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Polen und Deutschland seit 1945 | APuZ 53/1997 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 53/1997 Bilanz deutscher Politik gegenüber Polen 1949 bis 1997 Polen und Deutschland seit 1945 Die polnische „Preußenkrankheit“ und ihre politische Instrumentalisierung Die Wahrnehmung von Flucht und Vertreibung in der deutschen Nachkriegsgeschichte bis heute

Polen und Deutschland seit 1945

Wtodzimierz Borodziej

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die deutsch-polnischen Beziehungen, lange vor 1939 von Konflikten und Mißtrauen geprägt, erreichten während und nach dem Zweiten Weltkrieg einen Tiefpunkt. Die Volksrepublik Polen und die DDR etablierten 1950 auf der Grundlage der gemeinsamen Zugehörigkeit zum „sozialistischen Lager“ und der Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze durch Ostberlin formal korrekte Beziehungen, ohne jedoch ihren Bürgern eine wirkliche Annäherung, geschweige denn eine Aussöhnung zu ermöglichen. Polnisch-westdeutsche Beziehungen gab es bis in die sechziger Jahre hinein so gut wie gar nicht; im Zeichen des Kalten Krieges wurden mit Vorliebe alte nationalpolitische Gegensätze und Verhaltensmuster tradiert, wobei die Nichtanerkennung der Westgrenze Polens auf der einen und die Mobilisierung der Bevölkerung gegen die angebliche westdeutsche Bedrohung auf der anderen Seite im Vordergrund der jeweiligen Politik standen. Eine neue Qualität erreichte das Verhältnis zwischen Bonn und Warschau, ungeachtet der Anstrengungen mancher prominenter Außenseiter, erst mit dem Vertrag von 1970. Trotz mehrerer Rückschläge, die vor allem mit ungelösten Problemen und Folgen des Zweiten Weltkriegs zusammenhingen, entkrampfte sich das polnisch-westdeutsche Verhältnis bis 1989 weitgehend. Die Beziehungen Warschaus zu Ostberlin, deren Blütezeit in die siebziger Jahre fiel, waren hingegen in den achtziger Jahren eher komplizierter als zuvor, weil die DDR nach 1980 die Angst vor dem „polnischen Bazillus“ nicht abbauen konnte und wohl auch nicht wollte. Seit dem Durchbruch von 1989 ist viel öfter von der zukunftsorientierten „Interessengemeinschaft“ denn von Geschichte die Rede. Das heißt nicht, daß Polen und Deutsche einander ganz neu entdekken; der unterschiedliche Umgang mit der Geschichte wird auf der jeweils anderen Seite der Grenze aufmerksam verfolgt und bildet gewiß eines der Urteilskriterien über den Nachbarn. Dennoch scheint derzeit die Vergangenheit -zum ersten Mal in diesem Jahrhundert in den deutsch-polnischen Beziehungen -die Gegenwart und die Zukunft nicht entscheidend zu prägen.,

L Das lange Ende des Zweiten Weltkriegs

Das Jahr 1945 bedeutete für die deutsch-polnischen Beziehungen einen ähnlich einschneidenden Wendepunkt wie 1918. Infolge der Abmachungen der alliierten Kriegskonferenzen schrumpfte das Staatsgebiet Polens von 388 000 auf 312 000 Quadratkilometer. Als Entschädigung für die an die Sowjetunion verlorenen Ostgebiete erhielt Polen preußische bzw. ostdeutsche Provinzen, die nun ein Drittel des neuen Territoriums ausmachten. Der Staat, der im Osten fast die Hälfte des Territoriums von 1939 und einen großen Teil der ukrainischen und bjelorussischen Minderheiten verloren hatte, wurde damit um Hunderte von Kilometern Richtung Westen verschoben.

Der Konflikt mit Deutschland war vorprogrammiert: Die Weimarer Republik hatte sich ja Zeit ihrer Existenz geweigert, wesentlich geringere Gebietsverluste anzuerkennen; ein „IV. Reich“, das man in der polnischen Publizistik nach 1945 oft prophezeite, müßte zwangsläufig die Rückgabe von Schlesien, Ostpreußen und Pommern fordern. Daraus folgte das nach der Logik von 1945 zwingende Argument der Kommunisten, daß nur ein Bündnis mit der Sowjetunion Polen vor einem neuen deutschen Überfall bewahren würde. Klarer drückte diesen Zusammenhang im Dezember 1944 der weitsichtige amerikanische Botschaftsrat in Moskau, George F. Kennan, aus: Die Russen wüßten genau, daß die Abhängigkeit Polens zunehme, „je weiter die Grenze im Westen nach Deutschland hinein verschoben wird. Sie wissen, daß eine Fixierung der Grenze entlang der Oder diese Abhängigkeit bis zu dem Punkt steigern muß, an dem kein polnisches Regime östlich der Oder mehr als eine reine Lokalverwaltung aufrechterhalten kann, wodurch es logischerweise militärisch, ökonomisch und politisch in die Verantwortlichkeit der Sowjetunion fallen muß.“ Kennan übertrieb nur wenig: Die „polnische Frage“, 1939 bis 1945 ein erstrangiges Problem der großen Politik, verkam in dem Nachkriegsjahrzehnt aus Moskauer Sicht zur Verwaltung einer gleichgeschalteten Provinz im westlichen Vorfeld des Imperiums; mehr als eine „reine Lokalverwaltung“ sollte sie erst wieder nach 1956 werden.

Die Grenze war jedoch nur eines von mehreren Elementen, die die Einbettung Polens in die sowjetische Einflußsphäre förderten. Zusätzlich gesteigert wurde die Abhängigkeit Warschaus von Moskau durch die enormen Kriegsverluste. Die Bevölkerung war dezimiert (von den ca. 35 Millionen Staatsbürgern 1939 waren 1946 noch 22 Millionen übriggeblieben; die Zahl der direkten Kriegsopfer, vor allem der Besatzungsopfer, wird auf ca.sechs Millionen Menschen geschätzt), krank und verarmt, sie wies auch eine neue Sozialstruktur auf: Ein Großteil der bisherigen Eliten war ermordet worden, gefallen oder im Exil geblieben. Tot waren nach sechs Jahren Krieg und Besatzung 30 Prozent der Wissenschaftler, 57 Prozent der Rechtsanwälte, fast 22 Prozent der Richter und Staatsanwälte, 39 Prozent der Ärzte -insgesamt mehr als ein Drittel der polnischen Akademiker der Vorkriegszeit. Die Ermordung der polnischen Juden hatte an diesen Zahlen wie an den besonders hohen Verlusten der städtischen Bevölkerung einen bedeutenden Anteil.

