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Bezahlbares Wohnen Der steinige Weg über das kommunale Bodeneigentum

Dirk Löhr

/ 15 Minuten zu lesen

Dem politischen Ziel, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, steht der "Flaschenhals" Boden im Weg. Mehr kommunales Bodeneigentum kann helfen, diesen Engpass zu entschärfen, und zugleich hohe Steuerungspotenziale schaffen. Der Weg dorthin ist allerdings steinig.

Hohe Wohnkosten sind insbesondere ein Problem in städtischen Ballungsgebieten und deren Umland. In den boomenden Großstädten kommen vor allem einkommensschwache Haushalte oft an die Grenze dessen, was an Mietkostenbelastung als zumutbar angesehen wird. Da die Mietsteigerungen vor allem bei den Neuvertrags- und weniger bei den Bestandsmieten stattfinden, leiden unter der Mietbelastung nicht zuletzt Um- und Zuzügler.

Die Bundesregierung möchte zur Linderung der Wohnungsnot jedes Jahr 400000 neue Wohnungen bauen, davon 100000 mit Sozialbindung. Allerdings wird preisgünstiges Bauen derzeit wegen des Abrisses von Lieferketten infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs sowie der Zinswende sehr erschwert. Auch ein deutliches Absinken der Baulandpreise, das kostenseitig Entlastung schaffen könnte, ist noch nicht in Sicht. Gleichzeitig sinken mit den Realeinkommen der Mieter die Möglichkeiten, Mietsteigerungen am Markt durchzusetzen. All dies dürfte die Investitionsneigung abschwächen. Selbst wenn sich diese Probleme mittelfristig entschärfen sollten, bleiben die Engpässe auf dem Bodenmarkt, der dem Wohnungsmarkt vorgelagert ist, strukturell bestehen.

Die Unterschiede zwischen den zentralen, dynamisch wachsenden Agglomerationen und peripheren Räumen sind weniger auf unterschiedliche Baukosten zurückzuführen, sondern in erster Linie auf eine unterschiedliche Wertigkeit der Standorte: International gingen in der jüngeren Vergangenheit etwa 80 Prozent der Hauspreissteigerungen auf Bodenpreissteigerungen zurück; Deutschland ist hier keine Ausnahme mehr. Im deutschen Durchschnitt stiegen die Bodenwerte in den vergangenen zwanzig Jahren um mehr als 120 Prozent. In den großen deutschen Städten mit über 500000 Einwohnern sind allein im vergangenen Jahrzehnt die Bodenwerte um mehr als das Dreieinhalbfache gestiegen.

Inwieweit kommunales Bodeneigentum dazu beitragen kann, diese Probleme zu bewältigen, ist umstritten. Einer stärkeren Kommunalisierung des Bodeneigentums steht mitunter eine grundsätzliche Skepsis gegenüber stärkeren staatlichen Interventionen entgegen. Außerdem wird häufig eingewandt, dass es sich beim Wohnkostenproblem in erster Linie um ein Knappheitsproblem handele, das nicht einfach durch eine Änderung der Eigentumsverhältnisse beseitigt werden könne. Diese Argumente sind ernst zu nehmen, bei näherer Betrachtung aber zu relativieren.

Der Markt alleine richtet es nicht

Der Markt alleine wird die Wohnkostenproblematik nicht lösen können. Denn selbst dann, wenn Bauland verfügbar gemacht werden kann, muss sich der Neubau wegen der gestiegenen Kosten vor allem auf das gehobene Segment konzentrieren; nur hier können noch die Renditen erzielt werden, die private Neubauvorhaben rentabel erscheinen lassen. Die Hoffnung richtet sich hier häufig auf sogenannte Sickereffekte, wonach infolge des Umzugs einkommensstärkerer Personengruppen in Neubauten vermehrt Bestandswohnungen frei werden, die von Personen aus den mittleren oder gar unteren Einkommensschichten bezogen werden können. Allerdings wirken in angespannten Märkten, speziell bei hohen Zuzügen, solche Sickereffekte nur sehr unzuverlässig. Auf sich allein gestellt, befördern die Marktkräfte eher soziale und funktionale Entmischung – mit der Folge von Segregation und Gentrifizierung.

