Es ist eine unübersehbare Tatsache, dass unter der europäischen Hexenverfolgung zwischen dem Ende des 15. und dem 18. Jahrhundert Frauen besonders zu leiden hatten. Wenn auch in der jüngeren Forschung zu Recht immer wieder darauf hingewiesen wird, dass auch eine große Zahl von Männern der Hexenverfolgung in Europa zum Opfer fielen, so ist es unbestreitbar, dass der Frauenanteil bei den Opfern – bis auf sehr wenige regionale Ausnahmen – grundsätzlich weit über 50 Prozent lag und bisweilen sogar über 90 Prozent der Anklagen sich gegen Frauen richteten. Bei anderen schweren Delikten wie Raub oder Mord machten Frauen kaum zwei Prozent der Angeklagten aus. Auch der im Deutschen und im Italienischen weibliche Begriff der "Hexe" beziehungsweise der "strega" zeigt diesen engen konzeptionellen Zusammenhang von Weiblichkeit und Teufelskult deutlich auf.
Schon länger wurde der hohe Anteil weiblicher Hexenverfolgungsopfer auf die Frauenfeindlichkeit der Hexenjäger beziehungsweise der katholischen Kirche zurückgeführt. Der Mentalitätshistoriker Jean Delumeau trug in seinem epochalen Werk "Angst im Abendland" eine Fülle von Belegen zusammen für die Frauenfeindlichkeit der frühneuzeitlichen Kirchenvertreter, für ihre Sexualangst sowie ihren "Gebärneid" und bot gleichzeitig einen ausgezeichneten Überblick über die Entwicklung und das Ausmaß der Hexenverfolgung in Europa, die sich vor allem gegen Frauen als Verbündete des Teufels gerichtet habe.
Aus seiner umfangreichen Dokumentation wird allerdings deutlich, dass die Misogynie der Hexenjäger und Kirchenvertreter schon weit älter ist als die Hexenverfolgung selbst und es insofern nicht selbstverständlich war, dass am Ende des 15. Jahrhunderts den misogynen Vorstellungen und Vorurteilen frauenfeindliche (Gewalt-)Taten folgten. Die Frauenfeindlichkeit der kirchlichen Autoren allein verursachte offenbar noch keine Hexenverfolgung. Allenfalls kann sie erklären, warum der Frauenanteil unter den Opfern so enorm hoch war.
Umgekehrt sind aber auch Erklärungsansätze feministischer Forscherinnen über die gezielte Ausrottung von Frauen durch die Hexenverfolgung, wie sie seit Mitte der 1970er Jahre unter anderem durch die Autorinnen Barbara Ehrenreich und Deirdre English vorgebracht wurden, nicht tragfähig.
Solche Erklärungsansätze sind mit gutem Grund und vielen empirischen Belegen von der jüngeren historischen Forschung in Zweifel gezogen worden, die hier eher von einer Verkettung verschiedener Faktoren ausgeht. Sie weist darauf hin, dass es neben Vertretern der katholischen Kirche auch genügend protestantische Hexenjäger gab und neben Vertretern der Inquisition und kirchlicher Gerichte auch immer mehr weltliche Richter Hexen und Zauberer aburteilten. Zudem können Hexerei und Hexenwesen im Lichte dieser neueren Forschungen auch nicht als genuin weibliche Praktiken bezüglich Geburtenkontrolle, Fruchtbarkeit und Heilwesen verstanden werden, die von "dem Patriarchat" beziehungsweise "der Kirche" bekämpft wurden. Allenfalls gab es eine genuin weibliche Praxis zur Ausübung von Liebeszaubern, aber eben auch eine Vielzahl von anderen magischen Praktiken, die Männer wie Frauen ausübten. Ebenso wenig ist daher die These der beiden Bevölkerungswissenschaftler Gunnar Heinsohn und Otto Steiger von der "Vernichtung der weisen Frauen" zutreffend, da sie unter anderem auf unzuverlässige Statistiken und insgesamt auf ein ahistorisches Konzept von politischer Kontrolle und staatlicher Einflussnahme auf Hexenverfolgung und Verhütungspraktiken gestützt wird.