Der neue Staat -bald sollte er „Volkspolen“ genannt werden -unterschied sich von der Republik der Zwischenkriegszeit nicht nur hinsichtlich der Grenzen, der ethnischen und sozialen Struktur, sondern ebenso stark im Hinblick auf die politische Verfassung: Die autoritäre Obristendiktatur der dreißiger Jahre wurde durch ein tendenziell totalitäres Regime ersetzt, in dem die Kommunistische Partei die -nach 1948 nur noch von der Abhängigkeit von Moskau eingeschränkte -Macht ausübte. Als Teil der sowjetischen Einflußsphäre schottete sich die Volksrepublik Polen (VRP) von allen westlichen Einflüssen ab. Daß die Bundesrepublik, die die Nichtanerkennung der polnischen Westgrenze zur Grundlage ihrer Ostpolitik machte *bald im westlichen Bündnis eine wesentliche Rolle zu spielen begann, kam den Warschauer Machthabern durchaus gelegen. Damit konnte die Gleichung Westen = Bundesrepublik = Deutschland = Bedrohung aufgestellt und die paranoide Furcht vor „dem Westen“ mit alten Feindmustern und frischem Kriegstrauma begründet werden. Die antideutsche, genauer: antibundesrepublikanische Propaganda sollte bis in die sechziger Jahre für die Volksrepublik ihre identitätsstiftende Funktion bewahren

Das Angstsyndrom „Deutsche Bundesrepublik“ hatte auch für das Verhältnis zwischen der Volksrepublik und der DDR eine Schlüsselbedeutung. Ursprünglich, 1945 bis 1947, waren die Beziehungen zwischen den Warschauer und den Ostberliner Kommunisten durchaus gespannt: Die Ostdeutschen versuchten, die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze zumindest hinauszuzögern Als 1949 mit der Gründung der DDR die Frage der Aufnahme regulärer diplomatischer Beziehungen aufkam, konnten sie der Wirklichkeit nicht länger ausweichen. Im Juli 1950 erkannte die DDR im Görlitzer Vertrag die Oder-Neiße-Grenze an. Trotz dieser und anderer offizieller Freundschaftsbekundungen blieben die Beziehungen zwischen den Kommunisten in Warschau und Ostberlin frostig und von gegenseitigem Mißtrauen geprägt. Stets verdächtigten beide Seiten einander, das Internationale bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zugunsten des jeweils Nationalen -des Polnischen bzw.des Deutschen -zu verraten. Dennoch: Das Gefühl der gemeinsamen Bedrohung durch „Bonner Revanchisten“ wirkte sich auch hier konsolidierend aus und sollte bis in die siebziger Jahre halten

Der „Eiserne Vorhang“, in dessen Schatten die polnisch-deutschen Beziehungen mindestens bis 1956 standen, prägte nicht nur die Beziehungen zwischen Ost und West. Er verhinderte auch alle nichtoffiziellen Kontakte zwischen Polen und Bürgern des „ersten deutschen Arbeiter-und Bauern-Staates“, so daß trotz einer oft intensiven Freundschaftspropaganda die Gesellschaften auf beiden Seiten der Oder einander kaum kennenlernen konnten. 1953 wurden selbst die unverdächtige Deutsch-Polnische Gesellschaft und die Zeitschrift „Blick nach Polen“ von der Regierung in Ostberlin aufgelöst. Die systeminterne Regel, der zufolge zwischenmenschliche Kontakte verdächtig und verboten waren, blieb auch nach der polnischen Wende von 1956 erhalten, da die DDR keine Destalinisierung erlebte, während die Volksrepublik einen blockinternen Sonderweg betrat.

In keinem Mitgliedstaat des Warschauer Paktes wurde die Entstalinisierungskampagne Nikita Chruschtschows so schnell und breit rezipiert wie in Polen. Das berühmte Referat Chruschtschows auf dem 20. Parteitag der KPdSU, dessen Existenz die DDR verleugnete, wurde in mehr als 20 000 Exemplaren verbreitet und in Parteiversammlungen offen diskutiert. Der Druck „von unten“, der als Reaktion auf die Lockerung von oben entstand, überraschte die Warschauer Machthaber: ln Posen ließ die Partei im Juni 1956 auf revoltierende Arbeiter schießen. Im Unterschied zur DDR 1953 und Ungarn 1956 schreckte sie jedoch schließlich vor Strafmaßnahmen gegen die „Konterrevolutionäre“ zurück. Im Oktober 1956 kehrte der seinerzeit von polnischen Stalinisten abgesetzte KP-Führer Wladyslaw Gomulka an die Spitze der Partei zurück, die Allmacht des Sicherheitsapparats wurde eingegrenzt, man sprach abermals -wie in den vierziger Jahren -von nationalen Wegen zum Sozialismus.

Diese Entwicklung versetzte die Nachbarn der Volksrepublik in hellen Schrecken. Moskau drohte mit einer militärischen Intervention, Ostberlin wollte sich erst um 1958 mit der neuen, des Nationalismus und Revisionismus verdächtigen War-schauer Führung abfinden Seit 1956 unterschied sich Polen von den übrigen Blockländern durch eine starke, allerdings staatlicherseits immer wieder befehdete Position der römisch-katholischen Kirche und durch die private Landwirtschaft. Zusammen mit einer relativen Freizügigkeit im kulturellen Bereich -die freilich starken Schwankungen unterlag -wurde Polen damit blockintern zu einem Bezugspunkt revisionistischen Denkens. Andererseits war der KP-Sekretär Wladyslaw Gomulka alles andere als ein Revisionist -nach-dem er die schlimmsten Auswüchse des klassischen Stalinismus beseitigt hatte, etablierte er ein autoritäres Regime, das keinen Vergleich mit dem Ulbrichts zu scheuen brauchte Dies galt auch für die Außenpolitik: Ulbricht und Gomulka, die einander nicht ausstehen konnten, arbeiteten 1968 Hand in Hand gegen den tschechoslowakischen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ und wetteiferten gegen den „US-amerikanischen und westdeutschen Imperialismus“. Hier, im Verhältnis zu Bonn und zur deutschen Frage, wurden aber Ende der sechziger Jahre subtile Unterschiede sichtbar: Theoretisch hatte man sich geeinigt, nur gemeinsam aufzutreten; praktisch beobachtete man jede Bewegung des „Bruderstaates“ in Richtung Normalisierung mit Mißtrauen, klagte über unzureichende Informationen und machte Moskau gegenüber seine Bedenken über „nationale Eigen-wege“ des Nachbarn deutlich. Die VRP setzte sich schließlich durch und Unterzeichnete mit der Bundesrepublik am 7. Dezember 1970 einen Vertrag über die „Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen“ Sehr zum Ärger Warschaus geschah dies vier Monate nach dem Moskauer Vertrag, in dem die Kernaussage des deutsch-polnischen Abkommens -die Anerkennung der „Oder-Neiße-Linie“ durch Bonn -bereits vorweggenommen worden war; andererseits kam die VRP weit vor der DDR und der CSSR zum Zuge.