Ansatzpunkt nachgelagerter Wohnungsmarkt?

Zugleich ist die Skepsis gegenüber staatlichen Interventionen gerechtfertigt, soweit die betreffenden Maßnahmen nicht am vorgelagerten Bodenmarkt, sondern am nachgelagerten Wohnungsmarkt ansetzen. Entweder sind sie wenig wirkungsvoll oder sie verursachen – sofern sie effektiv sind – inakzeptable Kollateralschäden. Ein Beispiel für eine beschränkte Wirksamkeit ist die "Bundesmietpreisbremse". Sie bewirkt im Wesentlichen eine zeitliche Verzögerung von preislichen Anpassungen, verhindert diese aber am Ende nicht. Insofern ist sie einerseits wenig schädlich, andererseits aber auch nur von überschaubarem Nutzen, zumal die Mieter bei Verletzungen der Vorschriften selbst ihr Recht durchsetzen müssen. Deutlich stärker ausgestaltet war der – vom Bundesverfassungsgericht aus formalen Gründen verworfene – Berliner Mietendeckel. Nicht nur Wohnungsunternehmen, sondern auch manchem privaten Vermieter drohte hier jedoch wirtschaftliches Ungemach, wenn bei der Kreditaufnahme für den Kauf oder den Bau einer Immobilie die Kappung der Mieten nicht antizipiert wurde. In der Folge der Einführung des Mietpreisdeckels sank das Angebot an Mietwohnungen erheblich, dafür kam es zu einer vermehrten Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Zwar wurde es mit dem Baulandmobilisierungsgesetz ermöglicht, eine solche Ausweichreaktion zu unterbinden (vorerst befristet bis 2025), dennoch senden solche Höchstpreise das falsche ökonomische Signal aus, dass noch mehr Wohnfläche nachgefragt werden kann. Über die Kappung der Mieten wurden zudem auch solche Mieter – zulasten der Vermieter – subventioniert, die dies angesichts ihrer Einkommen gar nicht nötig haben.

Eine Alternative zu diesem Vorgehen kann jedoch der Ansatz am vorgelagerten Bodenmarkt sein. Dabei kann sowohl Einfluss auf die Menge des verfügbaren Wohnraums als auch auf den Preis genommen werden.

Einwirkung auf das Bodenangebot

Der quantitative Ansatz der Bundesregierung ist insoweit richtig, als die bestehenden Knappheiten auf dem Wohnungsmarkt beseitigt werden müssen. Aber: Bodenerträge und Bodenwerte – und darüber die Wohnkosten – steigen tendenziell mit der Größe eines Siedlungskörpers. Dies gilt unabhängig davon, ob nachverdichtet oder neues Bauland über die Konversion von landwirtschaftlichen Flächen in den bisherigen Außenbereichen geschaffen wird. "Bauen, bauen, bauen" ist daher nur eine notwendige Bedingung für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Es ist aber keine hinreichende Voraussetzung hierfür.

Das Bodenangebot hingegen ist und bleibt der "Flaschenhals" beim Neubau. Kommunale Bodenvorräte können hier als Puffer dienen: Gerade in angespannten Märkten kann das Bodenangebot als Reaktion auf Nachfrageschwankungen kaum ausgeweitet werden, es weist also eine geringe "Elastizität" auf. Nachfrageschwankungen können aber umgekehrt gerade bei unelastischem Angebot hohe Preisausschläge erzeugen. Kommunen können hier mit einer langfristigen, vorausschauenden und zugleich antizyklisch eingesetzten Bodenvorratspolitik gegensteuern.

