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Europa auf dem Weg zur integrierten Umweltpolitik? | APuZ 25-26/1998 | bpb.de

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APuZ 25-26/1998 Die Problematik der europäischen Identität Europa in der Wahrnehmung junger Menschen -Bedingungen und Konsequenzen für Politikvermittlung und politische Bildungsarbeit EU-Akzeptanz und europäische Identität im deutsch-französischen Grenzgebiet Europa auf dem Weg zur integrierten Umweltpolitik? Institutionalisierte Interessenvertretung der Regionen und Kommunen in der EU. Eine Bilanz des Ausschusses der Regionen

Europa auf dem Weg zur integrierten Umweltpolitik?

Michael Kraack/Heinrich Pehle/Petra Zimmermann-Steinhart

/ 22 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Umweltpolitik ist ein bedeutender Bereich für das ökonomische und politische Zusammenwachsen Europas. In den vergangenen Jahren hat sich die EU die Integration des Umweltschutzes in andere Fachpolitiken, wie z. B. die Industriepolitik, zum Ziel gesetzt. Dieses Integrationsziel wurde im Amsterdamer Vertrag erneut aufgewertet. Inwieweit die EU und hier vor allem die Europäische Kommission ihre selbstgesteckten, ehrgeizigen Ziele erreichen kann, hängt von den institutionellen Rahmenbedingungen ab. Es zeigt sich, daß der politische Wille zur Integration ansatzweise vorhanden ist. Zum Teil fehlt es allerdings noch am notwendigen Umweltbewußtsein in den anderen Fachpolitiken.

I. Einleitung

Umweltpolitik ist ein bedeutender Bereich für das ökonomische und politische Zusammenwachsen Europas. Die Europäische Union hat sich schon zu Beginn der siebziger Jahre der immer deutlicher zu Tage tretenden Umweltprobleme angenommen. Mit ihren bislang fünf Umweltaktionsprogrammen und Gesetzesinitiativen hat die EU dazu beigetragen, daß beträchtliche Anpassungen der Umweltschutzbestimmungen in den Mitgliedstaaten notwendig und damit wesentliche Fortschritte auf dem Weg zu einer lebenswerten Umwelt für die Bürger Europas erreicht wurden.

In den vergangenen Jahren hat sich die umweltpolitische Regulierungsmethodik vom traditionellen „Command-and-Control“ -Ansatz abgewandt. Die „end-of-pipe“ -Philosophie, die umweltschädigende Folgewirkungen nur zu kurieren vermochte, hat ihren Vorrang verloren. In den neunziger Jahren hat sich ein an ökonomischen Instrumenten orientierter Regulierungsansatz durchgesetzt, der den prozessualen Aspekt des Umweltschutzes hervorhebt. Damit wird versucht, dem Vorsorgeprinzip gerecht zu werden, das heißt, die Auswirkungen industrieller Investitionen auf die Umwelt sollen möglichst vor deren Genehmigung abgeschätzt und berücksichtigt werden. Dies schlägt sich in der Forderung nach einer Integration der Umweltpolitik in andere Fachpolitiken der Union, wie z. B. in die Energie-oder die Agrarpolitik, nieder. Die vertragliche Grundlage dieser umweltpolitischen Integrationspolitik wurde 1987 mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) und hier insbesondere durch die sogenannte Querschnittsklausel (Art. 130r (2) EGV) geschaffen. Auf der Basis der für Umweltschutz derzeit ungünstigen Rahmenbedingungen stellt sich die Frage, inwieweit sich Europa auf dem Weg zu einer integrierten Umweltpolitik befindet. Das Thema gewinnt zusätzlich an Relevanz, wenn man bedenkt, daß der Umweltschutz auch positive Auswirkungen z. B. auf den Arbeitsmarkt haben kann.

II. Das Integrationsziel

1. Vertragliche Grundlagen

Die Forderung, Umweltschutzbestimmungen beim Entwurf anderer europäischer Politiken zu berücksichtigen, geht bis in die siebziger Jahre zurück. Mit Artikel 130r-t (EGV) wurde im Zuge der EEA erstmals eine eindeutige Grundlage für die gemeinschaftliche Umweltpolitik geschaffen. Die Bedürfnisse zukünftiger Generationen, das Prinzip der „nachhaltigen Entwicklung“, wurden in den Artikeln B und 2 (2) des Maastrichter Vertrages berücksichtigt Weiterhin müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und bei der Durchführung anderer Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden. Die Umsetzung und der Vollzug des Gemeinschaftsrechts liegen im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Damit sind nicht nur die rechtssetzenden Organe der Union, sondern seit Maastricht auch die Mitgliedstaaten zumindest indirekt verpflichtet, dem Integrationsziel beim Vollzug gemeinschaftlicher Normen und Politiken Rechnung zu tragen

2. Das Integrationsziel im Amsterdamer Vertrag

Der Amsterdamer Vertrag wird die Integrationsklausel nach seiner Ratifizierung weiter aufwer-ten Die Klausel wird aus dem Umwelttitel in die Grundsätze der Gemeinschaft (Artikel 1-7) und damit an eine exponierte Stelle des Vertrages verschoben. Der neue Artikel EGV schreibt vor, daß die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der in Artikel 3 (EGV) genannten Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden müssen 6.

