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Editorial | Europa | bpb.de

Europa Editorial Europawahlen – und keinen interessiert’s? Furchtlosigkeit und Überzeugungskraft. Historische Europakonzepte in den Krisen der Gegenwart Europa der Regionen? Wahlbeteiligung und Euroskepsis bei den Europawahlen Souveräner Sicherheitsakteur? Die US-Wahlen als Herausforderung für Europa Vom Bremser zum Antreiber. Polens Rückkehr nach Europa Am Scheideweg? Europa und die Niederlande Wie soll die Union wachsen? Zur aktuellen Erweiterungspolitik

Editorial

Lorenz Abu Ayyash

/ 2 Minuten zu lesen

Die Europäische Union entstand nicht nur aus ökonomischen Gründen, sondern explizit auch als Friedensprojekt. Daran wird immer wieder erinnert, wenn es darum geht, Menschen davon zu überzeugen, dass die EU weit mehr ist als ein technokratisches Gebilde. Was abgedroschen klingen mag, ist dennoch wirkmächtig: Laut der jüngsten Eurobarometer-Umfrage vom Herbst 2023 sind die drei Werte, die die Europäerinnen und Europäer am häufigsten mit der EU verbinden, „Frieden“, „Demokratie“ und „Menschenrechte“. Deutschland gehört zu den Ländern, in denen der Frieden am häufigsten genannt wird.

Diese Prinzipien werden durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine fundamental bedroht. Mit dem nicht mehr auszuschließenden Rückzug der USA aus europäischen Angelegenheiten ist die EU nun selbst gefordert, Frieden und Demokratie auf ihrem Kontinent sichern zu können. Noch scheint sie dazu nicht in der Lage zu sein. Allerdings hat die russische Aggression der Erweiterungsdebatte eine neue Dynamik verliehen und den Kreis der EU-Beitrittskandidaten vergrößert. War der Erweiterungswille früher vor allem von wirtschaftlichen Interessen getragen, gewinnt die geopolitische Dimension immer weiter an Bedeutung.

In diesem Spannungsfeld finden vom 6. bis 9. Juni 2024 die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Obwohl das Parlament mittlerweile über Gesetzgebungs-, Haushalts- und Kontrollbefugnisse verfügt, werden die Wahlen von vielen – sofern sie sich überhaupt beteiligen – immer noch als Gelegenheit gesehen, ihren nationalen Regierungen das Misstrauen auszusprechen. Angesichts der Zugewinne rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien bei nationalen Wahlen und Umfragen ist auch auf europäischer Ebene mit deren Erstarken zu rechnen. Dabei sind gemeinsame, freie Wahlen keine Selbstverständlichkeit und vielleicht der beste Ausweis des europäischen Friedensprojekts – gerade, wenn in Mittelosteuropa ein schrecklicher Krieg tobt.