Der Grenzvertrag mit Bonn hat bei weitem nicht alle Kriegsfolgen bereinigt; spitzfindige juristische Auseinandersetzungen über die Verbindlichkeit der Regelung vom Dezember 1970 sollten das Verhältnis zwischen Warschau und Bonn im Grunde bis 1990 belasten, auch Fragen der Entschädigung für polnische Zwangsarbeiter während der NS-Zeit, die deutsche Minderheit in Polen sowie der Kultur-und Jugendaustausch blieben unendliche Geschichten. Dennoch bedeutete der Besuch Willy Brandts im Dezember 1970 einen Meilenstein im deutsch-polnischen Verhältnis: Die Grenzfrage, der emotional höchst aufgeladene Bezugspunkt gegenseitiger Wahrnehmung, war auf das Ausmaß eines interessanten Kasus für Fach­ leute geschrumpft. Nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Volks-und der Bundesrepublik (die nun in der polnischen Presse endlich richtig geschrieben wurde) im September 1972 wurden diese zwar noch immer durch -schon damals absurd anmutende -Streitigkeiten gestört, ob Breslau, das seit 1945 Wroclaw heißt, für Bonn In-oder Ausland sei. Gemessen an dem Stand der Beziehungslosigkeit 1949 bis 1970 waren die Beziehungen jedoch beinahe schon normal: Das kommunikationslose Gegeneinander war einem konfliktreichen Nebeneinander gewichen. Dieses Nebeneinander schuf im folgenden Jahrzehnt die Grundlagen für den langsamen Übergang zur Normalität in verschiedenen Bereichen: private und dienstliche Besuche, Städte-und Universitätspartnerschaften, eine Gemeinsame Schulbuchkommission, Heimweh-Tourismus der Vertriebenen, Emigration und Arbeitsmigrationen in die umgekehrte Richtung. Die Abwicklung der Kriegsfolgen rückte nach und nach in den Hintergrund der zwischenstaatlichen und zwischengesellschaftlichen Beziehungen, die in immer größerem Maß von der Gegenwart und nicht mehr von der Vergangenheit bestimmt wurden.

II. Exkurs: Die Wegbereiter

Neben dem politischen mainstream, der in dem ersten Vierteljahrhundert nach dem Krieg kaum Lichtblicke bot, gab es auf beiden Seiten immer auch einige Ausnahmen -allerdings eher Einzelgänger denn Institutionen -, die die unsichtbare Mauer zwischen Polen und Deutschen bereits nach 1956 zu durchlöchern versuchten. Generell galt für alle Bereiche von der Politik über Kultur und Wissenschaft bis zur Wirtschaft, daß die Bundesrepublik für Polen wichtiger war als Polen für die Bundesrepublik. Zeitweilig wurde diese konstante Asymmetrie jedoch aufgelockert durch Ereignisse und Emotionen, die gerade aus dem Kapitel der inoffiziellen Begegnungen nicht wegzudenken sind. Da gab es auf westdeutscher Seite nach 1945 Schuldgefühle und Gewissensbisse, die im deutsch-polnischen Verhältnis sicherlich eine geringere Rolle spielten als im deutsch-israelischen, die aber dennoch für die Annäherung etwa zwischen Christen beider Länder -und auch für die aus anderen Gründen ebenso schwierigen Annäherungen zwischen polnischen und ostdeutchen Laien -eine Schlüsselrolle gespielt haben dürften. In diesem Zusammenhang gehören seinerzeit aufsehenerregende Ereignisse wie die Ost-denkschrift der EKD oder das Polenmemorandum des Bensberger Kreises sicherlich auch die Haltung eines Carlo Schmid, der als erster bekannter deutscher Politiker -sehr zur Entrüstung seiner politischen Gegner -1958 „privat“ nach Polen fuhr. Es waren aber nicht nur Einzelgänger aus der Kriegsgeneration, die schon relativ früh von der offiziellen Linie der Bundesregierung abwichen. Die jüngere Generation, besser gesagt: ein Teil der Elite der jüngeren Generation in der Bundesrepublik, entdeckte nach 1956 östlich von Oder und Neiße eine originelle Kulturlandschaft: Jazz, Filme, Plakate, bald auch die Literatur machten aus dem „Nachbarn Polen“ (Hansjakob Stehle) einen zumindest interessanten Unbekannten. Und schließlich kam etwas Glück hinzu: Aus der langen Reihe der „Polenfreunde“ in der Bundesrepublik seien stellvertretend Karl Dedecius und Berthold Beitz genannt; aber diese „Galerie“ reichte von höchster Prominenz über bald namhafte Journalisten bis zu weitgehend unbekannten Menschen guten Willens, die aus ganz unterschiedlichen Motiven an dem Stereotyp der „polnischen Wirtschaft“ rüttelten, das gerade im Realsozialismus so wunderbar gedeihen konnte.

Hier, in der Verbindung alter Feindbilder mit der aktuellen Rhetorik des Kalten Krieges, lag seinerzeit die vielleicht wichtigste innerdeutsche Beglaubigung der Bonner Polenpolitik unter Adenauer, die in der Grenzfrage ihre offizielle Begründung fand. Und gerade hier setzte in den sechziger Jahren die Revision an: Die Zustimmung für die Oder-Neiße-Grenze stieg in Westdeutschland (von 26 Prozent 1962 auf 58 Prozent 1970) nicht nur, weil die bisherigen Außenseiter die schweigende Mehrheit vom Sinn der Anerkennung zu überzeugen vermochten, sondern weil die Öffentlichkeit die Tauglichkeit alter Denkmuster -bekanntlich nicht nur in der Ostpolitik -in Frage stellte, die offizielle Gleichung Polen = Kommunismus und die daraus abgeleitete Rechtfertigungsstrategie nicht länger nachzuvollziehen vermochte. Brandt fand bis 1972 genug Zustimmung für die Normalisierung der Beziehungen mit Warschau, weil diese als einer der Prüfsteine für ein neues, besseres Deutschland gelten konnte.

Die Frage nach diesem neuen Deutschland stand von Anfang an im Mittelpunkt der polnischen Diskussionen. Offiziell war sie zwar mit der Gründung der DDR beantwortet, aber dieser Täuschung scheinen sich, wie bereits angedeutet, nicht einmal Parteigrößen hingegeben zu haben. Schon 1946 prophezeite der Journalist Edmund Osmahczyk, ein demokratisches Deutschland würde „in einigen, höchstens zehn bis zwanzig Jahren“ in der UNO sitzen. Polen könne es sich nicht leisten, längere Zeit antideutsche Politik zu betreiben -in seiner jetzigen Gestalt, ohne deutsche Minderheit, mit einer „guten“ Grenze, könne und müsse es sich auf eine „friedliche Zusammenarbeit“ mit dem großen westlichen Nachbarn einlassen Die Rezensenten seines Buches rückten Osmahczyk in die Nähe von Landesverrat, und bis 1956 war eine Neuauflage seiner Thesen unmöglich. Bereits 1957 aber attackierten junge Journalisten in der Kultzeitschrift des „polnischen Oktober“, „Po Prostu“, das gängige Bild Westdeutschlands; es stimme einfach nicht, daß die Bundesrepublik aus Ruinen, Revanchisten mit Hakenkreuzarmbinden, Kruppschen Rüstungswerken und Wehrmachttruppen bestünde. Der Quer-denker Leopold Tyrmand ging im katholischen „Tygodnik Powszechny“ wenige Monate später noch weiter: Die Wohlstandsgesellschaft der Bundesrepublik sei zwar einerseits vergeßlich, andererseits schuldbewußt, pazifistisch und liberal; die polnische Politik habe die Chance, mit diesem neuen Deutschland ins Gespräch zu kommen Auch Tyrmand bezog publizistische Prügel; der Zweifel aber, ob Bonn wirklich nur eine Neuauflage Weimars sei, breitete sich mit den Jahren aus.

