zeitnah umsetzen. In Bezug auf Hitze beschäftigen sich Kommunen in Deutschland aktuell zunehmend mit der Hitzeaktionsplanung. Auch im vorsorgenden, integrativen Ansatz der Nationalen Wasserstrategie des Bundes spielen Kommunen eine wichtige Rolle.
Hitzeaktionsplanung
Das Instrument der Hitzeaktionspläne ist nicht neu. 2008 entwickelte die Weltgesundheitsorganisation erstmals Leitlinien für die Erstellung von "Heat Health Action Plans".
Hitzeaktionspläne erfordern eine enge Zusammenarbeit innerhalb der kommunalen Verwaltung und mit den Akteur*innen des Sozial- und Gesundheitswesens, unter anderem dem öffentlichen Gesundheitsdienst, Krankenkassen, Pflegediensten sowie ambulanten und stationären Versorgern. Kreisfreie Städte können eigene Hitzeaktionspläne erstellen. Außerhalb der kreisfreien Städte sollten zudem die Kreise aktiv werden, da das Gesundheitswesen in ihren Zuständigkeitsbereich fällt und kleine Kommunen mit der Erstellung eines eigenen Hitzeaktionsplans häufig überfordert sind.
Weitere strategische Instrumente
Kommunen können sich mit weiteren Instrumenten auf die Folgen unter anderem von Hitze und Trockenheit vorbereiten. Aktuell sind dies:
integrierte Klimaanpassungskonzepte,
Klimarisikoanalysen,
integrierte Stadtentwicklungskonzepte,
Quartierskonzepte sowie
Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsverfahren.
Die einzelnen Instrumente unterscheiden sich hinsichtlich Methodik, Zielsetzung und jeweiliger Datengrundlage, ermöglichen es den Kommunen jedoch auf verschiedene Weise, Klimaanpassung integriert zu betrachten und Maßnahmen zu entwickeln. Darüber hinaus gibt es gute Beispiele für Strategien oder Konzepte, um Maßnahmen für einzelne Zielgruppen oder Betroffenheiten umzusetzen, zum Beispiel zum Hitzeschutz in Kitas oder für Wohnungslose.
Räumliche Planung
Land und Kommune können vor allem langfristig die Belastung durch Hitze und Trockenheit mit Instrumenten der räumlichen Planung steuern.
Überwärmungstendenzen von Dächern, Fassaden und bebauten Flächen, etwa durch Anpassung baulicher Strukturen oder der Festsetzung von hellen Farben,
Verbesserung der Grün- und Freiraumausstattung,
hitzeangepasster Umbau des Gebäudebestands,
Optimierung und Sicherung klimatischer Ausgleichsräume.
Eine besondere Herausforderung für die Vorsorge gegen Hitze und Trockenheit sind Veränderungen im baulichen Bestand. Hier ist die Betroffenheit meist besonders groß und gleichzeitig die Möglichkeit zur Anpassung eingeschränkt: Bei anstehenden Maßnahmen im eigenen Einflussbereich wie beim Bau und bei der Sanierungen von öffentlichen Straßen, Plätzen oder Parks sollten Kommunen deswegen generell klimasensibel planen und bauen.
Kommunikation und Beratung
Schließlich ist es Aufgabe der Kommunen, mit den Bürger*innen zu kommunizieren und sie so auf den Umgang mit Hitze und Trockenheit vorzubereiten. Einige Kommunen setzen hier bereits innovative Formate um: So stellt unter anderem die Stadt Recklinghausen eine interaktive Online-Karte zur Verfügung, für die Bürger*innen Problemorte melden und Maßnahmenvorschläge einreichen konnten. Die Hinweise und Vorschläge wurden bei der Erstellung des Maßnahmenplans zur Klimaanpassung berücksichtigt.
Wo stehen wir in Deutschland?
Der Bund hat bereits 2008 die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) beschlossen. Diese beschäftigt sich mit Klimafolgen und Anpassungsmöglichkeiten in 15 Handlungsfeldern vor allem auf Bundesebene. Konkrete Maßnahmen sind zudem im Aktionsplan Anpassung definiert. 2020 wurde der zweite Fortschrittsbericht zur DAS veröffentlicht. Aktuell werden messbare Ziele für die Klimaanpassung in Deutschland erarbeitet. Gleichzeitig bietet diese Strategie auch einen Rahmen unter anderem für Kommunen: Beispielsweise wurden mit Fördermitteln des Bundes Hitzeaktionspläne in Worms und Köln erstellt.
Zudem haben einige Bundesländer eine Klimaanpassungsstrategie oder sind dabei, eine zu erstellen. Als erstes Land hat Nordrhein-Westfalen 2021 versucht, mit einem eigenen Klimaanpassungsgesetz der Rechtsunsicherheit in den Kommunen entgegenzuwirken. Dabei helfen soll ein Berücksichtigungsgebot: Demnach sollen die Träger öffentlicher Aufgaben, also auch Kommunen, bei ihren Planungen und Entscheidungen die Klimaanpassung fachübergreifend und integriert berücksichtigen. Außerdem wird auf die Notwendigkeit der Klimaanpassung im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge hingewiesen und eine Empfehlung zur Aufstellung und Umsetzung von Anpassungskonzepten in Kommunen gegeben. Zur Umsetzung des Berücksichtigungsgebots im praktischen Kommunalalltag stellt das Land eine Orientierungshilfe zur Verfügung.
