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Erziehung und Sozialisation in Aussiedlerfamilien Einwanderungskontext, familiäre Situation und elterliche Orientierung | APuZ 7-8/1997 | bpb.de

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APuZ 7-8/1997 Erziehung und Sozialisation in Aussiedlerfamilien Einwanderungskontext, familiäre Situation und elterliche Orientierung Neue Heimat -neue Zukunft. Eine soziologisch-pädagogische Studie über die Integration der Kinder der Aussiedler aus den GUS-Staaten Desintegration und islamischer Fundamentalismus. Über Lebenssituation, Alltagserfahrungen und ihre Verarbeitungsformen bei türkischen Jugendlichen in Deutschland

Erziehung und Sozialisation in Aussiedlerfamilien Einwanderungskontext, familiäre Situation und elterliche Orientierung

Leonie Herwartz-Emden

/ 18 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

In diesem Beitrag werden die Erziehungs-und Sozialisationsbedingungen von gegenwärtig in die Bundesrepublik Deutschland einwandernden Aussiedlerfamilien (aus der ehemaligen Sowjetunion) kritisch beleuchtet. Ausgehend von den Kontextbedingungen ihrer Einwanderung und der hohen Bedeutung der Familie sowie einer ausgeprägt positiven familiären Orientierung werden sowohl Erziehungsstile und -ziele als auch der Orientierungsrahmen der Einstellungen von Müttern und Vätern analysiert. Grundlage der Erörterungen sind die empirischen Ergebnisse eines DFG-Forschungsprojektes, in dem verschiedene Einwanderergruppen im Vergleich zu westdeutschen Familien untersucht wurden. Untersuchungsziele des Projektes waren verschiedene Aspekte des Akkulturations-und Eingliederungsprozesses; im Vordergrund standen die Fragen von Geschlechtsrollenwandel und Einwanderung, Sozialisationsbedingungen und Erziehungseinstellungen in den Familien, Berufs-und Bildungsorientierungen, Selbst-und Fremdbilder. Dieses breite Spektrum von zentralen, den Einwanderungsprozeß bestimmenden Dimensionen wurde systematisch vergleichend in Beziehung gesetzt zu den Bedingungen und Merkmalen von Familien in der Aufnahmegesellschaft. Ein zentrales Ergebnis im Bereich von Erziehung und Sozialisation bezieht sich auf das Erziehungsverhalten und die begleitenden Konzepte: Hier wird deutlich, daß das elterliche Verhalten nur vor dem Hintergrund der Vorerfahrung des Herkunftskontextes und im Zusammenhang mit den Umbrüchen des Einwanderungsprozesses zu verstehen ist. Die in diesem Prozeß zu erbringenden Akkulturationsleistungen sind geschlechtsspezifisch zu differenzieren. Sie verdeutlichen die Herausforderungen weiblicher und männlicher Lebenswelten.

I. Die Bedeutung der Familie im Integrationsprozeß

Merkmale der familiären Situation und Konfliktpotentiale Aussiedler weisen ein erhebliches Kontaktdefizit zu Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft auf -was bereits durch die Wohnsituation bedingt wird 1. Sie leben weitgehend in Familien und für die Familie bzw. die engere Verwandtschaft. Die Kontaktkreise sind klein und vergrößern sich auch mit zunehmender Aufenthaltsdauer nur allmählich -so das Ergebnis einer Befragung im niedersächsischen Raum Für die Befragten in Niedersachsen wurde festgestellt, daß etwa 50 Prozent höchstens einmal im Monat oder noch seltener Kontakt zu Einheimischen oder auch anderen Aussiedlern hatten. Erst nach längerer Aufenthaltsdauer im Aufnahmeland gelingt es den Befragten, vorhan-dene Kommunikationsbarrieren zu Einheimischen langsam abzubauen.

Die Familie als primäre Bezugsgruppe erlangt als Folge dieser Lage eine herausragende Bedeutung im alltäglichen, aber auch im emotionalen Überlebenskampf -eine Schlußfolgerung, die naheliegt. In einer aktuellen Befragung von Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion zeigte sich eine ausgeprägte, positiv-familiäre Orientierung in verschiedenen thematischen Bereichen. Die Familie ist Ressource, Schutzraum und Rückhalt für den einzelnen in der Minoritätenlebenslage