Für eine vorsichtige Kursänderung plädierten schon vor 1970 klügere Kommunisten, wie etwa der damalige Chefredakteur der „Polityka“, Mieczyslaw Rakowski. Nach 1989 zeigte sich jedoch, daß das moralische Kapital hauptsächlich von der anderen, katholischen Seite der Öffentlichkeit eingesammelt worden war; der berühmte Brief der polnischen Bischöfe von 1965 („Wir vergeben und bitten um Vergebung“) gehört ebenso in diesen Zusammenhang wie die unermüdlichen Vermittlungsversuche der heutigen Nestoren der polni-sehen Politik, Stanislaw Stomma und Wladyslaw Bartoszewski In Volkspolen war der Kontext katholischer Versöhnungsanstrengungen besonders prekär: Jegliche außenpolitische Selbständigkeit kollidierte mit dem Alleinvertretungsanspruch der Partei, darüber hinaus konnten die christlich-demokratischen Politiker, ähnlich wie das westdeutsche Episkopat, ihren polnischen Gesprächspartnern jahrzehntelang keine guten Nachrichten bieten. Die Integration der Vertriebenen in die CDU hatte eben ihren Preis. Auch für Außenseiter brach indes Anfang der siebziger Jahre eine neue Zeitrechnung an. Je mehr die Erinnerung an das dramatische Frühjahr 1972 verblaßte, als die Ratifizierung des Warschauer Vertrages durch den Bundestag auf des Messers Schneide stand, desto gewisser wurde trotz aller juristischer und politischer Querelen, daß die Oder-Neiße-Grenze Bestand haben würde -auch als Grundlage zwischenstaatlicher Beziehungen.

III. Im Zeichen der Entspannung: Grenzen der Normalisierung

Die polnisch-deutschen Beziehungen wurden Anfang der siebziger Jahre durch zwei Umstände geprägt: die neue Krise Volkspolens und die -durch den Vertrag vom 7. Dezember 1970 mitermöglichte -europäische Entspannung. Gomulka betrachtete den Warschauer Vertrag als Höhepunkt seiner politischen Karriere. Drei Jahre zuvor hatte der orthodoxe Parteichef noch Charles de Gaulle, der Warschau mit seinen Europa-Visionen zu umwerben versuchte, abgewiesen („une catastrophe“, soll der General nach seinem Gespräch mit dem Parteisekretär gesagt haben) -nun sicherte er Polen, ohne in Moskau in den Verdacht „nationaler Eigenwege“ geraten zu sein, die Anerkennung der Westgrenze. Mit diesem Erfolg im Rücken versuchte er eine Woche nach dem Warschauer Vertrag den zweiten großen Wurf: eine radikale Preisreform“, d. h. Preiserhöhungen im Konsumgüterbereich, von der sich einige Fachleute eine allgemeine Erhöhung der Produktivität der seit Jahren stagnierenden Volkswirtschaft erhofften. Die Antwort war eine Revolte der Arbeiterschaft in den Küstenstädten. In Danzig, Gdingen und Stettin kämpften Polizei und Militär gegen die Werftarbeiter, bereits zum zweiten Mal nach Posen 1956 ließ die „Volksmacht“ auf ihren „Hegemon“, das Volk, schießen. Dieses Vorgehen kostete Gomulka das Amt. Sein Nachfolger wurde der sympathische Edward Gierek -in seiner Jugend Bergmann in Belgien, weltoffen und in vielerlei Hinsicht das Gegenteil seines Vorgängers. Im Schatten der europaweiten Entspannung begann Gierek eine Politik der vorsichtigen Öffnung: Die polnische Wirtschaft sollte mit westlichen Krediten modernisiert werden, die marxistische Ideologie verkam zu bloßen Lippenbekenntnissen auf Parteitagen, nach und nach durften Zehn-, später Hunderttausende Polen in das westliche Ausland reisen. Die Bundesrepublik, in die ja die meisten Reisen führten, taugte aufgrund der eigenen Erfahrungen immer weniger als Schreckgespenst, zumal sie auch als Kreditgeber und Wirtschaftspartner unersetzlich wurde.

Seinen großen Wurf wagte Gierek jedoch nicht im Hinblick auf die Bundesrepublik -die relative Offenheit gegenüber dem Westen war ohnehin ein Dorn im Auge der Nachbarn -, sondern in den Beziehungen zur DDR. Die Politik der Entspannung stellte Warschau und Ostberlin vor ähnliche Schwierigkeiten: Aus den Unterlagen der DDR-Staatssicherheit über Gespräche mit polnischen „Kollegen“ geht hervor, daß beide Sicherheitsdienste auf die partielle Öffnung beunruhigt reagierten. Einerseits multiplizierte die neue Situation Aufgaben, damit auch Kompetenzen und Stellen der politischen Polizei; andererseits war abzusehen, daß jede Erweiterung der Reisefreiheit zahllose neue Probleme mit sich brachte, die das alte Überwachungsmodell an die Grenzen seiner Belastbarkeit führten Dies mußten auch die beiden Politbüros geahnt haben. Nach der Absetzung Ulbrichts einigten sich die neuen Mannschaften in Warschau und Ostberlin auf den gemeinsamen Sprung nach vorn: Ab 1. Januar 1972 durfte die Grenze VRP-DDR mit Hilfe eines Personalausweises passiert werden. Die DDR ging eine ähnliche Lösung mit der nach 1968 „normalisierten“ CSSR ein. Für die Polen war die Reisemöglichkeit in die DDR keineswegs die einzige, dennoch war das Interesse an der offenen Grenze enorm: 1972 machten 12, 4 Millionen DDR-Bürger (Reisen nach Polen und in die CSSR) und 11, 2 Millionen Polen, Tschechen und Slowaken (Reisen in die DDR) von der neuen Freiheit Gebrauch: .. kein anderes Land, an dessen Grenze der DDR-Bürger weltmännisch den Personalausweis aus dem Fenster hält und sonst gar nichts“, schrieb einige Jahrenach der Grenzöffnung Erich Loest über diese begrenzte Reisefreiheit Diese ungewohnte Normalität hatte viele Facetten: Während der siebziger Jahre arbeiteten Zehntausende polnischer Gastarbeiter in der DDR, Hunderttausende von DDR-Bürgern verbrachten jährlich ihren Urlaub in Masuren, die „Poleneinkäufe“ in ostdeutschen Kaufhäusern wurden bald zum Gegenstand von -teils witzigen, teils nur boshaften -Witzen.

Die Öffnung der Grenze war eine Antwort auf die offenen Grenzen in Westeuropa; sie sollte den Untertanen des Realsozialismus eine Kompensation für die unerreichbare Freiheit im Verkehr mit eben diesem Westen bieten -und sie tat es bis zu einem gewissen Grad. Bald zeigten sich aber die Schwierigkeiten dieses Experiments: DDR-Bürger in Masuren wurden zwar nach eigenem Empfinden schlechter behandelt als echte „Devisenausländer“, d. h. vor allem Westdeutsche, besetzten aber die ohnehin raren Plätze in Ferienheimen und Kneipen, die für polnische Touristen damit ausfielen. In den Mangelwirtschaften östlich und westlich der Oder konnte ebenfalls nicht verhindert werden, daß Hamstereinkäufe subventionierter Waren (in unterschiedlicher Höhe subventioniert wurden ja alle) die Regale leerfegten; da es nun einmal mehr als doppelt so viele Polen wie Ostdeutsche gab, trat die hiermit verbundene Frustration entsprechend öfter in den grenznahen DDR-Städten als in Polen auf. Einen anderen Grund für die Frustration gab die schnell steigende Zahl polnischer Westreisen: Polen im Transit Richtung Bundesrepublik wurden in den siebziger Jahren zu etwas Alltäglichem auf ostdeutschen Bahnhöfen und Autobahnen.

