Werden Kriege künftig mit europäischer und amerikanischer Beteiligung wegen knapper Rohstoffe oder wegen ethnischer Unruhen an den südlichen Rändern Europas und Rußlands geführt? Die Kaspische Region hätte demnach die „besten Aussichten“, Ort dieses Geschehens zu werden Darauf deuten zumindest Schlagzeilen wie „Zentralasien, ein Balkan mit 01“ oder „Neues . Great Garne in Zentralasien“ hin Die Region ist in der Tat reich an Rohstoffen, aber auch an ethnischem Konfliktpotential. Die politischen Regime sind noch autoritär und instabil, Groß-und Regional-mächte -insbesondere Rußland, USA, China, Türkei, Iran -wetteifern ebenso um Einfluß wie transnationale Konzerne. Auch die Bedeutsamkeit der geographischen Lage an der Schnittstelle zwischen Europa und dem Fernen Osten sowie zwischen Rußland und dem Mittleren Osten und Süd-asien ist unbestreitbar. Das damit verknüpfte Aufeinandertreffen einiger Weltreligionen spielt sicher eine weitere, nicht zu unterschätzende Rolle.
Gleichwohl stellt sich die Frage, ob die Renaissance geopolitischen Denkens angesichts des Primats der Ökonomie in der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts den richtigen Weg weist, um die Probleme in der Region und ihre Rückwirkungen auf die europäische Sicherheit zu lösen. Angemessener erscheint ein moderner Ansatz, der auf Zivilisierung der internationalen Beziehungen durch Interessenausgleich, Verflechtung, Integration und gemeinsame Rechtsnormen setzt. Welches Paradigma sich in der Kaspischen Region durchsetzen wird, ist heute noch nicht absehbar. Das Ergebnis wird auch davon abhängen, welche Politik die wichtigsten sicherheitsrelevanten Organisationen in und für Europa -NATO, Europäische Union und OSZE -in den Ländern der Region verfolgen. Wie sieht eine Zwischenbilanz der Aktivitäten dieser internationalen Institutionen im Kaspischen Raum aus? Wie können die bislang erzielten Ergebnisse bewertet werden? Welche Schlußfolgerungen lassen sich daraus ziehen?
I. Nato
1. Strategie Die Politik der NATO gegenüber den kaukasischen und zentralasiatischen Staaten ist eine Funktion der im Washingtoner Vertrag verankerten Ziele und Prinzipien einerseits sowie des allgemeinen Anpassungsprozesses dieser Organisation an die veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen andererseits. Was den ersten Aspekt betrifft, so geht es um die Förderung von Stabilität und Wohlfahrt auf der Grundlage von Demokratie, individueller Freiheit und Rechtsstaatlichkeit.
Hinsichtlich des zweiten Aspektes sind zu den Kernfunktionen der Allianz wie Bündnis-und Landesverteidigung neue Aufgaben getreten, deren wichtigste der Export von Stabilität jenseits der Bündnisgrenzen ist.
Im Neuen Strategischen Konzept von 1991 werden Sicherheit und Stabilität als Ergebnis miteinander verzahnter politischer, wirtschaftlicher, sozialer, ökologischer und verteidigungspolitischer Dimensionen beschrieben. Während durch eine Dialog-politik die Basis für eine breite Zusammenarbeit in ganz Europa und die Fähigkeit zur friedlichen Streitbeilegung geschaffen werden soll, wird die Kooperation bei der Behandlung konkreter Probleme als Ausdruck der Unteilbarkeit der Sicherheit der europäischen Staaten erachtet. Schließlich wird auf globale Risiken wie die Verbreitung von ABC-Waffen oder die Unterbrechung der Zufuhr vitaler Ressourcen verwiesen, durch welche die Sicherheitsinteressen der Allianz gefährdet werden könnten.
Der evolutionäre Anpassungsprozeß der NATO verläuft auf drei miteinander verwobenen Ebenen. Innerhalb des Bündnisses werden die materiellen und strukturellen Voraussetzungen für die Bewältigung der neuen Aufgaben, insbesondere die des Krisenmanagements, geschaffen. Kernpunkt sind die „alliierten Streikräftekommandos" (CJTF), die im Kriseneinsatz u. a. die Beteiligung von Nicht-mitgliedstaaten an multinationalen und teilstreitkraftübergreifenden Verbänden ermöglichen sollen. Das gilt auch für die Länder aus der Kaspischen Region. Zudem öffnet sich die Allianz zunächst für Polen, Ungarn und die Tschechische Republik als neue Mitglieder. Der Erweiterungsprozeß bleibt zwar offen, doch begrenzt Artikel 10 des Washingtoner Vertrages die potentielle NATO-Mitgliedschaft auf die Staaten Europas.
Daher ist die Allianz zu einer wachsenden Zusammenarbeit mit all jenen Ländern bereit, die zwar nicht NATO-Mitglied werden wollen bzw. können, aber an einer Kooperation interessiert sind.
In diese Kategorie fallen auch die Staaten der kaspischen Region. Sie gehört zu den Konfliktzonen an der Südflanke der NATO. Der Oberkommandierende des Regionalkommandos Süd (AFSOUTH), US-Admiral T. Joseph Lopez, verwies dabei auf die Instabilitäten im Kaukasus und auf die großen Ölreserven am Kaspischen Meer. Beides zusammen berge ein großes Konfliktpotential in sich Das Regionalkommando Süd der NATO konzentriert sich daher auf ein frühzeitiges Engagement. Dies soll dazu beitragen, die äußere Umgebung entsprechend den allgemeinen politischen Zielen und Prinzipien der NATO zu beeinflussen. 2. Aktivitäten Ein erster Schritt war die Gründung des Nordatlantischen Kooperationsrates (NAKR) am 20. Dezember 1991. Er umfaßte die Mitglieder der NATO und des Warschauer Paktes. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden im Laufe des Jahres 1992 die daraus hervorgegangenen Neuen Unabhängigen Staaten (NUS) Mitglieder. Ziel des NAKR war es, sicherheitspartnerschaftliche Beziehungen mit den ehemaligen Bündnisgegnern aufzubauen. Seine beiden Hauptaufgaben bestanden darin, einen multilateralen Konsultationsrahmen für sicherheitsrelevante Angelegenheiten und für
Vertrauensbildung durch praktische Zusammenarbeit zu bieten. Im Mittelpunkt standen Abrüstungs-und Verifikationsfragen sowie -nachdem die NATO ihre Bereitschaft erklärt hatte, entsprechende Aktivitäten dieser Organisationen nach Einzelfallprüfung zu unterstützen -die Zusammenarbeit bei Peacekeeping-Operationen der UN oder der KSZE.