Aufgrund der gegenwärtig schlechten Arbeitsmarktlage ist die finanzielle Situation in Aussiedlerfamilien oft prekär. Von Arbeitslosigkeit sind insbesondere die Frauen betroffen, häufig werden sie zwangsläufig zu Hausfrauen. Diese Unsicherheit im Stat sowie in den soziokulturellen Techniken -wie beispielsweise der Sprachbeherrschung, die als Basis für eine erfolgreiche Integration vorausgesetzt werden sollte -erzeugt Konfliktpotentiale,die in den Familien wiederum bewältigt werden müssen. Die Einreise von Aussiedlern in die Bundesrepublik Deutschland ist eine gesellschaftlich und politisch bedingte Entscheidung; die Bewältigung dieser Situation wird für die Familien und Individuen letztendlich zu einer überwiegend privat zu lösenden Aufgabe. 2. Der Verlauf der Integration Zum Verlauf und Erfolg des Integrationsprozesses von Aussiedlern gibt es keine repräsentativen Statistiken und Untersuchungen Eine differenzierte Aussage zur sozialen und beruflichen Integration sowie zur psychosozialen Situation ist demzufolge kaum möglich. Vor dem Hintergrund der finanziellen Förderung durch das Sonderprogramm der Bundesregierung Ende der achtziger Jahre wurde eine fünfjährige Integrationsdauer in das Gesell-Schafts-und Wirtschaftsleben Deutschlands angenommen. Inwiefern diese Annahme zutrifft, kann nur mittels Längsschnittuntersuchungen, die derzeit nicht vorliegen, ermittelt werden. Die Integrationschancen haben sich in den letzten zwei Jahren durch die gesellschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik entscheidend verschlechtert. An dieser Stelle sei nur auf die massiven Kürzungen der Eingliederungsleistungen, aber auch auf die wachsende Konkurrenz auf dem Wohnungs-und Arbeitsmarkt und die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in Deutschland verwiesen.

Hinsichtlich der für Aussiedler schwierigen Identitätsfindung müßte berücksichtigt werden, daß sich Aussiedler wie andere Gruppen in einer Einwanderungssituation befinden, deren bestimmende Faktoren nicht definiert sind. Ihre deutsche Staatsbürgerschaft gewährt ihnen einen rechtlichen und sozialen Statusvorteil gegenüber anderen Einwanderergruppen, sie ist aber zugleich der Ausgangspunkt für spezifische Schwierigkeiten. So mußte in die Frage nach den Determinanten ihrer Eingliederung einbezogen werden, daß Aussiedler im Vergleich zu Migranten/Einwanderern unter einem besonderen Assimilationsdruck stehen. Aufgrund ihrer primären Einreisemotivation, als Deutsche unter Deutschen leben zu wollen empfinden viele den Druck, in ihrem Alltag ständig nachweisen zu müssen, daß sie Deutsche sind. Die Anforderungen, die sich dadurch an ihre Selbstdefinition ergeben, führen sie in einen emotional und sozial widersprüchlichen Prozeß. Sie begreifen sich als Deutsche, erleben im Aufnahmeland allerdings ständig, daß sie Fremde sind. Sie werden als fremde Deutsche ausgegrenzt und müssen diese Differenzerfahrungen zwischen ihrer ursprünglichen Selbstdefinition und dem hier erfahrenen Fremdbild dauerhaft verarbeiten. Das in der Bundesrepublik Deutschland vorherrschende Bild über Aussiedler ist mit Stereotypen belegt, in denen diese Gruppe überwiegend als traditionell bis zurückgeblieben gilt. Die sich daraus ergebende Belastung hat nicht nur für die Individuen selbst, sondern auch für die familiäre Situation erhebliche Konsequenzen.

Die Belastungen und Problemlagen von Aussiedlern sind demnach nicht allein individuelle, sondern familiäre Belastungen. Bereits durch die Tatsache, daß die Ausreise von Aussiedlern eine Familienausreise ist, wird deutlich, daß in dieser Gruppe eine hohe familiäre Orientierung gegeben ist und die Familie einen zentralen Bezugspunkt darstellt. Durch die widersprüchlichen Erfahrungen, bedingt durch ihre deutsche Staatsangehörigkeit, gewinnt die Familie noch mehr an Bedeutung. Die alltägliche Identitätssicherung als Deutsche in öffentlichen Kontexten verweist die einzelnen Familienmitglieder um so mehr auf die Familie als Basis für die Verarbeitung ihrer Differenzerlebnisse. Die Verunsicherung, die sie emotional und sozial erleben, die Schwierigkeit ihrer Selbstdefinition, in die sie geraten, muß durch sehr viel emotionale Unterstützung in der Familie aufgefangen werden. Insofern wird Familie für sie -ähnlich wie für Arbeitsmigranten -nicht nur zu einer ethnischen Enklave, sondern zu einem zentralen Ort der Identitätsfindung und -Sicherung.

II. Bedingungen der Erziehung in Aussiedlerfamilien

1. Umbrüche und Veränderungen Im Bereich von Erziehung und Sozialisation findet für Aussiedlerfamilien ein großer Umbruch statt, der sich in der Konfrontation von sozialistisch-kollektivem Denken und der Orientierung am Gemeinwesen mit der leistungsorientierten, individualistisch ausgerichteten westlichen Erziehung ausmachen läßt Die Werthaftigkeit sozialistischer Erziehungsideale wird gegen individualistische Erziehungsziele diskutiert und in ihrer Differenz im Alltag für Mütter, Väter und Kinder erfahren. Aussiedler kommen aus einem stark gelenkten Schulsystem, in dem Lernen auf das Kollektiv, den gesellschaftlichen Nutzen hin ausgerichtet war. In der Bundesrepublik hingegen ist das schulische Lernen auf den einzelnen und seine Leistung abgestellt, auf Selbstverantwortung und Eigeninteresse, aber auch auf Konkurrenzdenken. Kinder wie Eltern sind folglich mit einer ihnen fremden Schulkultur konfrontiert