Zudem werden die bestehenden Flächenreserven oft nicht effizient genug genutzt. Ökonomisch kann dies seitens der Eigentümer rational sein, zumal Boden den Charakter einer "Realoption" hat: Private Grundstückseigentümer können eine Folgeinvestition in ein Gebäude vornehmen, sind jedoch zumeist nicht dazu verpflichtet. Die Bebauung des Grundstücks kann beliebig aufgeschoben werden, wenn die Umstände gerade nicht passen. Die Bodenpreise enthalten dementsprechend nicht nur einen Gegenwert für die Ertragspotenziale der Standorte (innerer Wert), sondern auch für den Wert des "Wartenkönnens" (Zeitwert). Letzterer ist nicht nur bei "Spekulation" von Relevanz, sondern auch für das Vorhalten von Grundstücken aus anderen Motiven, etwa bei "Enkelgrundstücken".

Ein Grundstückseigentümer kann jedoch nicht zugleich den inneren Wert und den Zeitwert realisieren. Vielmehr geht bei einer Bebauung des Grundstücks der Zeitwert verloren. Deswegen wird nur dann und dort investiert, wo der innere Wert höher als der Zeitwert der "Realoption Boden" ist – der Zeitwert ist also eine Hürde für die Bebauung. Je höher die erzielbaren Mieten sind, umso leichter kann diese Hürde genommen werden; wo umgekehrt der Zeitwert eine größere Rolle spielt, insbesondere bei Grundstücken mit hohem Aufwertungspotenzial, werden Städte kleiner und teurer.

Schiebt sich der Zeitwert als spekulative Komponente bei der Preisbildung in den Vordergrund, können sich die Bodenpreise von den Erträgen entkoppeln, die auf den betreffenden Standorten erzielbar sind. Investoren können selbst für ein gehobenes Segment dann nur noch mit Abstrichen bei Rendite und baulicher Qualität tätig werden; an bezahlbares Wohnen ist kaum mehr zu denken. Grundstücke können im Extremfall sogar "totspekuliert" werden.

Kommt eine Kommune, zum Beispiel durch eine frühzeitige Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts, rechtzeitig an das Eigentum an den entsprechenden Grundstücken, kann sie einer solchen Spekulationsspirale entgegenwirken. Verpasst sie hingegen den richtigen Zeitpunkt – wie dies etwa beim Hamburger "Holsten-Areal" offenbar der Fall war –, ist eine Korrektur von Fehlentwicklungen kaum mehr möglich. Eine Verschärfung des städtebaulichen Entwicklungsrechts, das es den Kommunen ermöglichen würde, auch in den Innenstadtbereichen leichter an blockierte Flächen zu kommen, steht derzeit nicht auf der politischen Agenda.

Bereits vorhandene Instrumente können allerdings genutzt werden, um die Verfügungsrechte der privaten Eigentümer zu "entkernen". Der Zeitwert der "Realoption Boden" kann so reduziert und das faktische Angebot an Grundstücken auf dem Markt erhöht werden. Zu diesen Instrumenten zählt etwa die ab 2025 – allerdings nicht in Bayern – mögliche stärkere grundsteuerliche Belastung "gehorteter" Grundstücke (sogenannte Grundsteuer C). Auch "Baugebote" reduzieren den Wert des "Wartenkönnens", werden aber unter anderem wegen rechtlicher Unsicherheiten von den Kommunen nur sehr zögerlich eingesetzt. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist auch die Prüfung der sogenannten Innenentwicklungsmaßnahme vereinbart, bei der es sich im Kern um ein "flächendeckendes Baugebot" mit "eingebautem Eskalationsmechanismus" bis hin zur Enteignung für den Fall handelt, dass ein Grundstückseigentümer nicht kooperiert. Andererseits wird das Zuwarten gegenwärtig durch die Regelung in Paragraf 23 des Einkommensteuergesetzes begünstigt, nach der Veräußerungen von Grundstücken im Privatvermögen nach einer Haltefrist von zehn Jahren steuerfrei sind. Dies führt zu "Lock-in-Effekten" beziehungsweise einer Verringerung des faktischen Grundstücksangebotes auf dem Markt. Diese Frist sollte nicht nur deswegen, sondern auch aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit abgeschafft werden.

