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Hausarbeit als Nebenwiderspruch? | Care-Arbeit | bpb.de

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Hausarbeit als Nebenwiderspruch? Die internationale "Lohn für Hausarbeit"-Debatte der 1970er Jahre in der Bundesrepublik

Kerstin Wolff

/ 18 Minuten zu lesen

"Man kommt sich auf dem Gebiet der Frauenfrage immer wie ein Wiederkäuer vor", soll einmal die Feministin Hedwig Dohm (1831–1919) geschrieben haben. Diese Wahrnehmung trifft auch zu, wenn es um die Frage geht, welchen Stellenwert die heute sogenannte Care-Arbeit in unserer Gesellschaft einnehmen soll und wie diese geschlechtergerecht verteilt werden könnte. Was eine so ungemein aktuelle Fragestellung zu sein scheint, ist ein Problem, das bereits im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts innerhalb der Frauenbewegung besprochen wurde. Auch in den 1970er Jahren diskutierte die neu belebte, autonome und international aufgestellte Frauenbewegung die Frage nach dem Stellenwert der unbezahlten Hausarbeit und über die damit verbundene Verteilung von Arbeit, aber auch Macht und Einfluss in der Gesellschaft.

Im Folgenden stelle ich die internationale "Lohn für Hausarbeit"-Debatte der 1970er Jahre vor allem in der Bundesrepublik Deutschland vor und frage, welche gesellschaftlichen Debatten sich hier kreuzten und beeinflussten. In der DDR gab es auch einen Kampf um eine bezahlte Hausarbeit und durchaus mit Erfolg. Allerdings gestaltete sich dieser grundsätzlich anders als in der Bundesrepublik, wo er als feministische Aktion organisiert wurde. In der DDR wurde 1952, als der sogenannte Hausarbeitstag gesetzlich vereinheitlicht wurde, dieser Tag den alleinstehenden Frauen ohne Kinder aberkannt. Dies führte, wie die Historikerin Carola Sachse in einer Studie herausarbeiten konnte, zu anhaltenden Protesten, die in den 1960er Jahren auch Früchte trugen. Erst durch betriebliche Regelungen, dann durch Betriebskollektivverträge wurde der Kreis der Frauen (und ganz weniger Männer), die einen Anspruch auf einen bezahlten Hausarbeitstag pro Monat hatten, immer weiter ausgedehnt. "Schließlich wurden diese Erweiterungen 1977 im neuen Arbeitsgesetzbuch festgeschrieben, ohne daß jedoch ein genereller Anspruch aller Frauen je anerkannt worden wäre. (…) Bis 1991 war der Hausarbeitstag in der DDR bzw. zunächst auch noch in den neuen Bundesländern eine selbstverständliche Praxis." Auch wenn dies einen Lohn für Hausarbeit nicht ersetzten konnte, war – so meine These – die staatliche Anerkennung der Leistung der Hausfrauen durch einen bezahlten Hausarbeitstag gepaart mit der selbstverständlichen Einbindung aller Frauen in den Erwerbsmarkt so prägend, dass die Kampagne "Lohn für Hausarbeit" in der DDR nicht greifen konnte.

Vorläufer*innen und Grundlagen

Die Historikerin Mareen Heying hat darauf hingewiesen, dass eine Debatte um den Stellenwert von Hausarbeit bereits vor den 1970er Jahren einsetzte. Als eine der Grundlagen hat sie die Schrift "Der Platz einer Frau" identifiziert, 1953 von einer US-amerikanischen Frauengruppe anonym publiziert. 1972 erschien diese Schrift zusammen mit einem italienischen Manifest unter dem Titel "Women and the Subversion of Community", hauptsächlich verfasst von der Italienerin Mariarosa Dalla Costa und der Engländerin Selma James, die nun für den US-amerikanischen Text von 1953 verantwortlich zeichnete.

