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Editorial | bpb.de

Editorial

Anne-Sophie Friedel

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Seit jeher machen sich Menschen auf den Weg, um ihren Lebensmittelpunkt dauerhaft innerhalb oder auch außerhalb ihrer Herkunftsregion zu verlegen – beispielsweise um ein besseres Auskommen zu finden, eine Familie zu gründen oder eine bestimmte Ausbildung anzutreten. Häufig sind Menschen aber auch dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, um Gefahren wie Krieg, Gewalt oder Naturkatastrophen zu entkommen. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen befanden sich 2023 rund 117,3 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Fast drei Viertel von ihnen kamen aus Afghanistan, Syrien, Venezuela, der Ukraine und dem Sudan, über die Hälfte waren Binnenflüchtlinge.

Deutschland ist im vergangenen Jahrzehnt hinter die USA auf Platz zwei der Länder mit den höchsten Einwanderungszahlen gerückt. Zwar ist die Bundesrepublik angesichts des immer akuteren Fachkräftemangels und der alternden Gesellschaft dringend auf Einwanderung angewiesen. Insbesondere mit Blick auf den Umgang mit Geflüchteten und die Rückführung abgelehnter Asylbewerber prägen jedoch migrationsfeindliche Diskurse mehr und mehr die öffentliche Debatte. Nach zwei islamistisch motivierten Anschlägen mit vier Toten in Mannheim und Solingen im Sommer 2024 hat sich der Ton in der Asylpolitik weiter verschärft.

In ganz Europa verzeichnen radikale und populistische Parteien, die sich gegen die aktuelle Einwanderungspolitik stellen, Wahl- und Umfrageerfolge. Für die EU wird das Thema zur Belastungsprobe: Das im Frühjahr 2024 nach jahrelangen Verhandlungen beschlossene neue Migrations- und Asylpaket geht vielen Mitgliedstaaten nicht weit genug, und nationale Alleingänge häufen sich – von der Einführung von Grenzkontrollen an EU-Binnengrenzen bis hin zur Ankündigung Polens, das Asylrecht auszusetzen. Einmal mehr erweist sich die Art und Weise, wie Migration verhandelt wird, als Gradmesser für die innere Verfasstheit einer Gesellschaft.