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Der Maghreb und Europa. Perspektiven des „Barcelona-Prozesses“ | APuZ 17/1999 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 17/1999 Der Maghreb und Europa. Perspektiven des „Barcelona-Prozesses“ Deutsche Mittelmeerpolitik im europäischen Rahmen. Defizite im Nahen Osten und in der Türkei Entwicklung und Entwicklungsprobleme in Ländern des südlichen Mittelmeerraums Vom Mare Nostrum zum Mare Securum. Sicherheitspolitische Entwicklungen im Mittelmeerraum und die Reaktionen von EU und NATO

Der Maghreb und Europa. Perspektiven des „Barcelona-Prozesses“

Peter Schlotter

/ 21 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Auf der Konferenz in Barcelona im November 1995 haben sich die Europäische Union und die Staaten des südlichen und östlichen Mittelmeeres ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis zum Jahre 2010 soll eine euro-mediterrane Freihandelszone errichtet werden, in der mehr wirtschaftlicher Wohlstand herrscht, die Menschenrechte respektiert werden, die Gesellschaften sich zu Demokratien entwikkeln und der Dialog zwischen den Religionen und Kulturen zu einem wechselseitigen Verständnis führt. Am Beispiel der Beziehungen zwischen der EU und den Maghrebstaaten wird aufgezeigt, daß Freihandel zwischen so unterschiedlich leistungsfähigen Partnern kaum die erhofften wirtschaftlichen Entwicklungseffekte im Maghreb zur Folge haben wird, die zu einer Entspannung der sozialen Lage notwendig wären. Es ist vielmehr zu befürchten, daß eine weitere Verschlechterung der ökonomischen Situation der islamistischen Opposition in den Maghrebländern zusätzliche Unterstützung zuführen wird. Andererseits ist nicht auszuschließen, daß langfristig der verschärfte Konkurrenzdruck die bisher noch klientelistisch geprägten Wirtschafts-und Sozialstrukturen im Maghreb aufbricht. Die Finanzmittel der EU können dabei helfen, diesen Übergangsprozeß abzufedern. Entscheidend für den Erfolg des Barcelona-Prozesses wird sein, ob es gelingt, im Maghreb Wege der Demokratisierung zu fördern. Dabei steht die Europäische Union vor der Schwierigkeit, den wirtschaftlichen und politischen Transformationsprozeß einerseits nicht offen gegen die Regierungen in der Region durchsetzen zu können, andererseits aber auch Oppositionskräfte unterstützen zu müssen. Noch komplizierter wird die Aufgabe, wenn berücksichtigt wird, daß die Freiräume, die für gesellschaftliche Akteure geschaffen werden sollen, nicht durch Bewegungen ausgefüllt werden sollten, die den im Barcelona-Dokument formulierten Prinzipien und Normen feindlich gegenüberstehen. Bei dieser Gratwanderung könnte der Barcelona-Prozeß insofern hilfreich sein, als ein weit-gefächertes Dialogprogramm auch zwischen konkurrierenden, gar verfeindeten gesellschaftlichen Gruppen vorgesehen ist. Es käme deshalb besonders darauf an, daß die Europäische Union nachdrücklicher als bisher auf der Einbeziehung staatsunabhängiger Gruppen, einschließlich der Islamisten, in den euro-mediterranen Dialogprozeß besteht.

Die islamische Welt befindet sich in einer Phase rasanter Umwälzungen: Historisch tief verwurzelte Entwicklungsdefizite -z. T. begründet in der osmanischen Herrschaftsform bis zum Endes des Ersten Weltkrieges, z. T. angelegt in der Zeit kolonialer Abhängigkeit der ungelöste israelisch-arabische Konflikt, Auseinandersetzungen über Grenzen, zwischenstaatliche Kriege, Bürgerkriege zwischen autoritären Regimen und islamischen Bewegungen bzw. Terrorgruppen, eine rasante Bevölkerungszunahme, mit der auch die größten wirtschaftlichen Wachstumsraten nicht mithalten könnten, die Gefahr der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen -all dies wird von politischen Beobachtern als der „Krisenbogen Mittelmeer“ wahrgenommen, der vom Konflikt um die Westsahara bis zu den türkisch-kurdischen Auseinandersetzungen reiche und dessen Turbulenzen Europa unmittelbar berührten.

I. Der Barcelona-Prozeß

Angesichts dieser Situation riefen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie alle südlichen -mit Ausnahme Libyens -und östlichen Mittelmeeranrainerstaaten einschließlich Jordaniens und palästinensischer Vertreter auf einer Außenministerkonferenz in Barcelona am 27. /28. November 1995 eine „Euro-mediterrane Partnerschaft“ mit dem Ziel ins Leben, „das Mittelmeer-Becken zu einem Gebiet des Dialogs, des Austauschs und der Zusammenarbeit zu machen, das Frieden, Stabilität und Wohlstand, eine Stärkung der Demokratie und die Achtung der Menschenrechte garantiert“ Analog zu den drei „Körben“ der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die während des Ost-West-Konflikts zur Entspannung und schließlich zur Überwindung der Spaltung Europas beigetragen hatte besteht der „Barcelona-Prozeß“ aus drei „Säulen“: Ziel der ersten Säule ist die Schaffung einer politischen und sicherheitspolitischen Partnerschaft. Gefordert werden hierbei die Beachtung der Menschenrechte, der demokratischen Normen, des gesellschaftlichen Pluralismus, der territorialen Integrität sowie die friedliche Streitbeilegung, die gemeinsame Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität; hinzu kommt die Absichtserklärung, sich für die Nichtverbreitung von nuklearen, chemischen und biologischen Waffen auf internationaler und regionaler Ebene einzusetzen. Hauptelement der zweiten Säule ist die schrittweise Errichtung einer Freihandelszone bis zum Jahr 2010. Deren vertragliche Ausgestaltung erfolgt durch bilaterale Assoziierungsabkommen zwischen der EU und den jeweiligen Mittelmeer-ländern. In der dritten Säule geht es um die Zusammenarbeit im sozialen und kulturellen Bereich. Dialog, Achtung der Kulturen und der Religionen sollen gefördert, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bekämpft, kultureller Austausch sowie Ausbildungs-und Erziehungsmöglichkeiten verbessert werden.