Das widersprüchliche Bild dieser siebziger Jahre wartet noch auf die historische Aufarbeitung. Neben Neid und Frustration gab es sicherlich auch unzählige Bekanntschaften und Freundschaften, in denen die alten Feindbilder Schritt für Schritt abgebaut werden konnten. Die deutsch-polnische Asymmetrie nahm stellenweise eine andere Gestalt an: Während ostdeutsche Jugendliche in Massen zu den Warschauer Kunst-und Jazzfestivals fuhren, Rolf Schneider 1977 „eine geheime Süchtigkeit nach allem Polnischen“ entdeckte und bald darauf ostdeutsche Intellektuelle die polnische Bürgerbewegung kennenlernten, war auf polnischer Seite kaum ein tieferes Interesse für den deutschen Nachbarn zu erkennen: Mit „Deutschland“ war auch umgangssprachlich stets nur die Bundesrepublik gemeint, die DDR („enerdowo“) bot kaum Interessantes.

Beschleunigt wurde die Entwicklung durch die dritte volkspolnische Krise ab Mitte der siebziger Jahre. Das Giereksche Wirtschaftswunder entpuppte sich immer offener als Potemkinsches Dorf. 1976 revoltierten abermals die Arbeiter gegen eine Preiserhöhung. Zur Verteidigung der „Rädelsführer“ wurde von Warschauer Intellektuellen ein Komitee („KOR“) gegründet, das zwar vom Staat als illegale Organisation bekämpft wurde, dennoch in wenigen Jahren Keimzellen einer organisierten Opposition in den Industriezentren schuf. Als im Sommer 1980 Streiks ausbrachen, war das Regime Gierek am Ende: Verschuldet, durch Unfähigkeit und Korruption delegitimiert, hatte es auch in Moskau den notwendigen Rückhalt verloren. Ein Versprechen aus seiner Frühzeit hielt der KP-Chef: Nach dem Danziger Abkommen vom 31. August 1980, dessen Kernpunkt die Zulassung freier Gewerkschaften darstellte, trat er ab, ohne auf Arbeiter schießen zu lassen.

Die Volksrepublik Polen wurde in den folgenden 16 Monaten der Existenz der „Solidarnosc“ zu einem Prüfstein der Entspannungspolitik. Wir werden nie erfahren, ob es eine „Solidarnosc“ ohne Helsinki, ohne relative Reisefreiheit und ohne die Verschuldung der siebziger Jahre gegeben hätte. Vieles deutet darauf hin, daß die internationale Anerkennung der polnischen Westgrenze in Zusammenwirkung mit dem „ 3. Korb“ und der Abhängigkeit von westlichen Krediten der Mannschaft Gierek jene Liberalität aufgezwungen haben, unter deren Schutz ein junger Danziger Elektriker in langen Gesprächen gelernt hat, daß es besser ist, eigene Komitees zu gründen, als die der Partei zu zerstören. Nachdem aber die Gründungskomitees der „Solidarnosc“ entstanden waren, wurde die Lage nicht nur für die polnische Partei brenzlig. Ganz Europa schaute dem Experiment zu, ohne zu wissen, wie man den real existierenden Sozialismus mit einer von der Partei unabhängigen Massenbewegung versöhnen kann.

Die Antwort Ostberlins war klar: Am 30. Oktober 1980 -sechs Tage nach Registrierung der „Solidarnosc“ -stellte die DDR einseitig den paß-und visafreien Reiseverkehr mit der VRP ein. In den folgenden Monaten drängte Honecker auf einen Einmarsch nach Ausrufung des Kriegsrechts in Polen stabilisierten sich die zwischenstaatlichen Beziehungen wieder. Den freien Reiseverkehr mochte Ostberlin freilich bis 1989 nicht Wiedereinfuhren, und der Einkaufstourismus der Polen scheint bis zuletzt als Mittel zur Mobilisierung der eigenen Bevölkerung gegen den Reformkurs des östlichen Nachbarn instrumentalisiert worden zu sein. Immerhin, in diesen letzten Monaten der Existenz der DDR gab es auch Lichtblicke: Der ostdeutsche Botschafter trat im Dezember 1989 mit einer Entschuldigung für die Polenfeindlichkeit eines Teils seiner Landsleute vor die Kameras des polnischen Fernsehens; die frei gewählte Volkskammer und überhaupt die neuen Eliten der DDR ließen keinen Zweifel an ihrer positiven Einstellung zu Polen.

Der entscheidende Punkt für eine Neuordnung des polnisch-deutschen Verhältnisses lag jedoch eindeutig nicht in den Beziehungen zwischen Ostberlin und Warschau. In Polen bestand seit 1976, wie bereits erwähnt, eine organisierte Opposition. In den internen Debatten dieser Gegenöffentlichkeit, die anfangs von Intellektuellen dominiert war, spielte das Thema Deutschland verständlicherweise keine herausragende Rolle. Je radikaler jedoch die Kritik am real existierenden Sozialismus wurde, desto mehr rückte auch seine geopolitische Fundierung in den Mittelpunkt. Bereits 1978 wurde in den Warschauer Salons diskutiert, ob angesichts der Entwicklung in der Bundesrepublik die traditionelle Betrachtungsweise Deutschlands als einer Bedrohung für die territoriale Integrität Polens nicht obsolet geworden sei. War es nicht vielmehr so, daß die realsozialistische Diktatur in Polen nur unter dem Schutz der sowjetischen Einflußsphäre -d. h. nicht zuletzt der DDR -existieren konnte, daß also umgekehrt ein demokratisches Polen nur im Zuge der Auflösung der sowjetischen Einflußsphäre -und damit der DDR -denkbar war? Nach Lösung der Oder-Neiße-Frage gab es keine primären Interessengegensätze zwischen Polen und Deutschen, im Gegenteil: Souveränität und Demokratie Polens waren ausschließlich im Zusammenhang mit der Vereinigung eines demokratischen Deutschland erreichbar. „Deutschland wird vereinigt und die Polen bleiben, wo sie sind“, hieß es bereits in einer aufsehenerregenden Denkschrift eines Untergrundzirkels vom Februar 1980. „Wir wollen, daß die Grenzen, auch die polnisch-deutsche, ähnlich transparent und durchlässig werden wie die heutige Grenze Deutschlands mit Frankreich, Belgien und den Niederlanden, die einst -wie unsere -geblutet und gebrannt haben.“ Es sollte überraschenderweise weniger als ein Jahrzehnt dauern, bis dieser Gedankengang den Weg von der Originalität zur Banalität absolviert hatte. 1980 bis 1982, in der Zeit der „Solidarnosc“ und ihrer gewaltsamen Unterdrückung, leisteten die Westdeutschen mehr Hilfe für die Polen, als alle anderen Westeuropäer zusammen. Die Auswirkungen dieser „Paketaktion“ waren ähnlich wie die Folgen der relativen Reisefreiheit der Polen in den Westen, die von der Mitte der siebziger Jahre bis 1981 bestand und nach der Unterbrechung durch das Kriegsrecht den widerspenstigen Untertanen abermals zugestanden werden mußte. Nun konnten sich Millionen von Polen persönlich davon überzeugen, daß die Bundesrepublik mit dem geschichtlich geprägten Stereotyp von Pickel-haube und Nationalismus tatsächlich nichts gemeinsam hatte, mehr noch, daß dieser neue deutsche Staat in vielerlei Hinsicht als Vorbild für eine Erneuerung der Verhältnisse in ihrer Heimat taugte. Die Neuordnung des polnisch-deutschen Verhältnisses zwischen 1989 und 1991 verlief dann, trotz gelegentlicher Irritationen in der Grenzfrage, in einer für das Ausland überraschend zügigen und konstruktiven Art. Der Grenzverlauf wurde in dem Vertrag von 1990 definitiv bestätigt, wodurch das letzte formaljuristische Überbleibsel des alten polnisch-deutschen Gegensatzes in die Geschichte abwanderte. Der Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit von 1991 schuf einen weiten völkerrechtlichen Rahmen für die von beiden Seiten beschworene polnisch-deutsche Interessengemeinschaft, die von der Wirtschaft über die Sicherheitspolitik bis zur Ökologie reicht.

