I. Einleitung
Der Terminus „Globalisierung“ ist Teil eines Konglomerats von Begriffen, mit denen Wandlungstendenzen im wirtschaftlichen Geschehen und in der Sozialstruktur vor allem der klassischen Industriegesellschaften öffentlichkeitswirksam etikettiert werden: Turbo-Kapitalismus, Kapitalismus pur, Wirtschaftshorror, Ein-Fünftel-Gesellschaft usw. In diesem Spektrum ist Globalisierung zum Codewort für einen dramatischen Souveränitätsverfall der Nationalstaaten und der nationalstaatlich strukturierten Gesellschaften insgesamt geworden.
Mein Beitrag beschäftigt sich mit den Ursachen und Folgen der dramatischen Verschiebung im Verhältnis von Wirtschaft und Politik. Die heutigen Veränderungen sind aber nur verständlich, wenn man sie zu früheren Globalisierungsprozessen in Beziehung setzt. Insbesondere ist es wichtig, den heutigen Globalisierungprozeß von jenem historischen wirtschaftlichen Globalisierungsprozeß zu unterscheiden, der in dem „langen 16. Jahrhundert“ in Europa begonnen hat.
Wenn man das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Staat in den Mittelpunkt stellt, dann kann man zwei gegenläufige Effekte wirtschaftlicher Globalisierung auseinanderhalten. In der historischen Phase, für die der amerikanische Sozialhistoriker Immanuel Wallerstein die Herausbildung des „modernen Weltsystems“ belegt hat entstehen die Nationalstaaten. Wirtschaftliche Globalisierung im Sinne globaler Arbeitsteilung ist zumindest eine ihrer Wurzeln. Heute dagegen haben wir es mit einem wirtschaftlichen Globalisierungspro-zeß zu tun, der den Nationalstaat zumindest in der Form des Sozial-und Wohlfahrtsstaates bedroht und untergräbt. Um diesen scheinbar paradoxen Sachverhalt in den Griff zu bekommen, schlage ich vor, diese zwei historisch klar unterscheidbaren Phasen des Globalisierungsprozesses auch begrifflich zu trennen. Der Einfachheit halber spreche ich im folgenden von Globalisierung I bzw. Globalisierung II.
II. Globalisierung I: Nationalstaaten und nationale Volkswirtschaften
Ich komme zunächst zur Globalisierung I, also dem älteren, schon länger zurückliegenden Globalisierungsprozeß. Der klassische Nationalstaat des 19. Jahrhunderts wurde nicht nur durch das Zusammenspiel von Volk, Kultur, Nation und Staat geprägt, wie dies zum Beispiel Friedrich Tenbruck festgehalten hat Er ist auch in engem Zusammenhang mit der Herausbildung des modernen Weltsystems im „langen 16. Jahrhundert“ entstanden. Nach Wallerstein 3 trat damals ein Entwicklungsbruch ein, der sich als Globalisierung des Wirtschaftssystems verstehen läßt. Die Arbeit von Wallerstein ist schon deswegen sehr interessant, weil ihr Autor etwa von Anthony Giddens als einer der Pioniere für das Globalisierungsthema in Anspruch genommen wird. Das ist zwar völlig richtig, nur behandelt Wallerstein einen anderen Globalisierungsprozeß als den, in dem wir uns heute befinden und den auch Giddens im Auge hat.
Das Grundthema von Wallersteins Analyse ist der Übergang von den großen Imperien mit internem Wirtschaftskreislauf zu einem System der Natio nalstaaten im Rahmen eines sich globalisierenden Wirtschaftssystems.
Bis ins 16. Jahrhundert hinein wurde der Wirtschaftskreislauf immer als ein interner Mechanismus aufgefaßt, von dessen Stärke, aber auch von dessen Vollständigkeit die Macht eines Staates letztlich abhing. Deswegen richtete sich auch das Bestreben imperialer Herrscher darauf, möglichst den gesamten Wirtschaftskreislauf, zumindest aber Handelswege und strategisch wichtige Güter bzw. Produktionsorte, dem eigenen Reich einzuverleiben. Handelsinteressen konzentrierten sich also auf die Beschaffung der als wichtig angesehenen Güter und wurden von Preisen noch kaum beeinflußt. Der Nachteil dieses Verfahrens besteht darin, daß die Infrastrukturentwicklung, die Verwaltung und nicht zuletzt die Verteidigung immer größerer Territorien immer mehr Kräfte banden.
Vom ausgehenden 15. Jahrhundert bis zum frühen 17. Jahrhundert entwickelte sich nun in Europa eine ganz andere Konstellation, die dieses Problem eliminierte. Es entstand allmählich eine arbeitsteilige Weltwirtschaft, innerhalb derer sich nationale Volkswirtschaften nur noch auf einen bestimmten Ausschnitt in der Palette wirtschaftlicher Aktivitäten konzentrierten und ihr Potential über den internationalen Handel ergänzten.