Die letzte Säule ist die eigentliche Innovation. Normative Zielsetzung ist die Förderung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie unter Einbeziehung der „Zivilgesellschaften“ in Nordafrika. Dazu wurden die z. T. bereits bestehenden soge-nannten MED-Programme zur Förderung euro-mediterraner Netzwerke von nicht-staatlichen Organisationen in die Kooperation integriert So richtet sich z. B. MED-Urbs auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen der städtischen Bevölkerung und ihrer demokratischen Teilhabemöglichkeiten auf lokaler Ebene. MED-Media unterstützt die transnationale Kooperation von Medien, insbesondere zum professionellen Training von Journalisten. MED-Invest fördert -als Grundlage für eine „Zivilgesellschaft“ -gezielt kleinere und mittlere Unternehmen durch die Vermittlung von Know-how, Geschäftskontakten nach Europa und Joint Ventures. Auf Druck des Europäischen Parlaments wurde zusätzlich MEDA-Democracy aufgelegt, das strikt bilateral organisiert ist. Zielgruppe sind ausschließlich Nicht-Regierungsorganisationen, die allerdings weder in dem betreffenden Land verboten noch extern finanziert sein dürfen -eine Einschränkung, die die südlichen und östlichen Mittelmeerländer durchgesetzt haben

Für den Zeitraum 1995-1999 werden 4, 685 Mrd. ECU aus Haushaltsmitteln der Gemeinschaft bereitgestellt. Ergänzt wird dieser Betrag durch Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Höhe von 3, 395 Mrd. ECU und bilaterale Zuwendungen der EU-Mitgliedstaaten. 90 Prozent der EU-Haushaltsmittel gehen in die Wirtschaftsund Finanzkooperation, die restlichen sind für die MED-Programme mit gesellschaftlichen Akteuren vorgesehen.

Die „Grundphilosophie“ des Barcelona-Prozesses besteht in der Annahme, die Sicherheit im Mittelmeerraum könne am besten durch die Entwicklung der Staaten der Region zu demokratischen Gesellschaften mit einer kapitalistischen Marktwirtschaft gesichert werden. Die euro-mediterrane Kooperation hat den Zweck, den Weg zu diesem Ziel mit finanziellen Hilfen der Europäischen Union zu unterstützen und die sozialen Kosten abzufedern. Sie ist eine Kombination von klassischer EU-Außenwirtschaftspolitik in Form der Förderung des Freihandels und einem Dialogprozeß, mit dem ein kommunikativer Rahmen für die Regelung politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Konflikte in der Region geschaffen werden soll. Von seiner Intention als ein Programm auch der Demokratieförderung impliziert der Barcelona-Prozeß eine Veränderung der Herrschaftssysteme in den autoritär gelenkten Gesellschaften des südlichen und östlichen Mittelmeerraumes. Kurz gesagt, die Zielsetzung des Barcelona-Prozes-ses kann auf die Formel: „Freihandel + Demokratisierung = Entwicklung“ gebracht werden

Dabei ist zum einen zu klären, ob zu erwarten ist, daß die Freihandelszone zu wirtschaftlichem Wohlstand und Frieden in der Region beiträgt Wird sie nicht vielmehr die Wohlstandsgräben zwischen dem Norden und Süden des Mittelmeerraumes noch vergrößern? Wird sie die sozialen Umbruchprozesse in den Maghrebländern noch verschärfen und damit extremistischen islamischen Bewegungen weitere Unterstützung zuführen, denen sie doch eigentlich das Wasser abgraben soll? Zum anderen geht es um die Frage, ob überhaupt eine realistische Möglichkeit besteht, mit Hilfe des Barcelona-Prozesses zur Demokratisierung der Maghrebländer beitragen zu können. Besteht nicht die Gefahr, daß die im Fall einer Liberalisierung und Demokratisierung neu entstehenden Freiräume von islamistischen Bewegungen ausgefüllt werden, die damit wichtige Grundlagen des Barcelona-Prozesses in Frage zu stellen drohen?

II. Demokratisierungsprozesse im Maghreb

Algerien war der typische Fall eines monostrukturellen „Rentierstaates“, in dem eine autoritäre Staats-und Wirtschaftsbürokratie von den Einnahmen aus der Produktion mineralischer oder agrarischer Rohstoffe lebt und dafür nur geringe Investitions-und Arbeitsleistungen zu vollbringen braucht Die algerische Wirtschaft erlitt jedoch in den achtziger Jahren ihren Kollaps, als der dramatische Verfall der Ölpreise die Renteneinkommen der herrschenden Staatsklasse und ihrer Klientel drastisch sinken ließ, was soziale Unruhen zur Folge hatte Dieses Unzufriedenheitspotential zu politisieren ist das Hauptziel islamistischer Gruppen, vor allem der Front Islamique du Salut (FIS). Auf die landesweiten Proteste im Oktober 1988 reagierte das algerische Regime mit einer Liberalisierung der Wirtschaft und des politischen Systems. Die neue Verfassung vom Februar 1989 öffnete das bisherige Einparteiensystem für andere, bislang illegale Parteien. Als sich jedoch bei den ersten freien Parlamentswahlen im Dezember 1991 der Sieg der „islamischen Heilsfront“ abzeichnete, verhinderte das Militär den zweiten Wahlgang. Seitdem dreht sich eine endlose Spirale der Gewalt, die auch durch periodische Wahlen nicht angehalten werden konnte. Die Opposition war von ihnen ausgeschlossen oder boykottierte die Umengänge, die -außer der Regierung -niemand als korrekt und fair bezeichnet. Initiativen des Auslands, im Bürgerkrieg zu vermitteln, werden als „koloniale Einmischung“ brüsk abgelehnt Als Folge der Liberalisierung des Regimes Ende der achtziger Jahre etablierten sich rasch Bürgerinitiativen, berufsständische Vereinigungen, Menschenrechtsgruppen, Fraueninitiativen -und islamistische Parteien. Trotz des gnadenlosen Terrors extremistischer Organisationen und der staatlichen Gewalt gibt es immer noch Ansätze zu einer Zivilgesellschaft jenseits der Islamisten Die Regierung Tunesiens versucht seit 1987 eine Modernisierung der bis dahin äußerst maroden Staatswirtschaft. Sie setzt dabei vor allem auf die ökologische Entwicklung, die durch Privatisierung mit dem Ziel des weitgehenden Rückzugs des Staates aus der Wirtschaft, die Schaffung der Freihandelszone und das Engagement ausländischer Investoren angestoßen werden soll

