Der Fach- und Arbeitskräftemangel ist ein anhaltend großes Problem für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland.
Gestiegene Frauenerwerbsquote
In den vergangenen 30 Jahren ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen stark gestiegen. Seit Mitte der 1990er Jahre, als die Erwerbstätigenquote von Frauen in der Altersgruppe von 15 bis 64 Jahren bei 55 Prozent lag, hat diese um fast 20 Prozentpunkte zugenommen und liegt mittlerweile bei knapp 74 Prozent. Damit befindet sich Deutschland im internationalen Vergleich im oberen Bereich. Der Unterschied zwischen der Erwerbstätigenquote von Frauen und Männern betrug 2023 nur noch gut sieben Prozentpunkte.
Allerdings arbeitet derzeit etwa die Hälfte aller abhängig beschäftigten Frauen in Teilzeit – bei den Männern sind es nur zwölf Prozent. Der Teilzeitanteil ist in den vergangenen 30 Jahren kontinuierlich gestiegen – Mitte der 1990er Jahre arbeitete nur etwa ein Drittel aller abhängig beschäftigten Frauen in Teilzeit. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit abhängig beschäftigter Frauen ist damit seit Anfang der 1990er Jahre stetig gesunken, von rund 32 Stunden pro Woche 1991 auf gut 25 Stunden pro Woche 2022. Während es also gelungen ist, die Erwerbsbeteiligung von Frauen deutlich zu erhöhen, ist der Teilzeitanteil stark angestiegen.
Betrachtet man nur Frauen mit Kindern, werden diese gegenläufigen Tendenzen noch deutlicher: Mütter mit Kindern unter zwölf Jahren weisen in Deutschland eine im internationalen Vergleich überdurchschnittliche Erwerbsquote von fast 75 Prozent auf. Allerdings ist in dieser Gruppe auch die Teilzeitquote mit 70 Prozent überdurchschnittlich hoch.
Mit zunehmendem Alter der Kinder dehnen die meisten Frauen ihre Arbeitszeit jedoch nicht wieder aus. Auswertungen der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von Frauen und Männern nach Alter zeigen, dass der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen ab dem Alter von 25 bis 30 Jahren von rund 30 Prozent kontinuierlich ansteigt, bis er im Alter von 40 Jahren mit über 60 Prozent sein Maximum erreicht. Ab dem Alter von 40 Jahren bleibt der Teilzeitanteil der erwerbstätigen Frauen konstant auf diesem hohen Niveau.
Aktuelle Auswertungen der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von erwerbstätigen Frauen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zeigen ebenfalls, dass sich die durchschnittliche Arbeitszeit von Frauen im Alter von 35 bis 65 Jahren nicht unterscheidet, obwohl die wöchentliche Zeit, die Frauen für Kinderbetreuung aufwenden, in diesem Zeitraum deutlich zurückgeht.
Arbeitszeitpräferenzen
Ist die hohe Teilzeitquote von Frauen Ausdruck individueller Präferenzen oder das Ergebnis von Restriktionen? Einen Hinweis auf die Arbeitszeitpräferenzen von Frauen geben regelmäßige Befragungen zu den gewünschten Arbeitszeiten, auch wenn diese vermutlich vor dem Hintergrund bestimmter Restriktionen und sozialer Normen beantwortet werden. Aktuelle Ergebnisse zeigen, dass derzeit rund 15 Prozent aller Frauen unterbeschäftigt sind, sich also eine Erhöhung ihrer Arbeitsstunden wünschen.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass in der großen Gruppe der teilzeitbeschäftigten Frauen einige ihre Arbeitszeit ausweiten würden, dies jedoch aufgrund verschiedener Restriktionen nicht können. Eine weitere größere Gruppe möchte die Arbeitszeit in der aktuellen Situation nicht verändern.
"Zuverdienermodell"
Als ein Grund für die hohe Teilzeitquote von Frauen in Deutschland wird häufig die starke gesellschaftliche Norm des "Zuverdienermodells" genannt. Darunter versteht man ein Modell der Arbeitsteilung in Paarhaushalten, bei dem der Mann als Hauptverdiener in Vollzeit erwerbstätig ist, während die Frau in Teilzeit arbeitet und "hinzuverdient".