Die Bewertung der gesamten Erziehungsleistung der Familie verändert sich: Im Spannungsfeld zwischen Staat und Familie war die Familie in der ehemaligen Sowjetunion der Schule nachgeordnet. In der hiesigen Gesellschaft stehen familiäre und schulische Erziehung demgegenüber in einem Austausch bzw. die Schule wird als nachgeordnet und die Persönlichkeit des Kindes als im Vordergrund erzieherischer Aktivitäten stehend erlebt. Die Erziehungsaufgabe der Eltern wird somit umdefiniert. Die Eltern sind gefordert, die individuelle Entwicklung des Kindes zu fördern und zu unterstützen. Dazu gehört auch, die Leistungsorientierung und -motivation zu fördern und Schulkarrieren zu gestalten und zu begleiten. Die schulische und berufliche Zukunft des Kindes wird zu einer persönlichen Herausforderung für die Familie, sie kann nicht der Gesellschaft überlassen werden. Aussiedler verhalten sich, so das FAFRA-Forschungsergebnis unterstützend hinsichtlich aller Unternehmungen ihrer Kinder, die auf Assimilation und Erfolg in der Aufnahmegesellschaft gerichtet sind und erbringen hier funktionale Anpassungsleistungen. Wie diese Leistungen im Erziehungsbereich aussehen und welche Veränderungen sie hervorrufen, wird im folgenden beispielhaft dargestellt und erläutert. 2. Elterliche Erziehungsstile Der Erziehungsstil in Einwandererfamilien kann nicht als allein autoritär patriarchalisch beschrieben werden. Die geläufige Annahme der Dominanz eines autoritär bestimmenden Erziehungsverhaltens in Migranten-und Einwanderungsfamilien erwies sich empirisch als unhaltbar Das Erziehungsverhalten der Eltern in Einwandererfamilien enthält sowohl autoritär-bestimmende als auch zärtlich-behütende Elemente und ist nur im Kontext der Minoritätenlebenslage erklärbar.

Dies gilt auch für Aussiedler: Vom FAFRA-Forschungsteam befragte Aussiedlerinnen (ich beziehe mich jetzt und im folgenden auf Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion) stimmten zwar einer sogenannten „kontrollierenden“ Erziehungseinstellung (unter der autoritär-bestimmende Verhaltensweisen miterfaßt sind) stark zu, befürworteten aber zugleich dem eher den westlichen Kontext zuzuordnenden Stil der Permissivität (Nachgiebigkeit) Das Ergebnis verweist einerseits auf die ständig geforderte Auseinandersetzung um die in der aktuellen Einwanderungssituation der Aussiedler erforderlichen Erziehungshandlungen und das aus dem Herkunftskontext bekannte Erziehungsverhalten. Andererseits knüpft diese Auseinandersetzung an bekannte Strategien ihrer Minoritätenlebenslage in der Herkunftsgesellschaft der ehemaligen Sowjetunion an, nämlich im Hinblick auf die Integration des Kindes Kompromisse eingehen zu müssen und kreative Strategien der Anpassung zu entwickeln. Aussiedlerinnen ändern nicht unbedingt ihren normativen Kontext von Erziehungseinstellungen, aber modifizieren und verändern ihre Haltung und ihr Verhalten zugunsten des erwarteten Integrationserfolgs ihrer Kinder und damit der gesamten Familie 3. Position und Aufgabe der Mutter in der Aussiedlerfamilie im Spannungsfeld von Weiblichkeits-und Mütterbildern Die Rahmenbedingungen des Alltags von Familien in der Bundesrepublik, insbesondere die Bedingungen für die Kindererziehung, sind am Leitbild einer traditionellen Familienform orientiert, das heißt, die Zeitrhythmen von Kindergarten und Schule und die Muster der Arbeitszeit beziehen sich auf einen Vater, der Vollzeit arbeitet, und eine Mutter, die ständig zu Hause erreichbar ist auf die sogenannte „Hausfrauenfamilie“. Für die Aussiedlerfamilie ergibt sich dadurch im Alltag -im Unterschied zu den Bedingungen der Herkunftsgesellschaft -eine qualitative Intensivierung des alltäglichen Arbeitsaufwandes für Kinder; ein hoher Betreuungs-und Organisationsaufwand wird zur regulären Belastung. Die Betreuung und Versorgung der Kinder obliegt dabei überwiegend den Müttern. Diese sind aber nicht nur mit dieser Herausforderung konfrontiert, sondern mit einer sich verändernden Definition von Mutterschaft. Mutterbilder im hiesigen gesellschaftlichen Kontext enthalten einerseits die Anforderung der alleinverantwortlichen und persönlichen Zuständigkeit der Mutter für das Kind, andererseits Schuldzuschreibungen („mother blaming“) in allen erzieherischen Belangen. Eine Fremdbetreuung durch staatliche Institutionen, aber auch durch das weibliche familiäre Netz, wie es für die Kinder der Aussiedlerin die Regel war, ist hier meist nicht nur nicht möglich, sondern stößt auch auf vielfältige ideologische Probleme: Kleinkindbetreuung in öffentlichen Einrichtungen wird beispielsweise in Deutschland häufig noch mit dem Begriff des „Abschiebens an Fremde“ und mit großem Mißtrauen belegt.

