Bei der Verwendung der Labels "Krieg" oder "kriegerisch" ist Vorsicht geboten, sollen sie für etwas anderes verwendet werden als zur Bezeichnung von Waffenfeuer. Andererseits ist es auch keine Effekthascherei, wenn mit Blick auf die Sanktionen gegen Russland und Belarus in der Presse von "financial warfare" oder "monetärer Kriegsführung" gesprochen wird. Dass Geld zu Kriegsmaterial wird, ist keineswegs ungewöhnlich. "Geld ist meine wichtigste Munition", soll der wegen der nach ihm benannten Affäre 2012 zurückgetretene US-Vier-Sterne-General David Petraeus gesagt haben, der führend an Invasion wie Besatzung des Irak beteiligt war.
Geld als Waffe
Schon kurz nach dem Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Einmarschs in die souveräne Republik Ukraine am Donnerstag, den 24. Februar 2022, kursierte in der medialen Öffentlichkeit ein zuvor nur in Fachkreisen geläufiges Akronym: SWIFT. Russische Banken, so die Forderung von Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen und Journalisten, die bereits frühzeitig die anlaufenden Sanktionen und Waffenlieferungen des Westens begleitete, sollten von dem Buchhaltungssystem der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication ausgeschlossen werden. SWIFT bezeichnet eine Art elektronisches Nachrichtensystem für Banken, mit dessen Hilfe Überweisungen kommuniziert werden. Dieses Nachrichtensystem hat annähernd weltweit eine Monopolstellung inne. Es ist in seiner viel genutzten Funktion derart bedeutsam, dass die Abtrennung russischer Banken von SWIFT als finanzielles Äquivalent zur "nuklearen Option" charakterisiert wurde (der französische Finanzminister Bruno Le Maire soll die Exklusion dieser Banken von SWIFT als "finanzielle Atomwaffe" bezeichnet haben) – was kurze Zeit später insofern einen faden Beigeschmack bekam, als Putin am 27. Februar die wirkliche nukleare Option ins Spiel brachte, indem er seine Abschreckungsstreitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft versetzte. Nach anfänglichem Widerstand einiger europäischer Staaten, darunter Deutschland und Italien, konnte sich die Europäische Union am selben Tag schließlich dazu durchringen, die Abkopplung einiger großer russischer (und belarussischer) Banken zu verabschieden. Selbst die Schweiz beschnitt ihre Handlungsspielräume als bedeutende globale Steueroase zumindest partiell, indem sie tags darauf mitzog. Die Abkopplung von SWIFT erschwert zumal im Zusammenspiel mit weiteren Wirtschaftssanktionen den internationalen Zahlungsverkehr empfindlich. Hinzu kommt eine Kränkung in symbolischer Hinsicht, das heißt in der Sphäre dessen, was als die Psychologie der Weltpolitik anzusprechen wäre: Abkopplungen widerfuhren bis dato nur Ländern, die nicht als satisfaktionsfähige Spieler im Konzert der Großmächte anerkannt waren – etwa dem Iran (zuerst 2012, dann noch einmal 2018/2019).
Ein solcher Schritt blockiert internationale Überweisungen allerdings nicht völlig, sondern erschwert sie nur, wie der Frankfurter Politikwissenschaftler Andreas Nölke betont hat.
Außerdem mochte sich der Westen durchaus keine vollständige Abkopplung zutrauen, denn der Zahlungsverkehr, der mit dem Einkauf russischer Energie verbunden ist, bleibt von den Sanktionen gegen ausgewählte russische Banken ausgenommen. Diese Ausnahmeregelung ist entscheidend, nimmt die postsowjetische russische Volkswirtschaft doch vorrangig mit dem Export von Rohstoffen wie Erdgas, Rohöl oder Mineralien ihr Geld ein – und damit auch der Kreml inklusive des an ihn angeschlossenen Netzwerks aus Oligarchen. Trotz der Sanktionen bleibt Putins Rentierstaat folglich in einem nicht unbedeutenden Ausmaß verschont, weshalb in den Tagen seit Kriegsbeginn so viel Gas wie lange nicht mehr nach Europa fließen kann. Die Einnahmen aus diesen Exportgeschäften belaufen sich auf mehrere Hundert Millionen Euro täglich.
