Im Zuge der Einführung der Marktwirtschaft in den Staaten Ostmitteleuropas seit 1990 ist auch der Außenwirtschaftsbereich neu gestaltet worden. Dabei rückten zwei Aufgaben in den Mittelpunkt: die Schaffung eines kompatiblen Außenwirtschaftssystems und die Umstrukturierung der Außenwirtschaftsbeziehungen. Letzteres bedeutete, daß die neuen Transformationsländer ihre zuvor auf die UdSSR und den RGW gerichteten Handels-und Kooperationsströme auf die westeuropäischen Staaten umlenkten und sich um eine Integration in die Europäische Union (EU) bemühen. Davon erhoffen sie sich nicht nur breitgefächerte Modernisierungsschübe für Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch starke Impulse für ihre Zusammenarbeit untereinander, die mit der Gründung der Zentraleuropäischen Freihandelszone (CEFTA) durch Polen, Ungarn und die CSFR am 21. Dezember 1992 in Krakau (Nach einem Treffen in dem ungarischen Ort Visegräd bezeichnet man diese Staatengruppe, die nach der Teilung der CSFR in die Slowakische und die Tschechische Republik aus vier Mitgliedern besteht, als Visegräd-Staaten.) einen ausbaufähigen Organisationsrahmen erhalten hat
Im Kontext dieser außenwirtschaftspolitischen Kursbestimmung sind drei zusammenhängende Fragenkomplexe zu erörtern:
Wie verläuft der Prozeß der Einbindung der ost-mitteleuropäischen (OME-) Staaten in die EU? Welche Konsequenzen haben sich daraus bislang für die Intra-CEFTA-Zusammenarbeit ergeben?
Kann die CEFTA in ihrer gegenwärtigen Verfassung ein Hilfsinstrument für die angestrebte EU-Integration sein?
Die Antworten auf diese Fragen vermitteln zugleich den Kontext für eine Bestimmung der möglichen Wechselbeziehungen von EU-Integration und regionaler Kooperation der Staaten Ostmitteleuropas in den nächsten Jahren.
I. EU-Strategie zur Integration der OME-Staaten
Auf der Grundlage der zuvor mit ihnen abgeschlossenen Europaverträge hat die EU beim Kopenhagener Ratsgipfel 1993 die Beitrittsperspektive für die OME-Staaten materiell wie folgt konditioniert: Sie müssen eine „institutionelle Stabilität als Garantie für eine demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie für die Achtung und den Schutz von Minderheiten verwirklicht haben“. Erforderlich ist zudem „eine funktionsfähige Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten“. Bedingung ist ferner, daß die Beitrittskandidaten „die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen übernehmen und sich auch die Ziele der Politischen Union sowie der Wirtschafts-und Währungsunion zu eigen machen können“. Bei Erfüllung all dieser Voraussetzungen ist eine EU-Mitgliedschaft aber nicht automatisch verbürgt. Entscheidend bleibt letztlich „die Fähigkeit der Union, neue Mitglieder aufzunehmen und dabei die Stoßkraft der europäischen Integration zu erhalten“
Die auf diesem Bedingungskatalog basierende Strategie zur forcierten Annäherung der OME-Länder an die EU umfaßt vier Instrumente: Ihre bilaterale vertragliche Grundlage bilden die Europaverträge. Darauf aufgebaut ist der multilaterale „Strukturierte Dialog“ zwischen der EU und den assoziierten OME-Ländern. Beides steht in dem größeren Zusammenhang der Strategie zur Heranführung der OME-Beitrittskandidaten an den Europäischen Binnenmarkt. Ihr Kernstück ist das „Weißbuch“, das der Leitfaden für eine binnenmarktkonforme Gestaltung der Gesetzgebung und Verwaltung der OME-Staaten sein soll. Das PHARE-Programm (PHARE = Poland and Hungary Assistance for the Restructuring of Economies) der EU schließlich flankiert die Effektivität dieser drei Instrumente durch finanzielle und technische Unterstützung Die Ostmitteleuropäer haben als „Policy-taker“ diese EU-Vorgehensweise prinzipiell akzeptiert, versuchen aber auf die Ausgestaltung und Handhabung des Instrumentariums soweit wie möglich Einfluß zu nehmen.
Was die Europaverträge betrifft, so richtet sich das Augenmerk vorrangig auf die handelspolitischen Regelungen, die auf die Errichtung einer Freihandelszone für Güter des gewerblichen Bedarfs durch eine asymmetrische Marktöffnung innerhalb von zehn Jahren zielen. Die in der ersten Phase von der EU eingeräumten Handelspräferenzen haben dazu geführt, daß insbesondere die Visegräd-Staaten bereits über 60 Prozent ihres Warenaustausches mit dieser Regionalzone abwickeln. Das Volumen ihrer Ausfuhren in die EU ist mittlerweile so hoch wie das der gesamten Exporte Taiwans, Südkoreas und Hongkongs dorthin. Bemerkenswert ist auch der strukturelle Wandel bei einzelnen Ausfuhrgütern. Im Jahre 1995 übertrafen die Maschinenbauexporte aus den vier Visegräd-Ländern nach Deutschland, dem Haupt-handelspartner, diejenigen der EU-Mitglieder Spanien, Portugal und Griechenland zusammen um 40 Prozent. Dennoch besteht Anlaß zu Besorgnis, weil die OME-Partner regelmäßig und obendrein jährlich wachsende Defizite im Warenverkehr mit der EU zu verzeichnen haben und dadurch der Spielraum für Ausrüstungsimporte zur Modernisierung der Volkswirtschaften eingeengt wird.