Für das Ingangkommen wirtschaftlicher Arbeitsteilung und für die Entwicklung Nordwesteuropas zum wirtschaftlichen Zentrum waren nach Wallerstein zwei Prozesse wichtig: einmal der Getreide-handel des nordwesteuropäischen Zentrums mit Osteuropa, zum anderen der Edelmetallimport aus den südamerikanischen Kolonien nach Europa. Die Getreideimporte erlaubten zunächst einmal eine Konzentration der Landwirtschaft in den Zentren auf höherwertige Produktion, vor allem auf Fleischerzeugung und Gemüseanbau. Die Edelmetallimporte erhöhten insbesondere die umlaufenden Zahlungsmittel. Auf diesem Wege gewannen die Zentren über Arbeitsteilung und internationalen Handel Möglichkeiten zu spezialisierter Produktion. Dieses Muster wiederholte sich danach immer wieder: In den Zentren kam es zu Freisetzungseffekten, da arbeitsintensive und unwirtschaftliche Tätigkeiten durch vergleichsweise kostengünstige Ressourcen ersetzt werden konnten. Auf dieser Grundlage setzte sich dann der Industrialisierungsprozeß durch. In der Peripherie traten diese Effekte dagegen nicht ein, da beispielsweise im Austausch gegen das osteuropäische Getreide vorwiegend Luxusgüter für die osteuropäischen Großgrundbesitzer importiert wurden, von denen keine wirtschaftlichen Modernisierungseffekte ausgehen konnten. Dieses neue Muster einer die jeweiligen staatlichen Grenzen übergreifenden Arbeitsteilung erzeugte also nicht nur wirtschaftliche Abhängigkeiten, sondern auch ungleich verteilte Entwicklungschancen. Die Freisetzungseffekte in den wirtschaftlichen Zentren wurden in der Peripherie erwirtschaftet in Form von Rohstofferzeugung und landwirtschaftlichen Überschüssen.
Was waren die Ursachen für diese Entwicklung? Wallerstein betont, daß die politische Landkarte im damaligen Europa eben keine Weltreich-Bildung nach klassischem Muster mehr zugelassen habe. Diese Argumentation ist zumindest stark ergänzungsbedürftig. Spätestens seit dem 17. Jahrhundert setzten in West-und Nordwesteuropa kulturelle Entwicklungen ein, die auch zu einer Neubewertung des Verhältnisses von Wirtschaft und Politik führten. Beide Funktionsbereiche wurden damals auf eine Weise neu bewertet, wie sie auch heute noch gültig ist. Während der vormoderne Staat als Selbstzweck angesehen wurde, bedarf er in der Moderne einer rationalen Rechtfertigung. Gleiches gilt auch für das Wirtschaftssystem. Das wesentliche Argument für die Rechtfertigung des Staates hat bereits der englische Philosoph Thomas Hobbes formuliert. In einer Gesellschaft aus konkurrierenden und ihre Individualinteressen verfolgenden Staatsbürgern kann das friedliche Zusammenleben und damit auch die Möglichkeit des gesellschaftlichen Fortschritts nur über ein staatliches Gewaltmonopol gesichert werden. Die staatliche Machtinstanz kann ihr Existenzrecht nur durch entschlossenen Einsatz ihres Machtmonopols rechtfertigen, das allein dem Ziel der Hebung des „Wohls des Volkes“ zu dienen hat. Dieses Ziel kann der auf Machtausübung spezialisierte Staat aber immer nur indirekt verfolgen, indem er etwa, wie Hobbes betont, den Individuen Zügel anlegt, für Recht und Ordnung sorgt. Mit der Entwicklung zu einem demokratischen Rechtsstaat tritt das Element freiheitsverbürgender Rechtsgarantien hinzu. Mit dem Sozial-und Wohlfahrtsstaat schließlich dehnt sich diese Garantie auf die materielle Gewährleistung einer Minimalexistenz aus Zu dieser Verfolgung von Wohlfahrtszielen mit indirekten Mitteln gehört auch die Sicherung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen (z. B. Währungspolitik) und die im Zuge der Industrialisierung immer weiter in den Vordergrund tretende Entwicklung der Infrastruktur (Verkehr, Massenkommunikation, Bildungssystem usw.).