Dalla Costa, geboren 1943 in Treviso, kam aus dem Arbeiterstand und war jahrelang in der italienischen Arbeiterbewegung (Operatismo) aktiv gewesen, bevor sie 1971 die Ideen der Arbeiterbewegung mit denen der Neuen Frauenbewegung verband. 1972 gründete sie mit anderen Mitstreiterinnen in Padua das International Feminist Collective (IFC), ein Netzwerk feministischer Gruppen, das die Basis für die internationale Kampagne "Wages for Housework" darstellte. Die meisten Teilnehmerinnen kamen damals aus Italien, es waren aber auch englische, französische und US-amerikanische Aktivistinnen dabei. Für die Notting Hill Group of the London Women’s Liberation Workshop war dies Selma James, langjährige Kämpferin gegen Kolonialismus, und für die US-amerikanische Bewegung die gebürtige Italienerin Silvia Federici, die in die USA ausgewandert war und nun Mitglied des Women’s Bail Fund in New York war. Als Gründungsmanifest und Grundlagentext der internationalen Kampagne diente "Die Macht der Frauen und der gesellschaftliche Umsturz" (so der Titel der englischen Ausgabe in der deutschen Übersetzung).

In den USA hatte Silvia Federici die Schriften von Dalla Costa bereits gelesen und fand hier – wie sie selbst schrieb – endlich ihre politische und aktivistische Heimat. "At the last page, I knew that I had found my home, my tribe and my own self, as a woman and a feminist." Nach ihrer Rückkehr aus Padua in die USA unterbrach sie die Arbeiten an ihrer Doktorarbeit und konzentrierte sich auf die Gründung von "Wages for Housework"-Gruppen und organisierte 1973 die ausgesprochen erfolgreiche Vortragstour von Dalla Costa und James in den USA und Kanada. Daraufhin entstanden die ersten US-amerikanischen Gruppen und eine kanadische Gruppe in Toronto. Die meisten US-amerikanischen Gruppen gründeten sich allerdings erst zwei Jahre später, 1975, in Boston, Chicago, New Orleans, Oberlin, Los Angeles und San Francisco. Die einzige Forscherin, die sich bisher explizit mit den "Lohn für Hausarbeit"-Gruppen beschäftigt hat, die Kanadierin Louise Toupin, kommt bei der Frage nach der Internationalität der Kampagne zu folgendem Schluss: "The label ‚Internationale‘ may seem a bit overstated, (…) and especially because the IFC never attained the scope of a mass movement, as its membership remained relatively small throughout its existence. The label may also seem exaggerated given the outcry raised in the women’s movement by its central demand, which was far from unanimously accepted internationally." Trotzdem sei es gerechtfertigt – so Toupin – von einer internationalen Bewegung zu sprechen, denn alle Gruppen starteten von der gleichen Idee aus und organisierten (nationale) feministische Aktionen in Bezug auf internationale Gruppen.

In der Bundesrepublik war es die Historikerin Gisela Bock, die die deutsche Debatte neben Barbara Duden und Alice Schwarzer prägen sollte. Bock lebte zum damaligen Zeitpunkt viel in Italien und übersetzte die Texte von Dalla Costa und James ins Deutsche. Diese Schrift markiert auch hier den Beginn der Kampagne und gilt – da schon lange vergriffen – als "vergessener Klassiker" der Neuen Frauenbewegung. "Auch in der deutschen Frauenbewegung", sagt Bock selbst, "wurde er [der Text] viel gelesen, und in dem 1973 gegründeten Berliner Frauenzentrum, in dem ich damals aktiv war, wurde von Anfang an darüber und über die Perspektive Lohn für Hausarbeit diskutiert."

Entstanden war das italienische Manifest, ebenso wie der Text von Selma James, als feministische Intervention der Marxschen Klassenanalyse. In dieser wurde bekanntlich der Hauptwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Arbeiter und Fabrikbesitzer gesehen. Welche Rolle spielten aber Frauen in dieser Analyse? Welche Rolle die von ihnen verrichtete unbezahlte Hausarbeit?