Einen zweiten Schritt stellt die im Januar 1994 auf dem Brüsseler NATO-Gipfel verabschiedete Initiative „Partnerschaft für den Frieden“ (PfP) dar. Durch sie sollen Sicherheit und Stabilität in ganz Europa erhöht, die Beziehungen zu den demokratischen Staaten im Osten gestärkt, neue Sicherheitsbeziehungen zwischen der NATO und ihren Partnern geschmiedet sowie die gleichzeitig beschlossene NATO-Erweiterung als evolutionärer Prozeß gefördert werden. PfP ist zwar als komplementäres Element im Rahmen des multilateralen NAKR angesiedelt, wird aber strikt bilateral als 16+ 1-Beziehung durchgeführt. Diese Struktur erlaubt es den Partnern, die Intensität ihrer Beziehungen zur NATO differenziert zu gestalten. Zugleich bietet das Bündnis allen aktiven PfP-Staaten Konsultationen für den Fall an, daß ein Partner sich einer direkten Bedrohung seiner territorialen Integrität, politischen Unabhängigkeit oder Sicherheit ausgesetzt sieht. Im PfP-Rahmendokument verpflichten sich alle Parteien u. a. zur Demokratie, zur Befolgung der Prinzipien des Völkerrechts und zur Beachtung der Beschlüsse der OSZE. Darüber hinaus erklären sie ihre Bereitschaft, mit der NATO zusammenzuarbeiten und folgende Ziele zu verfolgen: -Transparenz nationaler Verteidigungshaushalte;
-Gewährleistung demokratischer Kontrolle über die Streitkräfte;
-gemeinsame Planung, Ausbildung und Übungen für friedenswahrende Missionen, Such-und Rettungs-sowie humanitäre Einsätze;
-Fähigkeit zu gemeinsamen Operationen unter UN-oder OSZE-Mandat;
-längerfristig die Befähigung zu gemeinsamen Operationen durch Angleichung der Führungsgrundlagen und Herstellung von Interoperabilität.
In der Kaspischen Region haben mit Ausnahme Tadschikistans alle Staaten das Rahmendokument unterzeichnet. Die Grundlage der praktischen’ Zusammenarbeit bildet das Partnerschaftsarbeitsprogramm, eine aus gegenwärtig 21 Bereichen bestehende „Menüliste“. Auf dieser Basis erstellen die Partnerstaaten zusammen mit der NATO jährliche Individuelle Partnerschaftsprogramme (IPP). Mittlerweile haben mit Ausnahme Rußlands alle PfP-Mitglieder ein solches IPP abgeschlossen. Deren Inhalt ist Verschlußsache, so daß eine Auswertung der unterschiedlichen bilateralen PfP-Aktivitäten und jener Aktivitäten, die „im Geiste von PfP“ stattfinden, kaum möglich ist
Allem Anschein nach sind die PfP-Aktivitäten der Staaten der Kaspischen Region eher zurückhaltend. So haben Armenien und Kirgistan noch keine Verbindungsoffiziere nach Brüssel entsandt. Mit Aserbaidschan nimmt nur ein Land aus der Region am Planungs-und Überprüfungsprozeß (PARP) teil. Dieser ist ein seit 1995 existierendes Teilprogramm von PfP, das der engeren Abstimmung der Planungszyklen, der Identifizierung und Bewertung von Streitkräften für gemeinsame Übungen und Operationen sowie der Förderung der Interoperabilität dient.
Ein weiterer Schritt zur Einbindung der Partner-staaten erfolgte im Frühjahr 1997 durch die Gründung des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrates (EAPR) und die Vertiefung von PfP. Der EAPR ersetzt den Nordatlantischen Kooperationsrat. Kooperation und Konsultationen werden in diesem neuen Organ ausgebaut, die Rolle der Partner bei Aufgaben des Krisenmanagements gestärkt. Im Gegensatz zu seinem Vorläufer verfügt der EAPR über ständige Gremien, und die Zusammensetzung des Partnerschaftsrates kann variieren. So gibt es begrenzte Sonderformate für die Teilnehmer am Planungs-und Überprüfungsprozeß (16+PARP) oder für die SFOR-Truppensteller (16+SFOR), zu denen aus der GUS nur Rußland und die Ukraine gehören. Im Gegensatz zu früher sind also funktionale und auch regionale Zusammensetzungen des EAPR möglich.
Die engere Heranführung an die politische und militärische Arbeit der Allianz erfolgt zudem durch die Vertiefung von PfP. Eine der beschlossenen Maßnahmen ist das Angebot, diplomatische Missionen bei der NATO einzurichten. Außer Armenien, Kirgistan und Tadschikistan haben alle Partner mittlerweile davon Gebrauch gemacht. Andere Maßnahmen sind die Entwicklung eines politisch-militärischen Rahmens für NATO-geführte PfP-Operationen, die Stärkung ihrer Rolle bei der Entscheidungsfindung, die Ausweitung des Übungsprogramms auf den gesamten Bereich der neuen Aufgaben der NATO, die Einrichtung von PfP-Stabselementen in NATO-Hauptquartieren, die Beteiligung an CJTF-Planungen und Operationen, die verstärkte Beteiligung an der Arbeit der NATO-Ausschüsse oder die Nutzbarmachung des Sicherheitsinvestitionsprogramms, -einer der drei Haushaltstitel der NATO -für die Partner.