IV. Die polnisch-deutschen Beziehungen heute

Welche Rolle spielt die Geschichte in den aktuellen deutsch-polnischen Beziehungen? Etwas ironisch formuliert, wird sie genauso mißbraucht wie in der Vergangenheit -nur daß damals die Historie als Beweis für eine angeblich „ewige Feindschaft“ strapaziert wurde, während heute der heilige Adalbert und Otto III., die Wettiner und die „Polenbegeisterung“ der 1830er Jahre als Fundament der aktuellen und künftigen Interessengemeinschaft fungieren. Daran ist wenig auszusetzen, denn was würden schon Redenschreiber und sonstige Sinnstifter ohne geschichtliche Bezüge liefern können? Weniger ironisch: Die Geschichte unserer Beziehungen gibt eben Beispiele für beide Lesarten; die These, es hätte nur Feindschaft gegeben, war und ist schlicht falsch.

Insgesamt scheint jedoch die Rolle der Geschichte immer mehr in den Hintergrund zu treten. Nur so sind die Ergebnisse der neuesten Umfrage zum Thema „potentielle Verbündete Polens“ zu verstehen. Politisch wünschen sich die meisten Polen (70 Prozent) eine möglichst enge Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik; die USA folgen an zweiter Stelle mit 66 Prozent. Als militärischer Verbündeter rangieren die USA (66 Prozent) knapp vor Deutschland (63 Prozent), als beliebtester ökonomischer Partner liegt die Bundesrepublik mit 74 Prozent klar vorne (USA 62 Prozent) Wäre daher der Schluß gerechtfertigt, daß alle negativen, historisch fundierten Bezüge unseres Denkens über den jeweiligen Nachbarn sich in nichts aufgelöst haben und die Zukunft ausschließlich durch das Prisma einer streng rationalen Kooperationsbereitschaft gesehen wird?

Die heutige Schönwetterperiode für einen Dauerzustand zu halten, wäre zumindest riskant. Erstens sprechen die Ergebnisse der deutschen Meinungsumfragen eine ganz andere Sprache; es muß noch viel Zeit vergehen, bis „polnische Wirtschaft“ zu einem Synonym für harte Arbeit und den Erfolg der Transformation östlich der Oder wird. Zweitens stoßen Deutsche und Polen, die ausnahmsweise nicht über Lieferungen und Gewinnspannen debattieren, relativ schnell auf Kommunikationsbarrieren, die mit Sprachschwierigkeiten wenig zu tun haben. Es geht dabei möglicherweise weniger um unterschiedliche Interessen als vielmehr um verschiedene Wahrnehmungsmuster und Empfindlichkeiten, deren einige hier genannt werden sollten.

Zuerst sei an eine grundlegende Übereinstimmung erinnert: Themen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zeigen keine emotionale Wirkung mehr; der Abwehrkampf der Polen gegen die Germanisierung im Preußen des 19. Jahrhunderts ist für die breitere Öffentlichkeit ebenso uninteressant wie umgekehrt die polnische Minderheitenpolitik zwischen den Weltkriegen. Der dramatische Tief-punkt unserer Beziehungen, der Zweite Weltkrieg, verliert langsam seinen Platz im kommunikativen Gedächtnis beider Gesellschaften; die Erinnerung an das Grauen erstarrt jedoch nicht, vielmehr zeichnet sich eine -nur auf den ersten Blick paradoxe -Konvergenz der Betrachtungsweisen ab. Nach 1989 erweiterte sich nämlich sowohl die deutsche als auch die polnische Erinnerung an die Jahre 1939 bis 1945 um die durch die Sowjets verursachten Opfer; als Stichworte, die nun aus Randbereichen in eine bewußtere Erinnerung vorgerückt sind, seien Nemmersdorf und Katyn genannt. Bisher -so das vorläufige Fazit -ist es gelungen, die naheliegende Peinlichkeit zu vermeiden, daß die erst heute auch als Opfer Genannten die Erinnerung an die Millionen nationalsozialistischer Opfer verdrängt hätten. Nicht ganz konnte hingegen im jeweiligen Nachbarland der Verdacht vermieden werden, daß die neuen Töne in der offiziellen Gedächtniskultur eine verschleierte Rückkehr zum Nationalismus offenbaren. Die Deutschen hätten sich doch ihr Unglück selbst verdient, hört man manchmal in Polen, und in Deutschland wird des öfteren der Verdacht geäußert, ob nicht die Erinnerung an das Schicksal Ostpolens nach 1939 hauptsächlich der vermeintlichen polnischen Russophobie zuzuschreiben sei -ein Denkmuster, das selbst in der NATO-Erweiterungsdebatte der letzten Jahre eine Rolle gespielt hat.

Eine ähnliche Konvergenz mit kritischen Untertönen ist für die Aufarbeitung der unmittelbaren Nachkriegsjahre charakteristisch. Auf deutscher Seite ist die Pflege der Erinnerung an Evakuierung, Flucht, Vertreibung und Zwangsaussiedlung der Deutschen aus den Gebieten östlich der Oder und Neiße in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich ein Anliegen der Vertriebenenverbände gewesen Aus volkspolnischer Sicht handelte es sich um ein „Unthema“, das von unverbesserlichen Kalten Kriegern hochgespielt wurde. Nach 1989, seitdem in der polnischen Öffentlichkeit die Vertreibung der Polen aus dem Osten ein Thema geworden ist, beschäftigt man sich intensiv auch mit der Vertreibung der Deutschen -einem Vorgang, der nicht nur als Konsequenz der Zerstörung Europas durch den Nationalsozialismus, sondern immer öfter auch in moralischen Kategorien als eine Ungerechtigkeit begriffen wird, die unzählige Leiden Unschuldiger nach sich gezogen hat. Die seriöse zeitgeschichtliche Forschung in Breslau, Posen oder Warschau befaßt sich jedoch mit der Vertreibung nicht nur aus diesem Grund und auch nicht nur deswegen, weil nach 1989 der Zugang zu den Akten wesentlich leichter geworden ist; das Schicksal der Deutschen auf polnischem Boden nach dem Zweiten Weltkrieg ist für polnische Historiker nicht zuletzt deshalb wichtig, weil das entstehende Volkspolen hier eine Rücksichtslosigkeit vorexerziert hat, die wenige Jahre später -im Stalinismus -auf die polnische Gesellschaft Zurückschlagen sollte