Unklar war bisher, was unter „Erfordernissen des Umweltschutzes“ genau zu verstehen ist. Auch der neue Vertrag bringt hier keinen Durchbruch. Es fehlt vor allem der Hinweis auf die in Art. 130r verbliebenen elementaren umweltpolitischen Grundsätze der Union, wie z. B. das Verursacher-oder das Vorsorgeprinzip. Allerdings geht die Union mit der Ergänzung der Integrationsklausel um die Passage, die eine „Förderung einer nachhaltigen Entwicklung“ vorschreibt, die Verpflichtung ein, alle Politiken im Sinne der Nachhaltigkeit zu betreiben. Mehr als Vertragskosmetik stellt dieser Passus jedoch nicht dar. Obwohl die politische Aufwertung des Nachhaltigkeitsprinzips insgesamt zu begrüßen ist, werden davon keine direkten umweltrechtlichen Initiativen ausgehen

Die Bedeutung des Begriffs „Integration“ wird durch die Beschlüsse von Amsterdam ebenfalls nicht weiter präzisiert. So wurde beispielsweise vorgeschlagen, die EU-Organe dazu aufzufordern, bindende Richtlinien für die Anwendung der Integrationsklausel zu erarbeiten. Der neue Vertrag geht jedoch nicht so weit. Bezüglich der Integration von Umweltaspekten in andere Politikfelder besteht weiterhin eine schwer überschaubare Vielzahl von wenig bis gar nicht aufeinander abgestimmten Methoden. Der Instrumentenmix in der Umweltpolitik reicht von der vorgeschlagenen Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung über die freiwillige Durchführung von Öko-Audits bis zur Nutzung ökonomischer Instrumente z. B. in Form von Ökosteuern Eine Koordination dieser zum Teil widersprüchlichen Instrumente findet nur selten statt.

Der Amsterdamer Vertrag präzisiert zwar auf den ersten Blick, indem er vorschreibt, daß alle in Artikel 3 EGV gebannten Politiken und Maßnahmen von der Integrationsklausel betroffen seien Die Verschiebung der Integrationsklausel in die Grundsätze der EU-Politik ist insofern positiv zu bewerten. Die Verankerung in Artikel 130r (2) ließ zuvor die Deutung zu, daß das Integrationsprinzip allein Teil und Aufgabe der Europäischen Umweltpolitik sei. Es konnte somit von den anderen EU-Politiken und Direktionen der Kommission leicht ignoriert werden Die bereits seit der EEA geführte Debatte, welche Politiken und Maßnahmen der Union von der Integrationsklausel betroffen sind, ist noch nicht beendet. Einerseits ist die Lesart möglich, daß weiterhin alle Politiken der Union betroffen sein werden. Andererseits steht dieser umweltpolitisch begrüßenswerten Sicht die Befürchtung entgegen, daß die Begrenzung auf die in Artikel 3 explizit als Gemeinschaftspolitiken niedergelegten Politikfelder einen schleichenden Rückschritt der Europäischen Umweltpolitik bedeuten könnte. Maßnahmen auf der Basis von Artikel 235 (Erlaß von Vorschriften für besondere Fälle), die sich nicht ausdrücklich auf die fixierten Gemeinschaftspolitiken des Artikels 3 beziehen, wären dann z. B. zukünftig nicht mehr direkt dem Integrationsziel verpflichtet

3. Die praktische Bedeutung des Integrationsziels

An verschiedenen Stellen und ebenfalls ohne eindeutige Gesamtstrategie hat die Gemeinschaft seit der Einführung der Integrationsklausel aufgelistet, welche Politiken dem Integrationsziel ganz besonders verpflichtet sind. Das aktuelle 5. Umweltaktionsprogramm der EU nennt fünf Schlüsselbereiche: Industrie, Energie, Landwirtschaft, Verkehr und Tourismus Wegen des rein deklaratorischen und damit rechtlich nicht bindenden Charakters des Aktionsprogrammes bietet es aber keine direkte Handhabe zur Umsetzung des Integrationsziels. Politisches Gewicht erhält das Programm insbesondere durch die Fokussierung und Schwerpunktbildung der gemeinschaftlichen Umweltpolitik für die betreffende Periode

Die fehlende Eindeutigkeit des Integrationskonzepts wirkt sich insbesondere auf die Arbeit in der Europäischen Kommission aus. Vor allem in der Generaldirektion XI (Umwelt) der Kommission wird das Integrationsziel als viel zu schwammiges Konzept kritisiert Jeder Politikbereich kann seine „eigene“ Integration betreiben. Ein schlüssiges Gesamtkonzept für die Arbeitsebene in Brüssel existiert nicht. Mit dem Manual of Operational Procedures (MOP) liegt zwar für alle betroffenen Generaldirektionen eine Sammlung von Methoden auch zur umweltbewußten Beurteilung ihrer Maßnahmen vor. In der Praxis hat die Anleitung aber bisher wenig Relevanz gewonnen. Die Arbeit anderer Generaldirektionen wird gegenwärtig keineswegs in dem Maße von den Erfordernissen der Integrationsklausel erfaßt, wie der Wortlaut des EGV dies erwarten ließe

Insgesamt bleibt abzuwarten, ob die EU nach Amsterdam einen entscheidenden Schritt in Richtung Umweltunion vollziehen wird. Es ist offen, ob z. B. Agrarpolitik in Zukunft nur noch „umweltfreundliche Agrarpolitik“ sein kann Besonders wichtig ist, wie sich das Bewußtsein für die Notwendigkeit der Integrationsbemühungen und der politische Wille zur Integration der Umweltpolitik insbesondere in der Europäischen Kommission weiter entwickeln wird

III. Integration in Brüssel

Um dem Integrationsziel des 5. Umweltaktionsprogramms gerecht zu werden, waren innerhalb der Kommission Veränderungen institutioneller und programmatischer Art notwendig. Die wichtigste Veränderung bildet das Selbstverständnis der derzeitigen Kommission. Während die alte Kommission unter Präsident Delors vor allem neue Initiativen entwickelte und weniger auf die Umsetzung der bereits beschlossenen Maßnahmen achtete, arbeitet die Kommission unter Sanier sehr viel stärker konsolidierend. Ihr Hauptaugenmerk liegt weniger auf der Schaffung neuer Gesetze, als vielmehr auf der Umsetzung bereits vorhandener Programme und der Überwachung der Implementation bereits beschlossener Rechtsakte in den Mitgliedstaaten.