Die linken Theoretiker waren sich hier einig: Die Geschlechterfrage war lediglich ein Nebenwiderspruch, der sich "automatisch" in einer sozialistischen – dann auch geschlechtergerechten – Gesellschaft lösen würde. "Themen wie Gewalt in der Familie, Sexismus, Hausarbeit und andere zentrale Unterdrückungsstrukturen wurden (…) in der traditionellen Linken, wenn überhaupt, nur als Randthema behandelt und insgesamt als ‚Nebenwiderspruch‘ entwertet." Frauen und ihre innerhäuslichen Arbeiten, die geschlechtlichen Grundstrukturen der Familien – auch der proletarischen – waren und blieben damit unsichtbar; die Hausfrau verschwand als Akteurin von Geschichte und Gegenwart. Unter diesen Voraussetzungen wurde es für viele linke Feministinnen immer schwieriger, die geschlechtsblinden Antworten der linken Theorien zu akzeptieren und die frauenfeindlichen Strukturen in den von Männern dominierten Gruppen mitzutragen.

In Westdeutschland zeigte sich dies exemplarisch im linken Studentenverband SDS. Dieser, der sich selbst als linke Avantgarde begriff, sich gegen Unterdrückung und Ausbeutung aussprach und die Emanzipation der Arbeiterklasse forderte, war nicht bereit, über seine eigenen frauenfeindlichen Strukturen zu reflektieren. Hier war es Helke Sander, die mit ihrer berühmten Rede auf dem SDS-Kongress in Frankfurt am Main im September 1968 auf diese Diskrepanz aufmerksam machte. Sie wies die eigenen Genossen darauf hin, dass auch sie "die spezifische Ausbeutung der Frauen im privaten Bereich" missachteten. "Sie bezeichnete den SDS als ‚ein Spiegelbild gesamtgesellschaftlicher Verhältnisse‘, als eine Organisation, die bestimmte Bereiche des Lebens vom gesellschaftlichen abtrenne und tabuisiere, indem sie ihnen das Etikett ‚Privatleben‘ gebe." Damit war eine der wichtigsten Denkfiguren und ein zentraler Slogan der sich bildenden Neuen Frauenbewegung geschaffen: "Das Private ist politisch" – die Frage der unbezahlten Hausarbeit wurde damit denk- und analysierbar, und es wurde deutlich, dass diese den Kapitalismus entscheidend stützt.

Darauf verweist auch das Manifest von Dalla Costa, die ihr Werk als Versuch sieht "die ‚Frauenfrage‘ im Gesamtzusammenhang der ‚Rolle der Frau‘, wie sie durch die kapitalistische Arbeitsteilung geschaffen wurde, zu definieren und zu analysieren". Dabei macht sie die Hausarbeit als das alle Frauen miteinander verbindende gesellschaftliche Band aus und formuliert gleich zu Beginn: "Im folgenden [sic] setzen wir die Hausfrau als die zentrale Gestalt dieser Rolle der Frau an erste Stelle. Wir gehen davon aus, daß alle Frauen Hausfrauen sind; sogar diejenigen, die außerhalb des Hauses arbeiten, bleiben Hausfrauen." Bereits hier wird deutlich, wie breit und inklusiv Hausarbeit gedacht wurde. Es ging darum, "alle" Frauen mitzunehmen, um eine Solidarisierung von Frauen, die ansonsten vom patriarchalen System getrennt werden – Ehefrauen und Huren oder Schwarze und Weiße, Heteras und Lesben.

Für Dalla Costa war unbezahlte Hausarbeit ein Grundpfeiler des Kapitalismus, wobei sie die generelle Unterdrückung von Frauen nicht als Folge des Kapitalismus beschrieb. "Die Unterdrückung der Frau begann keineswegs mit dem Kapitalismus. Was mit dem Kapitalismus begann, war die noch intensivere Ausbeutung der Frauen als Frauen." (S. 3) Dies hänge damit zusammen, dass der "freie Lohnarbeiter" entstand und Frauen und Kinder aus dem System der Lohnarbeit ausgeschlossen wurden, was ihnen verwehrte, am politischen Kampf teilzunehmen, und es unter diesen Gruppen zu einer Entsolidarisierung kam. "In dem Maß, in dem das Kapital den Mann sich untergeordnet und zum Lohnarbeiter gemacht hat, hat es eine Kluft zwischen ihm und allen anderen Proletariern, die keinen Lohn empfangen, geschaffen, die, weil sie nicht direkt an der gesellschaftlichen Produktion teilnehmen, für unfähig gehalten wurden, Subjekte der gesellschaftlichen Revolte zu sein." (S. 7) Da aber durch Marx der (männliche) Lohnarbeiter und seine Ausbeutung als Grundlage der kapitalistischen Gesellschaft beschrieben worden war, wird deutlich, dass die nicht lohnabhängig außerhäusig beschäftige Hausfrau nicht in das System hineinpasst. Deshalb versuchten sozialistische und sozialdemokratische Bewegungen, Frauen in diesen auf Lohn basierenden Mechanismus zu integrieren, um sie damit als Genossinnen im Kampf gegen die Ausbeutung einspannen zu können.