Betrachtet man die Übungstätigkeit der kaukasischen und zentralasiatischen Staaten im Rahmen von PfP, so wird die zurückhaltende Herangehensweise augenfällig. Für 1998 sind insgesamt 19 größere Manöver geplant, von denen acht in Partner-ländern stattfinden. Bislang fand noch keines dieser Manöver in der Kaspischen Region statt. Allerdings sind Militärübungen „im Geiste von PfP“ in Georgien, Kasachstan, Kirgistan und Usbekistan geplant Wie die vor der russischen Haustüre stattfindende Manövertätigkeit „im Geiste von PfP“ von Moskau aufgenommen wird, hängt nicht zuletzt von dem zugrunde gelegten Übungsszenario ab Immerhin zählte Rußland selbst im Mai 1998 erstmals zu den Teilnehmern eines regulären PFP-Manövers in Dänemark. Es ist zudem bemerkenswert, daß die Partnerländer -Georgien, Aserbaidschan, Kasachstan und Usbekistan entsandten Beobachter -im Februar 1998 erstmals an der NATO-Krisenmanagementübung CMX im ganzen Umfang beteiligt wurden 3. Bewertung Der EAPR und die PfP sind die wichtigsten Instrumente der NATO zur Zusammenarbeit mit den Ländern der Kaspischen Region. Deren Unabhängigkeit wird vor allem aus wirtschaftlichen (Rohstoffe) und politisch-strategischen Gründen (Einhegung großrussischer Ansprüche und Einbindung russischer Reformkräfte) unterstützt. Insgesamt hat die Allianz allerdings ein eher schwaches Profil in der Region, was angesichts der russischen Interessen und der noch recht jungen Aktivitäten in diesem Raum nicht überraschen kann. Großmanöver stehen nicht auf der Tagesordnung, und der größte Teil der bescheidenen PfP-Mittel von 26, 2 Mio. US-Dollar für die Haushaltsjahre 1995-1997 floß nach Mittel-und Osteuropa Die NATO setzt eben andere Priori-täten. An erster Stelle stehen die Durchführung der ersten Erweiterung, das Engagement auf dem Balkan und das Verhältnis zu Rußland. Freilich sind die von einzelnen Staaten, insbesondere den USA und der Türkei, geleisteten Aktivitäten „im Geiste von PfP“ intensiver Erwähnt seien nur die Bemühungen beider Länder um die Aufstellung eines zentralasiatischen Peacekeeping-Bataillons oder die zweiten kasachisch-amerikanischen Militärmanöver in der Gegend von Almaty im Juni 1998 Das Engagement des Bündnisses entwickelt sich langsam, aber stetig. Insgesamt hat Brüssel mit dem EAPR und der verstärkten PfP Instrumente geschaffen, die auf die Bearbeitung regionaler Sicherheitsprobleme ausgerichtet sind.
Ob sie auch langfristig eher im kooperativen Sinne oder stärker als Instrumente der Eindämmung gehandhabt werden, hängt nicht zuletzt von der Entwicklung in Rußland ab.
II. Europäische Union
1. Strategie Die EU ist eine Zivilmacht, die sich seit Jahren um eine Gemeinsame Außen-und Sicherheitspolitik (GASP) bemüht. Als wirtschaftspolitische Welt-macht verfügt sie einerseits über eine Reihe von Instrumenten aus dem Bereich der „soft security“. Andererseits erschwert die komplizierte institutioneile Struktur effizientes außenpolitisches Handeln. Während Zentralasien und der Kaukasus bereits seit längerem Gegenstand strategischer Überlegungen in der Europäischen Kommission sind, dauerte es bis zum Frühjahr 1998, bis sich der Rat auf eine gemeinsame Erklärung einigen konnte.
Ausgangspunkt der Kommission sind Bemühungen um eine gemeinsame Energiepolitik für die EU, Fragen der Energiesicherheit und stabilitätspolitische Überlegungen. Angesichts des bis zum Jahr 2020 prognostizierten Anstiegs der Abhängigkeit von Energieimporten aus Drittländern auf 70 Prozent plädiert die Kommission grundsätzlich für eine Politik der Energiesicherheit und der internationalen Energiezusammenarbeit. Dieses Ziel soll u. a. durch die Diversifizierung des Energieangebotes, internationale Hilfs-und Kooperationsprogramme sowie die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen erreicht werden. Der stabilitätspolitische Ansatz zielt auf die Unterstützung des Transformationsprozesses in den betreffenden Ländern.