Zu den Bemühungen um Modernisierung gehört seit der Unabhängigkeit die Programmatik eines laizistischen Staates. Dies forderte zwar schon Ende der sechziger Jahre eine islamische Bewegung heraus, die aber noch unpolitisch war und hauptsächlich eine moralische Erneuerung anstrebte. Auch Tunesien geriet Mitte der achtziger Jahre in eine tiefgreifende wirtschaftliche Krise, die von sozialen Protesten begleitet war, in denen Islamisten nunmehr einen prominenten Platz einnahmen. Ihnen versuchte ab 1987 der neue Präsident Ben Ali durch die Parole „Wandel in Kontinuität“ entgegenzuwirken.

Diese Phase der Öffnung und Liberalisierung dauerte nur kurz und wich Anfang der neunziger Jahre einem semi-autoritären Präsidialregime. Das Land verfügt zwar offiziell über ein Mehrparteiensystem, aber bei den Parlamentswahlen erzielt die Präsidentenpartei regelmäßig Ergebnisse von mehr als 95 Prozent. Ben Ali kooptiert allerdings gemäßigte Oppositionsgruppen in die politische (Mit-) Verantwortung. Gegenüber grundsätzlichen Gegnern des Regimes -seien es Islamisten oder westlich orientierte Demokraten -werden die Menschenrechte häufig nicht geachtet.

Auch nach dem Abblocken des Liberalisierungsund Demokratisierungsprozesses hat sich eine Vielfalt von -mehr oder weniger -staatsunabhängigen Assoziationen erhalten. Tunesien verfügt über eine vergleichsweise gut ausgebildete Mittel-klasse und eine wachsende Schicht privater Unternehmer und Selbständiger

Mit Hilfe der seit 1996 laufenden Strukturanpassungsprogramme des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank ist es Tunesien gelungen, seine Auslandsverschuldung zu senken. Die Sozialstruktur ist ausgewogener als die der Nachbarstaaten. Dies hängt nicht zuletzt mit dem ausgeprägten Tourismussektor zusammen, der ständig weiter ausgebaut wird und nicht nur im Hotel-und Gaststättengewerbe zahlreiche (Dienstleistungs-) Arbeitsplätze sichert, sondern auch für Handwerk und Kleinhandel unverzichtbar ist.

Marokko ist eine Monarchie mit Elementen des Absolutismus wie des Konstitutionalismus. Die herausragende religiöse Stellung Hassans II als „Herrscher der Gläubigen“ hat bisher verhindert, daß der Islamismus eine reale Gefährdung des politischen Systems darstellt. Die Wirtschaftskrise der achtziger Jahre sorgte auch in Marokko für Unruhen und soziale Spannungen, doch waren hier vor allem Gewerkschaften und Universitäten die Träger des Protestes, weniger islamistische Gruppen.

Der König versteht es bis heute, nach dem Prinzip des „divide et impera“ die Geistlichkeit an sich zu binden Auf die innergesellschaftlichen Spannungen reagierte er mit einer vorsichtigen Öffnung des Regimes, politische Parteien und Interessengruppen wurden verstärkt konsultativ eingebunden und in eine institutionalisierte Konfliktaustragung integriert 1143. Auch die kontrollierte Demokratisierung des Landes (Referendum über die Errichtung einer direkt gewählten Kammer des Parlaments im September 1996; Erneuerung der Gemeinde-und Regionalräte sowie der Berufsverbände, ferner die -mit Abstrichen -freien Wahlen zur ersten Kammer am November 1997) sind Versuche, eine politische Krise wie im benachbarten Algerien zu vermeiden. Seit kurzem stellt die Opposition den Ministerpräsidenten. Die marokkanische Regierung ist für eine behutsame Ausweitung der politischen Partizipation offen, will diese aber strikt unter Kontrolle halten. Dies gilt auch für die formell unabhängigen Vereinigungen zur Achtung der Menschenrechte, die Berufsverbände und andere Nicht-Regierungsorganisationen, deren Autonomiegrad eher als gering einzuschätzen ist.