Was die Bewegungen allerdings Dalla Costa zufolge nicht erkannten, war, "daß gerade durch den Lohn [des männlichen Arbeiters] die Ausbeutung der Nicht-Lohnarbeiter organisiert wird. Diese Form der Ausbeutung war noch effektiver, weil das Fehlen eines Lohns sie verschleierte, mystifizierte." (S. 7) So entstand im Kapitalismus die Kleinfamilie, innerhalb der es zur Abhängigkeit von Frau und Kindern vom lohnabhängigen Mann kam. Die Ausbeutung von Frauen und vor allem die Notwendigkeit ihrer unbezahlten Arbeit, um das kapitalistisch-patriarchale System weiter am Laufen zu halten, hatte Marx versäumt zu analysieren. "Mit andern Worten: der, der die Ausbeutung der Frauen in der vergesellschafteten Produktion exakt zu bestimmen vermochte, hat nicht ebenso klar die Ausbeutungssituation der Frau im Haus erfaßt." (S. 11) Dadurch konnte er nicht erkennen (und auch nicht die Theorien, die auf seinen Gedanken aufbauten), dass die unbezahlte Hausarbeit "über die Produktion reiner Gebrauchswerte hinaus eine wesentliche Funktion in der Produktion des Mehrwerts erfüllt und daß dies für die ganze Rolle der Frau gilt, als Rolle einer auf allen Ebenen – physisch, psychisch und beruflich – untergeordneten Person, die eine genau bestimmte Stellung in der kapitalistischen Arbeitsteilung und in der Durchsetzung der Produktivität auf gesellschaftlicher Ebene gehabt hat und hat." Oder um es auf den Punkt zu bringen: Die "unbezahlte Sklaverei [ist die] Grundlage für die Produktivität der Lohnsklaverei". (S. 12)

Was aber bedeutet das für den Versuch, dies zu verändern? Wie kann es verändert werden, wer kann das wo, und was müssen die Forderungen sein? Für Dalla Costa war klar, dass der Kampf der Hausfrauen ein Teil des Kampfes der Arbeiterbewegung war und auch bleiben musste und dass die Auseinandersetzung (auch) innerhalb der Familien, innerhalb der Paarbeziehung stattfinden müsste. Die Hausfrauen sollten das Haus verlassen, aber nicht, um ebenfalls lohnabhängig erwerbstätig zu werden, sondern um Kampfformen zu erproben, "die sofort die gesamte Struktur der Hausarbeit in Frage stellen, durch die wir diese Arbeit unmittelbar verweigern, uns als Hausfrauen verweigern und das Haus als Ghetto unserer Existenz verweigern". (S. 15) Die Akteurin, die dies schaffen könnte, war die Frauenbewegung, denn in dieser manifestierte sich ein "spezifischer Ausdruck der Fraueninteressen (…). Und als Frauenbewegung müssen wir jeden einzelnen Bereich, wo diese besondere Ausbeutung stattfindet, ausfindig machen, d.h. wir müssen die ganze Besonderheit des Fraueninteresses in den Kampf hineintragen." (S. 17)

Interessant ist, dass es nicht primär darum ging, Hausfrauen zu entlohnen oder Frauen zu ermöglichen, sich auch in einer abhängigen Lohnarbeit "zu verwirklichen". Die Vision war größer: "Die Herausforderung der Frauenbewegung liegt darin, Kampfformen zu finden, die, während sie die Frau vom Haus befreien, auf der einen Seite eine doppelte Knechtschaft der Frau vermeiden und auf der anderen Seite eine weitere Stufe der Kontrolle und Disziplinierung durch das Kapital verhindern. Dies ist für die Frauenbewegung letztlich die Trennungslinie zwischen Reformismus und revolutionärer Politik" (S. 27), einer Politik, die eingebunden war in einen antikapitalistischen Kampf der Arbeiterklasse.