Wenn in der zweiten Phase der Implementierung der Europaverträge die OME-Staaten nun ihrerseits die Zölle abbauen müssen, dürften sich die Negativsalden im EU-Handel weiter erhöhen und damit die Frage aufwerfen, wie diese Defizite entweder zu kompensieren oder zu finanzieren wären. In diesem Zusammenhang wird u. a. die Forderung nach mehr EU-Marktöffnung erhoben. Sie wäre möglich, wenn es gelänge, den Vorschlag des EU-Ministerrates vom 25. Juni 1996 über die Einführung einer paneuropäischen Kumulierung umzusetzen, d. h. die bilateralen Freihandelsabkommen der EU mit den einzelnen OME-Staaten und EFTA-Ländern schrittweise in einen multilateralen Freihandelsvertrag umzuwandeln ferner die neu vereinbarten Ursprungsregeln zügiger anzuwenden und schließlich die „selektive Schutzklausel“, die der EU eine Einschränkung des Marktzugangs bei einem zu starken Angebots-druck von arbeits-, energie-und umweltintensiven Erzeugnissen erlaubt, künftig nur in einer Form anzuwenden, die den OME-Produzenten die volle Ausschöpfung ihrer komparativen Vorteile garantiert. Weil mit einer Marktöffnung für landwirtschaftliche Produkte aus Ostmitteleuropa, die über die geltende marginale Reduzierung der variablen Zölle („Abschöpfungen“) bei Marktordnungsgütern hinausgeht, vor einer Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nicht zu rechnen ist, wäre die Streichung von EU-Subventionen bei Agrarexporten nach Ostmitteleuropa hilfreich, um den Wettbewerbsrückstand der OME-Staaten, die in puncto Qualität, Sortiment und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse bislang deutlich unterlegen sind, auf den heimischen Märkten nicht noch weiter zu vergrößern und die EU-Ausfuhrüberschüsse abzusenken.
Auf dem Kopenhagener EU-Ratsgipfel (1993) ist der „Strukturierte Dialog“ initiiert und ein Jahr später beim EU-Spitzentreffen in Essen (1994) zu einem Instrument für die Beitrittsvorbereitung der OME-Staaten weiter ausgebaut worden. Gemeint sind damit die Zusammenkünfte der Staats-und Regierungschefs sowie die Tagungen der Minister für Auswärtige Angelegenheiten, für Wirtschaft, Finanzen und Landwirtschaft, für Verkehr, Telekommunikation, Forschung und Umwelt, für Justiz und Inneres sowie für Kultur und Bildung. Sie werden ein-oder zweimal pro Jahr abgehalten. Weil die Fachberatungen vielfach kaum über das Stadium eines allgemeinen Meinungsaustausches hinausgelangten, ist die Forderung erhoben worden, den „Strukturierten Dialog“ zwischen der EU und den OME-Beitrittskandidaten im Blick auf das angestrebte Ziel einer Verbesserung der Beitritts-fähigkeit umzustrukturieren. Das heißt zweierlei: Zum einen muß sich das Augenmerk vorrangig auf die konkreten Aufgaben der eigentlichen Beitritts-vorbereitung richten. Zum andern muß auch die Erörterung der strategischen Frage einbezogen sein, welcher Teil der EU-Anpassung vor dem Beitritt zu erfolgen hat und welcher später als Voll-mitglied zu bewältigen ist. Von einer Antwort auf diese Frage im Sinne eines „early entry, but prolonged transition“ würde eine dreifache positive Wirkung ausgehen, und zwar auf den Fortgang des Transformationsprozesses, auf das ausländische*Engagement in den OME-Staaten und schließlich auf die Akzeptanz des europäischen Integrationsprozesses durch eine heute noch vielfach skeptisch eingestellte Bevölkerung
Die Europaverträge und der „strukturierte Dialog“ bilden den Rahmen für die Umsetzung der Strategie zur Heranführung der assoziierten OME-Partner an den Binnenmarkt. Grundlage ist das vom Europäischen Rat in Cannes (1995) gebilligte Weißbuch. Darin werden die Rechtsvorschriften in 23 Bereichen aufgelistet, die für den freien Verkehr von Waren, Arbeit, Personen und Dienstleistungen im Europäischen Binnenmarkt konstitutiv sind. Mit einer formalen Umgestaltung der Rechtsordnungen in den OME-Staaten gibt sich die EU allerdings nicht zufrieden. Sie benennt im Weißbuch detailliert die organisatorischen und administrativen Strukturen, die in jedem Einzelbereich notwendig sind, damit die Rechtsvorschriften effektiv greifen. Weil diese Herkulesarbeit von den Beitrittskandidaten nicht ohne EU-Hilfe zu erledigen ist, wurde Anfang 1996 in Brüssel ein Informations-und Beratungsbüro, das „Technical Assistance Information Exchange Office“ (TAIEX) eingerichtet, das Fachwissen und Experten im Bereich der Rechtsangleichung vermittelt. Die Kritik der OME-Partner, daß es die EU vermieden hat, im Hinblick auf die umzugestaltenden Rechtsbereiche klare Prioritäten zu setzen, ändert nichts daran, daß die ostmitteleuropäischen Regierungen die Vorgaben des Weißbuches zügig umsetzen müssen. Die dabei erzielten Ergebnisse dürften künftig nicht nur als Gradmesser erfolgreicher Systemtransformation gelten, sondern auch für die Bewertung ihrer EU-Beitrittsfähigkeit entscheidend sein.