Vorstellungen von Mütterlichkeit und mütterlicher Liebe sind zugleich mit dem Verzicht auf eigene Interessen gekoppelt, was bedeutet, daß die Mutter in der Regel nicht berufstätig sein soll, aber auch als weiblicher Mensch mit persönlichen Merkmalen und Neigungen wenig in Erscheinung tritt. Mit dem mütterlichen Erziehungsstil sind klassisch-weibliche Eigenschaften assoziiert, wie Fürsorge, Zärtlichkeit und Hingabe. Eine bestimmende, kontrollierende Erziehungshaltung, die auch die Aspekte mütterlicher Autorität und Entscheidungsmacht enthält, ist diesen Bildern nicht inhärent und wird auch im gegenwärtigen bundesdeutschen Erziehungsdiskurs nicht thematisiert. Aspekte der Macht im elterlichen Erziehungsverhalten werden im deutschen Kontext überwiegend an den Vater delegiert. Für Aussiedlerinnen bedeutet diese Konfrontation auf der symbolischen Ebene ein Infragestellen ihrer Vorstellungen über Mütterlichkeit und die Notwendigkeit einer Neukonzeption -denn die Aussiedlerin beansprucht aus der Erfahrung ihres Herkunftskontextes heraus im Erziehungsbereich eine sehr dominante und machtvolle Position. Sie dominiert den Erziehungsbereich aufgrund ihrer Überzeugung, daß dies ein genuin weiblicher Wirkungsbereich ist -was sich wiederum aus der Struktur der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in der ehemaligen Sowjetunion und ihrer dortigen Lebens-praxis erklärt.

Ihr Verhalten steht auch im Zusammenhang mit ihrem geschlechtspezifischen Selbstkonzept, das heißt ihrer Überzeugung davon, was „weiblicherzieherisches“ Verhalten sein kann -und dies ist aus ihrer Sicht durchaus mit Kompetenz, Rationalität, Instrumentalität assoziiert, aber auch mit ihrem traditionellen Konzept von Mütterlichkeit, dem Bild der „strengen“ Mutter verbunden

Die begleitenden, sich alltäglich ergebenden Veränderungen der Gestaltung von Mutterschaft sind außerdem von ihr zu bewältigen. Aussiedlerinnen sind von den erlebten Veränderungen besonders betroffen, da sie in den Familien die Hauptverantwortung für die Beziehungs-und Betreuungsarbeit der verschiedenen Generationen tragen (für die Kinder und Jugendlichen ebenso wie für die ältere Generation). Sie spielen wie andere Einwanderinnen für das Gelingen des Niederlassungs-und Eingliederungsprozesses ihrer Familien eine herausragende Rolle Es sind die Frauen, die die alltägliche Gestaltung des Balanceakts zwischen Herkunfts-und Aufnahmebedingungen verantworten. Somit sind sie die tragenden Kräfte im Akkulturationsprozeß der Familie. 4. Erziehungsziele: „Individualität und Persönlichkeit“

des Kindes als neuer Bezugspunkt elterlicher -hier mütterlicher -Autorität Für Aussiedlerinnen entsteht ein erster großer Umbruch im alltäglichen Erleben durch die Erfahrung, daß sie in der Einwanderungssituation viel mehr Zeit für ihre Kinder haben und mehr Verantwortung für die Erziehung der Kinder tragen. Ein großer Teil der Frauen ist nun arbeitslos oder in Weiterbildungsmaßnahmen beschäftigt, so daß sie mehr Zeit in der Familie verbringen, als sie das in der ehemaligen Sowjetunion konnten. Dort waren die Kinder meist ganztags im Kindergarten untergebracht oder wurden von den Großeltern betreut. Auf das Kind gerichtete Aktivitäten konnten, wenn überhaupt, dann meist nur an den Wochenenden stattfinden. Die staatlichen Erziehungsinstitutionen (Kindergarten, Schule, Jugendverbände) übernahmen den größten Teil dieser Aufgabe. Im folgenden werden dazu einige Interviewergebnisse (> präsentiert:

Mehr Zeit Die befragten Aussiedlerinnen erleben durch die in der Bundesrepublik gewonnene Zeit einen großen Umbruch im Umgang mit ihren Kindern: „Ich war mit meinen Kindern noch nie so viel zusammen wie hier in Deutschland, ganz ehrlich. Ich habe meine Kinder auch neu kennengelernt, ich hatte nie viel Zeit gehabt, so viel mit ihnen zusammenzusein. Ich glaube, daß sehry viele von uns, wenn sie rüberkommen, viel mehr mit der Familie zusammen sind.

Mütterliche Autorität Die mütterliche Autorität gemäß dem Bild „gute Mutter = streng, kritisch“ wird von den Aussiedlerinnen hinterfragt, und sie reflektieren die in der ehemaligen Sowjetunion erfahrenen Erziehungsvorstellungen: „ Früher war es so -die Kinder müssen das machen. Sie hatten ihre Pflicht. Jetzt höre ich mehr aufdas, was sie sagen."