"Lohn für Hausarbeit" in Berlin

Obwohl die Schrift von Dalla Costa bereits 1973 ins Deutsche übersetzt worden war, dauerte es noch bis 1975, bis die erste "Lohn für Hausarbeit"-Gruppe in Berlin als Teil der internationalen Kampagne entstand. Gisela Bock, die 1974 in den USA gewesen war und hier "Wages for Housework"-Gruppen kennengelernt und auch begonnen hatte, ihre historischen Forschungen zur Entstehung von Hausarbeit im 19. und 20. Jahrhundert zu vervollständigen, rief 1977 in der Märzausgabe der feministischen Zeitschrift "Courage" zusammen mit der in der Berliner Frauenbewegung aktiven Literaturwissenschaftlerin Pieke Biermann zur Gründung von Gruppen auf. Beide stellten die Forderungen der internationalen Kampagne vor und druckten – zum ersten Mal in Deutschland – das internationale Flugblatt der Kampagne ab.

Im Text der "Courage" stellten die beiden Autorinnen Hausarbeit als "die Schlüsselindustrie der Gesellschaft" vor und forderten: "Alle Frauen sollen vom Staat bezahlt werden – das ist das Programm dieser internationalen feministischen Strategie." Besonders bemerkenswert ist, dass in den folgenden Texten viele verschiedene Hausfrauen zu Wort kamen, die ihre spezifische Situation beschrieben – als "Nur-Hausfrauen" oder Berufstätige, als Lesben, Heteras, Verheiratete oder Zusammenlebende, Prostituierte, Ausländerinnen oder Arbeiterfrauen. Alle einte die (unbezahlte) Hausarbeit, weshalb die Forderung klar war: Die Hausarbeit "muss bezahlt werden." Dabei ging es nicht primär um die Bezahlung dieser Arbeit, um eine gesellschaftliche Aufwertung zu erreichen, sondern darum, dass sich die gesellschaftliche Realität von Frauen – zwischen Haus- und Erwerbsarbeit hin- und herpendelnd – ändern musste, "denn sonst kann man uns immer, je nach Konjunktur, zwischen der unterbezahlten Arbeit außer Haus und der unbezahlten Arbeit im Haus hin- und herschieben; denn sonst haben wir keine Möglichkeit freier Wahl oder gar freier Zeit; denn sonst bleiben wir ökonomisch von den Männern abhängig und machen uns gegenseitig Konkurrenz um das bißchen Leichtlohn für Schwerarbeit, die man den Frauen zuweist".

Gisela Bock sieht im Nachhinein sechs grundlegende Argumentationen, die die Theorie und die Praxis der Kampagne deutlich machten. Erstens, Frauen, die im Haus tätig seien, besorgten die gesamte Produktions- und Reproduktionsarbeit und zwar weltweit. Diese Fürsorgetätigkeiten seien harte Arbeit, die allerdings in einen ideologischen Rahmen eingebunden seien, der wiederum dafür sorge, dass diese Tätigkeiten, zweitens, unbezahlt blieben. Nur durch diese Nicht-Entlohnung funktioniere das gesellschaftliche System der (geschlechtlichen) Arbeitsteilung und sorge zusätzlich dafür, dass weibliche Erwerbstätigkeit schlechter entlohnt werden könne als männliche. Ein wichtiger Ansatz war, drittens, die globale Perspektive, die sowohl männliche Hausarbeit als auch die Subsistenzwirtschaft im Globalen Süden einschloss. Dazu gehörte, dass, viertens, die Aktivistinnen und Autorinnen ihre Analyse als "marxistischen Feminismus" verstanden, also den Versuch unternahmen, die marxsche Gesellschaftsanalyse feministisch zu erneuern, indem sie die unbezahlte Hausarbeit einbezogen. Dies war ein entscheidender Punkt, an dem sich auch heute noch große Debatten entzünden. Denn die marxistisch argumentierende Linke lehnt die Einbeziehung der Hausarbeit in den Kapitalismus bis heute ab. "Hausarbeit ist keine Quelle des kapitalistischen Profits", wurde noch 2017 in einem Artikel im "Spartakist" festgehalten.