Die 1995 vorgelegten Einschätzungen der Beziehungen zu den zentralasiatischen und den kaukasischen Staaten empfehlen ein stärkeres Engagement der EU in der Region Als Wirtschaftsinteressen werden u. a. die Sicherung und Diversifizierung der Energieversorgung, der Wettbewerb mit westlichen Partnern und regionalen Akteuren um wirtschaftlichen Einfluß, die Absatzmöglichkeiten und die Lage als Brücke zum Fernen Osten genannt. Die sicherheitspolitischen Interessen beziehen sich auf mögliche politische Instabilitäten, langfristigen Zugang zu Energiequellen, ethnische Konfliktpotentiale, Proliferationsfragen, ökologische Gefahren, organisiertes Verbrechen und Drogenschmuggel. Aus dieser Interessendefinition leitet die Kommission im wesentlichen folgende Ziele ab: -Unterstützung der Unabhängigkeit und territorialen Unversehrtheit der neu entstandenen Staaten in der Region;
-Konsolidierung demokratischer Institutionen und der Menschenrechte als Grundlage für Sicherheit und Frieden;
-Reduzierung der Konflikte durch politische und wirtschaftliche Reformen, wobei auf die Bedeutung der EU als unparteiischer Geber sowie als Investment-und Handelspartner hingewiesen wird;
-Unterstützung der wirtschaftlichen Transformation unter Berücksichtigung der Grundsätze der Nachhaltigkeit und der Umweltverträglichkeit;
-aktivere Mitwirkung der eigenen Wirtschaft an den Investitionsentscheidungen in den Bereichen Energie und Bergbau sowie in der Frage der Verlegung künftiger Pipelines;
-stärkere Profilierung der EU in der gesamten Region durch Intensivierung des politischen Dialogs. Die von der Kommission vorgeschlagene gemeinsame Politik fand keine Zustimmung im Rat. Die Entwürfe Gemeinsamer Standpunkte gemäß Artikel J. 2 EU-Vertrag wurden von ihm ignoriert. Immerhin einigte sich der Rat gut zwei Jahre später auf eine Erklärung, die folgende Aspekte enthält:
-Interessenbekundung an der Ausbeutung der Energievorräte der Region;
-Förderung regionaler Stabilität, einschließlich friedlicher Streitbeilegung, und der Entwicklung tragfähiger demokratischer und wirtschaftlicher Institutionen;
-Investitionen europäischer Gesellschaften als wichtiger Faktor, insbesondere im Energiesektor;
-Bedeutung gesicherter Exportrouten für Öl und Gas für die künftige Prosperität der Region, für ausländische Investoren und die internationalen Märkte;
-Befürwortung einer Vielzahl von Pipelinerouten;
-strategische Entscheidungen über Pipelines sollten im wesentlichen von den betroffenen Konzernen nach kommerziellen Erwägungen getroffen werden;
-Betonung der Wichtigkeit, das vorhandene regionale Leitungsnetz zu revitalisieren 2. Aktivitäten Ein potentiell wichtiges Instrument für die Politik-gestaltung gegenüber der Kaspischen Region ist die Europäische Energiecharta, die im Dezember 1991 von der EU und 51 Ländern unterzeichnet worden ist. Sie soll die energiepolitische Zusammenarbeit zwischen Ost und West erleichtern, die Transformationsländer unterstützen, die Sicherheit der Energieversorgung in Ost und West stärken, die Effizienz der Produktion, des Transports, der Verteilung und der Nutzung erhöhen sowie Umweltbelastungen minimieren. Der drei Jahre später abgeschlossene und 1998 in Kraft getretene Energiecharta-Vertrag soll eine rechtlich gesicherte, langfristige Zusammenarbeit im Energiesektor ermöglichen. Er enthält u. a. einen Mechanismus zur Streitbeilegung zwischen Staaten und Konzernen sowie Regelungen für den sicheren Energietransit. Dieser von der EU und ihren Mit-gliedstaaten initiierte internationale Rechtsrahmen war der erste Versuch einer künftigen Einbindung der Länder der GUS in die Weltwirtschaft. In diesen Kontext gehören auch die Partnerschafts 7 und Kooperationsabkommen (PKA) sowie das Technische Unterstützungsprogramm für die GUS (TACIS)
Die PKA mit den ehemaligen Sowjetrepubliken sind ein besonderer Vertragstypus, die die rechtliche Grundlage für die bilateralen Beziehungen mit diesen Ländern bilden. Die Verträge sind zweigeteilt. Der politische Teil muß von den EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden, während der handelspolitische Teil durch ein Interimsabkommen in Kraft gesetzt werden kann. PKA wurden bislang mit zehn Ländern abgeschlossen, darunter alle Länder der Kaspischen Region außer Tadschikistan. Die Abkommen mit Rußland und der Ukraine sowie die Interimsabkommen mit Moldawien, Armenien, Georgien und Kasachstan sind 1997 bzw. 1998 in Kraft getreten.
Die PKA enthalten keine Beitrittsperspektive.
Obwohl diese Abkommen je nach Entwicklungsstand der bilateralen Beziehungen unterschiedlich ausfallen, haben sie eine ähnliche Funktion und Struktur. Sie sollen eine umfassende Partnerschaft begründen, wobei die Kooperationsfelder vom politischen Dialog und einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit über Warenhandel, Zahlungsverkehr und Investitionsschutz bis zum Schutz des geistigen Eigentums reichen. Politisch wichtig sind die in jedem Abkommen enthaltenen allgemeinen Grundsätze der demokratischen Werte, der Menschenrechte und der Marktwirtschaft als wesentliche Elemente einer Partnerschaft mit der EU. Diese sind auch im Interimsabkommens enthalten. Eine „Aussetzungsformel“ ermöglicht es der EU, mit der Aussetzung des Abkommens zu drohen, falls sich die Menschenrechtslage verschlechtert.
Im Mittelpunkt des TACIS-Programms steht die Vermittlung von nicht rückzahlbaren Zuschüssen für den Transfer von Know-how. Es soll die anderen Kooperationsinstrumente der EU, insbesondere die PKA, ergänzen, indem es „als zentrales Instrument bei dem fortlaufenden Prozeß des wirtschaftlichen und politischen Dialogs zwischen EU und NUS“ dient Im Zeitraum 1991-1996 wur-den 2, 8 Mrd. ECU an TACIS-Mitteln für insgesamt neun Bereiche zur Verfügung gestellt: Landwirtschaft, Nukleare Sicherheit und Umwelt, Umstrukturierung von Staatsunternehmen und Entwicklung des Privatsektors, Energie, Reform der öffentlichen Verwaltung, soziale Dienste und Bildungswesen sowie Telekommunikation. Ruß-land (928 Mio. ECU) und die Ukraine (319 Mio. ECU) waren die mit Abstand größten Empfänger. Die Summen für die kaukasischen und zentralasiatischen Staaten fielen bescheidener aus.