Während mit der Verpflichtung des Staatsapparates auf die Hebung des Volkswohlstandes der Staat von einem keiner weiteren Rechtfertigung bedürfenden Selbstzweck zu einer mit dem Instrument der Macht operierenden Dienstleistungsorganisation wurde, gewann die Wirtschaft umgekehrt die Bedeutung eines mächtigen Fortschrittsmotors. Die wesentlichen Argumente für diese Neubewertung wirtschaftlicher Aktivitäten hat bereits Adam Smith in seiner erstmals 1776 erschienenen Untersuchung über den Wohlstand der Nationen vorgetragen. Unter den Bedingungen von Wettbewerb und Freihandel (die vom Staat zu garantieren sind) können Naturgesetze des Wirtschaftens zu ihrem Recht kommen. Sie bestehen in der Durchsetzung eines Systems der Arbeitsteilung, bei dem jeweils dort produziert werden soll, wo die günstigsten Bedingungen und Voraussetzungen dafür herrschen. Auf diesem Wege könne eine optimale Arbeitsteilung entstehen, die zu einem Maximum an Arbeit und damit auch an gesellschaftlichem Wohlstand führe. Dieser Argumentation ist nicht einmal von dem schärfsten Kritiker der liberalen Wirtschaftstheorie, Karl Marx, widersprochen worden. Sie impliziert, daß sich das Wirtschaftssystem nicht im nationalen, sondern nur im globalen Rahmen optimal entwickeln kann.
Auf der Grundlage des von Wallerstein analysierten Systems übernationaler, globaler Arbeitsteilung haben sich allmählich in den ökonomischen Zentren nationale Industrie-und Wirtschaftssysteme entwickelt, die auf einem engen Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Politik beruhen und für die Außenhandelsbeziehungen eine eher flankierende Bedeutung haben. Diese Entwicklung hin zu nationalen Volkswirtschaften hat ihren Höhepunkt in den fünfziger und sechziger Jahren dieses Jahrhunderts erreicht. Das damalige Erfolgsrezept für eine kontinuierliche Wirtschafts-und Gesellschaftsentwicklung bestand nicht in der Forcierung des internationalen Handels mit Industriegütern, sondern in der Entwicklung stabiler nationaler Volkswirtschaften, deren Kern auf dem industriellen Sektor lag. Er wurde von Großbetrieben gebildet mit standardisierter Massenproduktion, relativ niedrigem Automationsgrad, also hoher Beschäftigung. Diese Großbetriebe waren typischerweise nur dann in der Lage, effektiv zu produzieren, wenn das geplante Produktionsvolumen auch dauerhaft erreicht wurde. Diese Produktionsmaschinerie konnte im nationalen Rahmen solange gut funktionieren, wie sie mit hohen Lohnsummen und einer vergleichsweise egalitären Einkommensverteilung verflochten war Immer neue Konsumwellen von der Waschmaschine bis zur Unterhaltungselektronik und eine steigende Frauenerwerbsquote dynamisierten diesen Prozeß. Wichtig waren aber auch institutionalisierte Konfliktaustragungs-und Interessenabgleichungsmechanismen zwischen Wirtschaft und Politik, zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Ihr Erfolg -und letztlich der Erfolg des ganzen Systems -beruhte auf dem Bewußtsein, daß alle im gleichen Boot der nationalen Volkswirtschaft sitzen und deswegen auch auf eine Beilegung von Interessenkonflikten angewiesen sind.
Mit der Entwicklung zur nationalen Volkswirtschaft war die Herausbildung des modernen Nationalstaates aufs engste verknüpft. Die Nationalstaaten sind in engem Zusammenhang mit der Entwicklung überlokaler Marktbeziehungen, mit dem Eisenbahnbau, mit der Durchsetzung von Massenmedien und einem nationalstaatlich standardisierten Bildungswesen entstanden. Nationalstaaten gründen sich zwar auf ältere „volkskulturelle“ Traditionen, dabei darf aber nicht übersehen werden, daß es hier zu einer Art Ausscheidungswettbewerb gekommen ist, bei dem in etwa nur jede zwanzigste vormoderne Volkskultur in einen Nationalstaat übergegangen ist und auf diese Weise modernisiert wurde In jedem Falle aber ist es erst relativ spät zu einer Modellierung und Fixierung dieses Traditionselements und seiner Ausdehnung auf die nationalstaatlichen Grenzen gekommen. Dieser Vorgang vollzog sich in engem Zusammenhang mit der Entwicklung nationalstaatlicher Bildungssysteme. Die politische, kulturelle und infrastrukturelle Modernisierung hat im Zusammenhang mit der Industrialisierung vor allem im 19. Jahrhundert zur Entwicklung des klassischen Nationalstaates geführt, in den auch noch die großen, international agierenden Wirtschaftsunternehmen integriert waren.