Die Frage lautet heute also nicht mehr, ob die Hexenverfolgung eine (gezielte) Frauenverfolgung war, sondern vielmehr: Warum wurde die Hexenverfolgung vor allem zu einer Verfolgung von Frauen? Es lassen sich grob drei Ebenen unterscheiden, die gemeinsam die besonders große Zahl von weiblichen Opfern des Hexenwahns erklären helfen: erstens die Benachteiligung der Frauen im frühneuzeitlichen Gerichtswesen und insbesondere im Hexenprozess, zweitens die geschlechtsspezifischen Implikationen von Alltagsmagie und Alltagskonflikten, die für Hexereibeschuldigungen und -anklagen eine große Rolle spielten, und drittens die Frauenfeindlichkeit in den gelehrten Diskursen insbesondere der Dämonologie, die gleichsam als programmatische Klammer (theologische) Theorie und (Verfolgungs-)Praxis umspannte – und in der die Frauen im doppelten Wortsinn mit dem Teufel zusammenkamen. Ich beginne mit dem letzten Aspekt und komme danach auf das Gerichtswesen und die Alltagspraktiken zu sprechen, bevor ich abschließend die Frage beantworte, ob die frühneuzeitliche Hexenverfolgung als Femizid – also als Tötung von Frauen wegen ihrer Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht und der damit einhergehenden Rollenvorstellungen und Stereotypen – bezeichnet werden kann.
Frauenfeindlichkeit der Dämonologen und Hexenjäger
Als Mittel gegen den drohenden Verlust kirchlicher Autorität in weltlichen wie in geistlichen Dingen entfaltete sich seit dem späten Mittelalter eine theologische Schriftgattung, die den Teufel und seine Wirkungen in den Mittelpunkt der Reflexion stellte und die an misogyner Haltung kaum mehr zu übertreffen war: die Dämonologie. Dämonologische Schriften waren verbreitet und wurden viel gelesen.
Schon in den spätmittelalterlichen Inquisitionshandbüchern für die Ketzerjagd war der Teufel als Feind der Kirche und des wahren Glaubens stark präsent; auch schwarze Messen und nächtliche Orgien wurden darin bereits erwähnt. Nun aber, in den Dämonologien wie in der Alltagskultur der Frühen Neuzeit, gewann der Teufel an Beachtung und Macht.
Schon länger hat die Forschung dieses besondere Interesse für weibliche Teufelsanhänger sowie für sexuelle Bedrohung von Männern durch Frauen als besonderes Charakteristikum des "Hexenhammers", der wichtigsten dämonologischen Schrift des späten Mittelalters und der beginnenden Neuzeit, identifiziert. Bereits im Buchtitel wird die geschlechtsspezifische Zuspitzung des neuen Hexenbildes auf Frauen sichtbar – der "Malleus maleficarum" fixiert das Hexereidelikt klar auf die weibliche Form und damit auf das weibliche Geschlecht. Der Teufel sei machthungrig, besitzergreifend, und als Widersacher Gottes benutze er die Frauen, die ebenso machthungrig, sexbesessen und rachsüchtig seien wie er, als Werkzeug zur Bekämpfung des göttlichen Schöpfungsplans, "weil die drei Laster Unglaube, Ehrgeiz und Wolllust besonders bei schlechten Frauen herrschen, sie deshalb vor den übrigen auf Schadenszauber bedacht sind, weil sie vor ihnen den Lastern ergeben sind. Weil unter diesen drei [Lastern] das letzte am meisten vorherrscht – nämlich die Wolllust – sind auch jene unter den Ehrgeizigen mehr angesteckt [vom Laster der Hexerei], die zur Erfüllung ihrer verderbten Begierden mehr entbrennen, nämlich die Ehebrecherinnen, die Huren und die Konkubinen der Großen."