Der autoritäre Charakter der politischen Regime -der oft „bad governance“, vor allem in Algerien -verbindet sich im Maghreb immer noch mit einem etatistischen Wirtschaftssystem, das nur in Ansätzen liberalisiert worden ist. Die Reformen stocken häufig, weil eine Veränderung des Wirtschaftsetatismus zugleich ein Aufbrechen des damit verbundenen Klientelsystems nach sich ziehen würde Der Ende der achtziger Jahre mit den sozialen Veränderungen manifest gewordene Druck auf eine Liberalisierung und Demokratisierung wurde von den herrschenden Eliten entweder in Form eines Systemerhalts durch kontrollierte Öffnung sanft kanalisiert (wie im Falle Marokkos) oder in unterschiedlichem Ausmaß repressiv unterdrückt (wie in Tunesien und -am brutalsten -in Algerien). Wahlen sind durchweg „Abstimmungen ohne Option auf Machtwechsel“ Häufig wird die Höhe der Wahlbeteiligung als Kriterium für die Legitimität der Regierung verwendet.

III. Probleme der euro-mediterranen Freihandelszone in den Maghreb-staaten

Genau betrachtet, ist die Einrichtung der Freihandelszone ein großangelegtes Strukturanpassungsprogramm des Musters, wie es seit den achtziger Jahren von den internationalen Finanzorganisationen wie der Weltbank und dem Weltwährungsfonds den Entwicklungsländern verordnet wird. Die Wirtschaft soll entstaatlicht und dereguliert, das politisch-administrative System verschlankt und auf die Förderung der produktiven Sektoren einer Volkswirtschaft hin orientiert werden. Die Chancen der Europäischen Union und der südlichen Mittelmeerländer, mit der angestrebten Freihandelszone die anvisierten Ziele auch zu erreichen, werden in der Fachliteratur allerdings einhellig mit größter Zurückhaltung betrachtet So ist -zumindest in den ersten Jahren einer Handelsliberalisierung -zu erwarten, daß die bisher durch Zölle geschützten Industrien in den Maghrebländern, die ineffizienter arbeiten als europäische Konkurrenten, verdrängt werden. Auch fallen Zolleinnahmen weg, die in allen drei Ländern bisher eine wichtige Quelle zur Finanzierung des Staatshaushaltes waren. Diese dienten vor allem der Alimentierung der herrschenden klientelistischen Machtstrukturen, in geringerem Umfang aber auch sozialen Befriedungsmaßnahmen (z. B. durch die Subventionierung von Grundnahrungsmitteln). Befürworter des Freihandels argumentierten, daß die Senkung der Preise für Importgüter die reale Kaufkraft der Nachfrage erhöhe. Industrien, die mit solchen importierten Inputs arbeiteten, könnten an internationaler Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, und zwar um so mehr, je höher die Zoll-sätze früher gewesen seien Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist jedoch, daß eine Export-industrie in einem Land, das die Zölle abbaut, bereits vorhanden ist. Dies ist aber im Fall der Maghrebländer nur ansatzweise gegeben.

Die euro-maghrebinische Freihandelszone wird also eine entwicklungsfördernde Wirkung nur dann entfalten, wenn exportfähige Industrien neu entstehen. Angesichts des intern schwachen Kapitalmarkts und der relativ hohen technologischen Anforderungen müßten es ausländische, insbesondere europäische Direktinvestitionen sein, durch die Kapital und Technologien in die Mittelmeerländer fließen. Dies hängt aber auch davon ab, ob qualifizierte Arbeitskräfte und Dienstleistungen sowie geeignete Ver-und Entsorgungsbedingungen zur Verfügung stehen, die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen günstig und Steuern sowie Abgaben niedrig sind. Im Vergleich zu anderen Regionen der Welt weist der Maghreb aber keine besonders vorteilhaften Standortbedingungen für ausländische Direktinvestitionen auf.

Als letzte Option bleibt die Chance, daß die Maghrebländer den erweiterten Zugang zu den europäischen Märkten für den Absatz von Agrarprodukten und Fertigerzeugnissen wie Textilien und Bekleidung nutzen könnten. Aber gerade hier gelten weiter -wenn auch gegenüber der Zeit vor Barcelona verringerte -Importbarrieren seitens der EU.

Als Fazit läßt sich also ziehen, daß die wirtschaftsfördernden Effekte einer Freihandelszone Europa-Mittelmeer für die Maghrebländer wahrscheinlich gering sein dürften. Hauptprofiteure werden Unternehmen in der Europäischen Union sein, die leichteren Zugang zu den Märkten der südlichen Mittelmeeranrainer bekommen werden Zu den Benachteiligten werden auch Kleinindustrielle und Handwerker gehören, die bisher für den geschützten Binnenmarkt produziert haben, sowie das Heer der kleinen und mittleren Angestellten im Staatsapparat. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß die Verschlechterung der sozialen Lage einer islamitischen Opposition zusätzliche Unterstützung zuführen wird -es sei denn, anderen Branchen gelingt es, auf dem europäischen Markt konkurrenzfähige Produkte anzubieten, oder europäische Unternehmen schaffen über das „outsourcing“ neue Arbeitsplätze. Beides ist aber -wie ausgeführt -eher nicht zu erwarten.

IV. Politische Probleme der euro-mediterranen Kooperation: Die islamische Herausforderung

Die Verwirklichung eines großen Freihandelsraumes in der Mittelmeerregion erfordert -neben den Veränderungen in der Wirtschaftsordnung -komplementär die Reorganisation des staatlichen Finanzierungswesens, die Effizienzsteigerung staatlicher Verwaltungsstrukturen und den Aufbau moderner sozialer Sicherungssysteme.

Die europäischen Finanzhilfen und die Wirtschaftskooperation sind an Bedingungen der politischen „Säule“ der Partnerschaft, an Fortschritte bei der Demokratisierung sowie an die Respektierung der Menschenrechte geknüpft. Allerdings kann die EU den wirtschaftlichen und politischen Transformationsprozeß nicht offen gegen die Machtapparate (Regierungen und/oder Militär) durchsetzen, sie braucht deren Kooperationsbereitschaft Beim Barcelona-Prozeß handelt es sich um Beziehungen zwischen Staaten und Regierungen. Jeder Versuch, einen Demokratisierungsprozeß von außen anzustoßen, steht vor dem Dilemma, einerseits auf die Staatsgewalt angewiesen zu sein, andererseits aber auch Oppositionskräfte unterstützen zu sollen.