1. Programmatische und institutionelle Veränderungen im Umweltbereich

Die innerhalb der Generaldirektion Umwelt (GD XI) auf den Weg gebrachten Reformen basieren auf diesem neuen Selbstverständnis und richten sich im wesentlichen auf einen effizienteren Umgang mit den begrenzten Ressourcen. Das wichtigste Programm innerhalb der GD XI ist Move Forward *Es hat zum Ziel, die Arbeitsabläufe innerhalb der GD effizienter zu gestalten. Damit wurde intern versucht, dem Anspruch an eine Veränderung der Arbeitsweise weg von der Input-hin zur Output-Orientierung gerecht zu werden. Die Organisation der Arbeit sollte von einer individuellen Orientierung in eine stärker team-und projektorientierte Form überführt werden. Dazu wurde unter anderem versucht, sowohl die internen als auch die externen Kommunikation^-und Informationsstrukturen zu verbessern. Trotz erster Fortschritte läßt sich die These von Michelle Cinis, daß die Beamten dazu tendieren, eher allein als im Team zu arbeiten für die GD XI bislang nicht widerlegen. Eine wesentliche Ursache sind die geringen Anreize für kooperatives Arbeiten. Die Hilfe, die anderen geleistet wird, bleibt meistens unsichtbar und wirkt sich daher nicht positiv auf die eigene Karriere der Beamten aus. Auf der Grundlage der in der Revision des 5. Umweltaktionsprogramms genannten Ziele (Integration, Instrumente, Implementation, Infor-mation, Internationalität) wurde ein Prioritätenkatolog erstellt, um die vorhandenen Ressourcen möglichst effizient einsetzen zu können. Dieser Katalog mit seinen 35 Gliederungspunkten ist jedoch wenig konkret. Er liest sich eher wie ein Sammelsurium vorhandener und möglicher Aufgabenbereiche. Dem Anspruch einer stärkeren Output-Orientierung kann die GD XI damit nur begrenzt gerecht werden

Die Veränderungen auf der institutioneilen Ebene der GD stehen in engem Zusammenhang mit den programmatischen Ansprüchen, auch wenn sie zum Teil noch aus der Zeit der Delors-Kommission stammen. So wurde eine Policy Group zur internen Umsetzung des horizontalen Integrationsziels gebildet. Diese Gruppe, zusammengesetzt aus dem leitenden Management der GD XI, trifft sich wöchentlich, um die inhaltliche Arbeit innerhalb der GD XI zu koordinieren und zukünftige Politiken zu diskutieren. Um eine effizientere Nutzung der Ressourcen zu gewährleisten, stellt die Generaldirektion Haushalt (GD XIX) außerdem befristet die Stelle eines Hauptberaters zur Verfügung. Seit 1991 wurde die GD XI wesentlich vergrößert. Die Anzahl der Direktionen innerhalb der GD erhöhte sich von zwei auf fünf, und das Personal hat sich fast verdoppelt Diese Veränderung läßt sich nicht mit den internen Programmänderungen erklären, sondern mit der Aufwertung der Umweltpolitik auf EU-Ebene infolge des Maastrichter Vertrags.

Die Neuerungen auf programmatischer und institutioneller Ebene werden sich zumindest kurzfristig nicht positiv auf die Handlungskapazitäten der GD XI auswirken. Auf programmatischer Ebene hängt dies mit den bereits erwähnten Schwierigkeiten, der Output-Orientierung gerecht zu werden, zusammen. Auf institutioneller Ebene besteht das Problem, daß etwa 70 Prozent des Managements neu sind oder sich in einer neuen Position befinden. Hinzu kommt das Problem der hohen Mobilität in der Kommission. Durch die Fluktuation von zirka 25 Prozent des GD Xl-Personals pro Jahr sammelt sich kaum „historisches Wissen“ in dieser GD an. Die dadurch entstehenden Transaktionskosten zehren die durch die Vergrößerung hinzugewonnenen Handlungskapazitäten bislang wieder auf.

2. Theoretische Integrationsstrategien

Auf der theoretischen Ebene kann in Anlehnung an die Typisierung von Christian Hey zwischen offensiver und defensiver Integration unterschieden werden. Unter offensiver Integration wird eine Politik verstanden, deren Mittelpunkt der Umweltschutz bildet. Hierbei werden seitens der Umweltpolitik Instrumente und Ziele definiert, die von anderen Fachpolitiken akzeptiert und verfolgt werden müssen. Demgegenüber stellt das Konzept defensiver Integration lediglich den Versuch dar, umweltschädliche Nebenwirkungen anderer Fachpolitiken zu begrenzen, indem Umweltaspekte dort berücksichtigt werden sollen. Die Zielsetzung der jeweiligen Fachpolitik bleibt davon unberührt. Übertragen auf den konkreten Fall der Umweltpolitik auf EU-Ebene würde der DG XI bei einer Anwendung aktiver Integrationsstrategien die Rolle zukommen, die Ziele auch für andere Generaldirektionen zu definieren und die Instrumente zu bestimmen. Weder im 5. Umweltaktionsprogramm noch in dessen Review oder dem Manual of Operational Procedures (MOP) finden sich Hinweise darauf, daß der GD XI diese starke Stellung zugestanden wird.

3. Integrationsstrategien im Kommissionsalltag

Auf programmatischer Ebene ist die EU dem Konzept der defensiven Integration verpflichtet. Innerhalb der Kommission gibt es eine interne Umweltverträglichkeitsprüfung, bei der alle umweltrelevanten Projekte mit einem grünen Stern versehen werden sollten. Diese Umweltverträglichkeitsprüfung funktioniert allerdings nicht immer. Es kommt häufig vor, daß der Umwelt-stern „vergessen“ wird Ein weiteres Kennzeichen der defensiven Integrationsstrategie bilden die sogenannten Umweltkorrespondenten in den anderen Generaldirektionen. Sie verfügen über keine Kompetenz, umweltpolitische Ziele durchzusetzen, sondern stehen vor allem als Ansprechpartner für die GD XI zur Verfügung. Auf der Grundlage der hauptsächlich defensiven Integrationsstrategie im MOP werden innerhalb der GD XI unterschiedliche Konzepte angewandt, um Umweltgesichtspunkte in andere Politikfelder zu integrieren. Bei der Analyse der Arbeitsabläufe in der GD XI lassen sich drei Grundformen identifizieren. Erstens wird versucht, andere General-direktionen frühzeitig zu informieren, um deren Kooperationsbereitschaft zu stärken. Zweitens bieten sich die Beamten der GD XI als Dienstleister für andere Generaldirektionen an. Durch die Integration von Umweltaspekten in andere Politikfelder helfen sie, deren Ziele zu erreichen. Ein drittes Konzept besteht darin, auf der Umsetzung von Umweltaspekten zu beharren. Diese Variante findet Anwendung, wenn es um die Implementation bereits verabschiedeter Rechtsakte geht. Im Entstehungsprozeß von Rechtsakten hat sie wenig Sinn, da sie die Chancen für eine Kompromißfindung deutlich reduziert.