Um einiges weniger konsensfähig sind die Meinungen über das nächste große Kapitel der „Vergangenheitsbewältigung“ -manchmal scheint es, als ob dieser Begriff im Ausland eine um so größere Karriere machen würde, je mehr er in Deutschland aus der Mode kommt -, in dem Polen und Deutsche etwas miteinander zu tun haben, nämlich die Auseinandersetzung mit dem real existierenden Sozialismus. Beide Länder gingen ihre Sonderwege, wobei der eine von Joachim Gauck und der andere von Andrzej Milczanowski (dem aus der „Solidarnosc“ stammenden Innenminister, der die Öffnung der Akten standhaft verweigerte) symbolisiert wird In beiden Ländern gab es ursprünglich Intellektuelle, die den jeweils entgegengesetzten Weg des Nachbarn für den richtigen hielten: Westdeutsche lobten die polnische Zurückhaltung und Zurückstellung der „Abrechnung“ als Garantie des sozialen und politischen Friedens während der Transformation, polnische Rechte predigten die kompromißlose Aufdeckung der Geheimdienstakten als Voraussetzung für einen Neubeginn der polnischen Staatlichkeit. Inzwischen ist vieles noch komplizierter geworden, als es 1990 scheinen mochte: Weder hat sich die vornehme Enthaltsamkeit (nach Adam Michnik: „keine Granate in die Kloake werfen“) bewährt, noch ist das Trauma realsozialistischer Vergangenheit durch die Sintflut der Veröffentlichungen und Talkshows erkennbar besser domestiziert.

In einem Punkt aber hat sich das deutsche Modell klar durchgesetzt: In Polen gibt es 1997 eine deutliche Mehrheit für die Öffnung der Akten der volks­ polnischen Sicherheitsdienste. Der Staatspräsident hat dies schon vor den Wahlen vorgeschlagen; die neue parlamentarische Mehrheit verspricht eine baldige Novellierung des -erst in diesem Jahr beschlossenen -Lustrationsgesetzes, d. h. die Aufklärung der Vergangenheit aktueller Funktionsträger in Politik, politischem Beamtentum, Medien und Justiz Wie eine solche Gesetzesänderung umgesetzt werden soll, erfahren wir erst in der Zukunft. Für unser Thema mag es sich um eine wichtige Entwicklung handeln, denn erst die Öffnung der Archive wird einen ordentlichen, quellenbezogenen Vergleich zwischen der Repressivität der DDR und der VRP ermöglichen. Andererseits scheint die Prognose nicht allzu gewagt, daß die Öffnung allein das Gespräch zwischen den beiden Öffentlichkeiten nicht unbedingt grundlegend verändern wird: Keine Gesetzesnovellierung kann ja den fundamentalen Unterschied beheben zwischen einer katholisch geprägten Kultur, die tagtäglich Beichten und Vergessen -oder auch Vergessen ohne Beichten -praktiziert, und der Besessenheit des ebenso alltäglichen Austragens der Gegensätze, der Streitkultur und des permanenten Hinterfragens.

V. Die polnisch-deutschen Beziehungen morgen

Historiker sind bekanntlich mäßige Propheten. Dennoch dürfen auch sie gelegentlich über die Zukunft nachdenken, besonders wenn das vorliegende Material einige Entwicklungslinien zu zeichnen erlaubt. Genau acht Jahre sind vergangen seit jenem 9. November 1989, als eine deutsche Delegation mit Helmut Kohl an der Spitze in Warschau erfolglos versuchte, irgendeine Nachrichtensendung von ARD oder ZDF zu sehen. Weder im Hotel noch in der Botschaft war deutsches Fernsehen zu empfangen. Die Polen, von Lech Walesa bis zum damaligen Staatspräsidenten Wojciech Jaruzelski, zeigten einerseits Verständnis für den Wunsch des Kanzlers, angesichts des Falls der Berliner Mauer den Besuch in Polen zu unterbrechen; andererseits machten sie keinen Hehl aus ihrer Befürchtung, daß Polen wieder einmal den Preis für die Freiheit anderer werde zahlen müssen. In allen Erinnerungen an diesen Tag ist die Spannung mit den Händen zu greifen, und die -keineswegs nur protokollarischen -Wunden und Narben soll-ten in den kommenden Monaten der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen nicht weniger werden. Die relative Folgenlosigkeit dieser oft dramatischen Ereignisse für die wechselseitigen psychopolitischen Befindlichkeiten liefert ein beredtes Zeugnis für die Reife beider politischer Klassen. Erstmals in der jüngeren Geschichte unserer Beziehungen haben beide Akteure die Gegensätze nicht auf die Spitze getrieben, die öffentliche Meinung nicht gegen den Nachbarn mobilisiert, sich selbst zurückgenommen und dem Partner ein Minimum an Vertrauen entgegengebracht -entgegenbringen müssen, denn die europäische Neuordnung wäre anders nicht gelungen.

Vertrauen in Persönlichkeiten ist natürlich besser als gar kein Vertrauen -für die Zukunft wünscht sich jedoch der Normalbürger, daß die Politik mit derartigen Bürden gar nicht erst belastet wird. Und hier kommen wir zu einem weiteren Grund für den gemäßigten Optimismus, mit dem man als Historiker 1997 über die Perspektiven unserer Beziehungen sprechen kann. Die Vernetzung von Polen und Deutschland hat seit 1989 etwa denselben Fortschritt gemacht wie die Verbreitung des deutschen Fernsehens in Warschau, das heute mit mehreren Programmen in jedem Kabelnetz zu finden ist. Kennengelernt haben einander in diesen acht Jahren Dutzende von Ministern und Parlamentariern, Hunderte von Beamten und Kommunalpolitikern entlang der Grenze, Tausende von Studenten, Hunderttausende von Schülern, Touri­ sten, Händlern und Käufern. Ob damit bereits durchsetzungsfähige Lobbies für den weiteren Ausbau der Beziehungen bestehen, ist umstritten. Sicher bleibt, daß die gegenseitige Abhängigkeit -Nationalisten beider Länder zum Trotz -unaufhörlich wächst, ob es sich nun um die gemeinsame Stadtplanung von Görlitz und Zgorzelec handelt oder um EU-und NATO-Erweiterung. Dieses Geflecht von Kenntnis und Interdependenz schafft einen gravierenden Unterschied gegenüber 1989, von weiter entfernten Bezugspunkten gar nicht zu reden.

Zugleich sollten auch Optimisten nicht vergessen, daß das deutsch-polnische Verhältnis wie eh und je von der anfangs erwähnten Asymmetrie mitgeformt wird. Diese Asymmetrie ist Folge des zivilisatorischen Ost-West-Gefälles und der unterschiedlichen Wirtschaftspotentiale; sie prägt aber ebenso stark das gegenseitige Interesse, die Wahrnehmung und Kenntnis des Nachbarn. Nun ist der Abbau der wirtschaftlichen Asymmetrie ein ureigenes Ziel der Polen; er liegt gleichfalls im deutschen Interesse, nimmt aber hier naturgemäß einen völlig anderen Rang ein. Dasselbe gilt für die Adaptation moderner deutscher Staatskunst und Verfassung, vom Rechtsstaat über den Föderalismus bis zur Sozialpartnerschaft. Der Abbau der Asymmetrie in der gegenseitigen Wahrnehmung ist hingegen für beide Seiten gleich wichtig: Nur wenn beide Gesellschaften den von beiden Staaten konstruierten Rahmen mit ihren Inhalten, Aktivitäten und Interessen auffüllen, werden wir vor einer Wiederholung der Vergangenheit sicher sein.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zit. nach George F. Kennan, Memoiren eines Diplomaten, München 19834, S. 221 f.

