Kriege, Migration, Klimawandel, gesellschaftliche Polarisierung – Krisen, so weit das Auge reicht. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, der Instabilität und der Turbulenz, die offene Gesellschaft und die liberale Demokratie stehen zunehmend unter Druck. Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen spielen eine zentrale Rolle bei diesen Entwicklungen. Politiker wie Donald Trump, Viktor Orbán, Jair Bolsonaro, Narendra Modi oder Marine Le Pen stehen für eine Form der Politik, die in vielen Ländern Europas und der Welt großen Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ausübt, indem sie die Eliten und das Establishment pauschal diffamiert, Masseneinwanderung anprangert, Minderheiten, den Liberalismus und die EU angreift und für einen starken souveränen Nationalstaat plädiert. In Deutschland hat sich die "Alternative für Deutschland" (AfD) entsprechend positioniert und politisch etabliert, in Ostdeutschland ist sie laut Umfragen mitunter sogar die stärkste politische Kraft. Zugleich ist das Bewusstsein für die negativen Folgen des Rechtspopulismus in den vergangenen Jahren stetig angewachsen, und das nicht nur in der Zivilgesellschaft, sondern auch in der Wirtschaft. Wie reagiert die Wirtschaft also auf diese Herausforderung? Und welche Rolle können Unternehmen überhaupt im Diskurs um rechtspopulistisch herausgeforderte Demokratien spielen?
Wirtschaft und Demokratie
Grundsätzlich haben Unternehmen beziehungsweise "die Wirtschaft" drei unterschiedliche Möglichkeiten, auf die genannten Herausforderungen zu reagieren. Sie können erstens neutral bleiben und schweigen. Das ist die Standardoption für die meisten Unternehmen, um Risiken zu vermeiden und sich alle Optionen offenzuhalten. Sie können zweitens die Rechtspopulisten unterstützen und mit ihnen zusammenarbeiten. Oder sie können drittens Flagge zeigen und sich offen gegen rechtspopulistische Parteien und Bewegungen positionieren. Die Risiken und Gefahren des Rechtspopulismus für die Gesellschaft und für den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie der Wert des Engagements gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus wurden in jüngster Zeit oft betont, auch Unternehmen forderte man zum Handeln auf. Beispielhaft sei hier die Initiative "Unternehmen für Demokratie" zitiert: "Das Eintreten für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft [ist] eine gemeinschaftliche Aufgabe (…), die auch mutige Stimmen und konkrete Maßnahmen der Wirtschaft erfordert."
Dass die Frage des Rechtspopulismus auch für die Wirtschaft ein wichtiges Thema ist, hat nicht zuletzt mit der Erinnerung an Deutschlands nationalsozialistische Vergangenheit zu tun. Die Fehler von 1933, als die deutsche Industrie die Nationalsozialisten unterstützte, große Summen für den Wahlkampf der NSDAP spendete und auf Adolf Hitler setzte,
In der Praxis ist dies jedoch nicht so einfach. Der Umgang der Wirtschaft mit Rechtspopulisten ist komplex und widersprüchlich, und die AfD ist nicht die NSDAP. Nationalismus, Globalisierungskritik und Ausländerfeindlichkeit sind in der Tat für viele – aber nicht unbedingt für alle – Unternehmen problematisch, besonders in einem Exportland wie Deutschland. Nicht zuletzt deshalb wird eine Partei wie die AfD als Risiko und als Bedrohung für den Wirtschaftsstandort Deutschland gesehen. Das ist sicher nicht falsch, denn Fachkräfte aus dem Ausland sind für die deutsche Wirtschaft ebenso wichtig wie eine funktionierende EU. Doch obwohl der zur Schau gestellte Illiberalismus rechtspopulistischer Parteien für Teile der Wirtschaft durchaus problematisch sein kann, findet zu wenig Beachtung, dass Rechtspopulisten (und auch die AfD)
Entlang dieser Linien beobachten wir in vielen Ländern eine Verflechtung von Rechtspopulisten mit der Wirtschaft, vor allem mit Kleinunternehmern.