4. Rahmenbedingungen für die Integration

Welches der drei Konzepte erfolgversprechender ist, hängt stark von den Rahmenbedingungen ab. Die wichtigsten Rahmenbedingungen sind: Bedeutung des Politikfelds, Grad der Übereinstimmung von Zielen, Kompetenz zur Verteilung von Geld-mitteln, Federführung bei der Vorbereitung von Rechtsakten, Nationalität und politische Prioritäten der Kommissare sowie informelle Kontakte.

Erstens ist es wichtig, über welches Maß an Einfluß die jeweiligen GDs verfügen. Aufgrund der „ökonomischen Schlagseite“ der EU sind wirtschaftsfördernde Politiken traditionell stärker. Beispiele für mächtige Politikfelder sind die Industrie-und die Agrarpolitik. Umweltpolitik hat dagegen eine geringere Bedeutung. Beim Versuch, die Umweltaspekte in ein wesentlich einflußreicheres Politikfeld zu integrieren, ist es daher sinnvoll, in erster Linie den Weg einer breiten Information und des Helfens zu wählen.

Neben dem Machtfaktor ist es zweitens von großer Bedeutung, inwieweit die Hauptziele der General-direktionen übereinstimmen. Bei sehr unterschiedlichen Zielen führt die insistierende Strategie in den meisten Fällen zum Ende der Kooperation, da keine Einigung erzielt werden kann. Im Fall unterschiedlicher Ziele muß ein gemeinsamer Nenner gefunden werden, auf dessen Basis gearbeitet werden kann. Im Bereich der Strukturfonds hat es sich als hilfreich für die GD XI erwiesen, das Ziel der wirtschaftlichen Entwicklung anzuerkennen und zu zeigen, daß dieses Ziel mit der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen durchaus kompatibel ist.

Eine dritte Rahmenbedingung besteht in der Verteilungskompetenz von Geldern. In den Fällen, in denen die GD XI als Geldgeber für Projekte fungiert, an denen auch andere GDs beteiligt sind, ist die Integration einfacher. Hier hat die GD XI die Möglichkeit, auf die Integration von Umwelt-aspekten zu insistieren, da sie ein Druckmittel besitzt. Die GD XI verfügt jedoch über sehr geringe Fördermittelkompetenz Daher sind ihre Möglichkeiten beispielsweise im Vergleich zur GD XVI (Strukturfonds) sehr begrenzt.

Für die Kooperation zwischen einzelnen Abteilungen ist es viertens wichtig, welche Seite sich mit der Vorbereitung von Richtlinien beschäftigt. Bereitet die GD XI eine Richtlinie vor, ist sie darauf angewiesen, diese mit den anderen GDs abzustimmen, damit sie am Ende nicht blockiert wird. Bessere Möglichkeiten für Verhandlungen bieten sich für die GD XI dann, wenn andere Generaldirektionen ebenfalls eigene Rechtsakte vorbereiten. Hier sind dann Paketlösungen denkbar. Bei nicht mit der Erstellung von Proposals beschäftigten GDs (z. B. GD III Industrie) ist diese Möglichkeit verstellt. Die Industriedirektion kann u. U. Vorschläge der GD XI blockieren, ohne von dieser im Gegenzug genauso unter Druck gesetzt werden zu können.

Fünftens spielen die Nationalität und die politischen Prioritäten der Kommissare eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Kommissare legen aufgrund ihrer politischen Sozialisation Wert darauf, den Interessen ihres Heimatlandes nicht zu schaden. Dies zeigt sich auch an ihren Kabinetten, die sie zum großen Teil mit Landsleuten besetzen. Ein Beispiel für die Bedeutung der politischen Prioritäten der Kommissare bildet die Offenheit für Umweltfragen des Kabinetts Wulf-Mathies (Regionalpolitik). Dies hat sich positiv auf die Integration von Umweltaspekten bei der Regionalförderung ausgewirkt.

Sechstens sind gute, meist informelle Beziehungen die eine rechtzeitige Information gewährleisten, wichtig. Sind diese vorhanden, hat die GD XI insbesondere in der frühen Entstehungsphase von Rechtsakten die Möglichkeit, Einfluß zu nehmen. Ein Beispiel für gute informelle Kontakte und eine funktionierende Zusammenarbeit bildet die starke Einbeziehung der GD XI in die Arbeit an einem Proposal für die Besteuerung von Energieprodukten. Dies dürfte nicht zuletzt dadurch erleichtert worden sein, daß der zuständige Beamte der GD XI früher in der federführenden GD XXI (indirekte Steuern) tätig war.