Der "Hexenhammer" ist ein beeindruckendes Dokument männlicher Sexualängste ebenso wie eine Anleitung zur (Wieder-)Herstellung männlicher Vormacht im Himmel und auf Erden mithilfe von Hexenverfolgung und -verurteilung. Er ist indes weniger Ausdruck der kranken Fantasie eines zölibatären Mönchs, wie dies in der älteren Forschung oft behauptet wurde. Vielmehr werden hier kollektive männliche Ängste vor Machtverlust und Anarchie, vor einer ebenso unsichtbaren wie unheimlichen (magischen) Macht der Frauen über Leben, Sexualität, Fruchtbarkeit und Tod beschworen – aber vor allem auch Ängste vor einer Bindung dieser vermeintlichen oder tatsächlichen Fähigkeiten an übernatürliche, aber böse beziehungsweise dämonische Kräfte.
In der verfolgungskritischen Literatur, gleichsam der Anti-Dämonologie der Frühen Neuzeit, finden sich ähnlich misogyne Stereotypisierungen. So etwa das Bild von den (geistes)kranken alten Weibern, denen der Teufel vorspiegele, auf den Blocksberg fliegen und ihren Mitmenschen schaden zu können, das der niederrheinische Arzt Johann Weyer in seiner Schrift "Von den Blendwerken des Teufels" 1560 propagierte. Übrigens tat er das vor allem, um diese "armen alten Weiber" aus den Klauen der Hexenverfolger zu retten. Auch dem Juristen und Aufklärer Christian Thomasius ging es in seiner Schrift gegen die Hexenprozesse, die er im Jahr 1701 erstmals publizierte, darum, den "Hexenwahn" zu beenden – mithilfe des damals offenbar wirksamen Arguments (das auch an Weyers Schrift erinnert), dass die vermeintlichen Hexengeständnisse nur die Fantasmen verblendeter und dummer alter Frauen seien. Wenig später wurde dann das Diktum vom "Ammenmärchen" salonfähig, durch das besonders unglaubwürdige oder gar "abergläubische" Geschichten bezeichnet werden konnten. Auch dabei wirkte die altüberkommene Frauenfeindlichkeit des dämonologischen Diskurses noch lange nach, die es im Übrigen Frauen während der gesamten Phase der europäischen Hexenverfolgungen unmöglich machte, zu diesem Thema das Wort zu ergreifen. Allerdings waren sie als Belastungszeuginnen in Hexenprozessen durchaus geschätzt und wurden auch von den "Gerichtsherren" gerne als solche angehört und ernst genommen. Gerhild Scholz-Williams spricht in diesem Zusammenhang gar von einer "negativen Emanzipation", die allerdings die generelle Schwäche und Minderstellung von Frauen im frühneuzeitlichen Gerichtswesen kaum ausgleichen konnte und letztlich vor allem dazu beitrug, noch mehr Frauen in die Maschinerie der Hexenprozesse hineinzuziehen.
Männer, Männlichkeit und der Teufel
Wie erwähnt blieben auch Männer nicht vollständig vom Vorwurf der Hexerei verschont und, wie die Forschung erst in den vergangenen Jahren deutlicher herausgearbeitet hat, waren auch die dämonologischen Traktate nicht unbeteiligt daran, männliche Hexerei zu definieren. Auch Männer, so lässt sich die Forschung knapp zusammenfassen, kamen in Kontakt mit dem Teufel und stellten sich aus Sicht der frühneuzeitlichen Dämonologen in seinen Dienst.
Ganz generell lässt sich daher die These aufstellen, dass frühneuzeitliche Dämonologen zwar durchaus auch manche ihrer Geschlechtsgenossen der Hexerei für fähig hielten. Das männliche Geschlecht als solches jedoch war aus ihrer Sicht durch seine größere Vernunft und Gottähnlichkeit vor teuflischen Anfechtungen weit besser geschützt als das weibliche. Und wenn es bereits für Männer gefährlich war, sich gegen die Hexenverfolgung zu stellen und dadurch selbst das Risiko einer Anklage wegen Hexerei einzugehen, so gab es hier für Frauen überhaupt keinen Handlungsspielraum mehr. Die sehr misogyne dämonologische Debatte entmündigte insbesondere und vor allem Angehörige des weiblichen Geschlechts. Sie war und blieb eine Debatte zwischen Männern – und diese äußerten sich nicht zuletzt deshalb weit häufiger und eindeutiger über Frauen und deren Beziehung zum Teufel als über ihre männlichen Artgenossen und deren vermeintlich hexisches Treiben.