Dies sahen die Autorinnen anders, die die unbezahlte Hausarbeit zum Herzen des Kapitalismus erhoben, da nur diese die (Re-)Produktion aller Arbeitskräfte (Männer, Frauen und Kinder) ermögliche. Auf diesen Aspekt macht Bock besonders aufmerksam und sieht hier einen argumentativen Umbruch: "Von der Fabrikagitation, die im Wesentlichen auf Männer zielte, und vom Konzept der Fabrik als Zentrum der Gesellschaft, wo jede Reform oder gar Revolution ansetzen müsse, hin zu dem an Frauen orientierten Konzept, dass im Zentrum der Aktivität und des Denkens diejenigen Orte stehen müssen, wo Frauen arbeiten, handeln und denken, also das Haus, die Familie, die städtische Umwelt. Bei Mariarosa (und Selma James) war dieser Bruch aber kein Bruch mit Marx bzw. dem Marxismus: Sie betrachteten sich weiterhin als (authentischere) Marxisten". Aus dieser Analyse ergab sich, fünftens, die Forderung nach einem Lohn, allerdings ging es nicht nur um tatsächlich zu vollziehende Geldleistungen, sondern auch um eine "allgemeine wirtschaftliche, soziale und politische Anerkennung der weiblichen Tätigkeit". Eng damit verbunden war, sechstens, die Idee einer radikalen Veränderung der gesellschaftlichen vergeschlechtlichen (Arbeits- und Lebens-)Welten. Letztendlich ging es also nicht um einen "Lohn", sondern darum, den Kapitalismus mit seinen eigenen Waffen zu schlagen und ihn damit abzuschaffen – oder mindestens zu reformieren.

Widerspruch aus Köln

Der "Hausfrauenlohn" war weder damals noch ist er heute unumstritten – auch nicht unter Feministinnen. Lehnten die Linken vor allem die marxistisch-feministische Beschreibung der Hausarbeit als Grundlage der kapitalistischen Produktion ab, wandte sich Alice Schwarzer, die bereits 1973 mit der Veröffentlichung von "Frauenarbeit – Frauenbefreiung" die unbezahlte Hausarbeit problematisiert hatte, im Mai 1977 in ihrer gerade neu erschienen Zeitschrift "Emma" mit feministischen Argumenten gegen die "Lohn für Hausarbeit"-Gruppen. Sie argumentierte, dass die Unterdrückung der Frau durch ihre "Zuständigkeit" für Hausarbeit auch nicht besser werden würde, wenn sie dafür bezahlt würde. "Und für Geld lassen wir uns weiter ‚anmachen‘ und vergewaltigen? (…) Kochen wir weiter für die Herren der Schöpfung zuhause und im Büro den Kaffee? (…) Statt gegen das Hausfrauen-Ghetto (…) und gegen die Vergewaltigung zu kämpfen, statt das zu ändern, sollen wir es dabei belassen und uns nun verkaufen?!"

Schwarzer schlug stattdessen vor, sich direkt für eine Abschaffung des Hausfrauendaseins einzusetzen. Vier Punkte listete sie auf, die ihrer Meinung nach zu einer wirklichen Veränderung beitragen würden. Erstens müsse die selbstverständliche Zuständigkeit von Frauen für Haushalt und Kinder beendet werden; zweitens die notwendige Haus- und Erziehungsarbeit durch Mann und Frau zu gleichen Teilen geteilt werden; drittens sollten gesellschaftliche Einrichtungen geschaffen werden wie Krippen oder Großküchen, die die individuelle Hausarbeit übernehmen, und viertens müsse sich die Natur der Hausarbeit verändern, das heißt, sie müsse "raus aus Isolation und Willkür. (…) Wenn Frauen sich schon ein Herz fassen zu kämpfen, wenn sie schon auf die Straße gehen, dann sollten sie es, meine ich, nicht für halbherzige und irreführende Forderungen tun, die zum Bumerang werden können."