Im Rahmen der Strategie zur Heranführung der OME-Staaten an den Europäischen Binnenmarkt hat sich die Aufgabenstellung für das PHARE-Programm verändert. Ursprünglich dazu bestimmt, den wirtschaftlichen Systemwechsel auf einzelnen Gebieten gezielt zu fördern, soll es jetzt vorrangig darauf gerichtet sein, die Binnenmarkt-fähigkeit der Beitrittsaspiranten zu beschleunigen. Der im Zeitraum 1995-1999 erstmals verfügbare Gesamtbetrag in Höhe von 7 Mrd. ECU -bis 1995 summierten sich die jährlichen Einzelbeiträge auf 5, 4 Mrd. ECU -soll wie folgt verwendet werden 6: -30 Prozent der Gelder sind künftig dafür vorgesehen, die Einbeziehung der geltenden Regeln und Vorschriften in die nationale Gesetzgebung zu erleichtern und die Tätigkeit der Verwaltungen insbesondere für Justiz und Inneres nach den neuen Vorgaben zu unterstützen. -70 Prozent der Mittel sind geplant für Investitionen in Unternehmen und in die Infrastruktur, d. h. für den Ausbau der Energieversorgung, der Telekommunikation und des Privatsektors sowie für Ausbildung und Forschung.
Allerdings kann auch der neue Finanzrahmen nicht darüber hinwegtäuschen, daß die bislang gewährte und geplante finanzielle Unterstützung der OME-Staaten nur ein Bruchteil dessen ist, was die EU mit ihren Spezialfonds für Spanien, Portugal, Griechenland und Irland bereitstellt. Für Ungarn z. B. werden sich die PHARE-Mittel bis Ende des Jahrzehnts auf 1 Mrd. US-Dollar belaufen. Das heißt: Im Falle einer maximalen Ausnutzung könnten ungefähr nur zwei Prozent der ungarischen Investitionen in den nächsten fünf Jahren abgedeckt werden.
Parallel zur beschleunigten Umsetzung der EU-Heranführungsstrategie ist bereits die Phase der Vorbereitung der Beitrittsverhandlungen eingeleitet worden. Im Frühjahr 1996 haben die Regierungen der OME-Staaten, die schon lange vor diesem Zeitpunkt formelle Beitrittsanträge in Brüssel gestellt hatten, von der EU-Kommission einen auf die besondere Situation ihrer Länder abgestimmten Fragenkatalog erhalten und ihre umfangreichen Antworten darauf fristgemäß Ende Juli 1996 in Brüssel eingereicht. Auf der Grundlage dieser und anderer Materialien wird gegenwärtig nicht nur der politische und wirtschaftliche Entwicklungsstand, sondern vor allem die Fähigkeit jedes beitrittswilligen Landes geprüft, die mit der EU-Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen erfüllen zu können. Die Prüfungsergebnisse werden Eingang finden in die Stellungnahmen („Avis“) zu den Beitrittsanträgen der OME-Staaten, die von der EU-Kommission entgegen einem Beschluß des Madrider EU-Ratsgipfels von Anfang Dezember 1996 nicht mehr „so bald wie möglich“, sondern knapp vier Wochen nach Abschluß des EU-Ratsgipfels von Amsterdam (Maastricht II) am 16. Juli 1997 vorgelegt werden sollen. Ob zu diesem Zeitpunkt auch mit der Fertigstellung des geplanten Gesamtdokuments zur EU-Osterweiterung gerechnet werden kann, das Auskunft darüber geben soll, mit welchen Kandidaten einzeln oder als Gruppe Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden und wie man gegenüber den Aspiranten verfahren will, die als noch nicht beitrittsfähig gelten, ist mit Sicherheit auszuschließen.