Zusätzlich zu diesen nationalen TACIS-Programmen hat die EU ein zwischenstaatliches TACIS-Programm aufgelegt, das der Förderung der regionalen Zusammenarbeit und damit einem zentralen Politikziel der Union dienen soll. Das Programm will zur Identifizierung und Verfolgung gemeinsamer Problemlösungen beitragen und eine Wiederbelebung des Intra-GUS-Handels fördern. Zwischen 1993 und 1997 wurden dafür 260 Mio. ECU bereitgestellt. Für „Netzwerke“ und „Umwelt“ existieren zwei Initiativen -TRACECA und INOGATE welche die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit der kaukasischen und zentralasiatischen Staaten unterstützen sollen, indem sie deren Zugang zu den Weltmärkten fördern.
Die TRACECA-Initiative wurde 1993 gestartet. Sie unterstützt das Projekt eines Transport-und Handelskorridors, der von der EU über das Schwarze Meer, den Kaukasus und Zentralasien bis nach dem Fernen Osten reicht. Die ersten Ansprechpartner dafür waren die zentralasiatischen und kaukasischen Republiken. Später kamen die Ukraine und die Mongolei hinzu.
INOGATE ist auf die Wiederherstellung, Modernisierung und Rationalisierung von grenzüberschreitenden Öl-und Gaspipelines in der GUS ausgerichtet. Zudem werden mit diesen Mitteln Untersuchungen über mögliche alternative Transportoptionen von Zentralasien nach Westen finanziert.
Ziel dieser in Zusammenarbeit mit der Weltbank entwickelten Initiative ist es, mehrere große Projektvorschläge zu entwerfen und die entsprechenden Investitionen zu fördern. 3. Bewertung Die Politik der EU gegenüber der Kaspischen Region folgt keiner kohärenten politischen Strategie. Die von der Kommission 1995 angeregte Gesamtstrategie hatte kaum Einfluß auf die Entscheidungen des Rates. Zwar soll ein acht Seiten umfassendes, nicht zur Veröffentlichung freigegebenes „Strategiepapier“ im Ratssekretariat existieren, das jedoch ziemlich schwach und bedeutungslos zu sein scheint.
Für das Fehlen einer Strategie ist erstens die disparate Zuständigkeit innerhalb der Union verantwortlich. Die GASP steckt immer noch in den Kinderschuhen, und innerhalb der Kommission gibt es zu viele Zuständigkeiten. Dabei sind Fragen der Energieversorgung, der Umwelt und der Sicherheit künftig immer weniger voneinander zu trennen. Zweitens divergieren die nationalen Interessen ziemlich stark. Das liegt vor allem daran, daß es in der EU Energieimporteure und -exporteure gibt sowie Länder mit global engagierten Energiekonzernen und solche, für die das nicht zutrifft. Drittens setzt die EU in erster Linie auf Marktkräfte. Schließlich differieren die Schätzungen der in der Kaspischen Region vermuteten Energiereserven stark voneinander. Die hohen Investitionskosten, die langsame Transformation in den betroffenen Ländern, das Konfliktpotential in der Region sowie das zur Zeit reichhaltige Angebot an Energie tragen nicht zu einer Erhöhung des Handlungsbedarfs bei.
Trotz der fehlenden Gesamtstrategie ist die EU in den letzten Jahren in der Region aktiver geworden. Obwohl dieses Engagement nicht überbewertet werden sollte, setzt es an der richtigen Stelle an: der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Transformation. Das wichtigste Instrument sind die PKA, die einen differenzierten Zugang zu den Vertragspartnern erlauben. Auf berechtigte Kritik an der Verwendung von TACIS-Mitteln hat Brüssel inzwischen mit einer Verbesserung der Transparenz, vereinfachten Ausschreibungsverfahren und verstärkter Überwachung reagiert.
Die von der EU gewünschte regionale Zusammenarbeit der zentralasiatischen Staaten bleibt schwach ausgeprägt, da diese den Bilateralismus bevorzugen. Fortgeschrittener ist die regionale Kooperation im Rahmen der Initiative der Wirtschaftlichen Zusammenarbeit am Schwarzen Meer. An dieser zunehmend Aufmerksamkeit der EU erfahrenden Initiative nehmen aus der GUS die kaukasischen Republiken, Rußland, die Ukraine und Moldawien teil Mit ihrer Unter-Stützung regionaler Zusammenarbeit verfolgt die EU nicht das Schmieden von Allianzen gegen Rußland, sondern kooperative und investitionsfördernde Ziele. Rußland und die Ukraine bleiben die wichtigsten Partner aus der GUS. Die Prioritäten der EU liegen aber weder in der Kaspischen Region noch in der Schwarzmeerregion, sondern in der Vorbereitung und Durchführung der Osterweiterung. Dadurch würde jedoch die EU an den Krisenraum Kaukasus/Zentralasien näher heran-rücken. Insofern führt an weiteren Stabilisierungsbemühungen kein Weg vorbei.