Die Umsetzung des Barcelona-Prozesses wird etablierte politische und wirtschaftliche Machtinteressen beeinträchtigen. Die Effekte einer umfassenden Liberalisierungs-und Entstaatlichungspolitik werden die Positionen anderer (privater) Wirtschaftsakteure und politischer Kräfte gegenüber den alten Eliten stärken. Die EU will aber auch dafür sorgen -und das macht das Vorhaben noch komplizierter daß die Freiräume, die für gesellschaftliche Akteure geschaffen werden sollen, nicht durch Bewegungen ausgefüllt werden, die antiwestlich/antieuropäisch ausgerichtet sind und den im Barcelona-Dokument formulierten Prinzipien und Normen feindlich gegenüberstehen.

Fundamentalistische Bewegungen hat es in den Offenbarungsreligionen immer gegeben doch der Islamismus als eine Form des islamischen Fundamentalismus ist ein Phänomen der Moderne In den Augen der islamischen Opposition im Maghreb, die den Regierungen die Vernachlässigung des sozialen Sektors vorwirft, ist sowohl die staatliche Wirtschaftsplanung als auch der aus dem Westen importierte marktwirtschaftliche Besitzindividualismus gescheitert. Deshalb ist für sie nur ein „islamisches Ordnungskonzept“, das sich stark an moralischen Werten orientiert, in der Lage, für Gerechtigkeit und Wohlstand zu sorgen. Besonders die Koppelung der Sozial-und Wirtschaftspolitik an ein übergeordnetes moralisch-ethisches Konzept verschafft den Islamisten eine hohe Glaubwürdigkeit bei einem Teil der maghrebinischen Bevölkerung.

Welche konkreten Inhalte eine „islamische Ökonomie“ jedoch haben sollte, darüber herrscht bei den einzelnen Gruppierungen keine Einigkeit. Die Spannbreite reicht von sozialdemokratischen Konzepten bis hin zur strengen Verteidigung des freien Marktes und des Privateigentums. Das alles sind keine prinzipiellen Unterschiede zum westlichen Kapitalismus. Als Fazit ergibt sich, daß weder der Islam als Religion noch der Islamismus als politische Bewegung der kapitalistischen Marktwirtschaft grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen, sondern ihn nur mit islamischen Wertvorstellungen zähmen wollen. Die von der islamistischen Opposition vor dem Hintergrund einer z. T. maroden, z. T. sich rapide verändernden Wirtschaftslage geforderte neue „islamische Ordnung“ muß deshalb wirtschaftlich weder ein Rückschritt in die vergangene muslimische Welt noch eine Absage an den westlichen Kapitalismus und an die wirtschaftliche Kooperation sein

So schwer es bereits fällt, das Modell einer islamischen Wirtschaft zu benennen, um so schwieriger wird die Beschreibung dessen, was „der“ Islam und die sich auf ihn berufenden Islamisten unter „Demokratie“ verstehen. Unbestritten stehen der Liberalisierungsprozeß, der Mitte der achtziger Jahre in den Maghrebländern begonnen hatte, und das Aufkommen politisch-religiöser Bewegungen in einem engen Zusammenhang Dabei ist in der westlichen Öffentlichkeit die Vorstellung weit verbreitet, Demokratie und Islam seien nicht miteinander vereinbar

Der Islamismus ist kein zwangsläufiges Ergebnis islamischen Denkens, sondern eine -in einer bestimmten historischen Situation gewachsene -geistig-politische Strömung, die noch dazu in sich in viele Gruppen und Grüppchen gespalten ist Dazu gehören -gerade auch im Maghreb -viele islamistische Vereinigungen, die zu gewaltlosen, reformerischen Veränderungen der politisch-gesellschaftlichen Realität bereit sind -wenn ihnen die Möglichkeit dazu gegeben wird

Aussagen über die „Demokratiefähigkeit“ der islamistischen Oppositionen im Maghreb müssen unzureichend bleiben, wenn deren Ordnungsvorstellungen allein ein Demokratiemodell europäisch-nordamerikanischer Prägung gegenübergestellt wird Denn aus dieser Sicht wird man immer zu dem Ergebnis eines „Demokratiedefizits“ kommen. Auf nationaler Ebene sollten die politisch-religiösen Konzepte der Islamisten deshalb auch mit den demokratischen Plus-und Minuspunkten ihrer jeweiligen Regierungen „verrechnet“ werden.

V. Erfolgschancen des Barcelona-Prozesses

Es ist nicht ausgeschlossen -ja eher wahrscheinlich -daß die politische Liberalisierung und Demokratisierung, die durch den Barcelona-Prozeß gefördert werden sollen, und die sozialen Verwerfungen, die mit der Einführung des euro-mediterranen Freihandels verbunden sind, islamistische Kräfte eher stärken als schwächen. Es ist daher für die Zukunft der euro-maghrebinischen Kooperation von entscheidender Bedeutung, wie die europäischen Staaten mit der Eventualität eines stärkeren Einflusses (bis hin zur Regierungsbeteiligung und -Übernahme) islamischer Kräfte in der Region umgehen.

Die Erfolgschancen der „Euro-mediterranen Partnerschaft“ hängen von mehreren Faktoren ab. Zum einen wäre unabdingbar, daß die Freihandelszone zu Wachstumseffekten im Maghreb führt. Zum anderen gehört zum Erfolg eine Pluralisierung und Demokratisierung der Gesellschaften der Region. Zwar ist Freihandel auch ohne Demokratisierung möglich, doch im konkreten Fall des Maghreb erfordert er zugleich ein politisches Aufbrechen der bis in die achtziger Jahre vorherrschenden staatlichen Lenkung der Ökonomie. Die Bedingungen für die Wirksamkeit der Strategie „Freihandel + Demokratisierung = Entwicklung“ sind jedoch, wie gezeigt wurde, in den Maghreb-ländern nur sehr unzureichend gegeben. Es dürfte unwahrscheinlich sein, daß die Ziele des Barcelona-Prozesses bis zum Jahre 2010 auch nur annähernd erreicht werden.