Weil die Distanz zwischen Rechtspopulisten und der Wirtschaft in Deutschland aufgrund der hiesigen Geschichte größer ist als in anderen Ländern, überrascht es nicht, dass Teile der deutschen Wirtschaft klare Kante gegen Rechtspopulismus zeigen. Gleichwohl sind manche Initiativen überraschender als andere. Eine davon ist "Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen".
Weltoffenes Sachsen
Ostdeutschland und Sachsen gelten als anfällig für Rechtspopulismus, so jedenfalls das gängige Vorurteil. Die positive Vorbildfunktion Sachsens und Ostdeutschlands wird hingegen selten betont. Tatsächlich aber ist "der Osten" Vorreiter, wenn es um das Engagement der Wirtschaft gegen Rechtspopulismus geht. Der Verein "Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen" ist der erste Verein seiner Art in Deutschland, und er ist Vorbild für den vor Kurzem gegründeten Verein "Wirtschaft für einen demokratischen und weltoffenen Norden". Derzeit gibt es drei größere wirtschaftsnahe Vereine in Deutschland, die sich offensiv für Vielfalt, Weltoffenheit und die freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetzen. Zwei davon befinden sich in Westdeutschland: "Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung" existiert seit 2018 in Hessen, der bereits erwähnte Verein "Wirtschaft für einen demokratischen und weltoffenen Norden" seit 2024 in Schleswig-Holstein.
"Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen" (WWS) wurde am 9. Juni 2016 in Dresden gegründet, er spielt eine Pionierrolle im Bereich unternehmerischen Engagements gegen Rechtspopulismus. Seine Mitgliedsunternehmen zeigen Haltung für ein weltoffenes und tolerantes Sachsen und mischen sich zu diesem Zweck offen in die Landespolitik ein. So ermutigt WWS beispielsweise die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates, an Landtagswahlen und Kommunalwahlen teilzunehmen und ihr Wahlrecht aktiv auszuüben, was einerseits zur Verbesserung des mitunter etwas angeschlagenen Images von Sachsen beiträgt, andererseits aber auch den Mitgliedsunternehmen indirekt dabei hilft, ausländische Fachkräfte zu gewinnen. Ist eine solche Anwerbung gelungen, hilft der Verein bei der Integration dieser Fachkräfte in die Mitgliedsunternehmen und in den Arbeitsmarkt allgemein sowie in die Gesellschaft. WWS bietet diesbezüglich diverse Serviceleistungen an, auch etwa zum Thema "demokratische Bildung am Arbeitsplatz und im Betrieb". Warum engagieren sich Unternehmer im Verein gegen Rechtspopulismus – und wie ist es zur Gründung von WWS gekommen?
Immer dann, wenn Unternehmen Rechtspopulismus als Bedrohung für ihr Umfeld und ihr unternehmerisches Handeln wahrnehmen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich dagegen engagieren. Rechtspopulistische Schocks, also Aktivitäten oder Ereignisse, die als Risiko und Bedrohung für die Gesellschaft insgesamt oder die Wirtschaft im Besonderen verstanden werden, motivieren auch Wirtschaftakteure dazu, aktiv zu werden. Dies scheint ein allgemeines Muster zu sein: In den Vereinigten Staaten zum Beispiel war der Mord an George Floyd 2020 ein solcher Schock. Zwar waren Rassismus und Polizeigewalt zu diesem Zeitpunkt nichts Neues, aber ein Video, auf dem der brutale Mord an einem Afroamerikaner durch einen weißen Polizisten ganze neun Minuten lang festgehalten wurde, hatte es zuvor nicht gegeben. George Floyds Tod führte nicht nur zu schweren Unruhen und Demonstrationen in vielen Städten der USA, auch die großen amerikanischen Wirtschaftsunternehmen und -organisationen nahmen dies zum Anlass, um neue Initiativen gegen Rassismus zu gründen und deutlich Stellung gegen rassistische Einstellungen zu beziehen.