Obwohl nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Wissenschaft, Kunst und weitere Funktionssysteme von ihrem Zuschnitt her schon immer zur Globalisierung, zu globalen Netzwerkstrukturen hin tendierten, blieben dennoch die kulturellen und sozialen Bande des Nationalstaates tonangebend. Die gemeinsame Sprache und Kultur, aber nicht zuletzt auch der Stolz auf die nationalen Wohlfahrts-und Wohlstandsgewinne einschließ-lieh ihrer Symbole waren Bande, die an sich bestehende übernationale Verflechtungen wirksam überlagert haben
III. Die neue Globalisierungswelle: Globalisierung II
Wenn heute von Globalisierung gesprochen wird, dann ist in der Regel nicht das alte System einer vergleichsweise starren und stabilen räumlichen Arbeitsteilung gemeint, sondern gerade dessen Auflösung zugunsten einer dynamischen Weltwirtschaft, die von den globalen Aktivitäten wirtschaftlicher Akteure (den sogenannten global players) gesteuert wird. Charakteristisch für die neuen Gegebenheiten ist folgendes Beispiel einer Spielzeugfirma, die „Kleinartikel im Wert von über 50 Millionen Dollar (verkauft), die von unabhängigen Erfindern und Geschenkartikelfirmen ersonnen, von unabhängigen Ingenieuren konstruiert, von Zuliefererfirmen in Hongkong (die ihrerseits die arbeitsintensivsten Vorgänge nach Thailand und China vergaben) hergestellt und verpackt und in Amerika von unabhängigen Spielzeugfirmen vermarktet wurden“ Neu ist einmal, daß räumliche Distanzen in immer größerem Umfang, immer schneller und immer billiger überbrückt werden können. Dies ist möglich geworden, weil sich insbesondere die Transport-und die Kommunikationssysteme rasant entwickelt haben. Zum anderen aber ist industrielle Massenproduktion zu einer konventionellen Fähigkeit geworden, die an immer mehr Orten in dieser Welt praktiziert werden kann. Relativ plötzlich wird nun sichtbar, daß Alphabetisierungs-und weitere Entwicklungsprogramme für die Dritte Welt doch Erfolg gehabt haben. Auch wenn sicher richtig ist, daß die Arbeitskosten immer nur ein Kostenfaktor sind, so stimmt es doch auch, daß über diesen Kostenfaktor nun immer stärker konkurriert werden muß, weil an immer mehr Plätzen produziert werden kann. Aus diesen wirtschaftlichen Gründen heraus, aber auch, weil immer mehr Produkte rein technisch vervielfältigt werden können, wird die Fähigkeit zur Industrieproduktion für die wirtschaftliche Wertschöpfung immer nachrangiger. Dies ist das eigentlich Neue an der Globalisierung und wird mit Sicherheit die Welt in vielerlei Hinsicht verändern.
Zu Beginn der Industrialisierung ist ähnliches mit der Landwirtschaft (nicht mit dem Handwerk) passiert. Auch damals fand eine Revolution in den Transportkapazitäten mit der Folge statt, daß Landwirtschaft zu einer Routinetätigkeit wurde, die überall dort, wo der Staat nicht zu protektionistischen Maßnahmen gegriffen hat, voll unter den Druck der Preiskonkurrenz geriet. In ähnlicher Weise, wie damals billige Grundnahrungsmittel zur Voraussetzung für die Industrieproduktion wurden, so scheint heute die Fähigkeit zur Industrieproduktion zu einer selbstverständlichen Voraussetzung für die Wissensentwicklung zu werden. Ökonomisch bedeutet dies nichts anderes, als daß nun auch die Industrieproduktion -ähnlich wie die Landwirtschaft -auf die ungünstige Seite in den internationalen Austauschbeziehungen kommt. Wie seit Jahrzehnten immer mehr Kilo Bananen oder Festmeter Tropenholz erwirtschaftet werden müssen, um auf dem Weltmarkt einen Kühlschrank oder eine bestimmte Maschine einkaufen zu können, so muß in Zukunft angewandtes Wissen in Form von Blaupausen, gentechnischen Patenten, Drehbüchern oder Marketing-Konzepten mit immer größeren Mengen konventioneller Industrieprodukte aufgewogen werden.
Wenn wir diese und noch eine Reihe weiterer ganz ähnlich gelagerter Beobachtungen zusammenfassen, dann ist Globalisierung II von seiten des Wirtschaftssystems durch einen Dynamisierungsschub gekennzeichnet. Nicht die Grundlagen des Wirtschaftssystems haben sich verändert, sondern Mobilität und Flexibilität der wirtschaftlichen Akteure sind sprunghaft angestiegen. Wenn der Unternehmenserfolg nicht mehr zentral von großindustriellen Strukturen, also der klassischen Kombination von Produktionsfaktoren, abhängt, sondern von der Kombination von Wissenselementen bestimmt wird, dann wird Kapitalbindung in der klassischen Form zunehmend entbehrlich Überall dort aber, wo solche Festlegungen immer noch unumgänglich sind, finden sie unter den Bedingungen wesentlich geringerer Fertigungstiefe und wachsender Standortkonkurrenz statt. Angesichts dieser zurückgehenden Bindung an die lokale Infrastruktur können Unternehmen immer weniger an nationale oder lokale Sozialstandards gebunden oder hohen Steuern unterworfen werden. Zugenommen hat dagegen die Wissensabhän-gigkeit. Der Zugriff auf innovatives Wissen wird zu einer wichtigen Erfolgsbedingung, die aber nicht unbedingt durch Standorte in den Wissenschaftsmetropolen dieser Welt gewährleistet werden kann.