Veränderungen Durchgängig thematisierten die Aussiedlerinnen, daß sie sich hinsichtlich ihrer Erziehungshaltung umstellen mußten bzw. noch müssen: „In meiner Position habe ich viel nachgegeben ... in der Erziehung. Ich habe immer so gedacht und gehandelt in Richtung , wenn ihr wollt'(die Kinder), , wenn ihr möchtet', aber nicht so wie in Rußland: , man muß das', , man darfdas nicht'.“

Alltag und Schule Kontakte und Erlebnisse mit den hiesigen Erziehungsformen, zum Beispiel in der Schule, stellten ihre bisherigen Erziehungsvorstellungen völlig in

Frage: „Man muß sich total umstellen. Einerseits hat man vielleicht mehr Verantwortung als Mutter. Andererseits . . .früher war es so, daß ich wußte, mein Sohn geht zur Schule und die Schule regelt das. Die Schule macht schon. Er muß -auf das hören, was der Lehrer sagt, und wenn er gut mitmacht, dann wird er gut. Und hier habe ich mehr Verantwortung. Ich weiß, daß Erziehung jetzt meine Sache ist. “ „Ich war mal hier in der Schule... da hat die Lehrerin zu mir gesagt, daß die Kinder gar keine Lust haben zum Lernen, und sie hat gesagt, wenn sie keine Lust haben, dann sollten sie es auch lassen, man müsse halt abwarten bis sie wieder Lust bekämen. Ich habe Augen und Mund aufgeklappt und konnte es fast nicht glauben, was diese Lehrerin mir sagte."

Ziele Ein wesentliches Motiv für die Änderung ihrer Erziehungshaltung ist die Integration der Kinder in die deutsche Gesellschaft. Die Frauen ändern damit nicht unbedingt ihre eigene Einstellung, sondern gehen einen Kompromiß zwischen ihren Überzeugungen und dem Integrationsdruck zugunsten ihrer Kinder ein: „Das ist ein Opfer von der Mutter; ich gebe nach, damit es für die Kinder besser ist; sie müssen sich anpassen. (. . .). Ja hier; man kommt praktisch in eine andere Gesellschaft und wenn sie (die Kinder) kommen und sagen plötzlich: Mama weißt du was, so und so. .., irgendwie paßt es nicht mit meinen Vorstellungen zusammen, aber ich muß nachgeben, weil sie sich nicht so unterscheiden sollen von den anderen Kindern. “

Vorteile Aus der Konfrontation der Erziehungseinstellungen zwischen Herkunfts-und Aufnahmegesell7 schäft resümieren die befragten Frauen, daß der anfangs in Deutschland wahrgenommene und für sie erschreckende permissiv-nachgiebige Erziehungsstil Vorteile hinsichtlich der Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes beinhalte: „Die autoritäre Erziehung in Rußland hat sehr viel Negatives. Die Kinder denken ja überhaupt nicht selber. Die Eltern und die Lehrer sagen etwas, und die Kinder warten nur. Hier sind die Kinder doch mehr eigenständige Personen, sie müssen selbst entscheiden. “ „Jetzt habe ich mich geändert. Ich finde das sogar viel, viel besser; denn wenn man sehr streng ist und nach diesen Mustern geht, die in Wirklichkeit kein Mensch braucht... man verletzt die Seele des Kindes. " „Sie (die Kinder) entscheiden -das muß man sagen, das ist sehr positiv. Zu meinem Erstaunen, ja ich dachte, man kommt mit der Freiheit nicht so gut zurecht. “

Veränderungen erleben die Aussiedlerinnen als Zugeständnis und Rücksicht auf veränderte Bedürfnisse der Kinder, aber auch als Reaktion auf veränderte eigene Bedürfnisse. Sie thematisieren eine permissive Erziehungshaltung in Richtung der Förderung der Selbständigkeit des Kindes; in ihrer Auseinandersetzung zwischen autoritärem und permissivem Erziehungsstil diskutieren sie die Vorteile der Permissivität für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes. Ein wesentliches Motiv für ihre positive Einstellung zu einer nachgiebigen Erziehungshaltung ist ihre Integrationserwartung. Um die Integration ihrer Kinder zu erreichen, gehen sie Kompromisse ein zwischen ihren eigenen Überzeugungen und den veränderten Bedürfnissen und Erfordernissen, welche die Kinder (z. B. über schulische Erfahrungen) an sie herantragen. Die herkömmliche Bindung zwischen Mutter und Kind wird in Frage gestellt und im Hinblick auf eine zukünftige Beziehungsgestaltung kritisch diskutiert. 5. Erziehungseinstellungen der Väter Die Haltung der Väter zu den Erfordernissen einer Leistungsgesellschaft und der notwendigen Anpassung der Kinder an diese Gesellschaft bei gleichzeitiger Orientierung am Kind ist -ähnlich wie die der Mütter -mehrdimensional. Ihr Anspruch, das Kind für die Gemeinschaft (und Gesellschaft) „passend“ zu machen, steht in ihren Äußerungen nicht im Widerspruch zu der Aufgabe, die individuellen Fähigkeiten des Kindes zu entwickeln und mit ihren Kräften dazu beizutragen. Väter aus Aussiedlerfamilien beschreiben ihre Erziehungspraxis vor dem Hintergrund der in Deutschland gewonnenen Erfahrungen und betonen die Bedeutung des Kontaktes zu ihren Kindern, das Verstehen, die von ihnen zu leistende Überzeugungsarbeit in Gesprächen, die Notwendigkeit ihres „Vorbildgebens“ und ihrer Ratgeberrolle. Sie lehnen Verbote ausdrücklich ab. Väter aus Aussiedlerfamilien entwerfen ein klassisches Vaterbild, das den Mann als Vater in seiner beschützenden, behütenden und sorgetragenden Rolle kennzeichnet. Ihre Autorität gerät hier auf den Prüfstand.