Diese Annahme ist keine fundamentale Kritik an der Anstrengung der Europäischen Union, mit z. T. neuen Konzepten das Entwicklungsgefälle zwischen Nord und Süd im Mittelmeerraum vermindern zu wollen. Es ist eine Mahnung, vom Barcelona-Prozeß nicht zu viel zu erwarten. Er kann seine Wirkung vorwiegend durch die Unterstützung von Prozessen entfalten, die sich in den Maghrebstaaten durch gesellschaftliche Veränderungen entwickeln. Kredite und Maßnahmen von außen zur wirtschaftlichen Strukturanpassung sowie Demokratisierungshilfe können nur wirksam sein, wenn sie auf gesellschaftliche und ökonomische Akteure stoßen, die sie umsetzen wollen. Die Chancen für eine solche Aufnahmebereitschaft in der Maghrebregion stehen insgesamt nicht gut, die Hoffnungen auf einen Erfolg sind aber auch nicht völlig unrealistisch, wenn der Blick differenziert auf die einzelnen Länder gerichtet wird. Sie lassen sich zudem erhöhen, wenn einige Mängel in der bisherigen Umsetzung des Barcelona-Prozesses durch die EU behoben werden.

Angesichts der generellen Wichtigkeit von „good governance“ für den Erfolg einer Freihandelszone käme es vor allem darauf an, die bislang vorherrschende Prioritätensetzung auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit durch eine stärker am Aufbau von zivilgesellschaftlichen Strukturen orientierte Politik zu ergänzen.

Untersuchungen der Wirkung von Strukturanpassungsprogrammen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Empfängerländer kommen zu einer gemischten Bilanz In den erfolgreichen Fällen haben sie dazu beigetragen, Gesellschaften und deren Eliten daran zu gewöhnen, flexibler als bisher auf neue Anforderungen zu reagieren. Sie haben der für eine „rent-seeking society“ typischen Haltung durch die Stimulierung von Elementen der „profit-seeking society“ entgegengewirkt.

Die dahinterstehende Erwartung -oder besser Hoffnung -richtet sich darauf, daß Menschen eine größere Selbstverantwortung für die Gestaltung ihrer Gegenwart und Zukunft übernehmen, wenn sich der Staat aus dem wirtschaftlichen Sektor weitgehend zugunsten der Setzung allgemeiner Rahmenbedingungen für ökonomisches Handeln zurückzieht Dies könne u. a. dazu führen, daß auch diejenigen Gruppen, die bisher durch die politischen Systeme der Entwicklungsländer marginalisiert wurden, „marktfähig“ würden, ökonomisch und politisch. Klein-und Mittelunternehmen entstünden, welche die Grundlage für die Herausbildung einer Mittelschicht bilden. Die „Marktwirtschaft von unten“ wäre dann Ausdruck einer sich entwickelnden „Zivilgesellschaft“. Diese wiederum fordere -weil sie davon abhängig ist -wirtschaftliche Erwartungsstabilität in Form von gesetzlichen Rahmenbedingungen und Organisationsfreiheit. Auch wenn dieser „neue Konstitutionalismus“ in erster Linie dazu diene, die Erwartungssicherheit ausländischen Kapitals zu garantieren so sei doch im Zusammenspiel mit den sich herausbildenden zivilgesellschaftlichen Strukturen denkbar, daß sich daraus demokratische Regierungsformen entwickeln.

Betrachtet man die drei hier untersuchten Länder, so sind ihre Chancen, das Angebot des Barcelona-Prozesses für ihre wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung im Sinne dieser Erwartung nutzen zu können, unterschiedlich. Algerien scheint am weitesten davon entfernt zu sein, mit einer diversifizierten Export-und Importstruktur an der Freihandelszone teilzunehmen; seine innenpolitische Lage ist derart blockiert, daß auch der Kommunikationsrahmen der dritten Säule des Barcelona-Prozesses auf absehbare Zeit keine Wirkung entfalten dürfte. Tunesien ist zwar mit der wirtschaftlichen Strukturanpassung am weitesten vorangekommen, doch diese stößt gegenwärtig an die Grenzen, die ihr durch die politische Inflexibilität des Regimes von Ben Ali gesetzt sind. Gegenwärtig sieht es so aus, als ob Marokko die besten Chancen hätte, wirtschaftliche Strukturanpassungen mit einer Liberalisierung und Pluralisierung des politischen Regimes zu verbinden. Eine Erklärung dafür könnte sein, daß sein monarchisches Regierungssystem den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anpassungsprozeß besser umsetzen kann, weil es weniger auf einem populistisch-republikanischen Autoritarismus als Legitimationsbasis beruht -wie er in Algerien und Tunesien vorherrscht -als vielmehr auf der Tradition und der Kontrolle des Militärs durch den König (und nicht umgekehrt)

Auch wenn also der Erfolg des Barcelona-Prozesses ganz überwiegend von den Empfängerstaaten abhängt, so kann doch die EU dazu in Zukunft einen verbesserten Beitrag leisten, wenn sie einige der bisherigen Mängel bei der Programmumsetzung abstellt.