II. Zu den Kosten einer EU-Integration der OME-Staaten
Beim gegenwärtigen Stand und dem weiteren Fortgang der Einbindung der OME-Staaten in die EU richtet sich das Augenmerk zunehmend auf die Frage, ob eine Osterweiterung vom EU-Budget überhaupt finanziell zu verkraften ist. Das betrifft insbesondere die dann zusätzlich erforderlichen Finanzmittel für die GAP sowie den Struktur-und Kohäsionsfonds. Die Schätzungen der Kosten variieren stark, wobei einige frühere Kalkulationen unrealistisch hohe Werte ergaben. Die Differenzen resultieren zum Teil aus unterschiedlichen Annahmen über die zu erwartende allgemeine und sektorale Wirtschaftsentwicklung in den Beitrittsländern sowie über die vermutlich erfolgende Reform wesentlicher EU-Politikbereiehe. Zu den häufig zitierten Schätzungen zählt jene von Baldwin (1994), der für nur vier OME-Länder (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei) auf der Datenbasis von 1989 jährliche Kosten von bis zu 58 Mrd. ECU errechnet. Von dieser Gesamtsumme entfiele laut Andersen/Tyers (1993) ein Teilbetrag von 38 Mrd. ECU allein auf die GAP. Aktuellere Untersuchungen geben niedrigere Schätzwerte an. Nach Berechnungen von Breuss (1995) und Breuss/Schebeck (1996) würden sich die Nettokosten des Beitritts von zehn OME-Staaten im Jahre 2000 auf 30, 3 Mrd. ECU beziffern. Das entspräche einem Anteil von 0, 4 Prozent am EU-BIP bzw. 31 Prozent des laufenden EU-Haushalts. Für die o. g. vier OME-Länder wären lediglich Finanzmittel in Höhe von 16, 8 Mrd. ECU aufzubringen
Die EU-Agrarkommission hat in einem „Strategiepapier für die Landwirtschaft“ die Kosten der GAP für alle zehn OME-Staaten im Jahre 2000 auf 9 Mrd. ECU, im Jahre 2010 auf 12, 2 Mrd. ECU geschätzt. Eine detaillierte Kalkulation auf der Basis dieser Angaben ergab, daß im Jahre 2000 für Polen GAP-Gelder in Höhe von 3, 2 Mrd. ECU bereitgestellt werden müßten, von denen allerdings 2, 2 Mrd. ECU auf Ausgleichszahlungen entfielen. Im Falle Tschechiens seien die entsprechenden Beträge mit 0, 9 bzw. 0, 6 Mrd. ECU deutlich niedriger. Ohne Ausgleichszahlungen würden bei Übernahme der GAP durch die zehn OME-Staaten lediglich Kosten in Höhe von 2, 4 Mrd. ECU entstehen, was etwa einem Drittel der Gesamtkosten der GAP entspräche.
Bekanntlich hat die EU zur Verringerung der Entwicklungsunterschiede innerhalb der Union Struktur-und Kohäsionsfonds eingerichtet, auf die solche Regionen einen Zugriff haben, wo das BIP pro Kopf der Bevölkerung weniger als 75 Prozent des EU-Durchschnitts beträgt. Gemessen an ihrem gegenwärtigen Entwicklungsstand hätten alle zehn OME-Staaten Anspruch auf Zahlungen aus dem Strukturfonds, weil sie nur etwa 40 bis 50 Prozent des EU-Durchschnittswertes erreichen. In der laufenden Periode 1994-1999 sind für die Struktur-und Kohäsionsfonds jährliche Finanzmittel in Höhe von 27 Mrd. ECU vorgesehen. Dieser Betrag könnte im folgenden Zeitabschnitt 2000-2006 sogar auf 37 Mrd. ECU pro Jahr ansteigen, ohne die dafür geltende Bemessungsgrenze von 1, 27 Prozent des BIP überschreiten zu müssen. Innerhalb dieses Finanzrahmens könnten für die Beitrittskandidaten jährliche Strukturhilfen von 7 Mrd. ECU abgezweigt werden. Voraussetzung wäre allerdings eine Reform des Strukturfonds, die z. B. in der Einführung einer nach dem BIP des Empfängerlandes bemessenen Obergrenze („ceiling“) für die Zuwendungen bestehen könnte.