Tatsächlich liegt Deutschland, was die gesellschaftlichen Normen zur Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern betrifft, im europäischen Vergleich im Mittelfeld zwischen konservativen und egalitären Einstellungen der Bevölkerung. Eine gängige Art, diese Normen zu messen beziehungsweise zu erfassen, ist die Abfrage der Zustimmung zu der Aussage "Es ist Aufgabe des Mannes, Geld zu verdienen, die Frau ist für Haushalt und Familie zuständig". Die Zustimmung zu dieser Aussage beträgt in Deutschland 14 Prozent – dieser Wert liegt im unteren Mittelfeld der europäischen Länder.
Mit zunehmendem Alter des jüngsten Kindes gehen jedoch die Einstellungen zur idealen Arbeitszeit und die tatsächliche Arbeitszeit von Müttern auseinander. Auf die Frage nach der "idealen Erwerbsarbeitszeit" von Müttern und Vätern wird für Mütter mit Kindern unter zwölf Jahren im Durchschnitt eine Erwerbsarbeitszeit von 20 bis 30 Stunden als "ideal" angesehen.
Als Zwischenfazit lässt sich also festhalten: Die sozialen Normen bezüglich der Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern nach der Phase mit kleinen Kindern sind egalitärer als die tatsächliche Verteilung der Arbeitszeit von Frauen und Männern.
Gender Care Gap
Ein Grund für den hohen Anteil teilzeitbeschäftigter Frauen ab 45 Jahren könnte die nach wie vor ungleiche Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit sein. Unter unbezahlter Sorgearbeit, auch als Care-Arbeit bezeichnet, werden Tätigkeiten wie Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, Haushaltstätigkeiten wie Kochen, Putzen, Waschen, Einkaufen und Besorgungen sowie Reparaturen zusammengefasst. In Deutschland nimmt der geschlechtsspezifische Unterschied in der unbezahlten Sorgearbeit, der sogenannte Gender Care Gap, ab der Phase der Familiengründung stark zu. Mit zunehmendem Alter des jüngsten Kindes nimmt der Gender Care Gap wieder ab, aber auch bei kinderlosen Paaren oder Paaren mit älteren Kindern übernehmen Frauen deutlich mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer.
Als weiteres Zwischenfazit lässt sich somit festhalten, dass es vermutlich weniger die sozialen Normen bezüglich der Erwerbstätigkeit von Frauen sind, die die hohe Teilzeiterwerbstätigkeit von Frauen mit älteren Kindern erklären, sondern vielmehr die ungleiche Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit innerhalb der Paare.
Kitaausbau und Elterngeld
Welche politischen Handlungsoptionen gibt es nun vor dem Hintergrund der hohen Teilzeiterwerbstätigkeit von Frauen, die in der Familienphase beginnt und sich danach auf konstant hohem Niveau fortsetzt?
Wenn es um die Erwerbsbeteiligung von Müttern mit jungen Kindern geht, ist der weitergehende quantitative und qualitative Ausbau der Infrastruktur im Bereich der Kindertagesbetreuung von großer Bedeutung. Deutschland hat seit 2005 das Angebot an Kitaplätzen von einem – zumindest in Westdeutschland – sehr niedrigen Niveau aus deutlich ausgebaut. 2002 standen in Westdeutschland nur 2,5 Tagesbetreuungsplätze für 100 Kinder in der Altersgruppe unter drei Jahren zur Verfügung.
Die hohe Dynamik des Kitaausbaus, die vor allem zwischen 2005 und 2015 zu beobachten war, hat sich inzwischen wieder abgeschwächt. Zudem ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht nur das Angebot, sondern auch die Nachfrage nach Betreuungsplätzen, insbesondere für Kinder unter drei Jahren, stark gestiegen. Daher ist der Mangel an Kitaplätzen trotz des deutlich gestiegenen Angebots heute mindestens so groß wie vor 20 Jahren.
Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld ist das Elterngeld. Seit seiner Einführung 2007 haben Eltern einen Anspruch auf eine Lohnersatzleistung in Höhe von 65 Prozent (höchstens 1.800 Euro) ihres Nettoerwerbseinkommens für maximal 14 Monate nach Geburt des Kindes, wobei zwei Monate jedem Elternteil individuell zustehen und nicht auf den anderen Elternteil übertragen werden können ("Partnermonate"). Das Elterngeld hat ebenso wie der Ausbau der Kinderbetreuung dazu beigetragen, die Erwerbsbeteiligung von Müttern ab dem ersten Geburtstag des Kindes zu erhöhen.
Die empirische Forschung zeigt, dass eine gleichmäßigere Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit in der Familiengründungsphase dazu führt, dass viele geschlechtsspezifische Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt später geringer ausfallen.
Die Elemente des Elterngeldes, die die gleichmäßigere Aufteilung der Kinderbetreuung fördern, sollten daher ausgebaut werden. Beispielsweise könnten die beiden Partnermonate, die jedem Elternteil individuell zustehen und nicht übertragbar sind, sukzessive erhöht werden.
Steuer- und Transfersystem
Familienpolitische Reformen im Bereich der Kindertagesbetreuung und des Elterngeldes betreffen kurzfristig nur Familien mit kleinen Kindern. Langfristig könnte sich eine gleichmäßigere Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Müttern und Vätern von Beginn der Familienphase an zwar positiv auf den Umfang der Erwerbstätigkeit von Müttern auswirken. Um kurzfristig auch Frauen mit Kindern im Grundschulalter oder älter zu erreichen, sind jedoch weitere Reformen notwendig.
Ein wichtiges politisches Handlungsfeld ist in diesem Zusammenhang das Steuer- und Transfersystem, von dem wesentliche finanzielle Anreize für die Entscheidung über Erwerbsbeteiligung und Arbeitszeit ausgehen. Dass Zweitverdienende in Deutschland zum Teil eine sehr hohe steuerliche Grenzbelastung haben, die eine Ausweitung der Arbeitszeit finanziell sehr unattraktiv macht, ist in den vergangenen Jahren vielfach beschrieben worden. Insbesondere das Zusammenwirken von Ehegattensplitting, der steuerlichen Behandlung von Einkünften aus Minijobs und der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung führt mitunter zu Grenzbelastungen von über 100 Prozent. Dies bedeutet, dass eine Ausweitung der Erwerbsarbeitszeit sogar zu einer Verringerung des Haushaltsnettoeinkommens führt.
Beim Ehegattensplitting werden die Einkünfte beider Ehepartner addiert und halbiert, sodass Erst- und Zweitverdienende in diesem System auch bei sehr unterschiedlichen Einkommen den gleichen Grenzsteuersatz haben. Die Person mit dem geringeren Einkommen, in der Regel die Frau, wird mit einem höheren Grenzsteuersatz belastet, als dies bei getrennter Besteuerung der Fall wäre. Die Person mit dem höheren Einkommen, in der Regel der Mann, wird dagegen mit einem niedrigeren Grenzsteuersatz belastet. Dieser Effekt wird durch die Lohnsteuer verstärkt, wenn die Lohnsteuerklassenkombination III/V gewählt wird. Diese soll verhindern, dass bei Alleinverdienerpaaren oder Paaren mit deutlichen Einkommensunterschieden über das Jahr hinweg kontinuierlich zu viel Lohnsteuer gezahlt wird. Bezogen auf das Haushaltsnettoeinkommen ist diese Wahl der Lohnsteuerklassen also sinnvoll. Allerdings ist das individuelle Nettoeinkommen des Zweitverdienenden in der Lohnsteuerklasse V deutlich geringer als in der Lohnsteuerklasse I (bei Ledigen) oder IV (bei Verheirateten mit ähnlich hohem Lohneinkommen).
Die negativen Anreize des Ehegattensplittings für Zweitverdienende werden durch weitere Elemente des Steuer- und Transfersystems noch deutlich verstärkt. Dies sind zum einen die Minijobs und zum anderen die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung. Aufgrund der weitgehenden Steuer- und Abgabenfreiheit der Einkünfte aus Minijobs ist eine Ausweitung der Arbeitszeit über die Minijobgrenze hinaus für viele Zweitverdienende (mit einem Partner mit durchschnittlichem oder höherem Erwerbseinkommen) mit einer Verringerung des Haushaltsnettoeinkommens verbunden. Erst bei einer Wochenarbeitszeit, die deutlich über der Minijobgrenze liegt, können sie das gleiche Nettoeinkommen wie mit einem Minijob erzielen. Diese negativen Arbeitsanreize werden durch die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung noch verstärkt. Die negativen Anreizwirkungen dieses Zusammenspiels sind seit Langem bekannt und empirisch in zahlreichen Studien untersucht und belegt worden.