Schwäche der Frauen vor Gericht
Mindestens ebenso wichtig wie die Misogynie der dämonologischen Schriften war die Benachteiligung von Frauen im Gerichtswesen der Frühen Neuzeit, wo das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz noch nicht existierte. Generell waren Frauen dort nur als Angeklagte und bisweilen als zweitrangige Zeuginnen präsent, niemals aber als Richterinnen, Schöffinnen oder als Geschworene und schon gar nicht als Scharfrichterinnen. Als Rechtspersonen waren sie benachteiligt und konnten daher beispielsweise auch nicht als Bürginnen auftreten; in Zivilgerichten mussten sie von (ihren) Männern vertreten werden. Diese Minderstellung kommt etwa auch dadurch zum Ausdruck, dass selbst in Hexenprozessen Frauen in geringerer Zahl als Zeuginnen auftraten als Männer – nämlich etwa ein Drittel gegenüber zwei Dritteln männlicher Zeugen in Prozessen gegen Frauen und nur circa ein Viertel gegenüber drei Viertel männlicher Zeugen in Hexenprozessen gegen Männer.
Im Strafrecht galten Frauen zwar wie Männer als voll strafmündig, aber es gab deutliche Unterschiede in der Zumessung von Strafen. Bisweilen wurden Frauen für dieselben Delikte sogar weit schwerer bestraft als Männer – dies war namentlich bei Verstößen gegen die Sittlichkeit der Fall. Auch das Hexenstereotyp mit seiner ausgeprägten Sexualisierung der Beziehung der Hexe zum Teufel – der Teufelspakt wurde ja im Allgemeinen als "Teufelsbuhlschaft", also als Sexualakt verstanden – konnte als ein solcher "Verstoß gegen die Sittlichkeit" verstanden werden. Die Idee von der sexuellen Besessenheit der Hexen erschien den Menschen – und offenbar auch den Richtern – in der Frühen Neuzeit durchaus plausibel, zumal bis weit ins 18. Jahrhundert hinein Frauen per se als das sexuell bedürftigere Geschlecht galten. Dies kann erklären, warum das Hexenbild schon von Beginn an so stark auf Frauen gemünzt war.
Als Angehörige der Bildungselite waren die meisten Hexenrichter und Juristen im Laufe ihres Studiums mit dem gelehrten Hexenbild der Dämonologen in Kontakt gekommen; manche wurden erst während ihrer Tätigkeit als Richter damit konfrontiert und griffen dann Rat suchend zu den dämonologischen Handbüchern, wo ihnen das verweiblichte und sexualisierte Bild der Hexe als ebenso plausibel wie gefährlich entgegentrat. Ein besonders folgenreiches Argument der Dämonologen war dabei der Hinweis, der in keiner der dämonologischen Schriften fehlte, wie viele weibliche Hexen ihre Untaten bereits gestanden hätten, wodurch der Verdacht gegen weitere Frauen geschürt und weiter plausibilisiert wurde. Mit der wachsenden Hexenangst in den Krisenzeiten des frühen 17. Jahrhunderts verschärfte sich das Vorgehen gegen die "bösen Leute" zusehends. Aus dem Verdacht wurde nun der "Verdachtsbeweis", und fortan konnte im Prinzip jede Frau allein aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit in die Maschinerie der Hexenverfolgung geraten.