Aktuell sind in Deutschland nur wenige Hitzeaktionspläne fertig erstellt oder bereits in Umsetzung. Gleichzeitig arbeiten viele Kommunen an solchen Plänen, vor allem auch solche, die bereits in der Klimaanpassung und auch der langfristig wirksamen Hitzevorsorge im Bereich Planen und Bauen aktiv sind. Hier geht es oftmals vor allem um den Aufbau kurz- und mittelfristig wirksamer Maßnahmen wie der Etablierung fester Kommunikationsabläufe bei Hitzewarnungen oder der Fort- und Weiterbildung im Gesundheits- und Sozialbereich. Der Bedarf nach Austausch und guten Beispielen aus der Praxis ist groß. Die veröffentlichten Hitzeaktionspläne sind sehr unterschiedlich ausgestaltet und in den meisten Fällen im Rahmen von Forschungsprojekten erstellt und gefördert worden. Den ersten Plan in Eigenregie hatte Offenbach am Main 2020 erarbeitet, 2023 gab es eine erste Aktualisierung.
Düsseldorf und Karlsruhe setzen bereits verschiedene Maßnahmen zur Hitzevorsorge um und erstellen aktuell im Rahmen des Forschungsprojekts "Plan°C" eigenständig Hitzeaktionspläne in enger Anlehnung an die Handlungsempfehlungen von Bund und Ländern.
Unterstützung durch Bund und Länder
Inzwischen stellen auch die Länder zunehmend Unterstützung für Kommunen bereit. In vielen Bundesländern bestehen Beratungs- und Kompetenzzentren, die Daten und Expertise für die Kommunen vorhalten. Darüber hinaus existieren in allen Bundesländern Hitzewarnsysteme, die auf der Grundlage von Verwaltungsvereinbarungen mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) eingerichtet wurden. Bis hinunter auf die Ebene der Kreise informiert der DWD zeitnah über Hitzeextremlagen. Die flächendeckende Weitergabe an Kommunen ist zwar erwünscht, aber nicht verpflichtend.
Brandenburg veröffentlichte im September 2022 als erstes Land ein Gutachten zur Hitzeaktionsplanung.
Auch der Bund stellt den Kommunen Unterstützungsangebote für die gesundheitsbedingte Hitzevorsorge zur Verfügung. 2021 wurde das Zentrum KlimaAnpassung gegründet, das vor allem Kommunen und weitere Träger sozialer Einrichtungen zum Thema berät, fortbildet und vernetzt.
Weiterhin stellt das Umweltbundesamt Kommunen mit dem "Hitzeknigge" und der Kampagne "Schattenspender" Materialien zur zielgruppengerechten Information und Sensibilisierung von Bürger*innen zur Verfügung. Diese Angebote zielen vor allem auf das angepasste Verhalten bei Hitze, können auf lokale Gegebenheiten angepasst, digital oder ausgedruckt weiterverbreitet werden und sind in verschiedenen Sprachen erhältlich.
Fazit
Die Anpassung an die Folgen der Klimakrise ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die parallel zu umfassendem Klimaschutz auch in Deutschland drängt. Hitze und Trockenheit stellen Kommunen vor enorme Herausforderungen, und zwar in den verschiedensten Handlungsbereichen. Um das Wohnen und Arbeiten lebenswert zu erhalten, muss die Gesundheit der Bevölkerung ebenso geschützt werden wie die kommunale Infrastruktur. Kommunale Verwaltung und Politik sollte integriert planen, spezifische Strategien und Konzepte entwickeln und neue Aufgaben wahrnehmen. Städte, Gemeinden und Landkreise haben dafür indes nur begrenzte Kapazitäten zur Verfügung. Gleichzeitig bieten sich dadurch Chancen: Ziel sollte es sein, die Kommune als Wohn- und Arbeitsort wie auch für Besucher*innen zukünftig nicht nur sicherer, sondern auch attraktiver zu machen.
Hitzevorsorge ist darüber hinaus eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Zuerst und in besonderem Maße leiden vulnerable Bevölkerungsgruppen und sozial schwache Menschen während Hitzeperioden. Kommunen sollten sich daher mit Strategien, die sowohl kurz- als auch langfristig greifen, und mit konkreten Maßnahmen wappnen, um Menschen und Infrastrukturen zu schützen. Dafür bietet sich die Erstellung von Hitzeaktionsplänen an, die sich an den Handlungsempfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe orientieren und die enthaltenen Maßnahmen dann auch umsetzen. Zudem müssen sich Kommunen damit auseinandersetzen, dass die Ressource Wasser zunehmend knapper wird. Diese und weitere Themen wie Starkregenvorsorge oder schleichende Veränderungen durch den Klimawandel sind integriert zu koordinieren: innerhalb der kommunalen Verwaltung und auch zwischen verschiedenen Kommunen beziehungsweise gerade bei Gemeinden gemeinsam mit dem Kreis.
Gleichzeitig kann diese Aufgabe nicht von den Kommunen allein bewältigt werden. Diese sollten vorhandene Unterstützungsangebote von Bund und Ländern in Anspruch nehmen und die Zivilgesellschaft und weitere Akteur*innen aktiv einbinden: zum einen zur Sensibilisierung, um sich selbst besser zu schützen und die Akzeptanz für Maßnahmen zu erhöhen, zum anderen, um gewisse kommunale Aufgaben ohne zusätzliche Ressourcen in Verwaltung und Haushalt bewältigen zu können. Ein Beispiel ist die Bewässerung von öffentlichem Grün, das für die Anpassung an die Klimakrise erhalten und ausgebaut werden muss, dessen Pflege jedoch bereits jetzt aufwendig und schlecht ausgestattet ist. In einer trockeneren Zukunft wird sich dieser Trend weiter verstärken.