Die "Entkernung" der Verfügungsrechte über das Bodeneigentum ist jedoch ein politisch mühsamer Prozess. Auch in der "Baulandkommission", die das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat 2018 eingesetzt hatte, wurden diesbezüglich kaum Fortschritte erzielt. Einfacher ist es, wenn sich Kommunen von vornherein über Grundstückskäufe auf dem Markt in die Position von Grundstückseigentümern begeben.

Dann können sie, je nach Entwicklung, die Grundstücke unter Auflagen (Sozialquoten, Bauverpflichtung, ökologische Maßgaben) an private Investoren abgeben. Mit einem solchen Zwischenerwerb ist ein hohes Gestaltungspotenzial verbunden. Zudem können die Kommunen bei der Abgabe des Baulandes über die Differenz von Verkaufs- und Einkaufspreisen die Entwicklungskosten samt Infrastruktur abdecken. Allerdings wird der kommunale Zwischenerwerb durch die auch hier anfallende Grunderwerbsteuer erschwert. Die Beseitigung dieses Hindernisses ist im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung jedoch nicht enthalten. Problematisch ist zudem, dass der Zwischenerwerb mit den zur Verfügung stehenden rechtlichen Instrumenten in Innenbereichen nur schwer möglich ist; zumeist findet er im Rahmen von Baulandmodellen auf zuvor landwirtschaftlich genutzten Flächen statt. Dies aber beinhaltet einen latenten Konflikt mit flächenhaushaltspolitischen Zielsetzungen.

Direkte Preisbeeinflussung über Sozialquoten

Die Kommune kann über eigentumsrechtliche Maßnahmen jedoch nicht nur mittelbar über eine Steigerung des Angebots, sondern auch unmittelbar auf die Wohnkosten einwirken. Das wichtigste Instrumentarium hierfür sind Quoten für bezahlbaren Wohnraum. Ist der Boden Eigentum der Kommune, so kann er mit Auflagen, etwa Sozialquoten, an Investoren abgegeben werden. Indem so in die Preisbildung eingegriffen wird, werden jedoch die Eigentumsrechte der Investoren beschränkt.

Die Abgabe von Bauland für Projekte mit Sozialquoten sollte daher zu Konditionen geschehen, die für Investoren tragbar sind. Dazu gehört, Grundstücke nicht zum Höchstpreis zu vergeben. Vorzugswürdig sind "Konzeptvergaben", bei denen der gebotene Preis entweder gleich vorgegeben wird oder aber nur einen von mehreren Aspekten im Rahmen eines Gebotes darstellt, das dann maßgeblich nach seiner Konzeptqualität beurteilt wird. Auch über Bebauungspläne können Sozialquoten auferlegt werden.

Sind Investoren darauf angewiesen, die benötigten Flächen auf dem freien Markt zu erwerben, ist es auch bei der Vorgabe von Sozialquoten in Bebauungsplänen keineswegs sicher, dass sich die voraussichtlichen Ertragsminderungen derart in einer Senkung der Bodenwerte niederschlagen, dass den privaten Investoren noch eine akzeptable Rendite ermöglicht wird. Dies kann insbesondere bei Maßnahmen der "sozialgerechten Bodennutzung" (Paragraf 1 Absatz 5 Baugesetzbuch) zum Problem werden, wenn die "Planungsbegünstigten" per städtebaulichem Vertrag zu einem Kostenbeitrag für die Infrastruktur verpflichtet werden. Der Vorhabenträger kann diese nur insoweit aus den planungsbedingten Bodenwertsteigerungen finanzieren, wie sie wirklich bei ihm angefallen sind (und nicht etwa beim Grundstücksverkäufer). Dieses Problem stellt sich beim Zwischenerwerb nicht, wenn die Kommunen die Grundstücke zu einem sozial tragfähigen Bodenwert abgeben.