Während die Abkopplung von SWIFT in etwa einer Sperrung des Onlinebanking-Zugangs gleichkommt, die sich leicht umgehen lässt, nahm der öffentliche Diskurs wenige Tage nach Beginn des russischen Überfalls eine zweite monetäre Waffe in den Blick: Die russischen Devisenreserven sollten eingefroren werden, eine Initiative, mit der sich die "finanzielle Nuklearwaffe" SWIFT auf den Status eines konventionellen Marschflugkörpers zurückgestuft fand. Dieser Vorstoß zielt nun in der Tat auf Finanzmittel im Wortsinne, also nicht auf bloße Daten. Zuvor wurde schon zu bedenken gegeben, Handelsbeschränkungen ("klassische" ökonomische Sanktionen) und eine etwaige SWIFT-Abkopplung würden Russland allenfalls bedingt treffen, weil es über einen so immensen Schatz an Devisenreserven verfüge. Derartige Reserven böten Russland die Chance, die nationale Währung, den Rubel, vor einem sanktionsbedingten Preisverfall zu schützen. Es ließen sich mithilfe dieser Finanzmittel Rubel in der Absicht aufkaufen, einen drohenden Kursverfall der eigenen Währung abzufedern. Außerdem könne die russische Zentralbank diesen Schatz für die Abwicklung internationaler Zahlungsverpflichtungen verwenden, selbst wenn wichtige private Banken vom globalen Kommunikationssystem abgekoppelt wären. Jetzt hingegen trat eine Koalition von Staaten an, die sich mit der angegriffenen Ukraine solidarisch erklärte, die russische Zentralbank – das Herz des Rubel – zu attackieren und sie aus der Weltwirtschaft herauszusprengen.
Aufgrund der Ankündigung dieser und weiterer ökonomischer Maßnahmen brach der Außenwert des Rubel – also sein Preis in anderen Währungen – (zunächst) dramatisch ein. Offenbar kam es zu einem Ansturm auf Bargeld, auch die Börsenwerte russischer Unternehmen brachen ein, der Aktienhandel wurde im In- wie Ausland größtenteils ausgesetzt. Um einen gleichzeitigen Absturz des Inlandswertes – also einen Anstieg der Preise in Russland – zu verhindern, erhöhte die russische Zentralbank am Montag, den 28. Februar 2022, ihren Leitzins von 9,5 auf 20 Prozent. Aufgrund dieser Maßnahme würden sich die Kreditkosten drastisch erhöhen, was, so die Hoffnung, die Inflation bremsen und die Attraktivität von in Rubel notierten Anlagen (durch die höheren Zinsen) für etwaige Anleger steigern werde. International agierende russische Firmen wurden außerdem verpflichtet, 80 Prozent ihres Fremdwährungskapitals gegen Rubel zu tauschen, damit die dadurch erzwungene Nachfrage den Kursverfall der eigenen Währung abbremst. Zusätzlich sollten Kapitalverkehrskontrollen dafür sorgen, die Ausfuhr von Finanzmitteln zu erschweren. Man stellte, kurz gesagt, auf ein waschechtes Verteidigungsmanöver um, das sich ganz unterschiedlicher Instrumente bediente.
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Sanktionen die russische Wirtschaft hart treffen, sie auch fortan schwächen werden. Mit der Sberbank ist bereits eine der größten russischen Banken (zumindest deren internationale Tochterunternehmen) praktisch zahlungsunfähig. Und allein die abrupte Einstellung des Börsenhandels vermochte den freien Fall russischer Börsenwerte zu stoppen. Gleichzeitig waren sowohl die USA wie auch Europa peinlich genau darauf bedacht, weitere Energiekäufe aus Russland zu ermöglichen. Also konnte auch eine Woche nach Kriegsbeginn das Gas ungebremst durch die umkämpfte Ukraine in deutsche Heizungsrohre fließen. Handels- und damit Zahlungsbeziehungen bestehen auch weiterhin, mithin werden Euroguthaben weiterhin in russische Hände transferiert, die dann vor Ort in Rubel getauscht werden können (aufgrund der währungspolitischen Vorgaben zum Schutz des Rubel sogar in die nationale Währung konvertiert werden müssen). Aller anfänglichen Zaghaftigkeit zum Trotz ist klar, dass insbesondere die Militarisierung der Zentralbankreserven, ihr Einsatz als Machtmittel im geopolitischen Ringen, ein disruptives Potenzial freisetzt, das über die beabsichtigte Schwächung eines Aggressors in einem illegitimen Angriffskrieg durchaus hinausgeht. Wir haben es mit einem Zerstörungspotenzial zu tun, dass nicht nur in ökonomischer, sondern vor allem in geldpolitischer Hinsicht von Belang ist.