Die Intervention aus Köln konnte nicht unwidersprochen bleiben. Bereits in der Augustnummer der "Courage" reagierte die Gruppe "Lohn für Hausarbeit, Berlin" mit einem Offenen Brief. Sie führten die erzwungene Doppelbelastung der Frau an, die zwangsläufig entstehen müsse, wenn jede Frau eine bezahlte außerhäusliche Berufstätigkeit annehmen müsse, zusätzlich zur Hausarbeit. "Das Rezept von A.S. ist aber gerade das Rezept der männerbeherrschten Linken, die, wenn überhaupt, zur Frauenbefreiung nur vorgeschlagen hat: ‚Ab in die Produktion!‘ (…) Wir lehnen jede ‚Alternative‘ ab, bei der wir an eigenes Geld nur um den Preis von Mehrarbeit kommen." Die Gegenvorschläge, die Schwarzer in ihrem Artikel gemacht hatte, waren für die Berlinerinnen "Augenwischerei: denn wie kommen Männer dazu, die Hälfte der Arbeit zu übernehmen?"

Bei einem direkten Vergleich der beiden Positionen wird deutlich, dass Schwarzer pragmatischer auf Hausarbeit blickte und die Situation von individuellen Hausfrauen vor Augen hatte. Sie argumentierte nicht aus einer linken, marxistischen Theorietradition heraus und stellte auch nicht die Systemfrage. Ihr ging es nicht um die Veränderung des Kapitalismus, ihr Fokus lag auf der individuellen Befreiung von Frauen, die sie nur in einer eigenen finanziellen Unabhängigkeit sah.

Die Berlinerinnen wiederum versuchten nicht nur die Hausarbeit als individuelle Frauenarbeit zu verändern, sie versuchten das hinter dieser Arbeit steckende kapitalistische System zu reformieren. Es ging nicht um einen individuellen Weg einer einzelnen Hausfrau, sondern darum, für alle Frauen einen Weg zu finden, sich in die Gesellschaft als Hausfrauen einzuschreiben. Die Berlinerinnen kämpften also für die Anerkennung einer von allen Frauen geleisteten Arbeit, einer Arbeit, die nur Frauen verrichteten – bemühten also einen Differenzansatz, der alle Frauen miteinander einte. "Lohn für Hausarbeit ist die einzige Forderung der Frauenbewegung, die an der gemeinsamen Situation aller Frauen ansetzt, ob alleinstehend oder Mutter oder verheiratet, ob Lesbe oder Prostituierte, schwarz oder weiß, eingewandert oder einheimisch." Alice Schwarzer hingegen setzte sich dafür ein, dass sich Frauen als Gleiche in die Gesellschaft einschrieben, in dem sie ihre differenten Lebensentwürfe (Hausfrau sein) hinter sich lassen sollten: "Hausfrau bleibt Hausfrau. Ein Taschengeld wäre nur eine dünne Vergoldung dieses Frauenschicksals in einer Männergesellschaft, in der Hausfrausein nicht frei gewählt, sondern erzwungen ist und ausschließlich Frauen vorbehalten bleibt."

Dass das Thema der unbezahlten Hausfrauenarbeit in dieser Zeit breit und sehr kontrovers diskutiert wurde, zeigt auch der Umstand, dass die Rolle der (un)bezahlten Arbeitskraft von Frauen zum Thema der 2. Berliner Sommeruniversität für Frauen 1977 wurde. Hier prallten noch einmal die verschiedenen Positionen aufeinander. Der Sozialistische Frauenbund sprach sich vehement gegen einen Lohn für Hausarbeit aus, weil damit sowohl die Zuständigkeit der Frau für diesen Arbeitsbereich festgeschrieben werden würde, als auch der Staat aus seiner Verpflichtung entlassen werden würde, sich um eine sinnvolle Rahmung der Reproduktion der Gesellschaft – etwa durch den Bau von neuen Kindergärten – zu kümmern. Stattdessen forderten sie die Einbeziehung von Frauen in den gesellschaftlichen Produktionsprozess.