Auch sonst sind Sozialquoten keineswegs ein "Selbstläufer". Unter anderem muss die Förderung der sozial gebundenen Wohnungen so hoch sein, dass sich eine Investition auch ohne Quersubventionierung durch die freien Wohnungen rechnet. Ansonsten müssen die Preissetzungsspielräume für die frei vermieteten Wohnungen seitens der Investoren bis zum Äußersten ausgereizt werden – mit entsprechenden Konsequenzen für den Mietspiegel. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Zange, in die viele Investoren angesichts der jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen zu geraten drohen, erscheint eine Anpassung der Förderlandschaft dringend notwendig.

Hier könnte neben dem – allerdings teuren – kommunalen Wohnungsbau auch die Vergabe von Erbbaurechten hilfreich sein. Diese werden zwar oft als eine Form des Zwischenerwerbs verstanden, allerdings verbleibt das Grundstückseigentum bei der Kommune. Nicht nur privater "Grundstücksspekulation" wird so ein Riegel vorgeschoben, auch anderweitige Blockaden von Grundstücken (etwa aufgrund von Erbstreitigkeiten) sind hier nicht möglich. Der gesamte Nutzungszyklus der Immobilie ist kontrollierbar, und dies beinhaltet auch Zwischen- und Nachnutzungen. Sozialbindungen sind zudem über die gesamte Laufzeit des Erbbaurechtsvertrags hinweg erlaubt, und die Kommune profitiert langfristig von den Erbbauzinsen und den Bodenwertzuwächsen.

Damit kommunale Erbbaurechte im Markt Akzeptanz finden, sollten sie jedoch marktgerecht ausgestaltet sein. Hier gilt es, zu einer anderen Anwendung des kommunalen Erbbaurechts als bislang zu gelangen. Oftmals fordert die Kommunalaufsicht ein, dass sich die Kommunen als Erbbaurechtgeber bei der Festsetzung der Erbbauzinsen am "Markt" orientieren – dieser wird jedoch von zum Teil sehr marktfern, mitunter sogar monopolistisch agierenden Akteuren wie Kirchen oder anderen Kommunen geprägt. Die Erbbauzinsen befinden sich dann oftmals in einer Höhe, die das Bauen bezahlbarer Wohnungen bei auskömmlicher Rendite für die Investoren kaum möglich macht. In einigen Bundesländern wäre deshalb eine Anpassung der Gemeindeordnungen sinnvoll. Im Übrigen erfordert Marktgerechtigkeit, dass Beschränkungen der Verfügungsrechte, die Investoren im Zuge der Vergabe von Erbbaurechten auferlegt werden, adäquat kompensiert werden – dies geschieht derzeit in vielen Fällen nicht. Ebenfalls wären niedrigschwelligere Vergabeverfahren wünschenswert, was aber eine Koordination mit der Europäischen Union erforderlich machen dürfte. Wichtig wäre mit Blick auf die auch im Rahmen des Erbbaurechts denkbare Eigentumsbildung von Schwellenhaushalten außerdem, das Erbbaurecht besser mit dem Wohnungseigentumsgesetz in Einklang zu bringen. Ansonsten besteht bei Ablauf der Erbbaurechtsverträge angesichts der Erfordernisse der All- beziehungsweise Einstimmigkeit große Unsicherheit darüber, wie es mit dem Erbbaurecht weitergeht. Eigentumsbildung auf Basis von öffentlich vergebenen Erbbaurechten, wie sie zum Beispiel im Kontext von Mietkaufmodellen diskutiert wird, ist unter diesen Umständen nur schwer möglich.

Vehikel Bodenvorratspolitik

Unabdingbare Voraussetzung für den breiteren Einsatz von Sozialquoten, den kommunalen Wohnungsbau und das kommunale Erbbaurecht sind auskömmliche kommunale Bodenvorräte. Über die mit kommunalen Bodenvorräten erhöhte Steuerungsfähigkeit wird auch die Umsetzung zeitgemäßer städtebaulicher Leitbilder (Stichworte sind hier unter anderem die "Neue Leipzig Charta" oder die resiliente Stadt) erleichtert, insbesondere auch vor dem Hintergrund künftiger städtebaulicher Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt.