Ausgangspunkt ihrer Haltung ist die Tatsache, daß sie durch die Umsiedlung in die Bundesrepublik in der Regel viel mehr Zeit und Raum als je zuvor für ihre Kinder haben. Mehr Zeit ergibt sich häufig durch Arbeitslosigkeit oder Umschulungen und insgesamt durch die Umstrukturierung des Alltags-und Arbeitslebens der Familie. Die Arbeitstage sind kürzer, die eigene Hauswirtschaft bzw.der Nebenerwerb und die häusliche Produktion von Lebensmitteln fällt weg; hinzu kommt der Verlust des gesamten sozialen Umfeldes, der Freunde etc. Die Kernfamilie wird „enger“. Die Männer verbringen häufig erstmals gezielt „Freizeit“ mit ihrer Familie, ebenfalls mit ihrer Partnerin. Das widerspricht der Vorerfahrung des bisherigen Herkunftskontextes: Aufgrund sehr hoher Arbeitsbelastung in der ehemaligen Sowjetunion und der Bedingungen der dort vorherrschenden geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung stand den Kindern nur wenig elterliche Zeit zur Verfügung.

Vaterschaft wird in Deutschland als Zeit mit den Kindern und Zeit mit der Familie definiert -Zeit, die für den Leistungserfolg der Kinder in Bildung und Beruf förderlich sein soll. In diesem Sinne kommt die Zeit mit den Kindern dem Individualisierungsprozeß der Kinder in der modernen Bundesrepublik Deutschland zugute. Die Kinder sind im hiesigen gesellschaftlichen Zusammenhang auf sich selbst gestellt; ihr künftiges Schicksal wird zu einem persönlichen Schicksal. Mit dem Fehlen des engmaschigeren sozialen Netzes und der mangelnden Verantwortung der Schule und des Staates für die Planung der Zukunft der Kinder müssen sich die Eltern an diesem Prozeß aktiv beteiligen. Damit reagieren sie auch auf ein gestiegenes „Risikobewußtsein“.Aussiedler verbringen sehr viel Zeit in der Familie bzw. wenden diese für die Familie auf, das Zusammensein mit der Familie ist ein wichtiges Grundmuster ihrer Alltagsgestaltung. Zugleich wird von den Aussiedlern die „Freundschaft“ mit den Kindern häufig thematisiert -eine Notwendigkeit angesichts der fehlenden Kontakte der Kinder zu Beginn des Einwanderungsprozesses der Aussiedler. Als spezifische väterliche Aufgabe erwähnen die Aussiedler die Einübung in menschliche Kontakte und deren Bedeutsamkeit für das Leben innerhalb und außerhalb der Familie. Hier ist ebenfalls die Erfahrung im Herkunftskontext wichtig, der Alltag wie die gesamten gesellschaftlichen Strukturen der ehemaligen Sowjetunion basierten auf sozialen Netzwerken. Bindungen an Menschen sind ein wichtiges Muster in den Erziehungsbeschreibungen der Väter. Die Rückbindung an die Familie ist eine erzieherische Aufgabe, ebenso wie die Aufgabe, die Kinder zu einer flexiblen und offenen Umgangsweise mit anderen Menschen zu erziehen. Die Kinder sollen materielle Sicherheit erreichen -aber sie sollen letztlich beides haben, auch die menschlichen Kontakte. Die soziale Erziehung ist aus der Sicht der Väter eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg im gesellschaftlichen und öffentlichen Bereich.