Auch in Dresden gab es einen Schock: den "Pegida-Schock". 2015 gingen im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise zehntausende Menschen als Teil der Pegida-Bewegung auf die Straße. Es gab Krawalle, Brandanschläge und Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in Freital, Meißen, Clausnitz, Bautzen und Heidenau, was recht unmittelbar dazu führte, dass Menschen wie Sylvia Pfefferkorn, Katrin Fischer, Marco Rutzke, Björn Zimmer oder Andreas von Bismarck sich veranlasst sahen, sich in ihrem Umfeld stärker gegen Ausländer- und Menschenfeindlichkeit zu engagieren: Sie gründeten WWS. Dass die AfD in der Folgezeit weitere Wahlerfolge erzielen konnte, dass sich während der Corona-Pandemie Menschen weiter radikalisierten und im Zuge dessen auch die Ablehnung von Rechtsstaat und Demokratie weiter zunahm, hat sicher dazu beigetragen, dass mehr und mehr Unternehmerinnen und Unternehmer in Sachsen dazu motiviert wurden, der Initiative beizutreten. Die Mitgliedszahlen sind in den vergangenen acht Jahren jedenfalls kontinuierlich gewachsen (Abbildung).
Motive für Engagement
In der Forschung wird die Bedeutung von Werten und betriebswirtschaftlichen Interessen – oder, nach Max Weber, von materiellen und ideellen Interessen – für das Engagement der deutschen Wirtschaft gegen Rechtspopulismus hervorgehoben.
Das gilt zum Beispiel für die IT- und Hightech-Unternehmen, die im Verband "Silicon Saxony" organisiert sind, der wiederum Mitglied bei WWS ist. Für hochgradig internationalisierte Branchen wie die Halbleiter- und IT-Industrie, in der oft Englisch gesprochen wird, ist tatsächliche oder auch nur perzipierte Ausländerfeindlichkeit problematisch. Gleiches gilt für die Exportindustrie. Für den Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer Sheetfed AG & Co. KG mit einem Standort in Radebeul etwa ist Fachkräfteeinwanderung eine wichtige Motivation, sich bei WWS zu engagieren:
"Dass Koenig & Bauer sich für eine Mitgliedschaft entschieden hat, ist vor allem auf zwei entscheidende Punkte zurückzuführen: Zum einen wollen wir die Einwanderung von ausländischen Fachkräften nach Sachsen fördern. Das ist nicht nur eine Frage der Menschlichkeit, sondern schlichte wirtschaftliche Notwendigkeit und eine entscheidende Maßnahme, um auf den aktuellen Fachkräftemangel zu reagieren. Hinzu kommt, dass Unternehmen mit einer kulturell diversen Belegschaft nachweislich innovativer und damit auch resilienter sind. Wir können hier wirklich von einer Win-win-Situation sprechen. Das zweite entscheidende Argument ist, dass wir Flagge zeigen wollen für ein weltoffenes, tolerantes Sachsen. Ein Punkt, der an Bedeutung zunimmt. Wir wollen deutlich machen, dass Sachsen bunt ist und von der Vielfalt seiner Bürgerinnen und Bürger lebt und profitiert. Für die Zukunft ist es entscheidend, welches Image unser Bundesland nach außen transportiert, und dies muss von Toleranz und Weltoffenheit geprägt sein."
Für die GK Software, bis zum Verkauf des Unternehmens 2023 langjähriger Mitstreiter von WWS, verhält es sich ähnlich:
"Es sind die Unternehmen, die internationale Märkte brauchen. Wir leben von der Weltoffenheit der anderen, wir brauchen Zulieferungen, Rohstoffe und Experten aus aller Welt, um in die Welt beliefern zu können. Darin begründet sich unser Wohlstand in Deutschland. Unternehmen brauchen ein weltoffenes Klima in Sachsen und müssen etwas dafür tun."