5. Die Rolle anderer Generaldirektionen

Hinsichtlich der Bedeutung anderer Generaldirektionen muß die ambivalente Rolle der umweltpolitischen Spiegelreferate bzw. Umweltkorrespondenten analysiert werden. Ihre Aufgabe ist, die Integration des Umweltschutzes direkt in den für die anderen Fachpolitiken verantwortlichen Generaldirektionen zu gewährleisten. Genauso wie der Begriff der Integration an sich, ist ihr Auftrag jedoch nicht eindeutig definiert. Es wäre notwendig, ihre Effektivität allein unter Umweltgesichtspunkten zu bewerten. Ganz im Gegensatz zu ihrem eigentlichen Zweck bieten die Spiegelreferate gegenwärtig zumindest die Möglichkeit, das dortige Know-how auch zur Abwehr von Integrationsbestrebungen gegen die GD XI zu benutzen. Mehr noch, ohne klare Kompetenzzuteilung und Klärung der Verantwortlichkeit bilden Spiegelreferate möglicherweise sogar die Plattform für andere Generaldirektionen, ihre Partialinteressen in der GD XI durchzusetzen

Die Spiegelreferate werden von den jeweiligen Generaldirektionen selbst finanziert. Außerdem sind die Beamten der Spiegelreferate in die Arbeitsabläufe ihrer GD eingebunden und den dortigen Zielen verpflichtet. Was ihre eigene Karriere betrifft, sind sie von der Akzeptanz ihrer Arbeit in der jeweiligen GD abhängig. Die Tatsache. daß einige Generaldirektionen nur eine Kontaktperson benannt, andere dagegen ganze Abteilungen eingerichtet haben, zeigt zudem, wie unterschiedlich das Integrationsziel in den verschiedenen Generaldirektionen noch immer bewertet wird. Integration ist also keine Einbahnstraße. Auch andere Generaldirektionen versuchen, ihre politischen Ziele in die Arbeit der GD XI zu integrieren. Erfolgreich war insbesondere der Versuch, von der GD XI Kosten-Nutzen-Analysen als Grundlage aller Regulierungsinitiativen zu verlangen. Allen voran hat die einflußreiche Generaldirektion III (Industrie) durchgesetzt, daß die Integration der Umweltpolitik in die Industriepolitik nur möglich bzw. aussichtsreich ist. wenn zuvor die ökonomische Verhältnismäßigkeit genau überprüft wurde.

6. Beurteilung der Strategien

Die Wahl und der Erfolg der Strategien für die Integration der Umweltaspekte in andere Politikfelder hängen stark von der Konstellation der sechs Rahmenbedingungen ab. Die Integration funktioniert relativ gut in den Bereichen, für die es eine Übereinstimmung oder zumindest eine gegenseitige Akzeptanz der Ziele gibt. Dies trifft für die Integration von Umweltgesichtspunkten in die GD XVI (Regionalpolitik) und in die GD III (Industrie) zu. Im Fall der Industriepolitik wurde das Ziel der Kostenreduktion und Effizienzsteigerung anerkannt und mit Umweltschutz verbunden.

Das Ziel der Regionalpolitik, wirtschaftliches Wachstum auch in benachteiligten Räumen der Union zu initiieren, wurde von der GD XI anerkannt. Indem die GD XI dabei mithalf, dieses Ziel zu erreichen, konnte es im Gegenzug gelingen, Umweltkriterien in die Vergaberichtlinien von Förderprojekten der GD XVI aufzunehmen.

Weit weniger erfolgreich war die Integration in den Bereichen Landwirtschaft und Verkehr. Im Bereich Verkehr lassen sich zwar kleine Schritte der Integration von Umweltaspekten erkennen. Diese sind jedoch v. a. technischer Natur, wie zum Beispiel die Verbesserung von Kraftstoffqualitäten oder die Verminderung von Emissionen am einzelnen Fahrzeug. Das Gesamtaufkommen des Flug-und Individualverkehrs stieg jedoch weiter an und eine Trendwende ist nicht abzusehen. Der Grund für die mangelhafte Integration liegt im Zielkonflikt zwischen der Verkehrs-und Umweltpolitik. Selbst die Kommission bewertet die Integration der Umweltpolitik in die Verkehrspolitik als besonders schwierigen Bereich.

Eine sehr problematische Konstellation der Rahmenbedingungen liegt im Fall der Agrarpolitik vor. Diese bildet immer noch den größten Haushaltsfaktor in der Union. Entsprechend ist die zuständige GD VI mit sehr hohen Mitteln und viel Personal ausgestattet. Die Agrarindustrie hat es verstanden, sich eine große Lobby zu verschaffen, so daß Reformen in diesem Bereich nur sehr schwer zu realisieren sind. Anforderungen des Umweltschutzes finden bisher kaum Eingang in die Agrarpolitik. Umweltschonende Produktion und Massenproduktion im landwirtschaftlichen Bereich scheinen sich trotz der Bemühungen um den sogenannten „nachhaltigen Biolandbau" nicht unter einen Hut bringen zu lassen. Hier zeichnet sich gerade im Zusammenhang mit der bevorstehenden Osterweiterung und der Umsetzung der Agenda 2000 beträchtliches umweltpolitisches Konflikt-aber auch Gestaltungspotential ab 7. Integration und EU-Entscheidungssystem

Die Auseinandersetzungen über die Bedeutung des Umweltschutzes und die Integration von Umwelt-aspekten in andere Fachpolitiken sind nicht auf die Kommission begrenzt. In der Kommission werden zwar die wesentlichen Vorentscheidungen getroffen. Ob die Integrationsklausel des Vertrages zu einer veränderten Umweltpolitik der EU führt, hängt aber entscheidend davon ab, welches Gewicht der Umweltschutz für das Europäische Parlament und für die im Ministerrat versammelten Regierungsvertreter der 15 Mitgliedstaaten hat.