III. Die OSZE
1. Strategie „Das Zeitalter der Konfrontation und der Teilung Europas ist zu Ende gegangen.“ Dies ist der zentrale Satz der Charta von Paris für ein neues Europa vom November 1990. In ihr bekannten sich die Staats-und Regierungschefs der Teilnehmerstaaten der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) also der USA. Kanadas sowie sämtlicher europäischer Staaten, zu Demokratie und Menschenrechten als Grundlage ihrer Beziehungen. Streitfälle sollten künftig auf dieser Basis friedlich geregelt werden. Gleichzeitig wurden erste neue Instrumente geschaffen, um die KSZE zu einem wesentlichen Element Europäischer Sicherheit zu machen Nach dem Zerfall der Sowjetunion und Jugoslawiens wurden deren Nachfolgerepubliken als neue Teilnehmerstaaten aufgenommen. Sie akzeptierten damit die in der Pariser Charta vereinbarten Grundlagen. Die Aufnahme der nicht-europäischen ehemaligen Sowjetrepubliken fand jedoch zunächst keineswegs ungeteilte Zustimmung. Die historischen und politisch-kulturellen Unterschiede der westlichen KSZE-Teilnehmer besonders zu den zentralasiatischen Staaten seien -so wurde argumentiert -zu groß
Inzwischen ist die OSZE-Mitgliedschaft nichteuropäischer ehemaliger Sowjetrepubliken längst zu einem anerkannten politischen Faktum geworden, und die Bedeutung dieser Staaten für die Aktivitäten der OSZE wird eher zunehmen. Umgekehrt stellt die OSZE für die zentralasiatischen und kaukasischen Staaten eine wichtige institutionelle Brücke nach Europa dar. Einige der von der OSZE neu geschaffenen Instrumente finden gerade im Kaukasus und in Zentralasien Anwendung. Als prioritäre Aufgaben der OSZE werden heute die Konsolidierung gemeinsamer Werte und der Aufbau ziviler Gesellschaften sowie die Prävention lokaler Konflikte und die Wiederherstellung von Frieden und Stabilität in Zonen militärischer Auseinandersetzungen angesehen. 2. Aktivitäten Ein wichtiges Instrument der OSZE zur Konflikt-bearbeitung sind die Langzeitmissionen. Sie sind wirkliche diplomatische Innovationen und erlauben die kontinuierliche Bearbeitung eines Konfliktes vor Ort. OSZE-Langzeitmissionen sind von allen Teilnehmerstaaten einschließlich der Konfliktparteien mandatiert. In der Regel bestehen sie aus diplomatischem und militärischem Personal.
Dies erlaubt die diplomatische Unterstützung bei der Konfliktbearbeitung ebenso wie die militärische Einschätzung der Lage vor Ort. Die OSZE-Langzeitmissionen agieren auf den Grundprinzipien der Integrität der Staaten bei gleichzeitiger Unterstützung der Rechte ethnischer Minderheiten sowie der Förderung von Demokratie und Menschenrechten Im Kaukasus und Zentral-asien unterhält die OSZE derzeit Missionen in Georgien, Tschetschenien und Tadschikistan.
Die längste Verweildauer hat die Mission in Georgien, die bereits im Dezember 1992 eingerichtet wurde. Mit rund 17 Mitarbeitern ist sie zugleich vom Personalumfang her die größte OSZE-Langzeitmission. Ihr Mandat erstreckt sich auf drei Bereiche:
-Den Konflikt zwischen der georgischen Zentralregierung und der abtrünnigen Region Südossetien/Tsinwali.
Die OSZE-Mission überwacht die Einhaltung der OSZE-Prinzipien durch eine russisch-georgisch-ossetische Friedenstruppe.
Ihre Arbeit ist erleichtert worden, seit sie im April 1997 zusätzlich zu ihrem Hauptquartier in Tiflis ein Büro in Tsinwali eröffnen konnte. Zwar scheinen sich die Beziehungen zwischen Georgiern und Osseten zu normalisieren, aber eine Konfliktlösung steht bislang noch aus. Von der OSZE-Mission erarbeitete Vorschläge über einen Autonomiestatus der Region Südossetien/Tsinwali wurden nicht realisiert. -Die Kooperation mit der ebenfalls in Georgien ansässigen UN-Mission, die sich um den Konflikt mit der abtrünnigen Region Abchasien kümmert. Hier bleibt die Lage wesentlich angespannter als zwischen Georgiern und Osseten.
-Die Entwicklung in Georgien insgesamt. Hier geht es der OSZE-Mission um die Unterstützung von Demokratie und Menschenrechten.
Mit der georgischen Regierung wurde u. a.
über die Einführung eines Gesetzes über die Rechte nationaler Minderheiten gesprochen
Noch während der Kämpfe zwischen tschetschenischen Unabhängigkeitskämpfern und russischen Regierungstruppen konnte die OSZE im April 1995 eine Unterstützungsgruppe in Grosnyj etablieren. Daß Rußland deren Aktivitäten überhaupt gestattete, auch wenn Moskau darauf drang, mit der Begriffswahl „Unterstützungsgruppe“ statt „Langzeitmission“ die Maßnahme diplomatisch möglichst niedrig anzusiedeln, ist positiv zu werten. Eine Beendigung der militärischen Auseinandersetzungen wurde zwar vor allem möglich, weil Präsident Jelzin im Frühjahr 1996 mit dem Ende des Tschetschenien-Krieges einen wichtigen Stolperstein auf dem Wege zu seiner Wiederwahl beseitigen wollte. Doch spielte die OSZE-Unterstützungsgruppe eine nicht zu unterschätzende Vermittlerrolle.
Heute kümmert sich die OSZE-Unterstützungsgruppe vorwiegend um Fragen der Menschenrechte und die Unterstützung bei der Organisation humanitärer Hilfe. Nicht zuletzt wegen der in Tschetschenien um sich greifenden Kriminalität ist die OSZE praktisch die letzte verbliebene internationale Organisation mit permanenter Präsenz. Deshalb kommt ihr eine erhöhte Bedeutung im* Hinblick auf die unabhängige Berichterstattung aus der Region zu.
In Tadschikistan ist die OSZE seit Februar 1994 mit einer Langzeitmission präsent. Nachdem die tadschikische Regierung und die vereinigte tadschikische Opposition unter russischer Vermittlung im Juni 1997 in Moskau eine Vereinbarung über Frieden und nationale Übereinkunft erzielten, konzentriert sich die OSZE darauf, die Umsetzung dieses Abkommens in bezug auf die Menschenrechte und die Demokratieförderung zu unterstützen.
Ein spezielles Instrument der Konfliktbearbeitung ist die von der OSZE im Frühjahr 1992 eingesetzte Minsk-Gruppe. Sie wird von zwölf OSZE-Teilnehmerstaaten gebildet. Ihre Aufgabe ist die direkte Vermittlung im Konflikt um die von Armeniern besiedelte, nach Unabhängigkeit von Aserbaidschan strebende Region Berg-Karabach. Seit Januar 1997 wird die Hauptarbeit dabei durch die drei Ko-Vorsitzenden USA, Rußland und Frankreich geleistet. Durch diese Konstruktion ist es weitgehend gelungen. Rußland, das zuvor eine eigenständige Vermittlerrolle anstrebte, in den internationalen Prozeß einzubinden.