Komplementär zu dieser gewachsenen Manövrierfähigkeit der Leistungsanbieter scheint sich allerdings auch ihre Marktabhängigkeit zu verstärken. Was ist damit gemeint? Globalen Akteuren entsprechen globalisierte Märkte. Mit der Größe eines Marktes scheint auch seine Dynamik zu wachsen, womit vor allem eine verschärfte Preis-konkurrenz einhergeht. Wie Joseph Schumpeter bereits in den dreißiger Jahren über die Figur des Pionierunternehmers gezeigt hat können aber unter den Bedingungen vollständiger Preiskonkurrenz größere Gewinne nur noch durch unternehmerische Pionierleistungen erzielt werden. Und dieses Feld unternehmerischer Pionierleistungen hat sich nun von der Produktion auf die Entwicklung anwendungsorientierten Wissens verlagert. Robert Reich sieht deswegen im Betrieb der Zukunft drei wichtige Arbeitsfunktionen vereinigt: den technischen Spezialisten, den Marketing-Spezialisten und den strategischen Vermittler, der die richtigen Leute bzw. das sinnvoll kombinierbare Spezialwissen zusammenbringt Diese sich gegenseitig aufschaukelnde Dynamik läßt sich vielleicht am besten auf der Zeitachse abbilden: als immer rapiderer Wechsel von Moden und Trends einerseits, als vom Zeitfaktor abhängige Gewinnmargen andererseits (exemplarische Bedeutung hat hier der Innovationsprozeß bei Computer-chips).
In dem Maße, wie der wirtschaftliche Erfolg durch die globale Vernetzung bestimmt wird, verändert sich auch das Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft auf einschneidende Weise. Wir haben ja bereits gesehen, daß der moderne Staat seine Rechtfertigung vorrangig aus dem Einsatz seines Machtmonopols zugunsten der gesellschaftlichen Wohlfahrts-und Wohlstandsmehrung zieht. Historisch hat das zunächst nichts anderes bedeutet als eine Politik der Privilegierung des eigenen Territoriums gegenüber anderen Staaten. Die modernen Nationalstaaten stehen hier in der Tradition selbständiger Stadtstaaten wie etwa der Republik Venedig, die sehr früh die Politik verfolgt hat, Handelsmonopole zu erreichen und diese dann in Monopole des Produktionsstandorts Venedig umzumünzen. Genau dies charakterisiert auch die klassischen Vormächte des „modernen Weltsystems“, die Niederlande, das Vereinigte Königreich und schließlich die Vereinigten Staaten. Sie haben ihre Position im Zentrum nicht nur dem Erfindungsreichtum und dem Pioniergeist ihrer Bürger zu verdanken, sondern auch einer staatlichen Strukturierungspolitik, die der eigenen Bevölkerung privilegierte Marktchancen zugespielt hat. Diese ergaben sich einmal aus den Freisetzungseffekten, die in jeder, vom Standpunkt der Modernisierung aus gesehen, ungleichen Handelsbilanz enthalten sind (z. B. Export von Maschinen gegen den Import von Rohstoffen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Export von patentiertem oder in anderer Weise privilegiertem Wissen gegen den Import von Industriegütern). Zu solchen Freisetzungseffekten kommen noch privilegierte Chancen, die sich aus der Beherrschung oder Monopolisierung strategisch wichtiger Handelswege ergeben. Hierdurch kann einerseits die privilegierte Stellung eigener Produktion „künstlich“ aufrechterhalten werden; derartige Strategien reichten vom Exportverbot von Tulpenzwiebeln durch die Holländer bis hin zu Exportverboten für strategisch wichtige Industrie-güter (Maschinen, Computer usw.) im 20. Jahrhundert. Auf der anderen Seite konnte der nationale Reichtum durch die Weiterverarbeitung privilegiert zugänglicher Rohstoffe oder Fertigprodukte weiter gesteigert werden.
Eine solche Politik der Förderung und Privilegierung des nationalen Standortes beruht letztlich auf gesellschaftlichen Gemeinschaften, die ihre Interessen zu Staatszielen machen, und auf einem Zusammenspiel von staatlichen und koordinierten privatwirtschaftlichen Aktivitäten. Diese Strategien setzen aber auch eine Bindung der Akteure an die politische Einheit voraus. In diesem Sinne besaßen auch schon die Kaufleute der mittelalterlichen Stadtstaaten Nationalbewußtsein
Die Grundlage für ein derartiges Zusammenspiel zwischen gesellschaftlicher Gemeinschaft, Staat und Wirtschaft besteht darin, daß die Infrastruktur, insbesondere die Verkehrsströme und Kommunikationstechnologien, an den nationalen Rahmen gebunden werden kann. Für die Schiffe der Ostindischen Kompanie traf dies noch zweifellos zu. Auch bei einem Transportmittel wie der Eisenbahn lassen sich territoriale Grenzen noch sehr gut, z. B. über unterschiedliche Spurbreiten, mar-kieren. Auch noch nationale Luftverkehrsgesellschaften befinden sich auf dieser Traditionslinie. Ganz anders liegen die Dinge dagegen beim Internet, der Deregulierung der Finanzmärkte, der Privatisierung von Post, Bahn oder Fluglinien. Damit gehen wesentliche Möglichkeiten unwiederbringlich verloren, über das staatliche Machtmonopol der nationalen Volkswirtschaft privilegierte Chancen zuzuschanzen. Dies wiederum hat Rückwirkungen auf die nationalstaatliche Verankerung großer, aber auch mittlerer Unternehmen. Man muß das Ende des „nationalen Champions“ (Robert Reich), also der Unternehmensnationalität, auch in diesen Kontext einordnen.