Was die Reaktion im OME-Bereich auf die Kostendiskussion innerhalb der EU betrifft, so ist die anfängliche taktische Zurückhaltung inzwischen aufgegeben worden. Die im Westen veröffentlichten Schätzwerte werden als zu hoch, als zu pauschal, weil nicht nach Ländern spezifiziert, und vor allem als politisch zweckbestimmt eingestuft. Sie sollen in erster Linie den bei manchen EU-Entscheidungsträgern offenbar nur schwach ausgeprägten Willen zu einer EU-Osterweiterung geschickt kaschieren. Nach ungarischen Berechnungen würden die Visegräd-Staaten EU-Finanzmittel lediglich in der Größenordnung von etwa zehn bis 15 Mrd. ECU beanspruchen Allerdings wären die Kosten für die EU wesentlich höher zu veranschlagen, wenn sie sich einer Osterweiterung grundsätzlich verweigern würde. Gegen die Behauptung, daß nach den bisherigen Erfahrungen in den schwächer entwickelten EU-Ländern die OME-Staaten erst recht nicht in der Lage seien, die von der Union angebotenen Finanzmittel vernünftig einzusetzen, wird eingewandt, daß wegen des höheren Bildungsstandes in Ostmitteleuropa und der dort im Aufbau befindlichen neuen Strukturen die EU-Gelder nicht nur besser als in EU-Südeuropa absorbiert würden, sondern von ihnen außerdem noch ein wichtiger Multiplikatoreffekt z. B. bei Infrastrukturvorhaben zu erwarten sei. Für die OME-Staaten eröffnet der EU-Beitritt aber nicht nur den Zugriff auf neue Finanzquellen. Auch sie müssen sich möglicherweise auf Kosten anderer Art einstellen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, daß es aufgrund neuer Freizügigkeitsregelungen danach zu einem „brain drain“ von Spezialisten und hochqualifiziertem Fachpersonal aus dem OME-in den EU-Bereich kommt, obwohl diese Gefahr von Experten der OECD und der Wissenschaft als nicht sehr groß eingestuft wird
III. Differenzierte Auswirkungen der EU-Anbindung auf die Intra-CEFTA-Kooperation
Bei ihren Bemühungen um eine enge Anbindung an die EU werden die OME-Staaten von Brüssel permanent dazu angehalten, diesen Prozeß mit konkreten Maßnahmen für eine breit gefächerte regionale Zusammenarbeit zu flankieren. Wenngleich die Adressaten dabei vor übertriebenen Erwartungen warnen, so hat doch der Prozeß der Verflechtung Ostmitteleuropas mit der EU die wirtschaftliche Kooperation zwischen den Staaten dieser Region erheblich beeinflußt. Festzustellen sind gleichermaßen positive, aber auch negative Auswirkungen. Deutlich wird dies vor allem im Handelsbereich.
Es ist ganz offensichtlich, daß die Europa-Verträge der EU mit Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei nicht nur die politische Initialzündung waren, sondern auch als Vorlage für die inhaltliche Ausgestaltung des Abkommens über die Gründung einer Zentraleuropäischen Freihandelszone (CEFTA) dienten, das gut ein Jahr später, am 21. Dezember 1992, signiert und bereits zum l. März 1993 in Kraft gesetzt wurde. So war der ursprüngliche Zeitplan für die Verwirklichung der Freihandelszone nahezu identisch mit den Zeitvorgaben für das entsprechende Ziel in den Europa-Verträgen. Als die EU mit den Ratsbeschlüssen von Kopenhagen (1993) die Abschaffung der Quoten für „sensitive“ Industrieprodukte forcierte, zog die CEFTA mit gleichgerichteten Schritten für ihren Bereich nach, so daß gegenwärtig etwa 80 Prozent der gewerblichen Güter zollfrei gehandelt werden und nach weiteren Tarifreduzierungen im Jahre 1997 die geplante Freihandelszone statt im Jahre 2001 bereits zum 1. Januar 1998 wirksam wird. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte außerdem, wie Mitte November 1995 in einem detaillierten Abkommen vereinbart wurde, der Handel mit Agrarerzeugnissen zügig liberalisiert werden Stimulierend für die regionale Wirtschaftskooperation wirkte außerdem die in den Europa-Verträgen verankerte Ursprungsregelung, der zufolge die „Local-Content-Quote“ (nationale Ursprungs-quote) von 60 Prozent für ein Produkt mit freiem EU-Marktzugang kumuliert werden konnte, und zwar durch nationale, CEFTA-bzw. EU-Inputs. Schließlich muß darauf verwiesen werden, daß die neue wirtschaftliche Wachstumsdynamik im OME-Bereich, mitinduziert durch steigenden EU-Handel bei verbessertem Exportwarenangebot, nicht nur den Warenaustausch, sondern auch die Ansätze zu industrieller Zusammenarbeit in der CEFTA-Region gefördert hat. So überrascht es nicht, daß der Handel der CEFTA-Mitglieder untereinander höhere Zuwachsraten aufweist als ihr Warenverkehr mit allen übrigen regionalen Partnergruppen. Polen hat z. B. 1995 seinen Warenumsatz mit den CEFTA-Mitgliedern, der sich auf drei Mrd. US-Dollar bezifferte, praktisch verdoppelt. Die polnischen Exporte in diesen Raum stiegen dabei um 66 Prozent, die Importe von dort sogar um 77 Prozent. Auch 1996 war nochmals eine Ausweitung des regionalen Warenaustausches um 23 Prozent zu registrieren Damit erreicht er einen Anteil von 5, 5 Prozent am gesamten polnischen Außenhandel. Für Ungarn liegt der entsprechende Vergleichswert mit 8 Prozent sogar noch wesentlich höher. Ein Anstieg auf mehr als 10 Prozent ist durchaus realistisch, weil sich die institutionellen Rahmenbedingungen für den Intra-CEFTA-Handel weiter verbessern werden. Denn die Umsetzung des im EU-Weißbuch enthaltenen Regelwerks durch jedes CEFTA-Miglied führt zu einer weitestgehenden Harmonisierung der nationalen Handelsregime in der Region.