Kommunale Bodenvorräte dürfen aber nicht erst dann als Akutmaßnahme aufgebaut werden, wenn es "brennt", sondern sie müssen langfristig und antizyklisch entwickelt werden. Innerhalb der Kommunen setzt Bodenvorratspolitik deshalb einen über die politischen Fraktionsgrenzen reichenden und langfristig bestehenden Konsens voraus. Die Stadt Ulm, der etwa ein Drittel des Stadtgebietes gehört, kann hier als positives Beispiel dienen.

Doch was muss getan werden, um mehr Boden in kommunale Hände zu bringen? Zunächst benötigen die Kommunen dringend eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung. Einige Bundesländer legen derzeit Bodenfonds auf, um ihre Kommunen beim Ankauf von Grundstücken finanziell zu unterstützen. Auch der finanziell potentere Bund könnte hier einen Beitrag in Gestalt eines "Bundesbodenfonds" leisten. Weil Bodenvorratspolitik nachhaltig und antizyklisch erfolgen muss, sollte die Mittelvergabe aus Bodenfonds dabei nicht an das Erfordernis eines angespannten Marktes geknüpft werden.

Doch wie könnte ein solcher Bundesbodenfonds organisiert werden? Einem derartigen Vorhaben steht derzeit noch das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern entgegen (Artikel 91b GG), sofern es nicht als Gemeinschaftsaufgabe interpretiert wird (Artikel 91a GG). Niedrigschwellig, das heißt, ohne Grundgesetzänderung, kann das Kooperationsverbot im Rahmen von Artikel 104d GG umschifft werden – allerdings explizit nur für den sozialen Wohnungsbau.

Will man einen solchen Bundesbodenfonds jedoch als Sondervermögen mit erweiterten Kompetenzen, eigenen Mitteln und eigener Verschuldungsmöglichkeit ausgestalten, ist eine Anpassung des Grundgesetzes unumgänglich. Ein solcher Fonds könnte dann an bestehende Institutionen angedockt werden, wie etwa an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die allerdings derzeit dem Bundesfinanzministerium und nicht dem Bundesbauministerium unterstellt ist. Im Rahmen eines Bundesbodenfonds könnten auch Zielvereinbarungen geschlossen werden, um Bevölkerung, Unternehmen und Verwaltung im Sinne der regionalplanerischen Zielsetzungen besser im Raum zu verteilen. Über die Mittelvergabe sollte die Entlastungsfunktion des Umlandes für die großen Städte sowie die Stadt-Umland-Kooperation aktiv unterstützt werden. Darüber hinaus könnte man Mittel gezielt nur in solche Kommunen fließen lassen, die auch von der "Grundsteuer C", der Besteuerung "gehorteter" Grundstücke, aktiv Gebrauch machen, sofern diese gesetzlich anwendbar ist. Die letztliche Verantwortung für den Abruf und die Allokation der Mittel müsste bei den Ländern liegen. Hilfreich wäre es hier, wenn diese starke regionale Steuerungsebenen mit eigenem Budget einrichten würden. Dies ginge aber wiederum mit einer Beschränkung der kommunalen Selbstverwaltungsautonomie (Artikel 28 Absatz 2 GG) einher und wird daher auf Widerstand stoßen – mag es auch noch so vernünftig sein. Auf Ebene der Metropolräume wurden allerdings schon teilweise wichtige Schritte in diese Richtung vollzogen.

Angesichts der derzeit krisenbedingt hohen staatlichen Neuverschuldung könnte ein Bundesbodenfonds jedoch allenfalls mittelfristig in Angriff genommen werden, zumal er im aktuellen Koalitionsvertrag auch nicht vorgesehen ist. Zudem reicht es nicht aus, einfach nur mehr Geld ins System zu geben – auch das rechtliche Instrumentarium für hoheitliche Grundstückserwerbsmaßnahmen muss geschärft werden.