Zu diesem Zeitpunkt wurden allerdings zunehmend auch männliche Verdächtigte in die Massenverfolgungen involviert, und überhaupt liefen die bis dahin üblichen Gepflogenheiten der Prozessführung, jedenfalls in Mitteleuropa, immer mehr aus dem Ruder, sodass es teilweise – etwa in den fränkischen Territorien Bamberg und Würzburg – zu Hunderten von Verurteilungen innerhalb weniger Jahre kam, mit Verurteilten aus allen Altersgruppen, sozialen Schichten sowie beiderlei Geschlechts. Die männlichen Angeklagten wurden dabei häufig als "weibisch", im Verhältnis zum Teufel als abhängig und furchtsam und insgesamt als feminisiert präsentiert.
Misogynie im Alltag und geschlechtsspezifische Magiepraktiken
Schlussendlich jedoch waren und blieben die Hauptverdächtigen insbesondere ältere, randständige Frauen, die wegen ihrer elenden Lage vielen Zeitgenossen als besonders anfällig für teuflische Verführung galten.
Gerade auch in der populären Kultur, insbesondere der ländlichen der Frühen Neuzeit, finden sich genügend Hinweise darauf, dass Zauberei generell viele frauenspezifische Anteile hatte. Im Unterschied zu anderen traditionalen Gesellschaften standen im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa schon seit langer Zeit Frauen stärker als Männer im Verdacht, schwarze Magie auszuüben oder mit übernatürlichen, dämonischen Kräften in Verbindung zu stehen. Man unterstellte insbesondere Frauen, sich mithilfe von Salben in Vögel, Eulen, Katzen oder Esel verwandeln zu können, auf Holzstöcken, Besen oder Ofengaben oder gar dämonischen Tieren durch die Lüfte zu reiten, um – etwa auf Geheiß der Göttin Diana – als "wilde Jagd" Menschen und deren Hab und Gut anzugreifen.
Solche alltagsmagischen Praktiken mussten zwar nicht notwendigerweise negativ für die entsprechend "begabten" Frauen ausgehen, konnten sie doch als Magie- oder Heilkundige in der dörflichen Welt durchaus Ansehen und Respekt gewinnen. In Zeiten sich verschärfender Versorgungskrisen jedoch konnten entsprechende Fähigkeiten und Praktiken rasch zu Verdächtigungen führen, insbesondere dann, wenn sich die erwünschten Wirkungen nicht eingestellt hatten oder Dritte zu Schaden gekommen waren. Doch es brauchte meist nicht einmal einen "magischen" Anlass für Hexereibezichtigungen. Oft genügten nichtige Anlässe für Nachbarschaftsstreitigkeiten unter Frauen, um Hexereibeschuldigungen offen auszusprechen und dadurch regelrechte dörfliche Hexenjagden auszulösen, die dann nicht selten an das herrschaftliche Blutgericht, die jeweils oberste Rechtsinstanz, weitergeleitet wurden. Während Männer sich im Streit gegenseitig als "Dieb und Schelm" titulierten, wurden Frauen aller Altersgruppen meist als "Hexe und Hure" beschimpft, wie wir aus zahlreichen Prozessen wissen, die schon damals wegen solcher Beleidigungen geführt wurden. Umgekehrt stand Frauen kaum je direkte körperliche Verteidigung im Schadens- oder Konfliktfall zur Verfügung. Faustkampf und die Anwendung von Waffengewalt waren wiederum eindeutig männlich konnotiert in dieser traditionalen Gesellschaft, sodass Frauen häufig nur blieb, sich verbal zu verteidigen und Drohungen, Beschimpfungen und Verwünschungen gegenüber ihren Feinden und Feindinnen auszustoßen, was sie wiederum in den Augen aller in die Nähe des Teufels und seiner finsteren Mächte brachte. Der geschlechtstypische Verdacht der Schadenszauberei, der in der ländlichen Gesellschaft besonders Mitteleuropas eindeutig frauenspezifisch konnotiert war, konnte dann innerhalb der fatalen Mechanismen der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung dazu führen, dass ganze Gemeinden einzelne ihrer weiblichen Mitglieder vor Gericht zerrten, Beweise für ihre Schuld gleich mitlieferten und ihrer Verurteilung und Hinrichtung voller Schadenfreude zusahen.