Nicht zu übersehen sind allerdings auch eine Reihe negativer Erscheinungen im Handelsbereich. So haben im Zuge der außenwirtschaftlichen Öffnung finanzstarke Firmen aus dem EU-Bereich in beträchtlicher Anzahl die Rolle von Vermittlern des regionalen Warenaustausches zwischen den kapitalschwachen Betrieben übernommen. Sie befinden sich damit in der Position, über Wohl oder Wehe dieses Handels und seiner Teilnehmer entscheiden zu können. Ihren Einfluß schrittweise zurückzudrängen war, unter anderen, auch ein Kooperationsziel bei Abschluß des CEFTA-Abkommens. Doch sind nennenswerte Verände-rungen bislang weitgehend ausgeblieben. Gegenwärtig werden immer noch 30 Prozent des ungarisch-polnischen Handels vor allem durch deutsche und englische Handelsfirmen abgewickelt Schädlich auf die Zusammenarbeit im landwirtschaftlichen Bereich und auf den regionalen Agrarhandel hat sich die EU-Regelung ausgewirkt, Nahrungsmittelexporte der EU-Länder nach Ostmitteleuropa und in die GUS kräftig zu subventionieren, was zu einem erheblichen Verlust von Marktanteilen der lokalen Produzenten geführt hat. Festzustellen ist schließlich, daß als Folge eines harten Wettbewerbs um ausbaufähige Positionen auf dem EU-Markt und die Umsetzung der Regeln des EU-Weißbuches ein substantielles Zusammenwirken der CEFTA-Staaten in handelspolitischen Fragen, wie z. B.der Forderung nach mehr Marktöffnung, gegenüber der EU weitgehend unterbleibt.
Nicht minder bedeutsam als die Wirkungen des EU-Handels sind die Folgen ausländischer Direktinvestitionen für die regionale Zusammenarbeit einzustufen. Eine Zwischenbilanz zeigt, daß bis Mitte 1996 die fünf CEFTA-Staaten (neu hinzugekommen ist am 1. Januar 1996 Slowenien) knapp 90 Prozent des nach Osteuropa einströmenden Auslandskapitals auf sich gezogen hatten. Davon entfiel der größte Anteil mit 40 Prozent auf Ungarn 7 Mrd. US-Dollar). Dahinter rangierten Polen (9, 0 Mrd. US-Dollar) und Tschechien (6, 0 Mrd. US-Dollar) mit entsprechenden Quoten von 23 bzw. 16 Prozent. Mit Blick auf die Herkunft der Mittel stammten bei Ungarn und Tschechien drei Viertel, bei Polen, der Slowakei und Slowenien zwei Drittel der Kapitalanlagen von Unternehmen aus EU-Staaten 13. Es ist offensichtlich, daß die ausländischen Investoren in dem jeweiligen OME-Land zunächst um die Schaffung einer gesicherten Marktposition für das Produkt oder die Dienstleistung ihres Unternehmens bemüht sind. Die Rolle des ausländischen Engagements für die regionale Kooperation wird ersichtlich, wenn insbesondere Großinvestoren von dieser Basis aus ihre Wirtschafts-und Handelsaktivitäten auf die Nachbarstaaten ausdehnen, dort neue Filialen mit spezialisierten Produkten und Service-angeboten gründen und es durch deren Vernetzung zu länderübergreifenden Austauschbeziehungen mit deutlichen Effekten auch für andere Wirtschaftsbereiche kommt. Da sich dieser Verhaltenstrend im CEFTA-Bereich immer stärker durchsetzt, werden große Firmen und Konzerne aus den EU-Staaten immer mehr zu wichtigen Pro-motoren der regionalen Kooperation. Dabei ist allerdings nicht zu übersehen, daß ausländische Investitionen nirgendwo gleichmäßig auf alle Regionen eines Landes verteilt werden und es daher zu starken regionalen Differenzierungen kommt. Weil das Entwicklungsgefälle zwischen den neuen Modernisierungsinseln und den meist armen Grenzgebieten beträchtlich ist, erweist sich eine substantielle grenzüberschreitende regionale Zusammenarbeit als außerordentlich schwierig. Davon ausgenommen sind lediglich die Räume, wo eine gemeinsame Grenze mit EU-Nachbarstaaten besteht. Notwendig wären deshalb nicht nur gezielte Anreize für ausländische Geldgeber, um sie zu einem Engagement in den schwach entwikkelten Zonen zu bewegen, sondern auch der koordinierte Einsatz nationaler und internationaler Finanzmittel für länderübergreifende Infrastrukturprojekte.