Geld, Ansprüche, Vertrauen
Von den russischen Devisenreserven im Gesamtwert von etwa 630 Milliarden US-Dollar sollen seit Anfang März etwa die Hälfte tatsächlich blockiert sein. Knapp ein Viertel des Gesamtwertes der Reserven soll durch Gold gedeckt sein, das sich – anders als bei den meisten anderen Staaten – (vermutlich) auch physisch in Russland befindet. Der Umstand ist insofern ungewöhnlich, als dass das Gold der Zentralbanken zu großen Teilen in den USA und im Vereinigten Königreich liegt. Beim An- und Verkauf wird das Edelmetall in aller Regel nicht bewegt, sondern nur neu deklariert. Seine Goldreserven hat die russische Regierung also unter Kontrolle, doch lässt sich mit einem solchen Schatz auf die Schnelle wenig anfangen. Der globale Goldmarkt ist schlichtweg zu klein und zu behäbig, um große Mengen des Edelmetalls auf einen Schlag zu verkaufen. Die Vorstellung, Gold sei eine "solide Wertgrundlage", gehört ins Archiv sentimentaler Reminiszenzen.
Den Rest der nicht durch Gold gedeckten Devisenreserven kontrolliert zur Verwunderung vieler weder die russische Zentralbank noch die Regierung Putins. Die verständliche Verwunderung fußt auf der vagen Vorstellung von Geld als einem Schatz, einem Vermögenshaufen, der in den (zumindest virtuellen) Kammern der Zentralbanken liegt, weshalb ihn eine Zentralbank, findet sich ein williger Käufer, im Krisen- und Konfliktfall auch zu Markte tragen kann. Tatsächlich sprechen wir bei Geldreserven (wie auch mit Blick auf private Bankkonten) jedoch von Verträgen, die – was bei allen Vertragsvereinbarungen gilt – immer nur so gut sind wie die Bereitschaft eines Gegenübers, im Fall der Fälle den eingegangenen Vertrag zu erfüllen. Auch Devisenreserven sind in Wahrheit also Verbindlichkeiten (Schulden) von Finanzinstituten und Regierungen.
Den Großteil ihres Vermögens hält die russische Zentralbank also genau so, wie wir alle unser Geld halten, nämlich als Ansprüche. Es sind generell Ansprüche gegen Banken, in diesem Fall ausländische Zentralbanken oder Ansprüche gegen Staaten, das heißt Staatsanleihen. Wir reden mithin von kodifizierten Zahlungsversprechen. Weil es sich um solche kodifizierten Zahlungsversprechen handelt, "liegen" diese Devisenreserven keineswegs in Russland und stehen auch nicht unter russischer Kontrolle. Kein Versprechen oder Vertrag "liegt" irgendwo, vielmehr haben wir es stets mit einer Beziehung zwischen mindestens zwei Akteuren zu tun, die sich durch ihre Vereinbarung wechselseitig zu bestimmten Handlungen verpflichten. Auch das Geld auf unserem privaten Bankkonto stellt einen vertraglichen Anspruch gegen diese Bank dar, einen Anspruch darauf, dass sie etwas ganz Bestimmtes tut, nämlich Überweisungen für uns vornimmt oder Bargeld auszahlt. Wenn wir über Geld reden, reden wir über Ansprüche auf Handlungen – und die kann man, so banal es klingen mag, selbstverständlich verweigern. Weigerte sich die Bank, uns Geld auszuzahlen oder eine Überweisung in unserem Auftrag vorzunehmen, würde sie das Geld auf unserem Konto – zumindest für eine Schrecksekunde – auf den Status einer bloßen Ziffernfolge zurückstutzen. Und exakt dazu kommt es bei der monetären Kriegsführung: Die russischen Devisenreserven sind vornehmlich Ansprüche gegen ausländische Bankensysteme, zum Beispiel das europäische. Wenn man die jetzt "einfriert", wie es metaphorisch heißt, wird im Prinzip mitgeteilt, dass wir ab jetzt nicht mehr willens und bereit sind, russische Ansprüche an uns anzuerkennen. Dieser Akt verwandelt die internationalen russischen Geldreserven in bloße Zahlen auf Papier.