Die Probleme bei der Umsetzung des Integrationsziels sind somit nicht nur das Ergebnis unterschiedlicher Interessen in der Kommission. Die beinahe durchgehend negative Beurteilung der bisherigen Integrationsbestrebungen durch Experten ist neben den beschriebenen Problemen in der Kommission zusätzlich mit dem komplexen Entscheidungssystem in Brüssel zu erklären. Insbesondere die Entscheidungsverfahren der Union sind nur wenig geeignet, dem Integrationsprinzip gerecht zu werden. Besonders deutlich wird dieses Problem, wenn man die zumeist isolierte Entstehungsgeschichte von EU-Rechtsakten und Programmen verschiedener Generaldirektionen in der Kommission und die davon abgekoppelte Entscheidungsfindung in gesonderten, wenig miteinander verbundenen Ausschüssen betrachtet. Diese Probleme der Politikkoordination treten insbesondere bei der gemeinschaftlichen Handels-und Agrarpolitik auf. Entscheidungen werden hier weitestgehend in abgeschotteten Spezialausschüssen und meist ohne Rücksicht auf den Umweltschutz getroffen. Ein umweltpolitischer Anwalt in Brüssel und damit auch treibende Kraft für die Integration der Umweltpolitik in andere Politikbereiche kann das Europäische Parlament sein. Schon in der Vergangenheit hatte es sich als „grünstes“ EU-Organ profiliert. Die Mitwirkungsrechte des Parlaments sind mit den Verträgen von Maastricht und Amsterdam besonders im Umweltbereich stark erweitert worden. Die Haltung des Parlaments kann bei Umweltfragen nicht mehr, wie in vielen anderen Politikfeldern, in denen es nur geringe Mitwirkungsrechte besitzt, ignoriert werden Das letzte und entscheidende Wort bei der Weiterentwicklung des Umweltschutzes in der EU hat nach wie vor der Ministerrat. Die Integration der Umweltpolitik in andere Fachpolitiken liegt somit auch künftig in der Hand der Mitgliedstaaten. Häufig scheitert die integrationsorientierte Umweltpolitik der Kommission aufgrund nationaler Interessen. Prominentes Beispiel dafür ist die beabsichtigte Einführung einer EU-weiten Energie-steuer, die bisher wegen der ablehnenden Haltung in einigen Mitgliedstaaten nicht umgesetzt werden konnte Weniger publik ist ein Beispiel aus dem Tourismussektor. Hier scheiterte das sogenannte „Philoxenia-Programm“, das der Bedeutung des Umweltschutzes im Tourismus einen vergleichsweise großen Platz einräumte, nicht zuletzt am Widerstand aus Bonn Praktische politische Vorschläge zur Integration der Umweltpolitik stoßen damit nicht selten an ihre Grenzen, wenn national-staatliche Partikularinteressen berührt werden.

Ohne die vermehrte Beachtung der mitgliedstaatlichen Interessen erscheint deshalb kein nennenswerter Fortschritt zur Umsetzung des Integrationsziels möglich. Die ablehnende Haltung der Mit-gliedstaaten gegenüber neuen Umweltrechtsakten aus Brüssel ist oft auf die fehlende frühzeitige Aufklärung und Diskussion zurückzuführen. Für die Umsetzung des Integrationsziels in praktische Politik ist deshalb die Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten und den EU-Organen deutlich zu verbessern.

IV. Die Integration zwischen Bonn und Brüssel

1. Fehlende nationale Integrationsstrategie

Im Gegensatz zur EU fehlt der politische Wille zur Integration der Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland bislang fast völlig. Im deutschen Umweltrecht findet sich z. B. kein entsprechendes Pendant zum Integrationsprinzip des EGV Auch das Bundesumweltministerium (BMU) hatte bisher nicht die Möglichkeit, eine nationale Integrationsstrategie zu entwickeln. Die Ursache dafür liegt aus Sicht des BMU in der interministeriellen Kompetenzverteilung. Von mehr als 1 000 umwelt-relevanten Rechtsakten bearbeitet das BMU nur zirka 100 federführend Formal ist die Beteili-gung an allen umweltrelevanten Vorhaben der anderen Ministerien vorgeschrieben. Theoretisch könnten damit Entwürfe anderer Ressorts bei entsprechender Konfliktbereitschaft unter Hinweis auf die fehlende Abstimmung „blockiert“ werden. Die Praxis zeigt jedoch, daß die Beteiligung des BMU insgesamt durch massive Ressortegoismen behindert wird Neben den Ressortegoismen ist der föderative Staatsaufbau der Bundesrepublik dafür verantwortlich, daß eine nationale Integrationsstrategie schwierig zu entwickeln ist. Dieses Problem zeigt sich am Beispiel der Tourismuspolitik sehr deutlich. Die Kompetenz für dieses Politikfeld liegt laut Grundgesetz bei den Ländern. Die 16 Länder sind sehr darauf bedacht, sich sowohl vor bundesstaatlicher als auch europäischer Einflußnahme zu schützen

2. Der deutsche Einfluß in Brüssel

Neben dem Fehlen eines nationalstaatlichen Konzepts zur Integration von Umweltaspekten in andere Fachpolitiken behindern weitere Faktoren den Einfluß Deutschlands auf die Europäische Umweltpolitik. Die nationalen Ressortegoismen führen dazu, daß Vertreter anderer Fachbereiche in Brüssel Politiken zustimmen, die nicht im Interesse des BMU liegen. Dadurch entfallen die auf nationalstaatlicher Ebene theoretisch vorhandenen Blockademöglichkeiten des BMU endgültig Die beschriebenen Probleme führen dazu, daß der Einfluß der Bundesrepublik auf den Agenda-Setting-Prozeß der Europäischen Umweltpolitik zu gering ist. Hier bestehen jedoch entscheidende Einflußmöglichkeiten für die Nationalstaaten, die seitens der Bundesrepublik nicht genutzt werden. Durch die Einführung der Mehrheitsentscheidung im Rat ist ein Veto gegen EU-Initiativen nur noch selten möglich. Die Mitgliedstaaten können folglich nur durch die frühzeitige Einflußnahme auf die Entscheidungsprozesse verhindern, daß ihnen durch die EU Maßnahmen aufgezwungen werden, die den eigenen Zielen entgegenstehen

Die deutsche Zurückhaltung läßt sich am Beispiel der Öko-Audit-Verordnung (über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung) zeigen. Die Bundesregierung versuchte zunächst, eine Verabschiedung dieser Verordnung durch ihr Veto im Ministerrat zu verhindern. Durch die sich abzeichnende Veränderung der Entscheidungsverfahren im Vertrag von Maastricht war sie jedoch gezwungen, auch inhaltlich aktiv zu werden. Die anderen Mitgliedstaaten hatten sich zu diesem Zeitpunkt aber bereits weitgehend geeinigt, so daß eine entscheidende Beeinflussung der Verordnung nicht mehr möglich war.