IV. Intra-CEFTA-Kooperation als Hilfsinstrument für den EU-Beitritt
Der Ausbau der Kooperation innerhalb der CEFTA als direkte Folge der immer enger werdenden Anbindung ihrer Mitglieder an die EU wirft die grundsätzliche Frage auf, ob von dieser Organisation eine wesentliche Unterstützung für die Erreichung des EU-Beitritts zu erwarten ist. Zugetraut wird der CEFTA diese Hilfsfunktion von politischer Seite. So hat der polnische Minister für Außenwirtschaftsbeziehungen, J. Kaczurba, diese Organisation als geeignetes „Fitness-Center“ für die Vorbereitung auf die künftige EU-Mitgliedschaft bezeichnet. In die gleiche Richtung weist ein Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister G. Rexrodt, daß alle assoziierten Staaten Mittel-und Osteuropas eine Freihandelszone bilden sollten, weil sie dadurch die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaft stärken und sich angemessen auf den Europäischen Binnenmarkt in einer erweiterten Europäischen Union vorbereiten könnten Gedacht ist hier offenbar an die Öffnung der CEFTA für neue Mitglieder.
Eine entsprechende Weichenstellung ist bereits im September 1995 erfolgt, als durch eine Ergänzung des Gründungsdokuments die CEFTA zu einem „offenen“ Zusammenschluß von Staaten erklärt wurde, um die Aufnahme Sloweniens als fünftes Mitgliedsland vollziehen zu können. Rumänien ist am 1. Juli 1997 sechstes Mitglied der CEFTA geworden. Doch seine Aufnahme hat sich anders als die von Slowenien vollzogen. Zum einen wurden dieses Mal alle Sachfragen vor dem formalen Beitritt geklärt, um sofort eine volle und weitgehend reibungslos funktionierende Zusammenarbeit zu gewährleisten. Zum anderen hatte Rumänien, das zwar ein Assoziierungsabkommen mit der EU besitzt und der WTO angehört, bis zu diesem Zeitpunkt nur mit vier CEFTA-Mitgliedern, Polen ausgenommen, bilaterale Freihandelsabkommen geschlossen. Von den baltischen Staaten hat Litauen um einen Beitritt nachgesucht, weil es gern als Scharnier zwischen der Baltischen Freihandelszone und der CEFTA fungieren möchte Estland, Lettland und schließlich Bulgarien sind ebenfalls dem Kreis potentieller Bewerber um eine CEFTA-Mitgliedschaft hinzuzurechnen.
Das rege Interesse der Nachbarstaaten in Süd-osteuropa und im Baltikum an einer Kontaktaufnahme mit der CEFTA steht in auffälligem Kontrast zu der gegenwärtig mehr als bescheidenen Verfassung dieser Organisation. So fehlt es ihr an gemeinschaftlichen Institutionen („Fitness-Instrumente“) für eine abgestimmte politische Willensbildung und Entscheidungsfindung. Bislang konnte man sich nicht einmal auf die Einrichtung eines Ständigen Sekretariats einigen, weil einzelne CEFTA-Partner noch immer unter einem RGW-Trauma stehen und selbst eine institutioneile Minimalausstattung bereits als ersten Schritt in Richtung auf eine unzumutbare Bürokratisierung der regionalen Zusammenarbeit betrachten. Sie ist weitgehend auf den Handel beschränkt und müßte eigentlich warenbegleitende Finanzdienstleistungen, Exportfinanzierungs-und Kreditversicherungsregelungen miteinbeziehen. Dies ist aber gegenwärtig noch unmöglich, da keines der CEFTA-Mitglieder über einen leistungsfähigen Bankenapparat bzw. einen Kapitalmarkt verfügt, der Kunden aus Partnerländern ausreichend Finanzmittel bereitstellen kann und sie daher dazu zwingt, Fremdwährungskredite in EU-Ländern, z. B. in Deutschland, aufzunehmen. Das Projekt einer CEFTA-Investitionsbank ist nicht allein aus Kostengründen, sondern auch mit Blick auf die Zeitspanne für den Aufbau eines funktionierenden regionalen Filialsystems vorerst auf Eis gelegt worden. Die wechselseitigen Investitionen von Unternehmen im CEFTA-Bereich sind anhaltend gering, abgesehen von einigen ungarischen Vorhaben in der Slowakischen Republik und einzelnen Projekten im Rahmen bilateraler Abkommen zwischen Tschechien und der Slowakei
Aus diesen Gründen kann die gegenwärtige Zusammenarbeit innerhalb der CEFTA die angestrebte EU-Aufnahme ihrer Mitglieder nicht entscheidend vorantreiben. Überdies haben sich einzelne von ihnen bislang kategorisch dagegen ausgesprochen, die CEFTA für die Beitrittsverhandlungen politisch zu instrumentieren, weil sie sich aufgrund ihrer Erfolge bei der politisch-ökonomischen Systemtransformation stark genug fühlen, den Sprung in die EU im Alleingang zu schaffen und nicht im Geleitzug mit schwächeren Bewerbern zu verbleiben. Doch spätestens dann, wenn die „Avis“ der EU-Kommission vorliegen und die Teilnehmer der ersten Osterweiterungsrunde aus dem CEFTA-Kreis bekannt sind, wird man darüber erneut zu befinden haben, ob es nicht vorteilhafter wäre, in einer Reihe von Fragen die Positionen eng abzustimmen, weil sie in den Gesprächen mit jedem Beitrittskandidaten auf der Tagesordnung stehen werden und gemeinsame Lösungen erforderlich sind. Das gilt insbesondere für die künftigen Zahlungen aus den verschiedenen EU-Fonds, über deren Höhe gestritten werden dürfte, und zwar nicht nur zwischen den Verhandlungspartnern, sondern zuvor auch innerhalb der EU.