Bei der V.D. Ledermann & Co. GmbH, einer Tochtergesellschaft der Edding AG, ist es die Reputation Sachsens, die dem Unternehmen Sorge bereitet – aber auch rechtspopulistische Tendenzen innerhalb der Bevölkerung beziehungsweise innerhalb der eigenen Belegschaft:
"Ein wesentlicher Grund ist das Stigma, das Sachsen sowohl landesweit als auch grenzüberschreitend vorauseilt. Wer aus Sachsen kommt, ist quasi "rechts". Wir möchten mit dem Beitritt ein Signal setzen und dem Stigma widersprechen. Ein weiterer Grund ist, dass wir uns als Unternehmen und damit auch als potenzieller Arbeitgeber offen positionieren wollen. Das heißt, wir wollen potenziellen Arbeitnehmer/-innen klar vermitteln, dass Rechtspopulismus bei uns im Unternehmen keine Plattform bekommt."
In Gesprächen mit den Gründungs- und Vorstandsmitgliedern von WWS wird deutlich, dass nicht nur unternehmerische Interessen, sondern vor allem auch Wertorientierungen diese Menschen stark motivieren. WWS-Mitbegründerin und Vorstandsmitglied Katrin Fischer etwa sagt: "Wir erleichtern Dir den Weg der Fachkräftegewinnung, und wir appellieren an Deine gesamtgesellschaftliche Verantwortung als Unternehmer."
"Ich komme aus der DDR. Ich habe die Wende miterlebt. Umso mehr erschreckt es einen dann, dass auf der Straße ‚Lügenpresse‘ gerufen wird. (…) Ich glaube, dass man die Demokratie schützen muss. (…) Ich bin politisch engagiert, mir ist vollkommen egal, was Leute wählen, nur sollten sie bei ihrer Wahlentscheidung vernünftig agieren, zur Sicherung der Demokratie."
Effekte des Engagements
Engagement gegen Rechtspopulismus kann Vorteile für das Unternehmen selbst, aber auch für das Land und die Gesellschaft haben, wenn es dadurch gelingt, die Reputation Sachsens zu verbessern, die mit dem schlechten Image verbundenen Nachteile zu reduzieren, mehr der dringend benötigten Fachkräfte zu akquirieren und diese besser in die Unternehmen und in die Gesellschaft zu integrieren. Auch eine erhoffte Stabilisierung wichtiger Exportmärkte spielt hier eine Rolle.
Aber dieses Engagement kann auch Nachteile für Unternehmen haben. So ist offensichtlich, dass das Engagment der Wirtschaft gegen Rechtspopulismus in Ostdeutschland und konkret in Sachsen schwieriger und riskanter ist als in vielen Teilen Westdeutschlands. Der Grund dafür sind die hohen Zustimmungswerte in der Bevölkerung für die AfD und andere rechtspopulistische oder rechtsradikale Parteien wie etwa die Freien Sachsen. Diese mehr oder weniger 30 Prozent der Wählerschaft gehören ebenfalls zur sächsischen Wirtschaft, zum Teil auch zur Belegschaft von WWS-Mitgliedsunternehmen, oder sie sind deren Kunden und Lieferanten. Dass Menschen mit rechtspopulistischer Einstellung nicht erfreut sind über Aktivitäten gegen die von ihnen präferierte Politik, dürfte nachvollziehbar sein. Mit dem Engagement schwingt also immer auch die Möglichkeit negativer Reaktionen vonseiten der eigenen Belegschaft, der Kunden oder der Lieferanten mit. Wirtschaftliches Engagement gegen Rechtspopulismus ist auch in Westdeutschland nicht ohne Risiko, doch ist dieses Risiko im Vergleich deutlich geringer. Angesichts dieser Herausforderungen erscheint das Engagement von WWS und seiner Mitgliedsunternehmen umso außergewöhnlicher und anerkennenswerter.