Im Anschluß an diese Überlegungen sind wir vielleicht besser in der Lage zu verstehen, welche Veränderungen im Verhältnis von Wirtschaft und Politik wir heute unter das Stichwort Globalisierung bringen. Dieser zweite Globalisierungsprozeß hat nichts mit einer Systemveränderung, einer Veränderung in den grundlegenden Strukturen moderner Gesellschaften zu tun. Globalisierung II beschreibt vielmehr eine Gewichtsverlagerung im Verhältnis von Wirtschaft und Politik, die einschneidende Konsequenzen für die Optionen und Handlungsmöglichkeiten auf diesem Feld hat. Das seit dem „langen 16. Jahrhundert“ auf Globalisierung hin angelegte Wirtschaftssystem hat nun einen Vernetzungsgrad gewonnen, der es gegen politische Strategien einzelner Nationalstaaten und dahinterstehender gesellschaftlicher Gemeinschaften relativ unempfindlich macht. In dem Maße, wie nicht mehr die Produktion, sondern die anwendungsorientierte Verknüpfung von Wissens-elementen für die wirtschaftliche Wertschöpfung zentral wird, gehen auch auf dieser Ebene politische Eingriffsmöglichkeiten zugunsten nationaler Volkswirtschaften verloren, da modernes Wissen prinzipiell global strukturiert ist und Zugriffshindernisse allenfalls mit Sprachgrenzen zu tun haben. Es gibt keine deutsche oder amerikanische Physik, aber Veröffentlichungen in deutscher oder englischer Sprache. Daß die Verbreitung von Wissen wesentlich schwerer einzudämmen oder zu kanalisieren ist als der Export von Gütern, wird heute in vielen Bereichen sehr deutlich. Zum Beispiel läßt sich das Wissen, wie man eine Atombombe baut, nicht geheimhalten. Nur der Zugang zu bestimmten technologischen Möglichkeiten kann blockiert werden. Auf der anderen Seite gewinnen die wirtschaftlichen Akteure zunehmend selektive Macht gegenüber den nationalen Wirtschaftsstandorten. Dies hängt vor allem damit zusammen, daß Nationalstaaten nicht nur aufgrund der Konstruktion ihrer Sozialsysteme auf wirtschaftliche Zuwächse hin konditioniert sind. Wenn diese aber nicht mehr durch nationale Selektionsmacht erreicht werden können, bleibt nur noch die Standortkonkurrenz, also eine Umkehrung im Abhängigkeitsverhältnis zwischen Weltwirtschaft und Nationalstaaten. Wichtige Elemente dieser Umkehrung im Abhängigkeitsverhältnis zwischen Wirtschaft und Politik, die sich seit Mitte der siebziger Jahre zunehmend herauskristallisieren, sollen im folgenden ohne den Anspruch auf Vollständigkeit skizziert werden.
Erstens: Aus der Perspektive globaler Akteure ist die Frage nach dem staatlichen Preis-Leistungsverhältnis gestellt. Während unter den Bedingungen von Globalisierung I der Territorialstaat Ballast abwirft, wird er unter den Bedingungen von Globalisierung II nun seinerseits zum Objekt selektiver Entscheidungen. Dies ist immer dann möglich, wenn alternative Standorte in Verbindung mit freiem Kapitaltransfer existieren. Unter diesen Bedingungen können Standortmerkmale wie Infrastruktur, Arbeitskräftepotential, Steuergesetzgebung und andere staatliche Rahmenbedingungen verglichen und zum Gegenstand selektiver Entscheidungen gemacht werden. Zwischen den Volkswirtschaften findet ein Wettbewerb um Anlagemöglichkeiten und Modernisierungschancen statt. Dies relativiert natürlich alle Möglichkeiten einer nationalen Wirtschafts-, Sozial-oder Beschäftigungspolitik. Das Boot der nationalen Volkswirtschaft verliert seine Grenzen wie auch seine Solidargrundlage, die auf der Bindung aller an das Territorium beruht. Das bekannte Bild vom Geleitzug der Volkswirtschaften muß nun um eine Schar schneller Begleitboote ergänzt werden, auf denen sich Personen bewegen, die alles das, was für das Vorankommen nationaler Volkswirtschaften zentrale Bedeutung hat -also etwa Motoren, Segel, Treibstoff usw. -, von einem nationalen Boot abmontieren und zum nächsten schleppen und dort wieder aufbauen.