Ein zentraler Punkt hierbei ist der Ausbau des kommunalen Vorkaufsrechts, das erst jüngst durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts geschwächt wurde. Das Bundesbauministerium arbeitet derzeit an einer Revision des Rechtsrahmens. Der Kaufpreis kann schon heute auf den Verkehrswert beschränkt werden; in der Diskussion steht eine weitere Absenkung auf den sozial tragfähigen Bodenwert. Der Grundstückseigentümer kann sich allerdings von der Transaktion zurückziehen. Wenngleich die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts mittlerweile zum Zwecke der "Deckung des Wohnbedarfs in der Gemeinde" zulässig ist, kann es bislang nicht als Regelinstrumentarium für Bodenvorratspolitik eingesetzt werden. Dies sollte dringend geändert werden.

Vermintes Terrain

Bodenpolitik ist derzeit ein zahnloser Tiger, soweit sie sich auf die "Entkernung" der Verfügungsrechte der privaten Grundstückseigentümer richtet. Die Forderung, Eingriffe in die Eigentumsrechte zu unterlassen, stand schon bei der Baulandkommission als Elefant im Raum. Auch innerhalb der Ampel-Regierung sind viele diesbezügliche Maßnahmen nicht konsensfähig. Kommunales Bodeneigentum ist hingegen zumindest vor Ort weniger politisiert.

Doch auch die Kommunen selbst müssen in die Pflicht genommen werden. Dies reicht von der systematischen, katastermäßigen Erfassung von Baulandpotenzialen (vor allem bezüglich Leerständen und Brachen) bis hin zu einer besseren regionalen Koordination der Baulandneuausweisung. Baulandneuausweisungen an den richtigen Stellen könnten auch finanzpolitisch unterstützt werden, etwa durch das Instrument der Baulandausweisungsumlage.

Angesichts der aktuellen Zinswende dreht sich der Grundstücksmarkt derzeit. Dies wird aber nur ein vorübergehender Dämpfer sein; insbesondere für die Wohnungsmärkte der großen und dynamischen Städte ist allenfalls eine kurze Verschnaufpause zu erwarten. Indessen steht zu befürchten, dass die Politik eine solche Verschnaufpause nicht von sich aus zu einer Neuausrichtung der Bodenpolitik nutzen wird – zu gerne reagiert sie auf akuten Handlungsdruck, anstatt vorausschauend zu gestalten. Hier obliegt es der Zivilgesellschaft, weiterhin sanften Druck auszuüben. Eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik erfordert nach wie vor ein beharrliches Bohren dicker politischer Bretter.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Andrej Holm et al., Muster sozialer Ungleichheit der Wohnversorgung in deutschen Großstädten, Hans-Böckler-Stiftung (HBS), Working Paper 222/2021, S. 62f.

  2. Vgl. Pekka Sagner/Maximilian Stockhausen/Michael Voigtländer, Wohnen – die neue soziale Frage?, Institut der deutschen Wirtschaft, IW-Analysen 136/2020, S. 7ff.

  3. Wird vorliegend das generische Maskulinum verwendet, sind Personen aller Geschlechter mitgemeint.

  4. Vgl. Katharina Knoll/Moritz Schularick/Thomas Stegner, No Price Like Home: Global House Prices 1870–2012, in: American Economic Review 2/2017, S. 331–353.

  5. Eigene Berechnungen. Basis: Statistisches Bundesamt, Häuserpreisindex, Preisindex für Bauland: Deutschland, Jahre, www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=tabelleErgebnis&selectionname=61262-0001#abreadcrumb.

  6. Vgl. Reiner Braun, Versorgungsengpässe, Preisanstiege und Lösungsansätze auf großstädtischen Wohnungsmärkten, in: Guido Spars (Hrsg.), Wohnungsfrage 3.0, Stuttgart 2021, S. 45–73, hier S. 60.

  7. Vgl. ders., Metastudie "Sickereffekte" – Endbericht, Empirica-Institut, Berlin 2020.

  8. Vgl. Dirk Löhr, Soziale Wohnungspolitik – Zeitgemäße Konzepte und Instrumente, HBS-Studie, Düsseldorf 2021, S. 90.

  9. Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. März 2021, 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20, 2 BvL 5/20.