III. Fazit

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß Erziehungseinstellungen nur im Kontext des Einwanderungs-und Eingliederungsprozesses dieser Gruppe zu verstehen sind. Vor diesem Hintergrund erscheinen auch zunächst widersprüchliche Einstellungen folgerichtig und funktional für die zu erbringenden Akkulturationsleistungen der Familien. Die Zustimmung der Aussiedlerinnen sowohl zu autoritär-bestimmenden Aspekten in der Erziehungseinstellung als auch zu dem eher dem westlichen Erziehungsideal zugeordneten Erziehungsstil der Permissivität spiegelt die ständig geforderte Auseinandersetzung um die in der Einwanderungssituation erforderlichen Erziehungshaltungen und die aus dem Herkunftskontext bekannten wider. Durch die veränderte Verantwortung für die Gestaltung und Ziele der Erziehung müssen die Eltern zeitlich und qualitativ mehr Erziehungsarbeit leisten. Diese Situation führt sie zu kritischen Auseinandersetzungen zwischen den alten und neuen Anforderungen und Erfahrungen, in der sie „neue“ erzieherische Praktiken und Haltungen ausprobieren. Die Eltern reagieren auf die Herausforderungen der neuen Situation, indem sie im erzieherischen Bereich die Eingliederungsprozesse ihrer Kinder durch eigene Veränderungen gezielt unterstützen. Die geschilderten Veränderungen sind tiefgreifend und Ausdruck eines stark empfundenen, massiven Assimilationsdrucks, der zur Belastung, aber auch zur persönlichen Herausforderung wird. Im Umgang damit tragen die Aussiedler zum schulischen und beruflichen Erfolg und langfristig zur Sicherung der Zukunft ihrer Kinder in der deutschen Gesellschaft bei.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die Wohnsituation der einreisenden Aussiedler hat sich in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert. Aufgrund immer knapper werdenden Wohnraums hat sich die Dauer ihrer Unterbringung in Übergangswohnheimen deutlich verlängert; die derzeitige durchschnittliche Wohndauer in diesen Wohnheimen liegt bei anderthalb Jahren. Für kinderreiche Familien und Familien mit geringerem Einkommen verlängert sich der Aufenthalt auf eine Dauer bis zu drei Jahren. Beengte Wohnverhältnisse, wie sie die Übergangswohnheime darstellen, lassen kaum Raum für eine Intimsphäre der Familienmitglieder, was insbesondere die Kinder und Jugendlichen belastet. Übergangswohnheime liegen in der Regel in wenig attraktiven Wohngebieten und nicht selten in sozialen Brennpunkten. Im ländlichen Raum liegen sie häufig abseits von Geschäften, sozialen Einrichtungen, dem Arbeitsamt usw. Häufig haben sie keinerlei oder nur unzureichende Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Vgl. Monika Hülskemper, Integrationschancen von Aussiedlern. Eine Einschätzung ihrer sozialen Situation in der Bundesrepublik, in: Informationsdienst zur Ausländerarbeit, (1994) 3/4, S. 49-53.

  2. Vgl. Wilfried Heller (unter Mitwirkung von Hans-Jürgen Hofmann und Hans-Joachim Bürkner), Bericht über zwei Forschungsprojekte über Aussiedler in der Bundesrepublik Deutschland, in: Walter Althammer/Line Kossolapow (Hrsg.), Aussiedlerforschung. Interdisziplinäre Studien, Köln 1992, S. 29-46.

  3. Hier beziehe ich mich auf die Ergebnisse des Forschungsprojektes FAFRA (Familienorientierung, Frauenbild, Bildungs-und Berufsmotivation von eingewanderten und westdeutschen Frauen in interkulturell-vergleichender Perspektive), das seit 1991 und bis 1997) an der Universität Osnabrück durchgeführt und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Forschungsschwerpunktprogrammes FABER (Folgen der Arbeitsmigration für Bildung und Erziehung) finanziert wird. In diesem Projekt wurden Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion (die den größten Teil der einreisenden Aussiedler stellen) vergleichend zu Arbeitsmigranten aus der Türkei und Westdeutschen befragt. Zielgruppe waren zunächst Frauen; in einer weiteren Phase wurden (und werden gegenwärtig) Männer und Jugendliche (hier nur Aussiedler) befragt. Untersuchungsziele sind verschiedene Aspekte des Akkulturations-und Eingliederungsprozesses von in die Bundesrepublik einwandernden Gruppen. Vgl. hierzu: Sedef Gümen/Leonie Herwartz-Emden/Manuela Westphal, Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als weibliches Lebenskonzept in: Zeitschrift für Pädagogik, (1994), S. 63-80; Leonie Herwartz-Emden/Manuela Westphal, Bildungserwartungen und Berufsmotivation von Aussiedlerinnen aus der ehemaligen Sowjetunion, in: Unterrichtswissenschaft, 21 (1993) 2, S. 106-125; Leonie Herwartz-Emden, Mutterschaft und weibliches Selbstkonzept. Eine interkulturell-vergleichende Untersuchung, Weinheim-München 1995; FAFRA-Werkstattberichte („Geschlechtsrollenorientierung und weibliches Selbstkonzept“, „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, „Einstellungen im Bereich Erziehung“, Universität Osnabrück, Mai 1994).

  4. Vgl. M. Hülskemper (Anm. 1), S. 49.

  5. Vgl. zu ihrer Motivation die Studien von Barbara Dietz/Peter Hilkes, besonders die Untersuchung: Deutsche Aussiedler aus der Sowjetunion. Sozialer Hintergrund, Ausreise, Integration, in: W. Althammer/L. Kossolapow (Anm 2), S. 47-76.

  6. Eine entsprechende Auswertung zu diesem Abschnitt beruht auf den Ergebnissen des FAFRA-Werkstattberichts „Einstellungen im Bereich Erziehung“.