Abstimmungsbedarf besteht ferner bei der Freizügigkeitsregelung für Arbeitskräfte aus dem OME-Bereich, weil die Aussichten schlecht sind, die wegen hoher Arbeitslosigkeit angespannte Situation auf dem EU-Arbeitsmarkt zu erleichtern. Einvernehmen unter den CEFTA-Partnern ist überdies in der Frage handelspolitischer Schutzmaßnahmen nötig, weil in vielen Wirtschaftszweigen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen trotz großer Anstrengungen noch viele Wünsche offenläßt. Schließlich sollten sich die Beitrittskandidaten auf eine Reihe grundsätzlicher Verhaltensprinzipien verständigen und diese strikt einhalten, um zu verhindern, daß sie in den zu erwartenden harten und langwierigen Verhandlungen mit der EU auseinanderdividiert werden.
Es ist denkbar, daß eine solche gemeinsame Vorgehensweise den entscheidenden Anstoß geben könnte, die bislang ausschließlich wirtschaftliche Zusammenarbeit durch ein partielles politisches Zusammenwirken in einem eigens dafür geschaffenen Rahmen wirkungsvoll zu flankieren.
V. EU-Integration und Intra-CEFTA-Kooperation in der Zukunft
Die zu Beginn des Transformationsprozesses getroffene Entscheidung der OME-Staaten, Außenwirtschaftsbeziehungen vorrangig mit EU-Ländern, insbesondere mit der neuen Bundesrepublik . Deutschland, einzurichten, hat dazu geführt, daß die regionale Zusammenarbeit in der dafür geschaffenen CEFTA sehr stark EU-induziert ist, d. h. sich weitgehend nur an den Richtwerten orientiert, die insbesondere in den Handelsregelungen mit der EU enthalten sind, und nur vereinzelt eigenständigen Charakter hat.
Die künftigen Wechselbeziehungen von EU-Integration und Intra-CEFTA-Kooperation werden stark beeinflußt sein vom Verlauf und von den Ergebnissen der Verhandlungen über die erste Etappe der Osterweiterung der EU Für den Fall, daß alle gegenwärtigen CEFTA-Mitglieder fast gleichzeitig den Sprung in die EU schaffen sollten, wäre dies ein Beleg dafür, daß die CEFTA von vornherein nur als eine zeitlich begrenzte, rein ökonomische Zwischenlösung bis zum EU-Beitritt gedacht war. Eine andere Form ihres Fortbestehens als regionale Interessenvertretung innerhalb der EU wäre denkbar, wenn der französische Vorschlag über die Zulassung solcher Gruppenbildungen in einer nach Osten erweiterten Union in das Abschlußdokument der Regierungskonferenz Maastricht II aufgenommen würde Auf jeden Fall dürfte nicht nur die regionale Zusammenarbeit auf breiter Front einen starken Auftrieb erhalten, sondern der gesamte ehemalige CEFTA-Raum zu einer dynamischen Wachstumsregion avancieren. Da aber wohl eher damit zu rechnen sein wird, daß sich die EU schrittweise erweitert und sich die CEFTA gleichzeitig für neue, bereits genannte Kandidaten öffnet, die auf ihren Beitritt zur Union noch längere Zeit warten müssen, würde diese Organisation einen zunehmend osteuropäischen Charakter erhalten.
Um nicht als reiner EU-Wartesaal mit unbegrenzter Aufenthaltsdauer, sondern als Raum für eine gezielte Vorbereitung auf eine künftige EU-Aufnahme zu fungieren, müßte diese Organisation zum einen institutionell ausgestaltet und die bislang nur auf den Handel beschränkte Zusammenarbeit um neue Kooperationsfelder ergänzt werden, für die eine breit gefächerte EU-Unterstützung über das bestehende PHARE-Programm hinaus erforderlich wäre. Zum anderen bedürfte es einer gemeinsamen Strategie der EU und ihrer neuen Mitglieder für eine enge politische Anbindung der Kandidaten im Wartestand, weil diese nicht nur unter erhöhten innenpolitischen Druck geraten dürften, sondern auch mit vermehrten Einwirkungsversuchen von Staaten oder Staatengruppen zu rechnen hätten, die ihre regionalen Vormachtansprüche noch nicht aufgegeben haben.