Ergänzend zu den Aktivitäten der Minsk-Gruppe war auf dem OSZE-Gipfel in Budapest 1994 beschlossen worden, eine OSZE-Friedenstruppe nach Berg-Karabach zu entsenden. Allerdings sollten die Konfliktparteien zuvor einer politischen Lösung zustimmen. Auf Drängen Rußlands sollte außerdem der UN-Sicherheitsrat der Mission ein Mandat erteilen. Beide Vorbedingungen wurden bislang nicht erfüllt. Somit blieb es der OSZE verwehrt, durch die erstmalige Entsendung einer Friedenstruppe ihre Bedeutung für die europäische Sicherheit sichtbarer zu machen. Ohnehin hatten sich nur wenige kleinere westliche Länder zur Beteiligung an einer internationalen Militäraktion bereit erklärt, bei der Rußland vermutlich das größte Kontingent stellen würde 24.
Im Sommer 1997 unterbreiteten die Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe einen Vorschlag zu einem schrittweisen Vorgehen, der u. a. erneut die Entsendung einer Friedenstruppe, die Rückkehr von Flüchtlingen sowie anschließende Verhandlungen über den Status von und die Sicherheit für Berg-Karabach enthielt. Anders als der frühere armenische Präsident Ter-Petrosjan zeigt sich sein Nachfolger Kocharjan (der zuvor Ministerpräsident in Berg-Karabach war) bisher nicht kompromißbe-reit. Es ist diese entschiedene Haltung vor allem auf Seiten Karabachs, das auf jeden Fall Unabhängigkeit von Aserbaidschan anstrebt, die die Bemühungen der Minsk-Gruppe bisher zum Schejtern verurteilte. Allerdings weist die Minsk-Gruppe selbst einige Mängel auf: Sie verfügt über keine eigene Infrastruktur und über keinen festen Konferenzort, und die Transparenz ihrer Arbeit scheint zwischen den Ko-Vorsitzenden und den anderen Teilnehmerstaaten nicht immer gewährleistet zu sein.
Weitere OSZE-Instrumente, die im Kaukasus und in Zentralasien zum Einsatz kommen, sind das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR), der Hohe Kommissar für nationale Minderheiten (HCNM) sowie die ökonomische Dimension.
Aufgaben von ODIHR beinhalten u. a. Wahlbeobachtungen, das Training von Richtern und Staatsanwälten, Hilfe bei der Ausarbeitung von Gesetzen sowie die Unterstützung nationaler Menschenrechtsorganisationen und freier Medien. Gerade mit den kaukasischen und zentralasiatischen Staaten plant ODIHR eine verstärkte Kooperation. Dabei steht ein von Dänemark finanziertes spezielles Programm für die fünf zentralasiatischen Staaten zur Verfügung
Der HCNM ist seinem Mandat zufolge ein Instrument der präventiven Konfliktbearbeitung. Keineswegs ist er ein Ombudsmann nationaler Minderheiten. Vielmehr kann er -ohne daß er dafür das Mandat des OSZE-Rates benötigt, wohl aber in der Praxis die politische Unterstützung der betroffenen Staaten -Vor-Ort-Missionen unternehmen, um zum frühestmöglichen Zeitpunkt Spannungen, die sich in bezug auf nationale Minderheiten ergeben, mindern zu helfen. Dabei strebt er -auf der Basis der Unparteilichkeit -Lösungen an, die für alle Beteiligten befriedigend sind. Ausdrücklich darf der HCNM dann nicht tätig werden, wenn Fragen nationaler Minderheiten mit Akten des organisierten Terrorismus verknüpft sind. Damit ist den OSZE-Staaten ein Schlupfloch offen geblieben, um nicht gewünschte HCNM-Aktivitäten zu unterbinden. In der Doppelregion Zentralasien/Kaukasus ist der HCNM in Kasachstan, Kirgistan und Georgien aktiv
Bei einer KSZE-Konferenz über wirtschaftliche Zusammenarbeit in Bonn 1990 wurden gemeinsame Ziele wie die Marktwirtschaft, der Schutz privaten Eigentums etc.definiert. Die Verwirklichung dieser Ziele wird in engem Zusammenhang mit der Entwicklung stabiler Demokratien gesehen. Mit Hilfe von Seminaren und ähnlichen Aktivitäten versucht die OSZE, gerade im Hinblick auf Zentralasien eine Beraterfunktion zu übernehmen. Dies stößt bei den betroffenen Staaten auf reges Interesse, wobei diese sich auch für ökologische Fragen stark interessiert zeigen. Allerdings sind die Möglichkeiten der OSZE in wirtschaftlichen Fragen im Vergleich zu anderen Akteuren wie dem IWF, der Weltbank oder der Europäischen Union stark begrenzt.
Um die Sichtbarkeit und die Effektivität der OSZE in Zentralasien zu erhöhen, wurde 1995 in der usbekischen Hauptstadt Taschkent ein Verbindungsbüro eröffnet. Es soll u. a. die Durchsetzung von OSZE-Prinzipien fördern und bei der Organisation von OSZE-Aktivitäten in der Region helfen. Als der derzeitige OSZE-Vorsitzende, der polnische Außenminister Geremek, im April 1998 Zentralasien bereiste, traf er in allen fünf Hauptstädten auf großes Interesse an der OSZE. Dies gab einen wichtigen Impuls für die im Juli 1998 beschlossene Eröffnung weiterer OSZE-Büros in Kasachstan. Kirgistan und Turkmenistan. Diese Büros sollen sich um alle OSZE-Dimensionen kümmern und möglichst grenzübergreifend aktiv werden.