Für die nordafrikanischen Staaten wäre schon einiges gewonnen, wenn die Einfuhrhürden der EU für landwirtschaftliche Produkte und Textilien endgültig beseitigt würden. Die Vorteile für die Maghrebländer wären jedenfalls um ein Vielfaches höher als die Nachteile für die EU. Auch sollten die Mittel für Wirtschafts-und Finanzhilfen auf keinen Fall verringert werden, wenn der jetzige Finanzrahmen im Jahre 1999 beendet ist. In Zukunft sollte vor allem darauf geachtet werden, Förderungsprogramme zur Ausbildung von Fachkräften und zum Aufbau eines lokalen Kreditsystems aufzulegen.

Die bisherige Umsetzung des Barcelona-Prozesses setzte zu sehr auf die Regierungen und die sie tragenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen. Zwar wird man auch weiterhin keine Kooperation an den Regierungen vorbei organisieren können, aber die Europäische Union könnte nachdrücklicher auf der Einbeziehung staatsunabhängiger Gruppen, einschließlich der Islamisten, in den Dialogprozeß bestehen. Der wichtigste Beitrag Europas zur „euro-maghrebinischen Partnerschaft“ könnte sein, immer wieder darauf zu insistieren, daß der Kernbestand einer jeden Zivilgesellschaft in der gewaltfreien Austragung von Konflikten besteht.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Abschlußerklärung der Mittelmeer-Konferenz der Europäischen Union am 27. und 28. November 1995 in Barcelona, in: Internationale Politik. 51 (1996) 2, S. 107-122, hier S. 108. Vgl. zur Vorgeschichte Ahmed Aghrout/Martin S. Alexander. The Euro-Mediterranean New Strategy and the Maghreb Countries, in: European Foreign Affairs Review, 2 (1997) 3. S. 307-328, und Bichara Khader, Le partenariat euro-mediterraneen apres la Conference de Barcelone, Paris 1997.

  2. Vgl. hierzu ausführlich Peter Schlotter, Die KSZE im Ost-West-Konflikt. Wirkungsanalyse einer internationalen Institution, Frankfurt/M. 1999.

  3. Vgl. hierzu Dorothee Schmidt, Les programmes Med: une experience europeenne de Cooperation decentralisee en Mediterranee, in: Monde arabe: Maghreb/Mashrek, (Juli-September 1996) 153, S. 61-68; Annette Jünemann. Die Mittelmeerpolitik der Europäischen Union: Demokratisierungsprogramme zwischen normativer Zielsetzung und realpolitischem Pragmatismus, in: Deutsch-Französisches Institut (Hrsg.), Frankreich Jahrbuch 1997, Opladen 1997, S. 93-115.

  4. Ausführliche Informationen über alle Programme finden sich im Euromed Internet Forum (http: //www.euromed. net), das in enger Kooperation mit der EU-Kommission von der Mediterranean Academy of Diplomatie Studies, University of Malta, gestaltet wird.

  5. Eine ausführliche Analyse findet sich in: Peter Schlotter, Freihandel + Demokratisierung = Entwicklung? Zur Maghrebpolitik der Europäischen Union, HSFK-Report 8/1998, Dezember 1998.

  6. Zwar richtet sich die Mittelmeerinitiative der Europäischen Union auf die gesamte Region, doch hatte schon die Europäische (Sechser-) Gemeinschaft dem Maghreb besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Er ist auf Grund der kolonialen Geschichte und zahlreicher kultureller Verbindungen stark auf Europa ausgerichtet. Nicht zufällig hatte daher die EG-Kommission im Vorfeld des Barcelona-Prozesses ihren ursprünglichen Vorschlag zu einer Mittelmeer-Initiative auf diese Region konzentriert. Daher beziehen sich die folgenden Ausführungen auf die Beziehungen der Europäischen Union zum Maghreb, und hier auf Tunesien, Algerien und Marokko.

  7. Vgl. Peter Pawelka, Staat, Bürgertum und Rente im arabischen Vorderen Orient, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 39/97, S. 3-11.

  8. Vgl. Shireen T. Hunter, The Algerian Crisis: Origins, Evolution and Lessons for the Maghreb and Europe. Brüssel (Centre for European Political Studies) 1996; Werner Ruf, Die algerische Tragödie. Vom Zerbrechen des Staates in einer zerrissenen Gesellschaft, Münster 1997.

  9. Vgl. Luis Martinez, Algerie: les enjeux des negociations entre l’AIS et l’armee, in: Politique etrangere, 62 (1997/98) 4, S. 499-510.

  10. Vgl. u. a. Lahouari Addi, Algeria’s Tragic Contradictions, in: Journal of Democracy, 7 (1996) 2, S. 93-107; John P. Entelis, Civil Society and the Authoritarian Temptation in Algerian Politics: Islamic Democracy vs. the Centralized State, in: Augustus Richard Norton (Hrsg.), Civil Society in the Middle East. Bd. 2, Leiden 1996, S. 45-86; Dirk Vandewalle. Islam in Algeria: Religion, Culture, and Opposition in a Rentier State, in: John L. Esposito (Hrsg.), Political Islam. Revolution, Radicalism. or Reform?, Boulder 1997, S. 33-51.

  11. Vgl. Mark, Gasiorowski, The Failure of Reform in Tunisia, in: Journal of Democracy, 3 (1992) 4, S. 85-97; Nicole Grimaud. La specificite tunisienne en question, in: Politique etrangere, 60 (1995) 2, S. 389-402.

  12. Vgl. Eva Bellin, Civil Society in Formation: Tunisia, in: Augustus Richard Norton (Hrsg.), Civil Society in the Middle East, Bd. 1, Leiden 1995, S. 120-147.

  13. Vgl. Sigrid Faath, Rechte und Freiheiten der Staatsbürger im „Hassanismus“, in: dies. /Hanspeter Mattes (Hrsg.), Demokratie und Menschenrechte in Nordafrika, Hamburg 1992, S. 367-433.