Ein Reformvorschlag aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung sieht vor, die Lohnsteuerklassenkombination III/V abzuschaffen. Alle Ehepaare müssten dann die Kombination IV/IV wählen. Ob eine solche Reform das Arbeitsangebot verheirateter Frauen deutlich erhöhen würde, ist im Vorhinein schwer zu beurteilen. Am Ehegattensplitting per se würde eine Reform der Lohnsteuerklassen nichts ändern, denn die gesamte Einkommensteuerbelastung der Ehepaare bliebe davon zunächst unberührt. Nur die zeitliche Verteilung der Steuerzahlungen und die Verteilung der Steuerlast zwischen den Ehepartnern würde sich verschieben. Inwieweit die Lohnsteuerklasse, die für abhängig Beschäftigte das monatliche Nettoerwerbseinkommen bestimmt, eine wesentliche Einflussgröße bei der Arbeitsangebotsentscheidung darstellt, ist schwer abzuschätzen. Die zentrale empirische Frage ist, ob das Arbeitsangebot vom individuellen monatlichen Nettoeinkommen abhängt oder ob sich die Verheirateten am gemeinsamen Nettojahreseinkommen orientieren, das über die Steuerklärung durch die Einkommensteuer bestimmt wird und von der Wahl der Lohnsteuerklassen unabhängig ist. Es ist plausibel anzunehmen, dass für manche Frauen nicht nur das gemeinsame Nettojahreseinkommen, sondern auch das individuelle monatliche Nettoeinkommen eine Rolle spielt und sie daher bei einer Abschaffung der Lohnsteuerklassenkombination III/V ihr Arbeitsangebot etwas ausweiten würden.
Noch besser wäre es allerdings, das Ehegattensplitting als solches zu reformieren, etwa in Form eines Realsplittings mit einem Transferbetrag in Höhe des Grundfreibetrags. In einem solchen System ist die steuerliche Freistellung des Existenzminimums beider Ehepartner gewährleistet, aber die Arbeitsanreize für Zweitverdienende werden spürbar erhöht. Eine solche Reform wäre daher mit einer (moderaten) Erhöhung sowohl der Erwerbsquote als auch der Wochenarbeitszeit von Frauen verbunden.
Die positiven Arbeitsangebotseffekte einer Reform des Ehegattensplittings könnten durch eine zusätzliche Abschaffung der Minijobs noch deutlich verstärkt werden. Für Schülerinnen und Schüler, Studierende sowie Rentner und Rentnerinnen könnten die Minijobs dagegen beibehalten werden. Gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Arbeitskräftemangels ist es jedoch nicht nachvollziehbar, dass für Personen im Haupterwerbsalter eine niedrige wöchentliche Arbeitszeit in Form der geringfügigen Beschäftigung staatlich gefördert werden soll.
Fazit
Eine Ausweitung der Arbeitszeit von derzeit in Teilzeit beschäftigten Frauen könnte den Fachkräftemangel in Deutschland etwas abmildern. Darüber hinaus könnten bestehende Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt und bei der unbezahlten Sorgearbeit abgebaut werden. Die politischen Instrumente, um diese Ziele zu erreichen, sind seit Jahren bekannt. Die Politik muss den Ausbau hochwertiger Betreuungsangebote weiter forcieren. Eine Reform des Elterngeldes, die die Beteiligung von Vätern an der Elternzeit attraktiver macht, könnte die ungleiche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit von Beginn der Familienphase an mildern und damit langfristig eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen fördern. Zu den notwendigen Reformen gehört aber auch kurzfristig eine Reform des Ehegattensplittings. Zudem sollte die Subventionierung geringfügiger Beschäftigung im Rahmen der Minijobs in Zeiten zunehmenden Arbeitskräftemangels abgeschafft werden.