baker Lagebesprechung, in Australien war nirgends Jubel. Alle Meinungsäußerungen sagten aus, daß ein Beitritt Großbritanniens zur EWG schlecht für das Commonwealth gewesen wäre; trotzdem bedauerte man, daß Großbritanniens Versuch, „europäisch" zu werden und gleichzeitig die Interessen des Commonwealth zu wahren, durch das Veto de Gaulles gescheitert sei.
Harold Wilson, der nach Gaitskells Tod (18. Januar 1963) am 17. Februar 1963 zum Führer der Labour Party gewählt wurde, meinte in einer Rede in Cardiff am 22. Februar 1963, das Vertrauen des Commonwealth müsse erst wieder langsam gewonnen werden. Aber dies scheint mir weder notwendig noch möglich. Es ist nicht notwendig, da die wirtschaftlichen Interessen des Commonwealth einstweilen gesichert sind, da ein gemeinsamer Markt im Commonwealth nach wie vor unmöglich ist und da viele Commonwealth-Länder, Neuseeland voraus, aufgeatmet haben werden. Auf der anderen Seite sind die Commonwealth-Länder gewarnt worden und wissen, daß sie mit einem möglichen Beitritt Großbritanniens immer noch zu rechnen haben. Deswegen ist ein Vertrauen unmöglich. Das beste, was die weißen Commonwealth-Länder tun können, ist sich der Unterstützung der Vereinigten Staaten für einen Beitritt Großbritanniens zu versichern, damit die EWG offener nach außen wird. Eine lose atlantische Verbindung wäre noch die beste Garantie für das Weiterbestehen des Commonwealth.
Der französische Politiker Jean Monnet hat einmal gesagt, daß die Briten nie eine Idee, sondern nur harte Tatsachen begreifen. Oft scheint es aber genau entgegengesetzt zu sein. Der englische Publizist John Mander schrieb: „Dadurch daß Großbritannien die Tatsache des Empire für die Phantasie des Commonwealth eintauschte, hat es seinen Wirklichkeitssinn ernstlich gefährdet." Aber es scheint mir, daß eine starke romantische Seite im englischen Wesen schon immer vorhanden war. Harter Wirklichkeitssinn kann Hand in Hand gehen mit starken Sentimenten, ja Sentimentalität für die entschwundene glorreiche Vergangenheit oder aber auch für die Idee einer noch glorreicheren Zukunft — wie sie Smuts vorschwebte — in Gestalt einer weltumfassenden Friedensgemeinschaft. Diese Sentimentalität kann auch die farbigen Mitgliedstaaten des Commonwealth ergreifen: Die spontane Begeisterung der Volksmenge bei dem Besuch der englischen Königin in Indien war ein Ausdruck dieser merkwürdigen Gemütsbewegung. Da aber Sentimente, Sentimentalität ebenso wie Wirklichkeitssinn politische Faktoren sein können, ist es keineswegs unmöglich, daß das Commonwealth — trotz vieler verächtlicher und sarkastischer Äußerungen selbst in der britischen Presse über dieses „Phantom“ — noch politische Wellen auf dem Meer der Weltpolitik hervorrufen wird.
Die wirklich tiefgehenden Probleme in der Welt, die Überbrückung der Kluft zwischen reichen und armen Völkern, Überwindung des Rassenhasses und der Rassenarroganz, Abrüstung und schließlich politische und wirtschaftliche Freiheit, gehen alle an: die Vereinigten Staaten, die Vereinten Nationen, das Commonwealth, Europa, ja selbst die kommunistischen Staaten. An eine Lösung dieser Probleme ist auf sehr lange Sicht nicht zu denken. Aber die ernste und ehrliche Beschäftigung mit ihnen ist die einzige Hoffnung für die Menschheit. Es ist die Überzeugung derer, die noch an den Wert des Commonwealth glauben, daß keine Weltorganisation so fruchtbringend an ihnen zu arbeiten vermag wie das Commonwealth.