  14. Vgl. Omar Bendourou, Power and Opposition in Morocco. in: Journal of Democracy, 7 (1996) 3, S. 108-122.

  15. Vgl. insgesamt für den Maghreb Sigrid Faath, Probleme der Demokratisierung in den Maghrebstaaten, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 44-45/95, S. 14-23; John Waterbury, From Social Contracts to Extraction Contracts: The Political Economy of Authoritarianism and Democracy, in: John P. Entelis (Hrsg.), Islam, Democracy, and the State in North Africa, Boomington/Indianapolis 1997, S. 141-176.

  16. Volker Perthes/Heidi Kübel, Sozioökonomische und politische Herausforderungen im südlichen Mittelmeerraum. Eine Bestandsaufnahme, Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen, SWP-AP 3048, November 1997, S. 36.

  17. Vgl. zum folgenden u. a. Volker Nienhaus, Euro-Mediterraner Freihandel: Motor der wirtschaftichen Entwicklung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 39/97, S. 12-18; Eberhard Kienle, Libre-echange contre liberalisation politique: partenariat et stabilite dans le bassin mediterraneen, in: Politique etrangere, 63 (1998) 1, S. 51-67.

  18. Vgl. Daniel Piazolo, Überwindung des Protektionsmus. Handelsliberalisierung als Motor für Entwicklung, in: Internationale Politik, 53 (1998) 1, 8. 51-57.

  19. Dies betonen Lionel Fontagne/Nicolas Peridy, The EU and the Maghreb, OECD Development Centre. Paris 1997. S. 16.

  20. Vgl. Rainer Tetzlaff, Weltbank und Währungsfonds -Gestalter der Bretton-Woods-Ära, Opladen 1996, S. 156 ff., der auf vergleichende Studien verweist, die zeigen, daß alle Versuche, gegen die Regierungen „Entwicklungspolitik von unten“ zu betreiben, gescheitert sind.

  21. Vgl. Shmuel N. Eisenstadt, Die Antinomien der Moderne. Die jakobinischen Grundzüge der Moderne und des Fundamentalismus, Frankfurt/M. 1998.

  22. Vgl. Heiner Bielefeldt/Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.), Politisierte Religion. Ursachen und Erscheinungsformen des modernen Fundamentalismus, Frankfurt/M. 1998.

  23. Vgl. Volker Nienhaus, Islamische Wirtschaftsordnungen. Ideale und Realitäten in einer globalen Welt, in: Internationale Politik. 52 (1997) . 8, S. 11-18; ders., Zwischen Idealwelt und Weltwirtschaft. Islamische Ökonomie, in: Kai Hafez (Hrsg.), Der Islam und der Westen. Frankfurt/M. 1997, S. 94-108.

  24. Vgl. Small Balle, Die innerislamische Diskussion zu Säkularismus, Demokratie und Menschenrechten, in: Werner Ende/Udo Steinbach (Hrsg.), Der Islam in der Gegenwart, München 1996, S. 590-603; John L. Esposito/John O. Voll, Islam and Democracy, New York -Oxford 1996, S. 3-7.

  25. Huntington z. B. spricht den islamischen Gesellschaften überhaupt die „Demokratiefähigkeit" ab, die „Dritte Welle der Demokratisierung“ breche sich an der islamischen Welt. Vgl. Samuel P. Huntington, The Third Wave. Democratization in the Late Twentieth Century, Norman -London 1991, S. 301-309; ders., Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, München -Wien 1996, S. 334-350. Kritisch dazu: Harald Müller, Das Zusammenleben der Kulturen. Ein Gegenentwurf zu Huntington. Frankfurt/M. 1998.

  26. Vgl. Gudrun Krämer, Islamist Notions of Democracy, in: Joel Beinin/Joe Stork (Hrsg.), Political Islam. Essays from the Middle East Report, Berkeley 1997, S. 71-82.

  27. Im Gegensatz dazu warnen andere Stimmen davor, eine Unterscheidung zwischen gemäßigt und radikal zu treffen; die Wahl der Mittel zur Machtübernahme sei rein taktisch bestimmt; vgl. Emmanuel Sivan. Constraints and Opportunities in the Arab World, in: Journal of Democracy, 8 (1997) 2, S. 103-113.

  28. Dies betont besonders Ali A. Mazrui, Islamic and Western Values, in: Foreign Affairs, 76 (1997) 5, S. 118-132.

  29. Siehe zu einer Auswertung dieser Untersuchungen R. Tetzlaff (Anm. 20), S. 124-140. Dabei sei schwer festzustellen, ob die Strukturanpassungsprogramme nicht wenigstens ein relativer Erfolg waren und ohne sie die Situation in den Empfängerländern nicht noch schlimmer wäre.

  30. Vgl. zum folgenden Wolfgang Hein, Unterentwicklung -Krise der Peripherie, Opladen 1998, S. 316-318.

  31. Vgl. hierzu Stephen Gill, New Constitutionalism. Democratization and Global Political Economy, in: Pacifica Review, 10 (1998) 1, S. 23-38.

  32. Siehe zu dieser These Daniel Brumberg, Authoritarian Legacies and Reform Strategies in the Arab World, in: Rex Brynen/Bahgat Korany/Paul Noble (Hrsg.), Political Liberalization and Democratization in the Arab World, Vol. 1: Theoretical Perspectives, Boulder 1995, S. 229-259.

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Peter Schlotter, Dr. phil. habil., geb. 1945; Projektleiter an der Hessischen Stiftung Friedens-und Konfliktforschung in Frankfurt/Main und Privatdozent am Fachbereich Gesellschafts-und Geschichtswissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt. Veröffentlichungen zu Fragen der europäischen Sicherheit, u. a.: Die KSZE im Ost-West-Konflikt. Wirkung einer internationalen Institution, Frankfurt/M. 1999.