Ansprüche abzuwehren oder zurückzuweisen, scheint eine Trivialität zu sein. Es ist eine Praxis, die zu unserem Alltag gehört, sobald er konfliktuell wird. Doch ist dieser Schritt, betrifft er die Devisenreserven einer Zentralbank, gewaltig, wird für einen Augenblick bedacht, dass all unser Geld am Ende aus nichts anderem besteht als aus auf Papier notierten Zahlen, die Ansprüche festlegen, die andere, nämlich diejenigen, gegenüber denen sie bestehen, als Ansprüche ihrer Halterinnen und Halter akzeptieren. Wenn meine Bank pleite geht oder mein Konto sperrt, bin ich darauf angewiesen, dass jemand anderes – beispielsweise der Staat – meinen Anspruch als legitim anerkennt und übernimmt. Ohne eine solche Anerkennung und Würdigung der Zahlungsversprechen verfüge ich nur über belanglose Ziffern, verschriftlichte Erinnerungsstücke an verflossenes Handlungsvermögen. Die grundlegendste Infrastruktur unserer Wirtschaft – das Geld – setzt sich aus einem Geflecht von Ansprüchen zusammen, die wechselseitig anerkannt werden. Mehr verbirgt sich hinter Geld erstmal nicht. Und da es sich um eine Anspruchsinfrastruktur handelt, bedarf ihre Stabilität vorrangig des Vertrauens, freilich keines Vertrauens (wie man gemeinhin meint) in den "Wert" des Geldes als Tauschmittel, sondern eines Vertrauens in die Akzeptanz der Ansprüche, aus denen das Geld letztendlich besteht.
Aus diesen Gründen gehört die Respektierung derartiger Ansprüche nicht zur normalen und gängigen Verhandlungsmasse der Meinungsverschiedenheiten, die politisch auf nationaler oder internationaler Ebene auszuhandeln sind. Und folglich gehört sie auch nicht zum Standardrepertoire von Sanktionen, mit denen Staaten belegt werden. Schließlich folgt auf Konflikte zwischen Staaten in der Regel eine zivilisierende (Re-)Normalisierung ihrer Beziehungen, womit dann nicht zuletzt auch der zwischenstaatliche Handel wieder in Gang kommt, für den die Funktionstüchtigkeit des Zahlungsverkehrs unabdingbar ist. Und dabei handelt es sich nicht bloß um eine Klärung technischer Fragen, sondern um eine genuin soziale Angelegenheit; denn unsere Zahlungsmittel sind nur so brauchbar und nutzbringend wie die Garantie, dass Erwartungen an andere, unsere wechselseitigen Ansprüche zu respektieren, verlässlich erfüllt werden. Wirtschaft fußt, anders ausgedrückt, auf der operativen Fiktion, dass Ansprüche – zumindest die wichtigen, grundlegenden, beispielsweise diejenigen einer Zentralbank – nicht verhandelbar sind.
Der Stoff des Geldes
Deshalb bemüht sich der Artikel 19 der UN Convention on Sovereign Immunities alles andere als zufällig darum, in der Sphäre internationalen Rechts zu verhindern, dass monetäre Ansprüche souveräner Staaten im Inkassofall verpfändet werden können.