Stellt nun aber nicht die Bildung regionaler, übernationaler Wirtschaftsräume nach dem Muster der EU oder der ASEAN-Staaten eine akzeptable Antwort auf den wirtschaftlichen Globalisierungsprozeß dar? Insofern hierbei homogene Märkte mit größerer Kopfzahl und einem höheren Kaufkraftpotential geschaffen werden, ist das sicherlich eine adäquate Reaktion. Das europäische Beispiel zeigt aber auch, daß dieser Effekt vielfach mit politischen Mobilitätseinbußen erkauft werden muß, die die Reaktionsfähigkeit herabsetzen. Aber selbst ein politisch handlungsfähiger europäischer Markt wäre nicht mehr in der Lage, politische Korrekturen nach dem alten Muster einerUmverteilungs-bzw. Stabilitätspolitik gegen globale wirtschaftliche Akteure durchzusetzen.
Zweitens: Nationale Volkswirtschaften sind von den Soziologen wiederholt als Machtgeflechte analysiert worden, deren Grundlage die Organisationsmacht von Interessen ist. Reinhard Kreckel hat beispielsweise für die Bundesrepublik ein solches Modell ungleich verteilter Organisationsmacht entwickelt, in dessen Zentrum ein korporatistisches Dreieck von organisierter Unternehmerschaft, organisierter Arbeiterschaft und Staat steht Prämisse solcher Modelle ist immer, daß um die Verteilung eines genau umrissenen Topfes an Ressourcen -eben um das nationale Sozialprodukt -gerungen wird, wobei alle Beteiligten darin übereinstimmen, daß die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftskreislaufs durch den Verteilungskonflikt nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden darf Genau dies sind aber nicht mehr die Spielregeln globaler Akteure. Sie bedienen sich einer ganz anderen Form von Macht, die des Zusammenschlusses nicht mehr bedarf, nämlich der Selektionsmacht. Sie ist der Organisationsmacht überlegen, weil sie sich instrumenteil auf sie beziehen kann. Ergebnisse nationaler Interessen-auseinandersetzungen sind für globale Akteure nur noch bloße Standortmerkmale, Daten für selektive Entscheidungen. Die Grundlagen der Selektionsmacht liegen in einem System globaler „Nervenzentren“, die einen möglichst ungehinderten Transfer von Kapitalien wie auch von stofflichen Ressourcen garantieren. Effektivität wird hier durchbuchstabiert als Minimierung zeitlicher Verzögerungen und räumlicher Widerstände, als Minimierung von Kosten des Kapital-, Informations-und Gütertransfers über räumliche Entfernungen.
Für die neuen Gegebenheiten ist auch charakteristisch, daß nationale Interessenkonflikte zum Beispiel zwischen Tarifparteien vor dem Hintergrund globalisierter Szenarien ausgetragen werden, die die Verhandlungs-und die Verteilungsspielräume immer weiter einengen.
Drittens: Während nationale Volkswirtschaften von kulturellen Traditionen geprägt werden, gilt für globale Akteure, daß sie sich von derartigen Bedingungen freimachen müssen, um global erfolgreich zu sein. Sie sind deswegen aber nicht völlig bindungslos, sondern zum Beispiel -inso-weit sie als „Workaholics“ charakterisiert werden können -in die Kultur und das Beziehungsgeflecht globalisierter Expertenkulturen eingebunden. Für die USA hat Robert Reich einen Trend zur Bildung von Wohlstandsghettos ausgemacht, um die herum sich Siedlungsgürtel von Routine-dienstleistern gruppieren Man könnte auch, insbesondere für die globalen Metropolen, vermuten, daß sich solche Ghettos über persönliche Beziehungen in globalem Maßstab vernetzen. Es ist zumindest möglich, daß auch Netzwerke anderer Art relevant werden können, die mit Sekten-mitgliedschaft, Loyalität zu mafiosen Strukturen oder zu Clans im vormodernen Sinne zu tun haben. Für solche Bindungen und Loyalitäten globaler Akteure sollte man sich schon deswegen interessieren, weil eine gängige Reaktion auf Globalisierungsprobleme in Solidaritätsappellen beruht. Es ist sehr zweifelhaft, ob das bei den neuen Eliten ankommen kann.