  7. Vgl. Marianne Krüger-Potratz, Kinder und Jugendliche aus Aussiedlerfamilien -Überlegungen und Fragestellungen zur Struktur von Lehrangeboten in der Ausbildung für pädagogische Berufe, in: Jürgen Puskeppeleit (Hrsg.), Migration und Bildungswesen: Aussiedler in der Bundesrepublik -deutsche Minderheit in Osteuropa, iks -Interkulturelle Studien, Materialien -Texte -Dokumente, Nr. 20, Münster 1992, S. 95-103.

  8. Vgl. Leonie Herwarzt-Emden/Manuela Westphal, Konzepte mütterlicher Erziehung in Einwanderer-und Migrantenfamilien -Ergebnisse einer interkulturellen Studie, in: ZSE -Zeitschrift für Sozialisationsforschung und Erziehungssoziologie -, (1997) (i. E.).

  9. Hierunter wird nicht ein kontextunspezifischer Erziehungsstil verstanden, sondern es werden erziehungsrelevante Einstellungen und weitergefaßte Aspekte erzieherischer Praxis erfaßt, wie bspw. die Planung und Reflexion erzieherischer Handlungen.

  10. Vgl. hierzu auch die Untersuchungen von Bernhard Nauck, Intergenerative Beziehungen in deutschen und türkischen Familien. Elemente einer individualistisch-struktur-theoretischen Erklärung, in: Peter Bott/Hans Merkens/Folker Schmidt (Hrsg.), Türkische Jugendliche und Aussiedlerkinder in Familie und Schule. Theorie und empirische Beiträge der pädagogischen Forschung, Hohengehren 1991, S. 79-101, sowie die Studie über türkische Migranten von Hans Merkens/Bernhard Nauck, Ausländerkinder, in: Manfred Markefka/Bernhard Nauck, Handbuch der Kindheitsforschung, Neuwied-Kriftel-Berlin 1993, S. 447-457.

  11. Dieser Befund beruht auf der quantitativ angelegten Auswertung der standardisierten Befragungsstudie des Forschungsprojekts aus dem Jahre 1992. Sie wurde begleitet von zahlreichen qualitativen Untersuchungsschritten, wie Re-Interviews und Gruppendiskussionen der befragten Gruppen.

  12. Vgl. L. Herwartz-Emden (Anm. 3) und dies. /M. Westphal (Anm. 8). Wir differenzierten in der Auswertung in allen Bereichen u. a. nach Schicht-und qualifikationsspezifischen Besonderheiten, über die an dieser Stelle nicht berichtet wird.

  13. Vgl. Maria S. Rerrich, Familie heute: Kontinuität oder Veränderung?, in: Karin Jurczyk/Maria S. Rerrich (Hrsg.), Die Arbeit des Alltags. Beiträge zu einer Soziologie der alltäglichen Lebensführung, Freiburg i. Br. 1993, S. 112-132.

  14. Vgl. die FAFRA-Forschungsergebnisse über den Zusammenhang von Erziehungseinstellungen mit der geschlechtsspezifischen Selbsttypisierung, FAFRA-Werkstattbericht: Einstellungen im Bereich Erziehung; L. Herwartz-Emden (Anm. 3).

  15. Diese Einschätzung basiert auf zahlreichen Untersuchungen der internationalen Forschung über die Veränderungen von familiären Systemen unter der Bedingung von Einwanderung und Migration, vgl. L. Herwartz-Emden (Anm. 3); dies., Die Gestaltung von Mutterschaft und Erziehung im Prozeß der Einwanderung, in: Frauen in der Einen Welt. Zeitschrift für interkulturelle Frauenforschung. Weibliche Lebensformen in Deutschland II, (1996) 1, S. 76-93.

  16. Die Befunde zu den sich ergebenden Veränderungen beruhen auf den Auswertungen der qualitativen Interviews mit Aussiedlern des FAFRA-Projekts aus den Jahren 1993 und 1994 (Anm. 3).

  17. Die folgenden Ergebnisse beruhen auf der Serie von qualitativen Interviews des Projektes mit 54 Männern aus drei Gruppen: Aussiedlern, Arbeitsmigranten aus der Türkei und westdeutschen Männern aus der Stadt und der Region Osnabrück. An dieser Stelle wird nur über die Gruppe der Aussiedler berichtet.

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Leonie Herwartz-Emden, Dr. phil. habil., geb. 1949; Hochschuldozentin im Fachbereich Erziehungswissenschaften (interkulturelle Erziehung/Frauenforschung/interdisziplinäre Methodologie) der Universität Osnabrück; seit 1991 Leiterin des DFG-Forschungsprojektes FAFRA („Familienorientierung, Frauenbild, Bildungs-und Berufsmotivation von eingewanderten und westdeutschen Frauen in interkulturell-vergleichender Perspektive“). Veröffentlichungen zu Minoritäten im Schulsystem, Einwandererfamilien, Folgen der Migration in Erziehung und Sozialisation, Methode und Methodologie interkulturell-vergleichender Forschung, u. a.: Mutterschaft und weibliches Selbstkonzept. Eine interkulturell-vergleichende Untersuchung, Weinheim-München 1995; Interkulturelle Erziehung und Vergleichsorientierung -Folgerungen aus einem empirischen Forschungsprojekt mit deutsch-sowjetischen Aussiedlern, in: Bildung und Erziehung, 48 (1995).