Die Ausweitung von OSZE-Aktivitäten in Zentralasien wird u. a. besonders von den USA unterstützt. Sie sehen darin eine Möglichkeit, die Unabhängigkeit dieser Staaten und ihre Entwicklung hin zu stabilen Demokratien zu stärken. Gleichzeitig sind damit für Washington keine weitreichenden Verpflichtungen verknüpft, und es besteht auch -anders als etwa bei der NATO -kaum die Gefahr eines Interessenkonflikts mit Moskau 3. Bewertung Die kaspischen Staaten sind keine Aufnahmekandidaten für die NATO oder die Europäische Union. Die OSZE, in der diese Staaten vollberech-tigte Mitglieder sind, stellt daher für sie die verbindlichste Brücke nach Europa dar. Wichtig für diese Staaten ist dabei, daß die OSZE ihnen dabei hilft, Konflikte und Minderheitenprobleme in ihrer Region in einen internationalen Rahmen einzubetten. Dies verleiht ihnen mit Blick auf Rußland ein höheres Maß an Unabhängigkeit und einen größeren Handlungsspielraum. Deswegen haben sich westliche Staaten darauf verständigt, die Bedeutung der OSZE gerade in Zentralasien zu stärken.
Gleichzeitig sind damit jedoch hinsichtlich der Konfliktbearbeitung in der Region die Grenzen der OSZE aufgezeigt. Denn nach wie vor bleibt Rußland ein wesentlicher Faktor, an dessen Interessen vorbei Konfliktlösungen nirgendwo in der Region erreichbar sein dürften. Wenn zudem -wie z. B. hinsichtlich Berg-Karabach -die Konfliktparteien nicht zu Lösungen auf der Basis eines Interessenausgleichs bereit sind, kann die Arbeit der OSZE oft über das Bemühen um Transparenz und weitere Vermittlung kaum hinausgehen.
Dennoch ist ihre Rolle nicht geringzuschätzen. Ihre Bedeutung für die Unterstützung von Demokratie und Menschenrechten sowie bei der Behandlung von Minderheitenkonflikten ist nicht von der Hand zu weisen. Dabei sollten die erzielten Erfolge in Beziehung zu dem vergleichsweise geringen finanziellen und personellen Aufwand gesehen werden. Gerade hier ergeben sich Verbesserungsmöglichkeiten.
IV. Ausblick
Ob NATO, Europäische Union oder OSZE, keine dieser Institutionen kann in der Kaspischen Region unabhängig von den Interessen ihrer Mitgliedstaaten handeln. Dabei stehen die Sicherung des wirtschaftlichen Einflusses und des Zugangs zu Energieressourcen neben der Förderung von Marktwirtschaft und Menschenrechten im Mittelpunkt der Bemühungen.
Besonderes Anliegen der westlichen Staaten ist es, den noch jungen Staaten der kaspischen Region beim Aufbau einer langfristig unabhängigen und stabilen Demokratie zu helfen. Dazu machen sie sich die Instrumente der NATO, der EU, aber auch der OSZE zunutze. Ein wichtiger und höchst sensibler Aspekt dabei ist es, den erst seit wenigen Jahren selbständig gewordenen Staaten gegenüber Rußland den Rücken zu stärken, ohne dieses auszugrenzen. Um ihre Ziele besser zu erreichen, wol-len sowohl die NATO als auch die EU und die OSZE ihre noch neuen Beziehungen zu den Staaten in der Doppelregion Kaukasus/Zentralasien in den kommenden Jahren intensivieren.
Alle drei Institutionen verfügen über spezifische Vor-und Nachteile: Die NATO kann sicherlich einiges im Hinblick auf die Heranführung der Militärs der noch jungen Staaten an westliche Standards von Streitkräften leisten, die in Demokratien verankert sind. Negativ schlägt dagegen zu Buche, daß sie besonders in Rußland wegen der amerikanischen Führungsrolle in der Allianz oft als gegen die eigenen Interessen gerichtet angesehen wird. Die Europäische Union kann wirtschaftlich am ehesten Hilfestellung geben, und im Unterschied zur NATO, in der die USA die erste Geige spielen, werden ihr kaum geopolitische Ambitionen nachgesagt. Aber aufgrund ihrer mangelhaft ausgebildeten Gemeinsamen Außen-und Sicherheitspolitik bleibt ihr Profil oft schwach. Die OSZE wiederum verfügt über sehr flexible Instrumente der Konfliktbearbeitung. Sie hat alle Staaten der kaspischen Region schon als vollberechtigte Mitglieder aufgenommen und sie damit selbst zu Akteuren gemacht. Aber wegen ihrer hohen Mitgliederzahl wirkt die OSZE oft schwerfällig, und wenn -wie im Falle Karabach -die Konfliktparteien nicht zu Lösungen bereit sind, bleibt ihr Einfluß notwendigerweise gering.
NATO, EU und OSZE leiden unter der von den unterschiedlichen Perspektiven und Interessen ihrer Mitgliedstaaten hervorgerufenen Komplexität der Entscheidungsprozesse und Instrumente. Denn alle drei Institutionen sind auf den permanenten Interessenausgleich ihrer Mitglieder angewiesen. Damit hängt wiederum die mangelhafte Koordination von NATO, EU und OSZE zusammen. Hinzu kommt, daß die Organisationen unterschiedlich zusammengesetzt und die Mitgliedstaaten unterschiedlich stark an ihren Aktivitäten interessiert sind.
Insofern liegen die Unzulänglichkeiten der Arbeit der Institutionen und besonders ihrer mangelhaften Abstimmung auch darin begründet, daß die an ihnen beteiligten Staaten selbst noch zwischen national orientierter Geopolitik und der modernen Herangehensweise der internationalen Kooperation schwanken. Daher bleibt die Frage, ob NATO, EU und OSZE entscheidend dazu beitragen können, in der Kaspischen Region Kooperation statt Konfrontation dauerhaft durchzusetzen, vorerst offen.