Viertens: Schon Globalisierung I beschreibt einen Vorgang, bei dem regionale Macht-und Modernisierungsungleichgewichte entstanden sind. Die alten Imperien zeichneten sich noch durch das Bestreben aus, eine normierte Infrastruktur möglichst gleichartig über das gesamte beherrschte Territorium zu entwickeln. Unter den Bedingungen von Globalisierung I konzentriert sich die infrastrukturelle Modernisierung ganz auf die Staaten des wirtschaftlichen Zentrums. Innerhalb dieses kleineren territorialen Rahmens gilt immer noch das Ideal einer regional ausgewogenen Infrastruktur, wie es etwa noch im Bundesraumordnungsprogramm festgeschrieben ist. Die Chancen, derartige Ziele zu realisieren, haben sich indessen seit den siebziger Jahren deutlich verschlechtert. Unter den Bedingungen von Globalisierung II müssen nun weitere Konzentrationstendenzen ins Auge gefaßt werden. Ein Modell hierfür sind globale Metropolen. Saskia Sassen hat gezeigt, daß sich jene Branchen, die sich derzeit überdurchschnittlich gut entwickeln, in hohem Maße in globalen Metropolen wie London, New York oder Tokio konzentrieren Warum dies so ist, wird in ihren Ausführungen indessen nicht so recht deutlich Man kann annehmen, daß hier sehr alte Mechanismen räumlicher Zentralisierung immer noch durchschlagen, auch wenn sie im Zeitalter der Datenautobahnen zunehmend ihre Zwangsläufigkeit verlieren. Auch wenn solche Tendenzen keineswegs unterschätzt werden dürfen, könnten für die Zukunft sogenannte Offshore-Zentren immer bedeutsamer werden. Für sie sprechen handfeste Interessen. Offshore-Zentren sind Inseln, die manchmal vielleicht auch Naturparadiese, in jedem Fall aber Steuerparadiese sind. Dort konzentriert sich das Kapital, und dorthin können in Zukunft auch immer mehr globale Akteure ihre Wohnsitze verlegen und von dort aus ihre Aktivitäten an wechselnden Standorten dirigieren. Das Bürgerrecht für solche Offshore-Zentren müßte dann natürlich auch auf neuartige Weise geregelt werden. Bereits heute kann man z. B. ein Wohnrecht für die Isle of Man nur dann erwerben, wenn man 50 000 britische Pfund verfügbares Jahreseinkommen nachweisen kann.
Die Rationalität solcher räumlichen Konzentrationen liegt vor allem darin, daß sich hier das Rad der Modernisierung der Infrastruktur und auch der Freizeitkultur wesentlich schneller drehen kann. Beide Globalisierungsphasen -Globalisierung I und Globalisierung II -hängen ja mit der Möglichkeit zusammen, Modernisierungsprozesse durch räumliche Konzentration zu dynamisieren. Die Nachkriegsprosperität zum Beispiel hatte eben auch die Abkopplung von der Zweiten und Dritten Welt zur Voraussetzung. Der Weg in die Wissens-und Informationsgesellschaft führt möglicherweise zur Abkopplung der großen westlichen Industriegesellschaften. Ganz im Unterschied zur Nachkriegsprosperität profitieren von dieser Entwicklung dann nur noch ganz wenige.
Fünftens: Hinsichtlich der Einkommensverteilung scheint sich eine neue Elite von Großverdienern herauszukristallisieren, die mit den uns vertrauten klassischen Funktionseliten, den Spitzen von Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Militär usw., nichts mehr zu tun haben. Robert Reich charakterisiert diese neue Elite als Symbol-Analytiker. Sie weist einen stark individualisierten Lebenszuschnitt auf. Aus Reichs Beschreibungen wird sehr deutlich, daß die Symbol-Analytiker nicht nur in hohem Maße über jene Ressourcen verfügen, die für eine individualisierte Lebensführung charakteristisch sind. Auch ihre Arbeitstätigkeit entspricht in hohem Maße dem, was für Individualisierung charakteristisch ist: hohe Selektivität bei der Verarbeitung von Informationen und Möglichkeiten, biographische Offenheit, das aktive Eingehen zeitlich begrenzter Verbindungen usw. Weiterhin soll für diese neue Elite typisch sein, daß der Über-gang zwischen Arbeit und Nichtarbeit kaum fixiert werden kann.
Sechstens: Bis vor kurzem waren sich die Fachleute ziemlich sicher, daß die Zukunft der Arbeit bei den Dienstleistungen liegt. Läßt sich die Dienstleistungsgesellschaft nicht auch unter dem Druck der Globalisierung verwirklichen? Die Untersuchung von Hartmut Häußermann und Walter Siebei hat gezeigt, daß der Umfang von Dienstleistungsarbeit eine in starkem Umfang steuerbare Größe darstellt Staatliche Aktivitäten bzw. wirtschaftliche Deregulierung sind durchaus taugliche Instrumente, um Arbeitsplätze im Dienstleistungsgewerbe zu schaffen. Unter dem Druck der Globalisierung werden jedoch gerade jene Spielräume wesentlich geringer, die mit dem öffentlichen Sektor und mit der Massennachfrage zu tun haben. Angesichts der veränderten Rahmenbedingungen muß auch die Debatte um die Tertiarisierung wiederaufgenommen werden.