  2. Vgl. dazu Josef Foschepoth (Hrsg.), Adenauer und die deutsche Frage, Göttingen 1988.

  3. Vgl. dazu Anna Wolff-Poweska (Hrsg.), Polacy wobec Niemcöw. Z dziejöw kultury politycznej Polski 1945-1989 (Polen und die Deutschen. Aus der Geschichte der politischen Kultur Polens 1945-1989), Poznan 1993.

  4. Vgl. dazu ausführlich Wlodzimierz Borodziej, Od Poczdamu do Szklarskiej Poreby. Polska w stosunkach miedzynarodowych 1945-1947 (Von Potsdam nach Schreiberhau. Polen in den internationalen Beziehungen 1945-1947), London 1990, S. 296-314.

  5. Die volkspolnisch-ostdeutschen Beziehungen besonders in den sechziger Jahren werden mit ausführlichen Quellen-zitaten dokumentiert von Mieczyslaw Tomala, Patrzac na Niemcy. Od wrogosci do porozumienia 1945-1991 (Auf Deutchland blickend. Von der Feindschaft zur Verständigung 1945-1991), Warszawa 1997.

  6. Vgl. Hans Henning Hahn/Heinrich Olschowsky (Hrsg.), Das Jahr 1956 in Ostmitteleuropa, Berlin 1996, wo die grundlegende Bedeutung der Zäsur von 1956 für die ost-mitteleuropäischen Länder und deren gegenseitige Beziehungen thematisiert wird.

  7. Die bislang beste Darstellung der Zeit Gomulkas stammt von Andrzej Paczkowski, Pol wieku dziejöw Polski 19391989 (Ein halbes Jahrhundert der Geschichte Polens 19391989), Warszawa 1995.

  8. Der aktuelle Forschungsstand zu diesem Thema und anderen in diesem Beitrag angeschnittenen Fragen wird zusammengefaßt von Dieter Bingen, Polityka Republik! Bohskiej wobec Polski (Die Polenpolitik der Bonner Republik von Adenauer bis Kohl 1949-1991; deutsche Ausgabe im Druck), Krakow 1997. Anmerkung der Redaktion: Siehe zu diesem Thema auch den Beitrag von Dieter Bingen in diesem Heft.

  9. Diesem Aspekt sind mehrere Beiträge gewidmet in dem Sammelband von Friedbert Pflüger/Winfried Lipscher (Hrsg.), Feinde werden Freunde. Von den Schwierigkeiten der deutsch-polnischen Nachbarschaft, Bonn 1993.

  10. Zur Geschichte dieses Begriffes vgl. Hubert Orlowski, „Polnische Wirtschaft“. Zum deutschen Polendiskurs der Neuzeit, Wiesbaden 1996.

  11. Edmund Osmanczyk, Sprawy Polaköw (Sachen der Polen), Katowice 1946; zum Kontext dieser Diskussion vgl. u. a. Andreas Lawaty, Das Ende Preußens in polnischer Sicht, Berlin -New York 1986; Edmund Dmitröw, Niemcy i okupacja hitlerowska w oczach Polaköw. Poglady i opinie z lat 1945-1948 (Deutschland und die nationalsozialistische Besatzung in der Sicht von Polen. Meinungen und Anschauungen aus den Jahren 1945-1948), Warszawa 1987.

  12. Die Berichte Tyrmands erschienen im „Tygodnik Powszechny“ im Januar und Februar 1958.

  13. Zu Stomma vgl. Wolfgang Pailer, Stanislaw Stomma. Nestor der polnisch-deutschen Aussöhnung, Bonn 1995. Die Rolle Bartoszewskis wartet noch auf eine Darstellung.

  14. Vgl. Wlodzimierz Borodziej/Jerzy Kochanowski, PRL w oczach STASI (VRP in den Augen der STASI), Bd. I, Warszawa 1995.

  15. In: Rendezvous mit Syrena (1978), zit. nach: Brücke zum Nachbarn: Polen-Bilder in der deutschen Literatur, Manuskript, Zwickau 1992, S. 33 f.

  16. Zit. nach ebd., S. 33.

  17. Die Haltung der DDR zur „Solidarnosc“ dokumentierten ausführlich Michael Kubina/Manfred Wilke (Hrsg.), „Hart und kompromißlos durchgreifen“. Die SED contra Polen 1980/81. Geheimakten der SED-Führung über die Unterdrückung der polnischen Demokratiebewegung, Berlin 1995.

  18. O stosunkach z Niemcami raz jeszcze (Nochmals über die Beziehungen mit Deutschland), zit. nach Polskie Porozumienie Niepodleglosciowe. Wybör tekstöw, London 1989, S. 277-282, hier: S. 278.

  19. Zit. nach Gazeta Wyborcza vom 1. September 1997, S. 2.

  20. Als bedeutendste Ausnahme der achtziger und neunziger Jahre sei der von Wolfgang Benz herausgegebene Band genannt: Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Ursachen, Ereignisse, Folgen, Frankfurt/M. 1985.

  21. Einen Überblick über den Forschungsstand Mitte der neunziger Jahre verschaffen u. a. die Deutschen Studien, 32 (1995), 126/127, („Flucht und Vertreibung der Ostdeutschen und ihre Integration“); die Polnische Robert-Schuman-Stiftung hat durch ihr Projekt „Komplex der Vertreibung“ die Arbeiten an diesem Thema gefördert. Gegenwärtig wird ein Projekt der Universitäten Marburg und Warschau zu diesem Thema von der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit und der Robert-Bosch-Stiftung unterstützt.

  22. f Als interessantesten Beitrag in der letzten Zeit dazu vgl. die Ausgabe der Zeitschrift „Transodra“ vom September 1997, in der eine Tagung vom Juni 1996 über den „Umgang mit der Vergangenheit in Deutschland und Polen -Aufdekken oder Zudecken“ dokumentiert ist.

  23. Die deutsche Übersetzung des Gesetzes ist abgedruckt ebd., S. 93-99.

  24. Dazu aus polnischer Sicht vor allem Artur Hajnicz, Polens Wende und Deutschlands Vereinigung. Die Öffnung zur Normalität 1989-1992, Paderborn u. a. 1995.

Weitere Inhalte

Wlodzimierz Borodziej, geb. 1956; Professor am Historischen Institut der Universität Warschau; Studium der Germanistik und Geschichte an der Universität Warschau; 1992-1994 Generaldirektor in der Sejmkanzlei (Parlamentsverwaltung); 1994/95 Gastprofessor an der Philipps-Universität in Marburg; Co-Vorsitzender der Deutsch-Polnischen UNESCO Schulbuchkommission. Veröffentlichungen u. a. (Titel ins Deutsche übersetzt): Terror und Politik. Deutsche Polizei und polnische Widerstandsbewegung im Generalgouvernement, Warschau 1985; Zwischen Potsdam und Schreiberhau. Polen in den internationalen Beziehungen 1945-1947, London 1990; (Mithrsg., Mitverf.) Die Volksrepublik Polen in der Sicht der STASI, Bde. I, II, Warschau 1995, 1996.