Außerordentliches unternehmerisches Engagement und Zivilcourage finden sich aber auch außerhalb des Vereins. Der 2022 verstorbene Bauunternehmer Ingolf Brumm beispielsweise, der nicht Mitglied von WWS war, hatte 2015 ein Haus in Meißen saniert, in dem Flüchtlinge untergebracht werden sollten. Er wurde massiv angefeindet und bekam Morddrohungen – und erfuhr dann von einem Mitarbeiter seines Unternehmens, dass das Haus angezündet worden war, wohl unter dem Jubel einiger Passanten. Brumm verstand die Welt nicht mehr, ließ sich aber nicht unterkriegen. Er baute das Haus umgehend wieder auf und setzte es instand. Ein Versuch, das Haus zu fluten, misslang, und die Flüchtlinge konnten schließlich einziehen. Obwohl einige Mitarbeiter seiner Brumm Bau GmbH sich dem "Heimatschutz" anschlossen und später für die AfD kandidierten – und die Angriffe auf das Haus für sein Unternehmen existenzbedrohend waren –, machte er unbeirrt weiter und zeigte eine klare Haltung. Brumms mutiger Einsatz für Ziele, die ihm "viel wichtiger als Geld" waren, aber auch sein pragmatisches Handeln ohne Rachegelüste ("Du musst was machen, Du musst helfen") sind beispielhaft.
Wie effektiv aber ist nun das Engagement von WWS und anderen Unternehmen und Vereinen jenseits solcher Einzelbeispiele? Welchen Einfluss auf die Öffentlichkeit kann ein Verein wie "Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen" haben? Hilft sein Engagement dabei, die Demokratie zu verbessern?
Über die Effektivität solchen Engagements wissen wir empirisch bisher sehr wenig. Mitunter wird auf das Edelman Trust Barometer verwiesen, nach dessen Ergebnissen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem eigenen Arbeitgeber in der Regel viel Vertrauen schenken.
Schluss
In der heutigen Welt gibt es zahlreiche Brandherde, Kriege und Krisen. Politik und Gesellschaft werden fragmentierter, polarisierter und gespaltener – ein perfekter Nährboden für Rechtspopulismus. Unternehmen spielen eine wichtige Rolle in rechtspopulistisch herausgeforderten Demokratien: Sie können politisch neutral bleiben oder sich für oder gegen den Rechtspopulismus positionieren. Unterstützen Unternehmen rechtspopulistische Parteien und arbeiten sie mit ihnen zusammen, stärkt und stabilisiert das auch die entsprechenden Regierungen. Was in Deutschland momentan undenkbar ist, ist in anderen Ländern längst Realität: Rechtspopulisten sind zumindest für Teile der Wirtschaft attraktiv.
Das ist in Deutschland, nicht zuletzt wegen der deutschen Vergangenheit und der Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur, bislang anders. Die deutsche Wirtschaft positioniert sich relativ offen und häufig gegen Rechtspopulismus, aber die positive Wirkung, die dabei vor allem von Sachsen und Ostdeutschland ausgeht, wird zu selten betont. Tatsächlich verfügt Sachsen hier über eine Vorreiterrolle und eine Vorbildfunktion. "Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen" war der erste Wirtschaftsverein in Deutschland, der sich so offensiv positioniert hat. Dass das politische Umfeld in Ostdeutschland ein solches Engagement nicht unbedingt nahelegt, macht diese Geschichte umso beeindruckender. Gleichwohl bleibt der Einfluss der Vereinsaktivitäten auf die Öffentlichkeit schwer zu bemessen. In einigen Fällen mag es sich beim Engagement nur um "Demokratie-Washing" handeln,
WWS aber ist eine Organisation, die mittlerweile viel Erfahrung mit demokratischer Bildung am Arbeitsplatz gesammelt hat und die Basisarbeit leistet – nicht nur in den tendenziell weltoffenen sächsischen Metropolen Dresden und Leipzig, sondern auch auf dem Land, wo der Kampf um die Demokratie und um Weltoffenheit schon immer andere Herausforderungen mit sich brachte. Ohne "Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen" wäre der Rechtspopulismus wohl noch stärker, als er es ohnehin schon ist. Rechter Populismus wird auf absehbare Zeit eine relevante politische Strömung bleiben, und das nicht nur in Sachsen. Die Arbeit von WWS und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen ist daher umso wichtiger. Neue, kreative und innovative Ansätze und Strategien werden gebraucht – und ein langer Atem. Denn für den Kampf für Weltoffenheit gilt das gleiche wie für viele andere Bereiche der Politik: Um erfolgreich zu sein, müssen dicke Bretter gebohrt werden.