3. Umsetzungsprobleme

Aus der fehlenden Einflußnahme ergeben sich Probleme bei der späteren Umsetzung in deutsches Umweltrecht. Die aktuelle Regulierungsphilosophie der Europäischen Kommission stellt das ordnungsrechtlich geprägte Rechts-und Verwaltungssystem der Bundesrepublik vor erhebliche Anpassungsprobleme

Die 1985 beschlossene UVP-Richtlinie hätte z. B.

bis 1988 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Das deutsche „UVP-Gesetz“ trat jedoch erst mit zweijähriger Verspätung in Kraft. Dagegen war die Umsetzung der Richtlinie in Großbritannien und Frankreich vergleichsweise unproblematisch.

Beide Staaten hatten rechtzeitig damit begonnen, den von ihnen ursprünglich abgelehnten Entwurf entscheidend in ihrem Sinne zu gestalten Die Bundesrepublik hingegen sah sich angesichts einer von ihr inhaltlich kaum mitgestalteten Richtlinie schließlich zur Verabschiedung eines Gesetzes gezwungen, das sich in keiner Weise in das deutsche Umweltrechtssystem fügt.

Die Umsetzung einer Richtlinie, die im wesentlichen einer „fremden“ Rechts-und Verwaltungskultur entstammt, bereitet den deutschen Behörden große Schwierigkeiten. Ähnlich schwierig gestaltet sich die seit mehr als drei Jahren überfällige Umsetzung der sogenannten Fauna-Flora-Habitat (FFH) -Richtlinie. Mit ihrer Hilfe soll ein System europäischer Naturschutzgebiete aufgebaut werden. Die nächste große Herausforderung liegt in der anstehenden Umsetzung der Richtlinie zur Integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVVU)

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zur Vereinfachung werden in diesem Text durchgängig die Begriffe „Europäische Union“ bzw. „EU“ verwendet, auch wenn juristisch oder historisch die Begriffe „Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“, „EWG“, „Europäische Gemeinschaft“ oder „EG“ angebracht wären. Deshalb wird die Europäische Umweltpolitik, obwohl als Teil der ersten Säule Gegenstand der Europäischen Gemeinschaft, als EU-Umweltpolitik bezeichnet.

  2. Vgl. Adrienne Heritier/Susanne Mingers/Christoph Knill/Martina Becka, Die Veränderung von Staatlichkeit in Europa, Opladen 1994.

  3. Vgl. Institute for European Environmental Policy, The 1996 Inter-Governmental Conference: Integrating the Environment into other EU Policies, A Report for the Department of the Environment (UK), London 1995, S. 1.

  4. Vgl. Stefani Bär/R. Andreas Kraemer (Ecologic -Gesellschaft für Internationale und Europäische Umwelt-forschung), Amsterdam und die Umwelt. Welche praktischen Chancen bietet der Amsterdamer Vertrag für die deutsche und Europäische Umweltpolitik?, Sonderheft zum DNR EU-Rundschreiben, 9/97, S. 11.

  5. Vgl.den Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, unterzeichnet in Amsterdam am 2. Oktober 1997 (Abi. EG C 340, 10. November 1997, S. 1 ff.) sowie die Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union (Abi. EG C 340, 10. November 1997, S. 145 ff.) und die Konsolidierte Fassung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (Abi. EG C 340, 10. November 1997, S. 173 ff.).

  6. Vgl. S. Bär/R. A. Kraemer (Anm. 4), S. 12.

  7. Vgl. ebd., S. 14 und Institute for European Environmental Policy (Anm. 3), S. 3 f.

  8. Vgl. Institute for European Environmental Policy (Anm. 3), S. 3 f.

  9. Die in Artikel 3 beschriebenen Tätigkeitsgrundsätze spiegeln die im Dritten Teil des EGV („Die Politiken der Gemeinschaft“) aufgeführten Politiken wider. Vgl. S. Bär/R. A. Kraemer (Anm. 4), S. 13.

  10. Vgl. die Stellungnahme von Ecologic gGmbH und dem Netzwerk der Institute für Europäische Umweltpolitik (IEEP-Netzwerk) zur gemeinsamen Anhörung des Europa-und des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages am 11. November 1996, S. 10.

  11. Der Artikel 235 wurde bisher als Kompetenzergänzungsklausel gebraucht. Er kommt zur Anwendung, wenn die Union zur Verwirklichung ihrer Ziele Maßnahmen ergreifen muß, für die keine Rechtsgrundlage existiert. Vor der vertraglichen Fixierung der Umweltpolitik griff die LJnion gerade in diesem Politikbereich auf Art. 235 zurück.

  12. Vgl. zum 5. Umweltaktionsprogramm das Gemeinschaftsprogramm für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung (Abi. EG C 138, 1. Februar 1993), den Bericht der Kommission über die Umsetzung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“, KOM (95) 624 endg. und den geänderten Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Überarbeitung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, KOM (96) 648 endg.

  13. Vgl. Duncan Liefferink/Mikael Skou Andersen, The innovation of EU environmental policy, in: dies. (Hrsg.), The innovation of EU environmental policy, Oslo u. a. 1997, S. 14.

  14. Vgl. Interviews in der Generaldirektion Umwelt (GD XI).

  15. Vgl. European Commission, Manual of Operational Procedures, Brussels 1994 .

  16. Vgl. Institute for European Environmental Policy (Anm. 3), S. 4.

  17. Vgl. S. Bär/R. A. Kraemer (Anm. 4), S. 11.

  18. Vgl. Zwischenbericht über die Umsetzung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, KOM (94) 453 endg. vom 30. 11. 1994, S. 3.