  10. Vgl. Auswirkungen des Mietendeckels in Berlin, 15.4.2021, Externer Link: http://www.immobilien-aktuell-magazin.de/topics/auswirkungen-des-mietendeckels-in-berlin.

  11. Vgl. Braun (Anm. 7), S. 71.

  12. Vgl. David M. Geltner et al., Commercial Real Estate – Analysis and Investments, Mason 2007, S. 66ff.

  13. Vgl. ebd., S. 729–755.

  14. Vgl. Dennis R. Capozza/Robert W. Helsley, The Stochastic City, in: Journal of Urban Economics 2/1990, S. 187–203.

  15. So zum Beispiel im Fall des Projekts "Eutritzscher Freiladebahnhof" in Leipzig. Vgl. Michael Fabricius/Judith Henke, 1000 Prozent Rendite in "Hypezig", 9.8.2021, Externer Link: http://www.welt.de/finanzen/immobilien/plus232990551.

  16. Auf dem ehemaligen Holsten-Brauereigelände in Hamburg sollen mehr als 1200 Mietwohnungen entstehen, allerdings stockt das Projekt seit Jahren. Durch den mehrfachen privaten Weiterverkauf des Geländes stiegen die Grundstückspreise so sehr, dass ein von der Stadt lange gewünschter Kauf des Geländes derzeit nicht mehr wirtschaftlich erscheint. Vgl. Holsten-Areal: Forderung an Hamburg, das Grundstück zu kaufen, 2.6.2022, Externer Link: http://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Holsten-Areal-Forderung-an-Hamburg-das-Grundstueck-zu-kaufen,holstenquartier136.html.

  17. Durch ein Baugebot nach Paragraf 176 Baugesetzbuch kann eine Gemeinde einen Grundstückseigentümer verpflichten, Grundstücke innerhalb einer angemessenen Frist zu bebauen.

  18. Vgl. Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, 20. Legislaturperiode, Berlin 2021, S. 93.

  19. Vgl. Theo Kötter, Mangel an bezahlbarem Wohnraum – Was leisten Baulandmodelle?, in: Forum Wohnen und Stadtentwicklung 3/2018, S. 149–156.

  20. Erbbaurecht ist das Recht, auf fremden Grundstücken zu bauen oder zu kaufen, meist gegen Zahlung eines Erbbauzinses.

  21. Vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 8.2.2019, Az. V ZR 176/17.

  22. Schwellenhaushalte sind solche Haushalte, die zum Erwerb von Eigentum auf staatliche Förderung angewiesen sind.

  23. Vgl. Peter Gründling/Markus Grabka, Staatlich geförderter Mietkauf kann einkommensschwachen Familien Weg in die eigenen vier Wände ebnen, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, DIW Wochenbericht 29/2019, S. 500–506.

  24. Vgl. Externer Link: http://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/downloads/Webs/BMWSB/DE/veroeffentlichungen/wohnen/neue-leipzig-charta-2020.pdf.

  25. Siehe http://www.ulm.de/leben-in-ulm/bauen-und-wohnen/rund-ums-grundstück/grundstückspolitik.

  26. Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 9.11.2021, Az. 4 C 1.20.

  27. Vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, Berlin 2018, Kap. IX.1., S. 109.

  28. Vgl. Raimund Krumm, Die Baulandausweisungsumlage als preissteuernder Ansatz zur Begrenzung des Flächenverbrauchs, in: Informationen zur Raumentwicklung 4–5/2005, S. 307–310.

  29. Vgl. Jochen Möbert, Wohnungsmarkt: Eher Verschnaufpause als das Ende des Preiszyklus, 3.8.2022, Externer Link: http://www.dbresearch.de/PROD/RPS_DE-PROD/PROD0000000000524117.PDF.

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ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Trier (Umwelt-Campus Birkenfeld) und Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung.
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