Gisela Bock erklärte noch einmal die "Lohn für Hausarbeit"-Debatte als feministische Strategie, indem sie klar machte, dass diese Forderung aus der Ablehnung des Konzeptes der Linken – Einbeziehung der Frauen in die Produktion – und des staatlichen Handelns – Frauen als Arbeitskraftreserve zwischen Krise und Konjunktur – entstanden war. Es gehe eben nicht darum, Hausfrauenarbeit als Arbeit für Frauen festzuschreiben, sondern darum, diese als Arbeit sichtbar zu machen und durch die Verweigerung dieser Arbeit ihren zentralen Stellenwert im kapitalistischen System deutlich zu machen.

Warum endete die "Lohn für Hausarbeit"-Debatte?

Die (internationale) Kampagne erreichte zwischen den Jahren 1974 und 1976 einen Höhepunkt, geriet 1977 in eine Krise und löste sich 1978 schließlich auf. Gisela Bock führt das Ende darauf zurück, dass sich nicht auf eine gemeinsame Perspektive geeinigt werden konnte. Ging es in der Kampagne darum, das zugrundeliegende gesellschaftliche Muster zu entdecken und dies als ein Mittel für eine breite Mobilisierung zu nutzen, die "zahlreiche Einzelforderungen einschloss, die auch von der umfassenderen feministischen Bewegung aufgestellt wurden", oder müsste es um den wahrhaftigen Kampf um Entlohnung gehen? Barbara Duden analysierte im Nachhinein sehr pragmatisch: "Die Forderung politisch durchzusetzen, erwies sich, jedenfalls in Deutschland, als utopisch."

Trotz der Auflösung der "Lohn für Hausarbeit"-Gruppen zieht Toupin ein positives Fazit dieses Engagements. Zum ersten Mal sei Hausarbeit politisiert und in einen historischen Zusammenhang gestellt worden. Sie konnte als etwas "Gemachtes" erkannt – ent-deckt – werden. Hausarbeit in dieser Art zu denken, bedeutete "attacking the system of domination of gender relations, class relationism and wage relations". Auch Barbara Duden sieht im Nachhinein den großen Tabubruch und die Politisierung von Hausarbeit, an der sie in den 1970er Jahren einen nicht unwesentlichen Anteil hatte. "Zeitgeschichtlich stand unser Vortrag am Scheitelpunkt einer Wende, die erst im Rückblick erkennbar ist," so Duden. "Rückblickend lässt sich zudem erkennen, dass der Umbau vom fordistischen Industriesystem, das auf dem Ehepaar und der unbezahlten Hausarbeit der Frau in der Familie basierte, zum ‚one-adult-worker-model‘ bereits in Gang war, als wir den Aufsatz schrieben." Heute sind wir in diesem Modell mit all seinen Konsequenzen angekommen. Der Haushalt wird von Personen geführt, die noch einem außerhäuslichen entlohnten Beruf nachgehen, Menschen mit Kindern müssen eine eigenständige Existenzsicherung durch Lohnarbeit aufbauen, und "haushaltsnahe Dienstleistungen" werden als bezahlte Lohnarbeit angeboten oder von migrantischen Frauen über Minijobs erledigt. Duden fordert deshalb: "Die Debatte um die Hausarbeit müsste neu beginnen. Ebenso müsste die Soziogenese des blinden Flecks genau untersucht werden, in deren Verlauf die Hausarbeit, die unbezahlte Arbeit der Frauen, in den letzten Jahrzehnten unsichtbar wurde – auch die Heraufkunft des blinden Flecks in unserem eigenen Blick auf die Gesellschaft. Wieso und seit wann sprechen wir von ‚Care‘ und nicht mehr von unbezahlter Hausarbeit? Wieso sehen wir deren industriegesellschaftliche Bedeutung nicht mehr – während sie von Sozialplanern berechnet wird, die die Kommerzialisierung und ‚De-Familiarisierung‘ dieses Sektors propagieren?"

ist promovierte Historikerin und arbeitet am Forschungsinstitut und Dokumentationszentrum des Archivs der deutschen Frauenbewegung (AddF). E-Mail Link: wolff@addf-kassel.de