Instrument zur Unterwerfung
Oberflächlich betrachtet lässt sich die Hexenverfolgung als eine bedauerliche Überreaktion einer christlich überformten oder gar fanatisierten vormodernen Gesellschaft erklären, die mit der Säkularisierung ihr Ende fand. Die hier verankerte Dämonisierung von Frauen und ihrer sexuellen Bedürfnisse wie ihrer gesellschaftlichen und institutionellen Schwäche wird infolgedessen häufig entweder als überzeitlich-universelle Misogynie oder aber als marginales "Oberflächenphänomen" betrachtet.
Die schon länger formulierte These allerdings, dass die Hexenverfolgung alltäglichen beziehungsweise altüberkommenen frauenfeindlichen Vorstellungen und Vorurteilen in der Gesellschaft Vorschub leistete, ein institutionelles Forum (bei Gericht) und sogar Gewaltmittel zur Bekämpfung entsprechend unliebsamer Frauen bereitstellte – und dies in einem Moment umfassender Umstrukturierungen der Gesellschaft und der Geschlechterbeziehungen – ist auch im Lichte jüngerer Forschungen nicht von der Hand zu weisen. So hat vor einigen Jahren die Germanistin Gerhild Scholz Williams gezeigt, wie in den Hexereidiskursen der Frühen Neuzeit insbesondere eine verstärkte Kontrolle der Frau gefordert und formuliert wurde, die als Gefahr für sich selbst, ihre unsterbliche Seele, aber auch für die Gemeinschaft, in der sie lebte, beschrieben wurde – und dies in einer Zeit, wo alle Gemeinwesen um (politische) Ordnung, um (staatliche) Hierarchie und Machtansprüche rangen.
Interessanterweise fanden Hexenprozesse im frühneuzeitlichen Europa insbesondere dort statt, wo territorialstaatliche Strukturen zerfielen oder noch nicht in hinreichender Weise aufgebaut waren, um die Kontrolle über das Gerichtswesen und also auch die Hexenprozesse fest in der Hand zu behalten, wie in vielen Regionen und Teilstaaten des Deutschen Reiches. Dort, wo – wie in Frankreich – nach einer Phase innerer Konflikte und Bürgerkriege das Königtum wieder fest die zentralstaatlichen Machtmittel in die Hand nehmen konnte, wurde in der Regel die Zahl der Prozesse drastisch reduziert und die Vorgehensweise der Richter scharf kontrolliert.
So können Hexenprozesse und die aus ihnen hervorgegangenen Hinrichtungen durchaus als ein Instrument zur Unterwerfung von Frauen als vermeintlich subversive Kräfte innerhalb der frühmodernen Gemeinwesen – und damit durchaus auch als Femizide – verstanden werden. Die deutliche Ausrichtung des Hexereistereotyps auf Frauen, die misogyne Argumentation der Dämonologen, die alle Frauen als "Evastöchter" betrachteten und die Hexen wahlweise als Sexsklavinnen des Teufels oder als rachsüchtige und machthungrige "böse Weiber" verunglimpften, führten zusammen mit den Vorurteilen und Vorstellungen der breiten Bevölkerung über weibliche Zauberkünste zu einer enormen Überzahl weiblicher Opfer in den Hexenprozessen. Als "Hexer" verurteilte Männer galten dagegen eher als Geisterbeschwörer oder Magier, die ihre Neugier oder Habgier und nicht ihre Sündhaftigkeit in die Arme des Bösen getrieben hatte. Wenn Hexenprozesse auch weder das einzige noch das meistgewählte Instrument dafür waren, so sorgten sie doch als Drohkulisse dafür, Frauen über fast drei Jahrhunderte hinweg auf besonders eindrückliche, ja gewaltsame Weise zur Ordnung zu rufen und ihnen ihre geschlechtlich definierten Grenzen aufzuzeigen.