Diese Militarisierung der Zentralbankbilanzen verlangt eine abwägende Vergegenwärtigung möglicher Langzeitfolgen. Es drängt sich die Frage auf, ob wir die auf Respekt vor Ansprüchen – und nichts anderem! – fußende monetäre Infrastruktur des globalen Kapitalismus nach diesem Krieg je wieder so nutzen können wie vor dem historischen Ereignis ihrer Disruption. Wird sich das Vertrauen in internationale Ansprüche nicht derart fundamental geschwächt finden, dass sich Zentralbanken und ihre Regierungen zukünftig nicht mehr (weitgehend) vorbehaltlos auf den "Vermögenscharakter" ihrer Ansprüche verlassen dürfen? Sollte sich die Wahrnehmung verfestigen, dass Einlagen bei der EZB oder der US-amerikanischen Fed sogar für mächtige Staaten nicht mehr als bedingungslos respektierte Ansprüche gelten, sondern disponible Vereinbarungen innerhalb einer neuen moral economy sind, die bei politischem Fehlverhalten via Sanktionsbeschluss zurückgewiesen werden können, dürfte es weniger attraktiv werden, derartige Einlagen als Vermögen zu halten. Ein solches gegenwärtig an Plausibilität gewinnendes Szenario könnte zu einer stärkeren Diversifizierung monetärer Infrastrukturen führen. Sie zeichnet sich angesichts der angelaufenen Etablierung von SWIFT-Alternativen und einer zunehmenden Regionalisierung der Weltwirtschaft schon als Trend ab. Zahlungsbeziehungen würden sich dann womöglich in geopolitisch immer schärfer definierten, regionalen Machtblöcken verdichten (etwa indem Nato-Staaten vor allem Ansprüche gegen andere Nato-Staaten zum Nennwert halten). Die intermediären Finanzbeziehungen zwischen solchen Blöcken würden in der Folge punktueller, flüchtiger und natürlich riskanter, weil ihre prospektive Nutzung als Waffe in monetären Kriegshandlungen antizipierbar wäre (was, nebenbei bemerkt, die Schlagkraft einer solchen Waffe perspektivisch vermindert). Faktisch befeuern die durch den Krieg in der Ukraine provozierten Ereignisse jetzt schon die Debatte um digitale Zentralbankwährungen (CBDCs). Sie könnten den internationalen Zahlungsverkehr von solchen Informationsintermediären wie SWIFT unabhängig machen, was gewisse Stimmen als eine wirkmächtige Option begrüßen, welche die Dollar-Dominanz in der Weltwirtschaft herausfordert. Tatsächlich hat eine Mehrheit der Zentralbanken weltweit bereits vor Ausbruch des Krieges entsprechende Pilotprojekte geplant, die im Lichte der jüngsten Geschehnisse sicherlich noch an Relevanz gewinnen.
Auch innen- und wirtschaftspolitische Konsequenzen sind denkbar, nicht zuletzt eine signifikante Verschiebung des Framings monetärer Fragen zugunsten geldpolitischer Ansätze, wie sie die polit-ökonomische Wissenschaft schon länger diskutiert. Aufgrund der Militarisierung von Zentralbankbilanzen, die Devisenreserven aufs Korn nimmt, hat sich ein Umstand offenbart, der gerade die deutsche Seele schockiert, obwohl er für viele Staaten dieser Erde zur Erfahrungswelt ihres Alltags gehört: Unverwandt wurde sichtbar, dass die Abhängigkeit von fremden Zahlungsmitteln zu einem ernstzunehmenden Sicherheitsrisiko werden kann.
Politisierung einer Infrastruktur
Im Kern beruht monetäre Kriegsführung auf einer radikalen Politisierung des Geldes. Der Vorgang ist auch deshalb schwer zu durchschauen, weil wir gewohnt sind, Geldpolitik für eine eher technische Verwaltung monetärer Vermögen zu halten, obwohl sie faktisch an der Gestaltung individueller und kollektiver Ansprüche arbeitet.
Unabhängige Zentralbanken wurden folglich zum Eckpfeiler einer "Politik der Depolitisierung", die eine institutionelle Trennung von Geld und (Tages-)Politik betrieben hat und stets bemüht war, diese Separierung zu verteidigen.
Dieser Beitrag ist die gekürzte Fassung eines Artikels, der am 7. März 2022 auf Soziopolis.de erschienen ist, Externer Link: www.soziopolis.de/monetaere-kriegsfuehrung.html.