  19. MOVE: Improved Management, Efficient Organisation, Clearer Vision for a Setter Environment.

  20. Vgl. Michelle Cini, The European Commission. Leadership, Organisation and culture in the EU administration, Manchester -New York 1996, S. 117.

  21. Vgl. European Commission (DG XI), DG XI Action Plan, Brüssel 1996.

  22. Einen solchen Berater finanziert die GD XIX (Haushalt) im Rahmen des Programms Sound and Efficient Management (SEM 2000) verschiedenen Generaldirektionen (z. B. auch der GD III).

  23. Vgl. Europäische Kommission (GD XI) (Anm. 21), S. 23.

  24. Vgl. Christian Hey, Greening other policies: the case of freight transport, in: D. Liefferink/M. S. Andersen (Anm. 13), S. 174.

  25. Interviews in der GD XI. Vgl. auch European Commission (Anm. 15), S. 23. Der politische Wille der Kommission zur Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen für Vorschläge, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, wurde zuletzt in einer Erklärung für die Schlußakte des Amsterdamer Vertrages bekräftigt (Abi. EG C 340, 10. November 1997, S. 133).

  26. Vgl. Petra Zimmermann-Steinhart, Integrating Environmental Policy on the Horizontal Level: Insights of DG XI, Paper presented at the Bologna Summer Symposium „The Innovation of Environmental Policy“, Bologna, July 21-25, 1997.

  27. Vgl. Europäische Union, Finanzinstrumente für die Umwelt, Brüssel -Luxembourg 1995.

  28. Vgl. dazu Sandra Pellegrom, The Constraits of Daily Work in Brussels: How Relevant is the Input from National Capitals?, in: D. Liefferink/M. S. Andersen (Anm. 13), S. 48 ff.

  29. Vgl. M. Cini (Anm. 20). S. 226.

  30. Die Agenda 2000 nennt unter den Zielen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) explizit die Einbeziehung von Umweltzielen. Vgl. Europäische Kommission, Agenda 2000 -Band I: Eine stärkere und erweiterte Union. Brüssel 1997. S. 32.

  31. Vgl. ENDS Daily vom 11. Juli 1997. Vgl. auch Marieva Favoino, Integrating Policies and Sharing Responsihilities: Implementation Structures for the 5th Environmental Action Programme, Paper presented at the Bologna Summer Symposium „The Innovation of Environmental Policy“, Bologna, July 21-25, 1997.

  32. Vgl. Gisela Müller-Brandeck-Bocquct, Flexible Integration -eine Chance für die europäische Umweltpolitik?, in: Integration, (1997) 4, S. 300.

  33. Vgl. Ute Collier, The European Union’s Climate Change Policy -Limiting Emissions or Limiting Powers, in: Journal of European Public Policy, 3 (1996) 1, S. 122 ff.

  34. Vgl. Walter Kahlenborn/Michael Kraack/Alexander Carius/Anna Turmann, Umweltpolitik und Tourismuspolitik. Strukturen. Instrumente und Akteure der Umweltpolitik und tourismusrelevanter Fachpolitiken, Studie im Auftrag des Büros für Technikfolgenabschützung beim Deutschen Bundestag, Berlin 1997, S. 72 (i. E.).

  35. Mitarbeiter des BMU ermittelten insgesamt 233 umweltrelevante Gesetze. 549 Verordnungen und 498 Verwaltungsvorschriften des Bundes. Davon bearbeitet das BMU federführend lediglich 20 Gesetze, 61 Verordnungen und 25 Verwaltungsvorschriften. Vgl. Umwelt (hrsg. vom BMU), (1995) 12, S. 441.

  36. Vgl. Heinrich Fehle, Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ausgegrenzt statt integriert. Eine empirische Analyse des institutionellen Fundaments der deutschen Umweltpolitik, Habilitationsschrift Universität Erlangen-Nürnberg (i. E.).

  37. Vgl. W. Kahlenborn/M. Kraack/A. Carius/A. Turmann (Anm. 34), S. 68 ff.

  38. Vgl. Martin Unfried, Deutsche Umweltverwaltung und europäische Politik, in: Christoph Demmke (Hrsg.), Europäische Umweltpolitik und nationale Verwaltungen: Rolle und Aufgaben nationaler Verwaltungen im Entscheidungsprozeß, Maastricht 1998, S. 129 ff.

  39. Vgl. hierzu A. Heritier/S. Mingers/Ch. Knill/M. Becka (Anm. 2), S. 189 ff.

  40. Vgl. Rüdiger Breuer, Entwicklungen des europäischen Umweltrechts -Ziele, Wege und Irrwege, Berlin -New York 1993, S. 51.

  41. Vgl. auch A. Heritier/S. Mingers/Ch. Knill/M. Becka (Anm. 2), S. 302 ff.

Weitere Inhalte

Michael Kraack, Dipl, pol., geb. 1967; Studium der Politikwissenschaft an der Universität Marburg und der Freien Universität Berlin; seit 1997 Wissenschaftlicher Angestellter am Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum (SFZ) der Universität Erlangen-Nürnberg. Veröffentlichungen u. a.: (zus. mit Walter Kahlenborn, Alexander Carius und Anna Turmann) Umweltpolitik und Tourismuspolitik. Strukturen, Instrumente und Akteure der Umweltpolitik und tourismusrelevanter Fachpolitiken. Studie im Auftrag des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag, Berlin 1997 (i. E.). Heinrich Pehle, Dr. phil.; geb. 1952; Privatdozent und Akad. Oberrat am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Erlangen-Nürnberg. Veröffentlichungen u. a.: Kommunale Entscheidungsstrukturen in Schweden und Deutschland, München 1985; zahlreiche Aufsätze in Fachzeitschriften und Büchern zu Problemen der Umweltpolitik. Petra Zimmermann-Steinhart, M. A., geb. 1967; Studium der Politikwissenschaft und Neueren deutschen Literatur an der Universität Tübingen; seit 1997 Wissenschaftliche Angestellte am Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum (SFZ) der Universität Erlangen-Nürnberg.